Text: Dominic Schafflinger
Fotos: Julia Morgenthaler

Wenn eine Journalistin alles stehen und liegen lässt, um rund um die Welt nach den Geheimnissen des Glücks zu suchen, dann muss eine Geschichte herauskommen. Julia Morgenthaler hat den Sprung gewagt, und ihr Buch „Leuchtende Horizonte“ entführt zu den Traumzielen dieses Planeten sowie zu den eigenen Lebenszielen.

Julia Morgenthaler ist seit 16 Jahren beim ZDF beschäftigt. Ein sicherer Job, der ihr eigentlich auch Spaß macht. Jedoch ist da diese innere Stimme in ihr, die sie auffordert, ein Kinderbuch zu schreiben. Zwischen den Zeilen liest man von einem Machtkampf zwischen ihr und dem Chef. Wie sie damit umgeht, ist jedoch bemerkenswert. Mit Entschlossenheit erkämpft sie sich erst einmal eine 6-monatige Auszeit, beginnt ausgedehnte Reisen und schreibt an ihrem ersten Buch, das ein voller Erfolg wird. Doch ein halbes Jahr soll nicht genug sein. 2020 steigt sie komplett aus, lässt die Sicherheit eines geregelten Einkommens hinter sich und beginnt das Abenteuer Selbstständigkeit – mit 46. In dem Alter wohl ein mutiger Schritt. So findet Julia zu sich selbst, obwohl ihr alle davon abraten. Bei den wichtigsten Entscheidungen im Leben gilt es, vor allem auf sein Herz zu hören. Mit ihrem Kinderbuch „Friedolins Freunde“ begeistert sie Kinder in ganz Deutschland mit ihren Lesungen, die 2020 sehr gefragt sind. Zugegeben, wer ein erfolgreiches Buch schreibt, tut sich mit dem Aussteigen sehr viel leichter als jemand, der nicht Julias Bekanntheitsgrad hat.

Lebe deine Träume…

Autorin Julia Morgenthaler

… ist die Message ihres Kinderbuches. Als ihr 16-jähriger Sohn für sechs Monate auf Schüleraustausch nach Neuseeland geht, nimmt sich Julia wieder einmal ihren Grundsatz zu Herzen und beschließt, mit ihrem Mann Kay in dieser Zeit auch auf Weltreise zu gehen. Die Vorbereitungen gestalten sich nicht ganz so einfach, denn es gilt, sich an die Spielregeln der „Around the World“-Tickets zu halten: maximal 10 unterschiedliche Flüge und nur in eine Himmelsrichtung, entweder alle gen Osten oder gen Westen. Es wird dann für 6 Monate die Reise in den Westen, aber um den ganzen Planeten. Obwohl es rund um die Erde geht, werden es nicht allzu viele Stopps: Costa Rica, der Westen der USA und das pazifische Königreich Tonga. Danach wird der Winter der südlichen Hemisphäre (also unsere Sommermonate) mit dem Sohn in Neuseeland verbracht, und dann geht es zu dritt wieder nach Hause, mit einem kurzen Abstecher nach Singapur. Für ein Buch über eine Weltreise kann man sich durchaus mehr Reiseziele wünschen. Als Leser möchte man am liebsten zu allen spektakulären Plätzen der Welt entführt werden, und gerade die Länder Südostasiens und Südamerikas sind doch für eine Suche nach dem Glück besonders spannend. Der kulturelle Background und das Lebensgefühl dieser Staaten, asiatische Serenitas und Buddhismus sowie südamerikanisch-indigene Leichtigkeit, strahlen für uns Mitteleuropäer oft die größte Magie aus – und die fehlt leider. Die Flugtickets gebucht, alle Visa eingereicht und die ersten Reservierungen für Hotels, Leihwagen und Campingmobile erledigt – und schon kann es losgehen. Wer Angst davor hat, schon an der Organisation einer solchen Reise zu scheitern, tankt mit Julia Morgenthalers Buch erst einmal gehörig Mut, denn man sieht, wie einfach es eigentlich ist, die eigene Wohnung für sechs Monate einzumotten. Allerdings gibt es in Julias und Kays Haushalt anscheinend keine Pflanzen oder Haustiere, die versorgt werden müssen, keinen Garten, der gepflegt werden müsste, denn dann wird die Organisation an der Heimatfront wesentlich komplexer, und davon würden einige Leser sicher gern mehr erfahren. Aber konzentrieren wir uns lieber auf die Reiseerfahrung und die Suche nach dem Glück.

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Glücksmomente an den Enden der Welt

In Costa Rica findet der Leser erst einmal genau, was er erwartet: Regenwälder, Wasserfälle, einen Vulkan und eine beeindruckende Tier- und Pflanzenwelt. Ein Tipp, den der Leser leider nur auf Umwegen erfährt, ist, immer genug Bargeld abseits der Industrienationen dabei zu haben. Denn von Anfang an gibt Kays Kreditkarte den Geist auf, und so bleibt nur mehr die von Julia. Allein die Suche nach Geldautomaten ist in Ländern wie Costa Rica keine einfache, somit ist Bargeld Pflicht – schade, dass das im Buch nicht explizit erwähnt wird. So lernen die beiden Backpacker und Aussteiger kennen und lösen kleine und große Reiseprobleme, wie eine Reifenpanne mitten im Nirgendwo und Übernachtungen in muffig-schmutzigen Hotelzimmern. Letztendlich ist der einzige Einheimische, den die beiden noch nach dem Geheimnis des Glücks befragen, Joaquim, ein Touristen-Guide, der sie mit dem Kanu zu einer Lagune bringt. Und wenig überraschend liegt dieses Geheimnis für ihn darin, einfach in den Tag zu leben und ihn zu nehmen, wie er kommt. Kurz und gut: eine Antwort, die man in lateinamerikanischen Ländern öfter hört. Wo große Aufstiegschancen und soziale Absicherung durch den Staat oft fehlen, das Soziale im Mittelpunkt steht und sich die Chancen auf der Straße bieten, da ist jeder Tag eine neue Gelegenheit. Im Spanischen sagt man auch nicht Geld verdienen, sondern Geld gewinnen – das beschreibt den Zugang ganz gut. Und leider taucht Julia mit ihrem Buch nicht annähernd so tief in die Gesellschaften der bereisten Länder ein, wie man es sich wünschen würde. Es sind Eindrücke, die jeder offene Reisende relativ einfach selbst erleben kann.

Schaurige USA

Spannend wird es dann, die beiden auf ihrer Reise durch die USA zu begleiten, denn hier scheint das Abenteuer wirklich zu beginnen. Der Aufenthalt in San Francisco startet schon mit einem schlechten Omen, und die beiden geraten in Überschwemmungen, in zerklüftete Felsen und nach Las Vegas, das die beiden nicht so ansprechend finden wie manch andere Touristen. Las Vegas wäre wohl der beste Ort der Welt, um sich kritisch und philosophisch mit dem Thema Glück auseinanderzusetzen, aber Julia Morgenthaler sieht das anders, und auf der nächsten Seite sind die beiden Reisenden auch schon wieder „on the road“. Weitere Herausforderungen warten am Grand Canyon und im Yosemite-Nationalpark und ein weiteres, gar nicht so geheimes Glücksgeheimnis wird gelüftet, und das Buch nimmt etwas an Fahrt auf.

Unterwegs im Pazifik

So geht die Reise weiter nach Tonga und letztendlich nach Neuseeland. Die beiden Reisenden werden erfahrener und mutiger, und der Reisebericht wird unterhaltsamer. Obwohl Tonga recht klein ist, gibt es hier viele Abenteuer zu bestehen, und auch in Neuseeland kommen die beiden oft an ihre Grenzen. Zu viel zu verraten würde das Lesevergnügen nur stören, somit bleibt nur, die Rezension hier zu beenden. „Leuchtende Horizonte“ ist ein Easy Read für jeden, der gerne die im Buch behandelten Orte bereisen möchte. Interessant ist hauptsächlich, die eigenen Erlebnisse mit jenen von Julia Morgenthaler zu vergleichen und festzustellen, dass selbst erlebte Urlaubserfahrungen vielleicht anders, aber sicher nicht minder spannend sind als jene von Julia und Kay – und dass jede längere Reise ein Buch wert sein kann

2024-12-13T11:12:09+01:00

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