Zeitgeistiges Zürich
Trendige Stadt am Wasser mit grüner Gesinnung
Text & Fotos: Heidrun Henke
Das mondäne Zürich vereint Eleganz und Natürlichkeit auf faszinierende Weise. Die Stadt steht nicht nur für hohe Lebensqualität, sondern auch für starkes Umweltbewusstsein. Wir reisen Richtung Westen – ressourcenschonend mit der Bahn – und begeben uns auf einen Städtetrip, bei dem Innovationsgeist zur Konstante wird.
Pionierin der Nachhaltigkeit
Die Stadt an der Limmat setzt seit Jahren Maßstäbe in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Dabei verfolgt Zürich ehrgeizige Klimaziele und plant, bis 2040 klimaneutral zu sein. Längst hat sich Zürich einen Namen als Stadt mit der höchsten Lebensqualität weltweit gemacht. Jedes Jahr wieder findet sich die größte Stadt der Schweiz ganz oben im Ranking weltweiter Topstädte (Mercer-Studie). Aber Zürich ist auch Pionierin in Sachen Nachhaltigkeit und Innovation. Als Reisende erleben wir eine grüne, zukunftsorientierte Metropole, in der Umweltschutz und urbane Lebensweise harmonisch miteinander verschmelzen. Nicht umsonst ist „Swisstainable“ ein Signet, das sich Zürich Tourismus selbst auferlegt hat und mit dem es seine Wertigkeiten betont.
Klimafreundlich durch die Stadt, am besten mit Velo
Schon bei der Ankunft in Zürich spüren wir, wie durchdacht die Stadt in Sachen Mobilität ist. Dank des dichten und gut ausgebauten öffentlichen Verkehrssystems – bestehend aus Trams, Bussen und Zügen – können wir die Stadt mühelos mit dem Auto erkunden. Bei der überschaubaren Größe der Stadt bietet sich auch das Velo (wie die Schweizer liebevoll ihren Drahtesel nennen) an, mit dem man rasch die Stadt erkundet hat. Für Touristen gibt es überall städtische Leihfahrräder, viele davon sogar E-Bikes, die überall in der Stadt verfügbar sind, dank der „Publibike“.
Und nicht zuletzt lässt sich Zürich bzw. Teile davon auch mit dem Boot entdecken. Es sind Linienboote, die von einem Ufer zum anderen übersetzen und nicht nur die Strecke zum Abschneider machen, sondern auch zu einem vollen Genussmoment.
Die Stadt am Wasser
Durch die wunderschöne Lage der Stadt, eingebettet in eine saftig grüne Hügellandschaft und am Nordufer des Zürichsees, fühlt sich unser Städtetrip wenig urban an. Einen Großteil unserer Zeit verbringen wir im Grünen oder am Wasser, denn der Zürichsee mit seinem klaren Wasser (man sagt, er habe Trinkwasserqualität!) und seiner Uferpromenade ist während der Sommermonate beliebter Treffpunkt von Einheimischen wie Touristen. Hier am, um oder beim Wasser spielt sich das gesamte Leben ab. Wir schlendern, vom eleganten Stadtteil Seefeld kommend, entlang des Ufers und entdecken eine malerische Szenerie, die uns bestätigt, warum Zürich jedes Jahr zu einer der lebenswertesten Städte gewählt wird. Wir sehen junge Menschen Volleyball spielen, Yoga praktizieren, Familien picknicken, andere wieder springen ins Wasser oder schnallen sich die Wasserski an, stehen am Stand-up-Paddel oder segeln. Dann wieder ein Kunstpavillon von Le Corbusier, eine Boulderwand oder ein Sommerkino. Dazwischen immer wieder kleine Cafés oder stimmungsvolle Fischlokale (z.B. die Fischerstube) direkt am Wasser mit Blick auf die Dächer der Stadt. In der Abendsonne glänzen die Federn der Schwäne mit den Neoprenanzügen der Surfer um die Wette. Mehr Idyll geht nicht.
Badi. Badi. Die bekannten öffentlichen Bäder entlang des Zürichsees werden liebevoll „Badi“ genannt. Davon gibt es 12 rund um den See. Eines schöner als das andere. Das größte Problem, das wir im Sommer in Zürich haben, erzählt uns eine Reiseführerin: „Wohin gehen wir heute schwimmen?“. Als eines der schönsten gilt das Utoquai-Badi, für Familien ideal: das Mythenquai, mit Sprungturm und Wasserinsel.
Kulinarische Vielfalt
Zürichs kulinarische Szene ist anspruchsvoll, nachhaltig, lebendig und vielfältig. 1200 Kochbetriebe gibt es in der Stadt. Angesichts der Größe eine beachtliche Anzahl.
Rübli, Mirtilli und Tätschli
Die Verniedlichungsformen der Schweizer Sprache sollen nicht in die Irre führen und die Kulinarik kleinreden. Im Gegenteil, die großartige Gastroszene der Stadt ist weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Zürich und auch die Schweiz im Allgemeinen, mit ihren vielen, kulturellen Einflüssen, gehört zu einer der Foodie-Hochburgen. Mit zahlreichen Michelin-Sternen und Gault & Millau-Auszeichnungen setzen Schweizer Lokale und Köche Maßstäbe in der internationalen Gastronomie.
Wir statten der gefeierten Spitzengastronomin Elif Oskan einen Besuch ab in ihrem Lokal Gül Express, direkt beim Bahnhof, ein Ableger des berühmten „Gül Restoran“, mit dem sie seit 2019 die Zürcher Gastroszene ordentlich aufmischt. Das Gül steht für orientalische Gastfreundschaft, mit Ocakbasi (Holzkohlegrill), unkompliziertem Essen und lebendiger Atmosphäre. In einem Zürcher Innenhof werden hier authentische, türkische Genüsse gefeiert – zeitgemäß inspiriert. Elif Oskan erzählt uns, dass sie ihre Liebe zum Essen von ihrer Mutter übernommen hat: „Essen war bei uns immer ein soziales Ereignis, man hat gemeinsam gekocht und sich unterhalten.“
Vegetarische Leckerbissen
Und auch die „grüne“, die vegetarische Küche wird in Zürich zelebriert. In der Stadt hat sich eine lebhafte Slow-Food-Szene etabliert, bei der der Fokus auf regionale, saisonale und biologische Produkte gelegt wird. Das Restaurant Hiltl, das als ältestes vegetarisches Restaurant der Welt gilt, ist ein Muss für alle, die nachhaltigen Genuss suchen. Hier wird seit über 100 Jahren vegetarisch gekocht, und viele Gerichte stammen aus rein biologischem Anbau. Und auch zahlreiche Wochenmärkte, wie der bekannte Bürklimarkt direkt am Seeufer, wo Köstlichkeiten aus der Umgebung feilgeboten werden, erfreuen sich in Zürich großer Beliebtheit.
Soziale Verantwortung im Hotel Alma
Zürich hat einen Sinn für nachhaltige Stadtentwicklung und spannende Hotelkonzepte. Wir haben gleich zwei davon besucht: das Hotel Alma und das Signau Guest and Garden Boutique Hotel, unter dem Label „Green Hotels“. Das Hotel Alma befindet sich im schicken Viertel Seefeld. Doch was ist das Innovative daran? Zum einen die grüne Fassade, die für eine natürliche Abkühlung sorgt, sowie viele weitere Details: ein vegetarisches Frühstücksbuffet, keine Minibars, stattdessen Gemeinschaftskühlschrank und Honesty Bar, Hafermilch in der Kaffeemaschine ist Standard, Trinkwasser nur vom Hahn, Magnetsystem an der Zimmertür, das signalisiert, ob Zimmerservice erwünscht ist sowie kleine Anleitungen zum Energie-Sparen wie die „One-Song-Shower“ (solange soll deine Dusche dauern!). Zum anderen übernimmt das Hotel auch eine soziale Verantwortung und lebt die Nachhaltigkeit nach innen. Das Hotel Alma gehört zur Gruppe der Sinn & Gewinn Hotels und sieht sich als Integrationsbetrieb. Das heißt im Housekeeping holt man speziell Frauen an Bord, die kognitiv und psychisch beeinträchtigt sind und durch die Arbeit unterstützt werden. Es gibt übrigens auch einen kleinen, feinen Wellnessbereich (women only) sowie eine Dachterrasse mit Blick auf den Zürichsee und regelmäßigen Yogaeinheiten.
Im Grünen wohnen
Ein weiteres besonderes Projekt, ebenfalls im Bezirk Seefeld, ist das Signau Guest and Garden Boutique Hotel. Ursprünglich als Wohnhaus errichtet (im Jahre 1912), lebten hier bis Anfang der 60er Jahre noch die Söhne der Familie. Danach wurde das Haus zum Büro von Universal Pictures Schweiz. Ein eigenes Kino im Keller deutet noch auf die cineastische Vergangenheit des Hauses hin. Heute ist es ein Boutique Hotel für Leute, die es exklusiv, grün und abgeschieden lieben. Da kann auch mal der ein oder andere Filmgast oder Regisseur dabei sein, der sich während des Zürcher Filmfestivals hier einmietet und Diskretion bevorzugt. Das Kino ist auch heute noch aktiv (offiziell das kleinste Kino der Stadt mit 25 Plätzen), am Montag ist immer Filmabend im Hause Signau. Besonders zu erwähnen, neben der stilvollen Vintage-Einrichtung und der Geschichte des Hauses, die auf Schritt und Tritt (der knarrende Dielenboden!) spürbar ist, ist der verwunschene Garten und der Pavillon, der als Rückzugsort für kreative Geister, Grünoase und Hide-away an heißen Sommertagen dient.
Made in Zürich
Bei einem Stadtrundgang entdecken wir viele heimische, innovative Labels, die hier in Zürich auf einen guten Nährboden stoßen. Denn die Kaufkraft und die Bereitschaft mehr zu zahlen für nachhaltige und heimische Produkte ist unter den Zürchern vorhanden. Eine besonders spannende Meile zum Shoppen findet man entlang des Viaduktes, wo junge, hippe Brands in Boutiquen, Concept-Stores oder Kunsthandwerksläden zu finden sind. In jedem einzelnen der 36 Viaduktbögen kann man Kreativluft im Bereich Mode, Kulinarik, Deko, Interieur schnuppern, was ein zügiges Weiterkommen leider unmöglich macht. Dazwischen gibt es immer wieder nette Cafés und Lokale, die zum Verweilen einladen, wie auch die „Viadukt Markthalle“, wo man einerseits lokale Köstlichkeiten einkaufen kann und andererseits vor Ort gleich Platz nehmen und zubereitete Gerichte verkosten kann.
Am Ende der Viaduktbögen kann man den Freitag-Tower erblicken, ein Turm aus recycelten Schiff-Containern errichtet, in dem sich der Showroom für das gleichnamige Taschen-Kultlabel befindet (die aus gebrauchten LKW-Planen gefertigt werden). Der Flagship-Store der weltweit bekannten Schweizer Marke „Freitag” ist aber nicht nur wegen seiner Taschen einen Besuch wert, sondern auch wegen seines sensationellen Ausblicks. Aus 26 Metern hat man einen tollen Ausblick auf die umliegenden Quartiere, bis hin zum Zürcher Stadtberg, dem Uetliberg.
Nachhaltige Stadtentwicklung
Der ikonische Tower ist Treffpunkt für Design- und Nachhaltigkeitsfans und liegt in dem innovativen Viertel Kreis 5, wo Nachhaltigkeit auch architektonisch sichtbar wird. Das ehemalige Industriegebiet ist ein Vorreiter in der nachhaltigen Stadtentwicklung. Hier wurden alte Fabrikgebäude in moderne, energieeffiziente Wohn- und Arbeitsräume umgewandelt, die den höchsten ökologischen Standards entsprechen. Der industrielle Charme bietet auch einige andere Aussichtspunkte: Hippe Cafés und Restaurants mit Aus- und Weitsicht laden zum Entdecken, Fotografieren und Genießen ein.
Wir erleben Zürich als eine Stadt, die ihre Auszeichnung als „eine der lebenswertesten Städte weltweit“ zu Recht verdient. Ein Ort, der zeigt, dass hohe Lebensqualität und Umweltbewusstsein Hand in Hand gehen können und oft auch müssen. Tradition und Innovation, Natur und Urbanität vermischen sich selbstverständlich und selbstbewusst.