Wertschöpfung durch Wertschätzung

Demut und Dankbarkeit. Mit diesen Worten startet Bodo Janssen den diesjährigen HOGAST-Powertag in Zell am See. Demut und Dankbarkeit? Das soll es sein, was Führung ausmacht? Denn: Aus diesem Grund sitzen die zahlreichen Gäste im Publikum – um vom Chef der Upstalsboom-Hotelgruppe zu erfahren, wie er – nach einer legendären Kehrtwende – Führungsstil und Unternehmenskultur gewandelt hat und damit seine Hotelgruppe zum regelrechten Mitarbeiter-Magneten gemacht hat.
Text: Doris Thallinger
Fotos: Melina Mörsdorf Photography, HOGAST/Franz Neumayr

Um zu verstehen, nimmt Bodo Janssen sein Publikum mit auf eine Reise in die Vergangenheit, erzählt von seinem Einstieg ins Familienunternehmen, vom Flugzeugabsturz, der seinem Vater viel zu früh das Leben kostet und seinen Management-Strategien. Strategien, die wohl für wirtschaftlichen Erfolg sorgen und hochtrabende Zukunftspläne ermöglichen sollen.

Gut und schön – nur die Mitarbeiter spielen nicht mit. Hohe Krankenstandsquoten, enorme Fluktuation, die Suche nach neuen Mitarbeitern gestaltet sich mehr als schwierig. Und der Erfolg ohne die passenden Mitarbeiter erst recht.

Eine Mitarbeiter-Befragung präsentiert dem jungen Bodo Janssen schließlich die Rechnung für seinen Management-Stil, der sich nur um Zahlen, Prozesse und Ergebnisse dreht, und spiegelt die extreme Unzufriedenheit der Mitarbeiter wider, insbesondere die Unzufriedenheit mit dem Chef: „Wir brauchen einen anderen Chef als Bodo Janssen.“

Kurswechsel

Damit ist ein Tiefpunkt erreicht. Ein Punkt, der Bodo Janssen zu jenem radikalen Kurswechsel veranlasst, der wohl der extremsten Kehrtwende in der Führungskultur entspricht.

Ein Kurswechsel, der Wirkung zeigt: Heute liegt die Krankenstandsquote unter einem Prozent, die Fluktuation der Mitarbeiter ist verschwindend gering, zum Leidwesen der vielen Bewerber, für die es mittlerweile eine Warteliste gibt, nicht zuletzt hat sich der Umsatz der Unternehmensgruppe verdreifacht.

Was sich liest wie ein modernes Märchen, lässt sich mit Zahlen und Fakten belegen, Bodo Janssen ist kein Magier, seine Geschichte kein Fantasiegespinst. Schonungslos ehrlich und mit einer gesunden Portion Selbstironie beschreibt er seinen Weg. Einen Weg, der noch lange nicht zu Ende ist, auch bekannt als Upstalsboom-Weg vom wirtschaftlich geprägten zu einem menschen- und werteorientierten Unternehmen.

„Aber der Erfolg ist nicht mein Verdienst“, gibt Janssen sich bescheiden: „Ich bin stolz auf unser Tun und dankbar für das Erreichte.“ Dankbar den Mitarbeitern, die er in den Fokus stellt. Denn wie er heute weiß: Jeder einzelne zählt in seiner Einzigartigkeit.

Die stille Revolution

Diese (und andere) Erkenntnisse gewinnt Bodo Janssen ausgerechnet im Kloster. Frustriert vom Negativ-Feedback der Mitarbeiter stellt er sich die Frage „Wie schaffen die es, dass Mönche ein Leben lang in einer Abtei bleiben?“ Erste Impulse findet er in der Führungsliteratur von Friedrich Assländer und dem Benediktiner Pater Anselm Grün. Über anderthalb Jahre hinweg ist Bodo Janssen regelmäßig zu Gast im Kloster und taucht in den Seminaren des „Teams Benedikt“ ein in die Welt der Führungsqualität, macht sich bereit für einen Wandel – seiner selbst und der Unternehmensgruppe.

Die Schritte zum Wandel

Wandel ist notwendig, denn Wandel bedeutet Wachstum. Wandel bedeutet nicht, dass alles Bisherige schlecht, falsch oder nichtig war. Der Wille, alles anders zu machen, kann nur Widerstand erzeugen! Wandel hingegen verbindet die Würdigung des Bestehenden mit dem unbedingten Willen zur Weiterentwicklung.

Die Frage nach dem Sinn

Bodo Janssens aktuelles Buch zum Thema Führen

WIE sich der Wandel vollzieht, ist nicht relevant, solange es keine Antwort auf das WOFÜR gibt. „Das WIE ergibt sich aus der Antwort nach dem WOFÜR, aus dem Sinn“, so Bodo Janssen und zitiert Viktor Frankl, den Begründer der Logotherapie und Existenzanalyse: „Wer ein starkes WOFÜR hat, erträgt fast jedes WIE. Das ist es, was wir bei uns im Unternehmen erleben dürfen. Die Menschen, die sich für etwas einsetzen können, das ihnen als Mensch wirklich wichtig ist, sind dazu in der Lage und bereit, auch schwierige Zeiten auf sich zu nehmen.“

Darum sein Credo: „Wer Leistung will, muss Sinn bieten.“

Jedoch: „Was mich als Unternehmer/Unternehmen begeistert, muss nicht mit dem übereinstimmen, was den Mitarbeiter begeistert. Wir haben drei Sinnebenen, die wir differenzieren:

1. Wofür steht der Sinn des Unternehmens?

2. Was erfüllt den Menschen? „Wir begleiten unsere Mitarbeiter in ihrem Prozess, diese Frage für sich zu beantworten und unterstützen die Menschen dabei herauszufinden, was für SIE wirklich wesentlich ist, um IHREN Sinn im Alltag zu leben, unabhängig vom Sinn des Unternehmens.“ Die Aufgabe der Führung besteht darin, dem Menschen dabei zu helfen, herauszufinden, was ihm als Mensch wichtig ist, um ihm anschließend die Möglichkeit zu geben, sich auch dafür im Unternehmen einzusetzen.

3. Der Sinn des Augenblicks, der die Frage beantwortet: „Wofür ist das nun gut?“ oder „Welche Möglichkeit ergibt sich jetzt für mich in dieser Situation?“ Mit der Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Augenblicks unterscheiden wir ganz einfach darin, ob Menschen an einer Krise zerbrechen oder daran wachsen. Wer jeden Augenblick des Lebens als Möglichkeit versteht, sich zu entwickeln, der erkennt auch den Sinn in einer Situation.

Man muss die Menschen darüber erreichen, was für SIE Sinn hat: Wie kann ich einem Menschen das Gefühl geben, nicht nur beschäftigt, sondern gebraucht zu werden? Die Orientierung am Sinn ist allgegenwärtig und unbegrenzt, wohingegen die Orientierung an Zielen eine zeitlich begrenzte Befriedigung bringt. Ein Grund, warum Mitarbeiterbindung in Form von Boni, Benefits etc. in Zeiten wie diesen auch nur kurzfristig funktioniert. Nach drei Monaten ist das Gewonnene bereits normal, die Suche geht weiter, nach dem „Mehr“. Es ist Führungsaufgabe, dies zu durchbrechen.

Zur Person:

Bodo Janssen ist ein deutscher Unternehmer, der vor allem durch seine bemerkenswerte Transformation und Führung der Hotelkette Upstalsboom bekannt geworden ist. Seine Geschichte ist eine beeindruckende Reise vom traditionellen Geschäftsführer zu einem visionären Leader, der auf Achtsamkeit, Mitarbeiterwohl und Unternehmenskultur setzt. Diese Veränderungen führten nicht nur zu einer höheren Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter, sondern auch zu einem signifikanten Anstieg der Unternehmensleistung. Upstalsboom erhielt mehrere Auszeichnungen für seine vorbildliche Unternehmenskultur und innovativen Ansätze in der Mitarbeiterführung. Bodo Janssen wurde durch seine unkonventionelle Herangehensweise zu einem gefragten Redner und Berater. Er teilte seine Erfahrungen und Erkenntnisse in Vorträgen und Seminaren und schrieb mehrere Bücher, darunter „Die stille Revolution“, das seine Reise und die Transformation von Upstalsboom beschreibt. Bodo Janssen hat gezeigt, dass eine menschenzentrierte Unternehmensführung nicht nur ethisch richtig, sondern auch ökonomisch sinnvoll ist.

Von der Sinnleere zur Sinnlehre

Bodo Janssen mit HOGAST-Vorstandsvorsitzender Allegra Frommer und Richard Wisdom (HOGAST-Vorstand)

Sinnleere entsteht, wenn Menschen keinen Sinn in dem erkennen, was sie tagtäglich tun. Sinn ist etwas höchst Subjektives, es gibt nicht DEN Sinn schlechthin. Aber jeder Mensch hat die Möglichkeit für sich, einen Sinn zu erkennen in dem, was er tut, solange die Führungskräfte ihn nicht daran hindern und den Weg verstellen.

Als Beispiel führt Bodo Janssen Bürokratie an, die den Blick verstellt auf das, was sinnvoll erscheint – dadurch entsteht eine Sinnleere: „Es macht einfach keinen Sinn, ich weiß nicht, was ich hier tue. Deshalb arbeite ich lieber nur drei oder vier Tage die Woche, damit ich die restliche Zeit tatsächlich etwas tun kann, das mich mit Sinn erfüllt. Für mich ist diese Entwicklung des Immer-weniger-Arbeiten-Wollens Ausdruck einer massiven Sinnleere.

Sinnlehre hingegen bedeutet für mich: Ich schenke dir die Möglichkeit, eine Erfahrung zu machen, in der du für dich erkennst, was dir als Mensch sinnvoll erscheint. Das ist es, was wir geschaffen haben. Ich sage niemandem, was SEIN Sinn ist, sondern schaffe eine Infrastruktur, einen Raum, in dem die Menschen selbst für sich herausfinden können, was ihnen sinnvoll erscheint. Wenn ich Sinn in der Arbeit finde, muss ich die Sinnfindung nicht in der Freizeit machen. Menschen suchen etwas, das sie erfüllt.“

Die Kernbotschaften zum Thema Führung

1. Führung ist eine Dienstleistung und keinPrivileg.
2. Wer anderen Fragen stellt, führt! Menschen, die hören, fühlen zugeHÖRig – dem voraus geht die Frage, um überhaupt etwas hören zu können.
3. Reflexion ist wichtiger als Aktion. Es braucht die Reflexion, um Erkenntnisse aus dem Erlebten zu erzielen. Entscheidungen werden in der Stille getroffen.
4. Nur, wer sich selbst führen kann, kann andere führen.

Sich selbst führen bedeutet, sich zu fragen:

• Was ist für mich wirklich wesentlich? Warum bin ich hier? Was haben andere davon, dass es mich gibt?
• Was ist mein Talent? Wo liegen meine Stärken?
• Was bereitet mir Freude? Welches Handeln erfüllt mich?

Andere führen:

• Wie kann ich es Mitarbeitern ermöglichen mitzugestalten?
• Was kann ich dafür tun, dass Verbundenheit entsteht?
• Was kann ich dazu beitragen, dass sich die Mitarbeiter ihrer Persönlichkeit entsprechend entwickeln können und wachsen können?

2024-08-13T09:59:56+02:00

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