„Es geht darum, dass es echt ist“

Ende April lockte Melissa Naschenweng tausende Fans in die Salzburgarena. Vor ihrem Konzert fand die sympathische Kärntnerin Zeit, mit der SALZBURGERIN über Auszeichnungen, das Bergbauernleben, den idealen Mann und ihr nächstes Album zu plaudern.

Gerade hast du deinen mittlerweile schon fünften Amadeus Music Award gewonnen. Was bedeutet das für dich – rechnet man da schon irgendwie damit?

Ich glaube, dass eher alle anderen damit gerechnet haben und das hat mich ein bisschen unter Druck gesetzt, weil jeder gemeint hat, den holst du dir sicher wieder. Dabei ist es gar nicht selbstverständlich, überhaupt nominiert zu werden. Darüber hab ich mich schon sehr gefreut und natürlich meine Fans zum Voting aufgerufen. Und die waren sehr fleißig – an dieser Stelle ein großes Danke an alle da draußen: Ihr habt es möglich gemacht. Deshalb hole ich mir meinen Preis auch nicht persönlich ab, sondern stehe zu dem Zeitpunkt in St. Pölten auf der Bühne – für die Menschen, denen ich es zu verdanken habe, dass ich den Preis gewonnen habe. Das ist nun schon das zweite oder dritte Mal, dass ich den Award nicht persönlich entgegennehmen kann, weil ich auf der Bühne stehe.

Bist du wenigstens schon dazu
gekommen zu feiern?

Nein, auch noch nicht. Ich bin momentan mittendrin in meiner Bergbauern Tour – es gibt jeden Tag etwas Neues, das man versucht umzusetzen. Ich bin momentan außerdem so fleißig am Ziehharmonika Proben. Aber heute, zum Konzert in Salzburg, ist meine halbe Familie angereist, da werden wir sicher darauf anstoßen.

Apropos Bergbauern Tour – wie viel Ahnung hast du eigentlich vom Bergbauernleben?

Ich wohne auf 1.100 Metern im Lesachtal, ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und hab schon als Kind in der Früh die Eier aus dem Stall geholt und hab dem Papa zugeschaut, wie er die Milch für den Kakao frisch von der Kuh gezapft hat. Es war wunderschön, wie ich groß geworden bin – und das hört man, glaube ich, auch in meinen Liedern. Ich bin wirklich sehr verwurzelt mit meiner Heimat.

Dein Beziehungsstatus, bzw. die Frage danach, ist immer wieder Thema in den Medien. Was muss er denn haben, dein Mann zum Heiraten?

Hausverstand! Und er muss halt auch mit diesem Leben zurechtkommen. Viele glauben, das ist so eine Superwelt, aber die kann auch sehr anstrengend sein. Eine Beziehung mit einer Frau an der Front zu führen, dafür muss man, denke ich, viel Selbstbewusstsein haben und auch die richtige „Schneid“.

Und wahrscheinlich verwirrst du die Herren auch ein wenig – schaust aus wie ein Engel, zeigst aber offensichtlich manchmal auch die „Hörner“, gibst dich sehr sexy und gleichzeitig total bodenständig. Wie ist denn die echte Melissa Naschenweng?

Meine drei Wörter, die mich von Anfang an begleiten, sind: bodenständig, ehrlich, echt. Natürlich will ich oftmals auch bewusst provozieren. Ein Mädel am Land muss nicht immer nur brav und hochgeschlossen angezogen sein. Jeder soll selbst entscheiden, wie er sich gibt. Ich bin im Sternzeichen Krebs mit Aszendent Löwe und das beschreibt es ganz gut: Daheim und privat lebe ich sehr zurückgezogen, bleibe gern im Hintergrund und auf der Bühne, wenn ich meine Lederhose anhabe, da kommt der Löwe raus, da brülle ich!

Du sprichst ganz offen über Höhen und Tiefen des Lebens. Welche Strategie hast du für dich entwickelt, um Tiefen zu überwinden?

Das ist in meinem Lied „Glück“ ganz gut beschrieben, denn natürlich gibt es immer wieder ein Auf und Ab. Meine Oma hat immer zu mir gesagt: Melissa, das Leben ist schön, aber schwer. Die ist 96 Jahre alt geworden und immer, wenn es mir schlecht gegangen ist, bin ich zu ihr gefahren. Sie hat mir dann immer wieder gesagt: Schau, es gibt so viele Sachen, für die man dankbar sein muss. Dankbarkeit, da kommt man im Laufe der Zeit drauf, ist einfach der Schlüssel. Die Dankbarkeit für die kleinen Dinge des Lebens: wenn in der Früh die Sonne scheint, wenn die Kaffeemaschine funktioniert, wenn ich mir nicht den Fuß an der Bettkante anschlage. Wenn ich Freunde treffe, oder wenn ich einfach nur einen Kaffee trinke. Man muss die kleinen Sachen sehen und das ist manchmal schwer, wenn es einem schlecht geht. Das sind die Hürden, die man nehmen muss. Ich glaube, wir sind auf der Welt, um zu lernen und nicht, um ein von vornherein geplantes, perfektes Leben zu führen – dann wär’s ja auch fad.

Was macht eine Melissa Naschenweng, wenn sie nicht auf der Bühne oder im Studio steht und an ihrer Musik arbeitet?

Dann bin ich daheim. Ich glaube, anfangs habe ich zum Teil wirklich über Bergbauernbuam und Traktorführerschein gesungen, damit ich mein Heimweh überwinden kann. Ich hab mir zu Beginn wahnsinnig schwergetan – vor zehn Jahren, mittlerweile bin ich ja schon ein alter Hase im Geschäft. Damals waren wir in Deutschland – mein Papa war mit – und ich habe tatsächlich Rotz und Wasser geplärrt und gesagt: Ich sehe keinen Berg, mir schmeckt‘s Essen nicht, bitte bring mich wieder heim! Heute ist meine Band wie eine zweite Familie, aber, wenn ich Zeit habe, fahr ich heim ins Lesachtal. Die wunderschöne Natur, unser Hund, mein kleiner Bruder (ich hab einen 17-jährigen Bruder) – das ist mein Ausgleich.

Du bezeichnest dich als alten Hasen – wie empfindest du deine Entwicklung in den vergangenen 10 Jahren?

Die Haare sind länger geworden, ich glaub, dass ich früher älter ausgeschaut hab. Ich bin mehr oder weniger ins kalte Wasser geschmissen worden, es war nie ein Plan dahinter. Ich glaube, auch das ist ein Bestandteil von mir: Ich habe mich einfach entwickelt, weil es damals wenige Menschen gegeben hat, die an mich geglaubt haben. Ich habe einfach alle niederradiert und niedergespielt! Ob braune Lederhose oder violette (mit gelbem Oberteil) – ich habe alles ausprobiert. Und dann war auf einmal ein Lied da, das funktioniert hat.

Und als dann der Bergbauernbua kam, war ich echt froh, dass meine Laufbahn eher langsam Fahrt aufgenommen hat, denn da war ich ganz kurz wirklich überfordert! Jede Diskothek war ausverkauft, jeder wollte mich hören und ich wollte jedem Fan gerecht werden, einem jeden ein Foto schenken, ein Autogramm geben. Dafür bin ich teilweise bis 4 Uhr früh in der Disco gestanden, bis ein Security gesagt hat: Du, Naschenweng, wir sperren jetzt zu!

Man muss halt auch lernen, damit umzugehen. Man hört immer, Promis seien alle abgehoben – allein das Wort Promi schreckt mich ab. Jeder soll tun, was er gern tut, ich mache eben Musik und diese Musik mache ich für die Menschen. Vor allem, wenn ich mir die Kinder im Publikum anschaue, denke ich, ich habe was richtig gemacht, denn die Kinder spüren sofort, ganz ohne Vorurteile, wenn etwas ehrlich ist. Ich bin immer noch oft zu Tränen gerührt, wenn sie mit Zeichnungen für mich daherkommen. Ich liebe Kinder!

Noch ein kurzer Blick in die nahe Zukunft – dein nächstes Album ist ja bereits in Arbeit. Was kannst du uns schon darüber erzählen?

Ja, wir sind schon wieder am Schreiben. Nach dem Album ist vor dem Album. Ich schreibe an den Liedern wieder selbst mit. Es geht in gewohnter Manier weiter. Bergbauern-Songs werde ich ein Leben lang aufnehmen, aber es gibt auch andere Themen. Wie auch schon „Kompliment“ auf meinem aktuellen Album, bei dem ich mir erst nicht sicher war, ob meine Bergbauern-Fans das so annehmen. Ich glaube aber, es muss nicht immer um Traktor und Bauern gehen, sondern darum, dass es echt ist. Und echt wird es weitergehen.

Text: Doris Thallinger   Fotos: Uwe Brandl/Salzburg-Cityguide

2023-05-22T14:29:25+02:00

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