Macht Platz für Kunst und Kultur!

Kultur gehört allen, deshalb verlangt die Initiative „Macht Platz“ nach einer Kreativstätte, um Kultur jedem zugänglich zu machen. Wer die Arbeit der Organisatoren kennenlernt, fühlt sich automatisch an das alternative, hippe Flair der großen weiten Welt erinnert. Vielleicht brauchen wir wirklich ein bisschen mehr vom Hamburger St. Pauli oder dem Londoner Hackney in unserer Stadt!

Seit Mai dieses Jahres bemüht sich die Initiative „Macht Platz“ darum, eine permanente Heimat für künstlerische Vielfalt und eine junge, alternative Szene zu finden. Die existierenden Kulturstätten seien zu wenig, zu schwer zugänglich und zu unflexibel, meint das Kampagnenteam um Dominic Schönauer, das momentan in der alten Kerzenmacherei seine Vision einer vielschichtigen Bottom-Up-Kulturstätte umsetzt. Neben einem umfangreichen, diversen Angebot werden hier alle Besucher motiviert, selbst aktiv zu werden, mitzugestalten und neue Wege zu gehen. Leider hat die Location ein Ablaufdatum, denn es handelt sich nur um die temporäre Nutzung eines Leerstandes, der wohl früher oder später den Baggern eines großen Bauprojektes zum Opfer fallen wird.

Für kurze Zeit ist die alte Kerzenmacherei noch das Zentrum der Initiative.

Ein bisschen mehr von der großen Welt

Die Kultur einer Stadt besteht nicht nur aus Konzerten, Winzerfesten, schicken Kunstgalerien und Museen. Blickt man beispielsweise nach Hamburg, so findet die Klassik ihren Raum in der (fast) neuen Elbphilharmonie. In der alten Speicherstadt und hinter hippen alten Fabriksfassaden laden Museen und Kulturstätten den Besucher ein, internationale Kunst und Kultur zu bestaunen. Aber da ist gleichzeitig auch das andere Hamburg: St. Pauli, mit seinen kleinen Initiativen, mit den Kellern, in denen junge Künstler ohne finanzielle Absicht ihre ungewöhnlichen Projekte realisieren, der Hafen mit seinen Spielunken und Lagerhäusern, in denen junge Bands spontan Konzerte für Freunde und die Freunde ihrer Freunde organisieren. In alten Fabriken und Flaktürmen steigen Partys der DJ-Szene, davor wird in den Parks der Campinggriller angeworfen. Das Leben und die Kultur von Metropolen wie Hamburg liegen auf der Straße, getragen von anfangs kleinen, aber engagierten Initiativen kreativer und alternativer Köpfe, die ihre Communities mitnehmen oder gänzlich neue erschaffen. Das bedeutet für eine Stadt unbürokratisches, niederschwelliges Kulturleben. Was hier am Beispiel Hamburgs gezeigt wurde, gilt für alle Kulturmetropolen Europas. Die Initiative „Macht Platz“ setzt genau hier an und möchte der jungen, alternativen Kulturszene Salzburgs mehr Leben einhauchen.

Kunst und Kultur für alle

Die bestehenden Formate in Salzburg sind zwar sicher nicht einseitig, aber diese Kulturräume sind nach Ende oder Aufführung kein Lebensraum mehr, in dem man sich aufhalten kann, und der Zuschauer bleibt vom Kunstschaffenden getrennt. Für einkommensschwache Schichten bilden zudem die Ticketpreise eine zu große Hürde, um regelmäßig dabei zu sein.

„Wir gehen den anderen Weg, denn unser Haus der künstlerischen Vielfalt ist eigentlich immer und für jeden offen. Es sind die Begegnungen zwischen den Kunstschaffenden und den Besuchern. Wer hier vorbeikommt, soll sich gleichzeitig als Teil des Projektes fühlen, vielleicht spontan irgendwo mitmachen“, erklärt Dominik Schönauer die Intention des Hauses. Wer schnell aufgenommen wird und sich als Teil des gesamten Projektes sieht, kommt gerne wieder, weil es um ihn und nicht um Eintrittsgelder oder einen Künstler geht. Gerade jungen Menschen gibt das eine Möglichkeit, Neues kennenzulernen, etwas auszuprobieren und Teil einer kreativen Community zu werden, anstatt einfach nur in irgendeinem Park bei Bier und YouTube-Videos abzuhängen. „Junge Menschen brauchen Teilhabe an Kunst und wollen sich selbst ausdrücken und mitteilen. Wir bieten hier die ideale Plattform dafür. Hier trifft die Jugend auf alle Altersklassen und alle Kunstrichtungen, Austausch findet statt und die Nachfrage nach solchen Orten steigt seit Corona ständig“, weiß Simon Panosch von Enorm, der an vorderster Front für das Projekt kämpft.

Das "Macht Platz Team" mit Dominik Schönauer (3. v.r.)

„Wer nicht will, dass die jungen Leute wegziehen und Salzburg verlassen, der muss ihnen hier ein Angebot schaffen, für das es sich zu bleiben lohnt. Es geht nicht immer um finanzielle Anreize, sondern um Gemeinschaft und ein sinnvolles und kreatives Freizeitangebot.“

Dominic Schönauer

Hier geht’s zur Petition

Clubkultur ist auch Kunst

„One Love! One Heart! Let’s get together and feel all right.“ sang Bob Marley und wusste um die verbindende Wirkung der Musik. So wirbt die Initiative „Macht Platz“ auch um mehr Raum für die Clubkultur, denn mit Musik verbindet man die Menschen und schafft einen Zugang zu anderen Formaten wie Performances oder Ausstellungen. „Viele werden erst einmal Vereinsmitglieder wegen der Music-Events und beginnen sich dann für andere Kunstformen, von bildender Kunst bis Graffiti, zu interessieren oder trauen sich einfach das erste Mal selbst, etwas aufzuführen. Wo sonst ist das in Salzburg einfach und spontan möglich?“ fragt Dominik Schönauer kritisch. „Aber egal, wo unser neuer Kulturraum sein wird, er muss so gestaltet sein, dass wir auch öffentliche Events machen können, denn eine Vereinsmitgliedschaft ist für den, der uns kennenlernen will, oft eine Hürde und wir wollen mit unserer Arbeit an die Öffentlichkeit hinaus.“ Dass Clubkultur zur Alltagskultur in Salzburg gehört, hat das 5020 Festival eindrucksvoll gezeigt, das bei der Premiere 2022 unglaubliche 42.000 Besucher zählte.

Abseits der Clubkultur steht die Initiative aber auch für alle anderen Kunstformen. Egal ob Malerei, bildende Künste, Tanz oder eine Fahrradkreativwerkstatt – wichtig ist schon jetzt in der Kerzenmacherei, Sterneckstraße 22, dass jeder mitmachen kann und seine Ideen einbringt. „Oft entsteht etwas völlig spontan und dann gibt es in drei Tagen eine Kunstinstallation, das geht nur hier. Die Arge ist zum Beispiel oft ein Jahr im Voraus ausgebucht und andere Locations sind für junge Künstler nicht leistbar“, erzählt Simon Panosch.

„Die Bevölkerung Salzburgs entscheidet, was Kultur ist, und die Jugend hat sich schon vor Jahren für die Clubkultur entschieden, deswegen sollte sie auch Raum abseits der kommerziellen Clubs bekommen.“

Dominik Schönauer

Macht Platz für den „Creative Community Hub“

Ein weiteres wichtiges Anliegen der „Macht Platz“-Initiative ist es, als Netzwerkstelle für Kunst- und Kulturtätige, Kulturstätten, die Politik und weitere Anspruchsgruppen aufzutreten und so Locations, internationale und lokale Künstler zusammenzubringen. So können auch internationale Künstler, die z.B. zu den Festspielen kommen, spontan anfragen und kurzfristig Performances organisieren, ohne sich mit den Details beschäftigen zu müssen. Die Zielsetzung ist hier, die Salzburger Subkulturszene und internationale Größen zusammenzubringen und Synergie

Was hätten‘s denn gern?

Die Organisatoren von „Macht Platz“ sind zum größten Teil Kulturvereine wie die Salzburger Club Commission, disposed oder Rollbrett. Abgewickelt soll das Haus der künstlerischen Vielfalt über einen Dachverband werden, der die Kunstschaffenden zusammenbringt und gleichzeitig Probleme und Wünsche unbürokratisch angeht. Geplant ist ein offener Ort, der alternative Kultur zugänglich macht, vor allem auch für Gruppen, die bis jetzt wenig mit künstlerischer Entfaltung zu tun hatten. Dafür benötigt es einen niederschwelligen Zugang, Nutzungsmöglichkeiten als Co-Working-Spaces, Kreativwerkstätten, Seminar- und Veranstaltungsräume, eine Eventlocation, Ateliers, einen Gemeinschaftsbereich ohne Konsumzwang und einen Außenbereich. „Wir wollen barrierefrei und inklusiv sein, und es muss sichergestellt sein, dass Fluchtwege, Brandschutzauflagen und Sanitäranlagen adäquat sind“, so der umtriebige Eventorganisator und DJ Schöndorfer. Ein solches Haus müsste schon gar nicht neu gebaut werden. Viel lebendiger ist eine Revitalisierung und die Initiative hätte auch nichts dagegen, in der Kerzenfabrik zu bleiben. Da aber alle ehrenamtlich an dem Projekt arbeiten, ist nun die Politik am Zug, das Projekt mit einem Budget auszustatten, das die Wünsche der Subkultur berücksichtigt.

Parteiübergreifende Unterstützung

Alle Parteien bis auf die FPÖ haben schon ihre Unterstützung für das Projekt angekündigt. Bürgermeister Bernhard Auinger sicherte von Anfang an seinen Beistand zu: „‚Macht Platz‘ hat natürlich meine Unterstützung, weil mir eine lebendige und vielfältige Kulturszene in der Stadt Salzburg sehr wichtig ist. Zwischen Initiative und Kulturabteilung hat es auch bereits Gespräche über mögliche Räume gegeben.“ Vizebürgermeister Florian Kreibich besuchte unlängst die Organisatoren und meint: „Die Organisatoren haben mein Verständnis, denn eine Kulturstadt wie Salzburg braucht ein breites kulturelles Spektrum. Ich habe bereits in einem Facebook-Posting festgehalten, dass diese Kulturinitiativen einen gesicherten Platz in Salzburg brauchen.“ Für Stadt-Vize Kay Michael Dankl ist die Initiative eine Herzensangelegenheit: „Es fehlen Flächen und Freiräume, wo Initiativen und junge Leute kulturell etwas ausprobieren und machen können. Es geht um die Kultur aus der Breite der Bevölkerung und ich würde das sehr unterstützen.“ Doch Worte sind in der Politik oft geduldig, und so können nur die Menschen Salzburgs der Forderung nach ein bisschen mehr Offenheit für niederschwellige und alternative Kunst in Salzburg Nachdruck verleihen.

Text: Dominic Schafflinger

Bilder: Tamara König, Initiative Macht Platz, Romina Roman

2024-08-09T11:29:50+02:00

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