Ernährung wie in der Steinzeit
Die Paleo-Diät basiert auf den Essgewohnheiten unserer Vorfahren in der Steinzeit. Der Verzicht auf Getreide- und Milchprodukte sowie Hülsenfrüchte und Zucker soll die Energie steigern, Krankheiten vorbeugen und gibt dem Körper genau das, woran dieser durch Jahrmillionen an Evolution angepasst ist.
Die Grundidee dieser Ernährungsform bezieht sich auf das Essverhalten der frühen menschlichen Jäger und Sammler während des Paläolithikums, bei „Nicht-Nerds“ auch unter Altsteinzeit bekannt, und ist ein wunderbares Mittel, um sich intensiv mit den eigenen Essgewohnheiten auseinanderzusetzen. Während wir heute in der Regel zu viel Fertig- und Getreideprodukte zu uns nehmen, existierten diese Nahrungsmittel während der Steinzeit noch nicht. Zusätzlich sind es genau diese Dinge, die uns dick und faul machen. Hand aufs Herz, wer endet nach einem großen Teller Spaghetti nicht am liebsten in der Hängematte und ist nicht die einfachste Möglichkeit satt zu werden ein Sandwich? Das Problem ist nur, dass diese Nahrungsmittel wenig Vitalstoffe bereitstellen und nicht lange satt machen. Wogegen eine naturbelassene Diät aus Fleisch, reichlich Gemüse, Nüssen und Samen das genaue Gegenteil bewirkt. Wer also energetisch durchs Leben gehen oder gerne lästige Kilos abschütteln möchte, der sollte sich ernsthaft mit dieser Ernährungsalternative beschäftigen.
Gesunde Ernährung ≠ Vegan
Schön und gut, Veganer ernähren sich zumindest in Hinblick auf Vitamine und Mineralstoffe mehr als gesund. Allerdings fehlt der Diät ein wichtiger Baustein, nämlich Fleisch und damit essenzielle Fette. Wir benötigen jede Menge Proteine, um gesund zu bleiben, Fleisch verfügt über alle essenziellen Aminosäuren und hat eine höhere Bioverfügbarkeit für den Körper. Man müsste circa 1,5 bis 2 Mal so viel Tofu oder die 2 bis 3-fache Menge an Bohnen oder Linsen essen, um mit einem schönen saftigen Rindersteak gleichauf zu sein. Gleichzeitig gehören zur veganen Ernährung auch jede Menge Kohlenhydrate in Form von Reis und Getreide. Unsere steinzeitlichen Vorfahren vollbrachten täglich sportliche Höchstleistungen und kamen trotzdem ohne moderne Getreidezüchtungen aus. Mehr als genug Kohlenhydrate finden sich in Obst. Wer die Nussschnecke aber nicht gegen einen saftigen Pfirsich oder eine süße Dattel eintauschen möchte, der muss auch die Konsequenzen tragen. Getreide und Reis enthalten jede Menge Polysaccharide, zu Deutsch „Vielfachzucker“ und wenn schon Zucker nicht gesund ist, was ist dann ein Vielfaches davon? Getreide und auch Hülsenfrüchte enthalten große Mengen an Lektinen – giftige Proteine, mit denen sich die Pflanze davor schützt, gegessen zu werden, diese verursachen das sogenannte Leaky Gut Syndrom (google es hier, es wird dir keine Freude bereiten). Zusätzlich ist gerade Getreide voll mit Gluten. Den Besserwissern, die jetzt stolz behaupten, Hafer wäre glutenfrei sei gesagt, dass Hafer zwar keinen Gluten aber ähnliche Stoffe enthält – es wird dadurch nicht besser. Egal ob du eine Unverträglichkeit hast oder nicht, Gluten ist schwer verdaulich, lässt sich im Darm nur sehr schwer aufspalten und zu viel davon bedeutet systemische Entzündungen und im schlimmsten Fall eine Autoimmunerkrankung. Milch spielt in derselben Liga, wenn auch bei weitem nicht so schlimm. Aber es gibt unzählige Menschen, bei denen eine minimale Laktoseintoleranz besteht, die über die Jahre ebenfalls zu chronischen Darmbeschwerden führt. Wer nicht ganz auf Milch verzichten kann, darf aber zu hochwertigem Joghurt und gereiftem Käse greifen. Auch wenn unsere Steinzeitbrüder gut ohne über die Runden kamen. Wer sich hier gescheit einlesen möchte, der muss auf den englischsprachigen Buchmarkt blicken. Unsere Buchempfehlung ist ‚The Paleo Solution‘ von Robb Wolf.
Unsere Vorfahren waren nicht klein und kränklich
Um den Ansatz von Paleo zu verstehen, gilt es einen Blick auf unsere früheste Vergangenheit zu werfen und sich ERSTMAL nicht an die Ernährungswissenschaft, sondern an die Anthropologie zu halten. „Wir wissen heute, dass die Menschen der Altsteinzeit keineswegs klein und unterernährt waren, ganz im Gegenteil waren sie meist ausreichend mit Nährstoffen versorgt und wurden im Schnitt älter als die ersten Ackerbauern in Europa“, erklärt Archäologe Joachim Pechtl im Gespräch. Noch im alten Rom übertraf die durchschnittliche Lebenserwartung nicht jene unserer ältesten Vorfahren. Die Hauptnahrungsquelle war meist Fleisch und Gemüse, dazu kamen Samen, Nüsse und Beeren, sowie Fisch und das ein oder andere erbeutete Ei. Was die Gesundheit kaum störte, war das Fehlen von kohlenhydratlastigen Lebensmitteln und Milch. Evolutionär war diese Phase mit über 2 Millionen Jahren eine der längsten der Menschheitsgeschichte. Für unsere Gene sind die letzten paar tausend Jahre ein Katzensprung und genetisch sind wir mit den ersten ‚Homo Sapiens‘ beinahe identisch, aber sollten wir deshalb auch deren Ernährungsgewohnheiten teilen?
Ein paar einfache Regeln
So ist die Paleo-Diät auch so simpel aufgebaut, wie die Ernährung unserer Steinzeitfreunde. Auf den Teller darf frisches Fleisch und Fisch, jede Menge Gemüse, Nüsse und Samen. Auch Honig und Früchte können genossen werden. Beim Gemüse gilt der Leitsatz: „Im Laufe des Tages sollten möglichst viele Gemüsefarben am Teller landen, bei möglichst großer Abwechslung.“ Unsere Vorfahren nahmen jeden Monat bis zu zweihundert unterschiedliche Zutaten zu sich – „Thats the Challange“. Bei Fleisch und Fisch achtet man auf möglichst natürliche Fütterung. Wer Gewicht verlieren möchte, verzichtet weitestgehend auf Obst, denn dieses enthält den meisten Fruchtzucker. Gebraten wird mit hochwertigen pflanzlichen Ölen, aber mit Butter darf man schon mal schummeln, denn die enthält wertvolle Fette.
Abenteuer Einkauf
Unsere Vorfahren mussten bei ihren Streifzügen stets darauf achten, was aus dem verfügbaren Angebot überhaupt genießbar war. Mit der richtigen Einstellung wird auch der Supermarktbesuch zum spannenden Jagd- und Sammelausflug. Vieles was wir in den Regalen finden, ist unserer Gesundheit nicht zuträglich und wir halten nach genießbaren Schlemmerstücken Ausschau: regional, saisonal und möglichst frisch. Natürlich sind Stoneager keine Spießer, so zählt auch hochwertige dunkle Schokolade und Wein zum Genussrepertoire.
Ach ja, Finger weg von Bier!
Paleo Dos & Don’ts
Das landet am Teller: Fleisch, Fisch, Nüsse, Samen, Gemüse, Eier, hochwertige Öle: Olivenöl, Nuss- und Samenöle, Kokosnussbutter, Avocadoöl, Schweine- und Rinderschmalz (auch Ghee und kleine Mengen Butter sind ok), natürliche Süßungsmittel wie Honig oder Ahornsirup, jede Menge Kräuter, traditionelle Gewürze, Wein, Kakaopulver, dunkle Schokolade. Für die Grundversorgung an Kohlenhydraten kommen Kartoffeln, Topinambur, Yams und Süßkartoffeln auf den Tisch.
Lass die Finger davon: Getreide (ja, auch Brot und Nudeln), Mais, Zucker (viel Spaß beim ersten Paleoeinkauf…), Milchprodukte und Hülsenfrüchte. Du wirst feststellen, dass sich damit auch jegliche Art von Convenience Food von selbst erledigt.
Zeitgemäßes Paleo
Wer es jetzt mit der Angst zu tun bekommt, dass er in Zukunft nur mehr bei offenem Feuer ein paar Fleischstücke und Gemüse grillt, der kann sich gleich wieder entspannt im Fernsehsessel zurücklehnen. Die moderne Paleoküche verwendet die steinzeitlichen Zutaten modern und innovativ, denn in der Zubereitung ist alles erlaubt, was heute in der Küche möglich ist. Brot wird aus Nüssen und Samen gebacken, ebenso wie Kuchen, der mit Honig und Früchten gesüßt wird. Gemüsenudeln ersetzen die klassischen Spaghetti und sahnige Saucen entstehen aus Nusspulver. Im Restaurant wird der Schweinsbraten halt ohne Knödel bestellt und bei der Sauce heißt es Obacht, dass diese nicht mit Stärke gebunden ist. Paleo Diät heißt aber auf jeden Fall frisch kochen. Bei Thalia findest du jede Menge Kochbücher!
Der tägliche Überlebenskampf
Das Erste, was nach einigen Tagen auffällt, ist – neben den ersten Entzugserscheinungen, die Zucker und Kohlenhydrate auslösen (Ja, die sind fast wie eine Droge – werde jetzt endlich clean!) – ein ungemeiner Energieschub, wo andere nach dem Essen kaum mehr die Augen offenhalten können, sind Steinzeitesser noch immer leistungsfähig und gerne körperlich aktiv.
Zugegeben, mit Paleo stößt man im Veggie-Tribe oft auf Resistments, schließlich genießen wir ohne Reue unser Fleisch, verschmähen traditionelle Ernährungsempfehlungen, in denen Kohlenhydrate die Grundlage der Ernährungspyramide bilden und meiden die allgemein als gesund angesehenen Hülsenfrüchte wie der Teufel das Weihwasser. Aber zum Jäger- und Sammlerdasein gehört auch Wehrhaftigkeit, heutzutage zumindest die verbale. Beim Fleischkonsum haben Stonies einige Argumente auf ihrer Seite. Wir schwören schon aus gesundheitlichen Gründen auf Fleisch aus artgerechter Haltung oder nachhaltigen Wildfisch. Erwiesenermaßen ist der CO2-Ausstoß bei Rindern in Weidehaltung geringer als bei Stallhaltung, da die begrasten Weiden mehr CO2 binden und das Futter nicht aus Soja oder Mais Monokulturen kommt, die vielleicht noch mit Pestiziden behandelt werden.
Text: Dominic Schafflinger
Fotos: Adobe Stock
Der letzte und wichtigste Punkt für die Paleo-Diät ist sicher jener, dass es mit ihr unmöglich wird Fertigprodukte internationaler Lebensmittelkonzerne zu konsumieren und diese sind es, die in Bezug auf Gesundheit und Nachhaltigkeit den größten Schaden anrichten. Zusätzlich beschäftigt man sich intensiv mit seiner Ernährung und neuen Rezepten, das garantiert Abwechslung am Speiseplan. Willst du Paleo ausprobieren, gib deinem Körper mindestens ein Monat Zeit und bewerte Paleo erst dann. Höchstwahrscheinlich bleibst du dann noch länger in der Steinzeit.