Sicher durch die Dunkelheit
Die Tage werden kürzer, und wer sich spät abends auf Salzburgs Straßen unsicher fühlt, sollte aktiv werden. Effektive Selbstbehauptung beginnt schon bei der Aufmerksamkeit für die Umgebung, dem eigenen Auftreten und der richtigen Kommunikation.
Es gibt viele Strategien, um gefährliche Situationen zu vermeiden und sich im Ernstfall zu schützen. Doch am wichtigsten ist die Aufmerksamkeit und das eigenen Auftreten. Franz Pregl, Kampfkunstprofi und Trainer für Selbstverteidigung und WingTsun Kungfu in Seekirchen, gibt wertvolle Einblicke in die richtige Selbstbehauptung und Selbstverteidigung.
Sich seiner Möglichkeiten bewusst werden
„Effektive Selbstbehauptung beginnt schon bei der Aufmerksamkeit für die Umgebung, dem eigenen Auftreten und der richtigen Kommunikation“, erklärt Pregl. Ein selbstbewusstes Auftreten, mit erhobenem Kopf und geradem Rücken, schreckt potenzielle Angreifer oft ab. „Im Zweifelsfall sollte man auf sein Bauchgefühl hören und nicht zu stolz sein, um die Straßenseite zu wechseln“, rät der Selbstverteidigungslehrer: „Im Zweifelsfall ist weglaufen die beste Lösung. Wenn das nicht möglich ist, ist der präventive Überraschungsangriff die beste Verteidigung. Man greift aber nur an, um dann wiederum weglaufen zu können“ Wichtig sei auch, auf potenziell gefährliche Situationen vorbereitet zu sein. „Ein Handy, die Handtasche oder ein Schlüsselbund kann gut zum Zuschlagen oder Werfen genutzt werden. Das muss aber übt werden, um effektiv zu sein und das Selbstbewusstsein zu stärken.“
„Solche Erlebnisse bleiben im Kopf“
Viele besuchen Selbstverteidigungskurse nachdem sie selbst Opfer eines Übergriffes geworden sind. Eine Teilnehmerin wurde nach einem Fest auf dem Heimweg verfolgt und von hinten gepackt. Durch Schreien und entschlossene Gegenwehr konnte sie sich im letzten Moment befreien. „Solche Erlebnisse bleiben im Kopf“, sagt Pregl. „Viele entscheiden sich danach, einen Selbstverteidigungskurs zu besuchen, um sich zukünftig sicherer zu fühlen.“
Ein anderes Beispiel beschreibt eine Waldpädagogin, die während ihrer Spaziergänge mehrfach und immer wieder auf denselben Mann traf, nicht direkt, sondern immer in einiger Entfernung. Obwohl ihr nichts passierte, stellte sich das Gefühl ein, verfolgt und beobachtet zu werden. „In solchen Momenten sollte man einen Stock als Verteidigungswerkzeug nutzen, den kann man einfach mal Präventiv aufheben. Alternativ gibt es auch Sicherheit die Notrufnummer zu wählen, so dass nur ein Knopfdruck genügt, um anzurufen,“ rät Pregl. Hört der Notruf Hilferufe oder ähnliches, ortet die Polizei das Mobiltelefon und kommt zu Hilfe. „Ein weiterer Trick ist, das Handy wegzuwerfen bevor man selbst geschnappt wird, so läuft der Täter dann vielleicht dem Mobiltelefon nach und man hat die Chance zu fliehen“, so Sicherheitsexperte Pregl.
Unterschiedliche Strategien für Männer und Frauen
Pregl betont, dass sich Männer und Frauen unterschiedlichen Gefahren gegenübersehen. „Männer geraten häufiger in Situationen, in denen Alkohol im Spiel ist, und es kommt oft zu Gruppenübergriffen. Hier hilft es, aufmerksam zu sein und lärmenden Gruppen aus dem Weg zu gehen.“ Geraten Männer in eine Schubserei oder einen lauten verbalen Konflikt kann es sehr schwer sein, die richtige Strategie zu wählen, denn diese muss dann auf die psychologische Disposition des Gegenübers perfekt zugeschnitten sein.
Frauen sollten hingegen lernen, mit Höflichkeit, aber auch Bestimmtheit aufzutreten. „Ein selbstbewusstes, vielleicht sogar hochnäsiges Verhalten kann abschreckend wirken“, sagt Pregl. „In jeder Situation gilt: Hände offen vor dem Körper halten, um zu signalisieren, dass man defensiv, aber bereit ist.“
Franz Pregl ist Kampfkunstexperte mit über 24 Jahren Erfahrung. Für den geistigen Ausgleich betreibt er Yichuan, eine chinesische Kunst die sich mit meditativer Köperwahrnehmung auseinandersetzt. In seinen Schulen in Seekirchen und Bergheim unterrichtet er an drei Tagen die Woche das AVCI System.
Ohne Training geht es nicht
Ein Selbstverteidigungskurs ist der erste Schritt, um sich sicherer zu fühlen. „Doch wie bei einem Tanzkurs reichen drei Stunden nicht aus. Man muss regelmäßig üben,“ betont Wing Tsun Lehrer Pregl. Er empfiehlt zwei Trainingseinheiten pro Woche: „Nach sechs Monaten können meine Schüler sich richtig verteidigen.“
Pregl selbst trainiert regelmäßig bei Salih Avci in Köln, einem der erfahrensten Selbstverteidigungslehrer Europas. Salih Avci unterrichtet rund um den Globus Spezialeinsatzkräfte wie das US-amerikanische FBI, die indische RAID oder das deutsche SEK. Avci baute das traditionelle chinesische Wing Tsun Kungfu auf absolute Anwendbarkeit und Straßentauglichkeit um. So ist das AVCI-System die erste Wahl für viele Türsteher, Sicherheitsdienste und eben Einsatzkräfte. Pregl gibt dieses Wissen in seinen Kursen weiter. „Ein guter Stil deckt alles ab: vom Schlag- und Tritttraining bis hin zum Bodenkampf. Im Frühjahr gibt es bei mir wieder Selbstverteidigungskurse speziell für Frauen.“
Der rechtliche Rahmen
Pregl macht auch auf die rechtliche Situation aufmerksam: „In Österreich darf man sich auch gegen einen unmittelbar bevorstehenden Angriff verteidigen. Wenn jemand eine Faust macht oder droht, kann man angreifen.“ Wichtig sei jedoch, die Polizei zu informieren und Verletzte versorgen zu lassen. „Wer sich nur verteidigt, hat wenig zu befürchten, besonders wenn er laut kommuniziert, dass er in Ruhe gelassen werden will.“
Text: Dominic Schafflinger
Bilder: Dominic Schafflinger, Chernetskaya/Dreamstime.com