Blockchain – die Evolution des Internets

In den letzten Jahren entwickelte sich im Web ein Hype um NFTs, Bitcoins und Kryptowährungen, alles Anwendungen, die auf Blockchain Technologie basieren. Dadurch soll das Internet zum Wertspeicher von morgen werden. An der Zukunftstechnologie bauen auch einige spannende Salzburger Hightech Unternehmen mit.

Die Blockchain Map des Business Engineering Institute St. Gallen fasst das Themenspektrum Blockchain zusammen.
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1453 hatten die Generäle des Sultans Konstantinopel umzingelt, dessen Stadtmauern als uneinnehmbar galten. Nur bei einem gleichzeitigen Angriff von allen Seiten würde die Stadt fallen. Die Generäle, die verteilt um die Stadt ihre Lager aufgeschlagen hatten, konnten nur über Boten kommunizieren und es war bekannt, dass unter den Generälen auch Verräter waren. Wie sollten sie sich vertrauen, damit sie sicher sein konnten, der Angriff würde gelingen? Im Falle der Generäle war es wohl einfach Glück, die Stadt wurde erobert und heißt seitdem Istanbul. Mathematisch gesehen sind die loyalen Generäle nur im Vorteil, wenn weniger als ein Drittel Verräter unter ihnen sind und man davon ausgeht, dass alle Boten sich loyal verhalten. In der Mathematik nennt man dieses Problem die Byzantinische Fehlertoleranz. In der Zukunftstechnologie Blockchain geht es auch um Konsensbildung zwischen unterschiedlichen Parteien und das Vertrauen in übermittelte Daten.

Dezentrale Datenketten

Die Grundidee der Blockchain wurde bereits 1991 entwickelt, um die Echtheit digitaler Daten fälschungssicher nachzuweisen. Die zugrundeliegende Idee war, digitale Inhalte, den sogenannten Block, in einer unverrückbaren Kette zu speichern, aus der nachträglich keine Information mehr gelöscht oder geändert werden konnte. „Das funktioniert über den Hash. Dieser errechnet sich aus dem öffentlich einsehbaren Inhalt der Transaktion, dem Hashwert des letzten Blocks und einer einzigartigen digitalen Signatur, die derjenige, der die Transaktion in die Blockchain schreibt, hinzufügen muss“, erklärt Blockchain Experte Clemens Brunner.

Da es aber auch möglich ist, die gesamte Kette einfach nochmals mit geänderten Daten zu programmieren und das Original zu ersetzen, gibt es niemanden, der die Blockchain allein kontrolliert. Der komplette Datensatz ist auf möglichst viele unabhängige Parteien, sogenannte Nodes, verteilt, die den Betrieb des Netzwerks garantieren. Wird eine Transaktion angefügt, verifizieren die Nodes deren Richtigkeit und speichern diese in ihrer Kopie der gesamten Blockchain ab. Solange 51 % der aktiven Nodes die richtigen Informationen besitzen, ist eine Fälschung völlig unmöglich. So würden die loyalen Byzantinischen Generäle mittels Blockchain immer einen Vorteil gegenüber den Verrätern haben, solange sie nur in der Mehrheit sind. 

Kryptowährungen, NFTs und Smart Contracts

Der Vorteil fälschungssicherer Daten, die von keiner zentralen Institution kontrolliert werden, liegt auf der Hand: völlige Transparenz. Geht es um digitalen Besitz, ist die Blockchain klar im Vorteil und ermöglicht dadurch überhaupt erst das Web3 (siehe Blockchain Glossar). Kryptowährungen wie der Bitcoin kommen ohne Zentralbanken aus, Smart Contracts regeln Vertragsabschlüsse vollautomatisch und mittels NFTs werden digitale Kunstwerke oder anderer digitaler Besitz eindeutig und fälschungssicher einem Eigentümer zugeschrieben. All das funktioniert über unterschiedliche Blockchains, die immer weiter miteinander vernetzt werden. Doch das Web3 steht erst am Beginn, ist kaum reguliert und benötigt technische Affinität. Wer es trotzdem nutzen möchte, braucht zuallererst ein Wallet, ein Depot für die digitalen Werte. 

Daniel Winklhammer und Dominik Seibold
21bitcoin – Salzburg 

Das Geld der Zukunft

Seit 2020 gibt es vom Startup 21bitcoin auch ein Wallet ‚made in Salzburg‘. Das Team rund um die Gründer Daniel Winklhammer und Dominik Seibold ist sich sicher, dass die Bitcoin-Blockchain die Zukunft für den digitalen Wertetransfer sein wird. „Bis jetzt war der Zugang zu digitalen Währungen kompliziert, unser Produkt ist so einfach wie möglich aufgebaut und die Bitcoin und Euro unserer Kunden sind durch treuhänderische Einlage und Versicherungsschutz extrem sicher“, erklärt Daniel im Gespräch und Dominik ergänzt: „Bitcoin ist im Digitalen das, was Bargeld in der realen Welt ist. Wenn ich dir 10 Euro gebe, geht ein Wert direkt von A nach B, das funktioniert auf der Blockchain gleich und über den gesamten Globus. Bei einer Überweisung sind immer viele Zwischenhändler eingebunden. Die Blockchain wird heutige komplexe Banktransaktionen ablösen und radikal vereinfachen.“

Keine Universallösung

Das Salzburger Startup sproof, das Clemens Brunner gemeinsam mit Fabian Knirsch und Erich Höpoldseder gegründet hat, begann mit einem auf der Blockchain basierten Produkt, das es Universitäten und Unternehmen ermöglicht, Dokumente fälschungssicher auszustellen. Zwei Jahre nach dem Launch des Startups hat sich aber der Fokus auf „sproof sign“ verlagert, ein Produkt, um rechtsgültige digitale Signaturen für Verträge einzuholen und auszustellen. „Wir sehen aktuell mehr Interesse nach rechtsverbindlichen digitalen Signaturen als für das dezentrale Ausstellen von Dokumenten. Überall wo Daten nicht dezentral gelagert werden müssen und die Netzwerkteilnehmer staatlichen und privaten Institutionen vertrauen, ist die Blockchain nicht der beste Usecase.“

Digitaler Besitz

Das mittlerweile international tätige Salzburger Unternehmen Authentic Vision hat es sich zur Aufgabe gemacht, Produktfälschungen zu unterbinden und digitale Werte mit der physischen Welt zu verknüpfen. „Aktuell haben wir monatlich mehr als fünf Anfragen zu Blockchain und Web3 Projekten, wir arbeiten an NFT-Echtheitszertifikaten für Whiskey und an Markenkleidung, die man via NFT in die digitale Welt mitnehmen kann. Die ersten breitentauglichen Usecases werden Konzerttickets sein, noch können diese oft nicht einfach weitergegeben werden, besitze ich aber ein NFT-Ticket kann ich es an jede beliebige Wallet schicken, weil es mein digitaler Besitz ist“, so CEO Thomas Weiss. Das alles sind Beispiele für die gerade entstehende ‚Digital Ownership Economy‘, in dem digitale Dinge uns nachweislich gehören und mit der physischen Welt interagieren. „Digitale Währungen werden zum Wertspeicher, und in Zukunft werde ich nur eine Überweisung tätigen und die Wohnung wird dann sofort mir gehören. Da braucht es dann keine Unterschrift mehr, weil alles in einem Smart Contract gespeichert ist“, so der Web3 Experte. 

NFT Sammelkarten haben den gleichen Seltenheitswert wie ihre physischen Pendants und können nicht gefälscht werden.

„Wir werden draufkommen, dass die Blockchain in 99% der Fälle egal ist, aber in dem einen Prozent ist sie ein Gamechanger.“

Thomas Weiss, CEO Authentic Vision und Web3 Experte

Blockchain Glossar:

Web3:
Das Web1.0 der 90er besteht aus statischen Homepages und E-Mails. Im Web2.0 kann der User via Social Media selbst Inhalte teilen. Im Web3 geht es um die dezentrale Digitalisierung von Werten und die Blockchain mit Anwendungen wie Bitcoin, NFTs und Smart Contracts ist im Zentrum der Entwicklung.

Blockchain:
Ein öffentlich genutztes, unveränderliches Register für die Aufzeichnung von Transaktionen.

Hash:
Dieser Code ist der einmalige Fingerabdruck einer Datei.

Kryptowährung:
Digitale, auf der Blockchain basierte Währung.

Bitcoin:
Erste völlig dezentralisierte Kryptowährung und Marktführer.

NFT:
Non-Fungible Token repräsentieren Besitzrechte an digitalen Assets auf der Blockchain.

Smart Contract:
Selbstausführender Vertrag, der auf einer Blockchain läuft und automatisch eine Aktion ausführt, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Wallet:
Ein digitales Geldtascherl, in dem Kryptowährungen, NFTs und Smart Contracts sicher verwaltet werden. Custodial Wallets sind fremdverwaltet. Non-Custodial kontrolliert der Besitzer selbst, verliert er aber seine Passwörter, kann niemals wieder darauf zugegriffen werden.

Digital Ownership Economy:
Ein System, in dem ökonomische Teilhabe und Besitz in der digitalen Welt wieder jedem einzelnen Nutzer zurückgegeben werden. 

Text: Dominic Schafflinger  Fotos: sproof GmbH, Thomas Weiss, 21bitcoin, BEI St. Gallen, AdobeStock

2023-03-22T11:18:22+01:00

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