Aus Liebe zum Sechszylinder

DER MAZDA CX-60 IM TEST

Bei allen werden die Motoren kleiner, nur Mazda baut einen Reihensechszylinder mit 3,3 Litern Hubraum. Der neue CX-60 erfüllt dabei trotzdem die EU-Abgasnorm. Ob Mazda damit den endgültigen Sprung in die Premiumklasse schafft, habe ich als Testfahrer der Salzburgerin in diesem Langzeittest herausgefunden.

14 Tage und 2000 Kilometer habe ich dem Mazda nichts geschenkt, ihn in allen Fahrsituationen auf Herz und Nieren getestet und mir ein eindrückliches Bild von dem Mazda SUV gemacht, der schon aufgrund seiner Größe ein Hingucker ist. 4,8 Meter lang, 1,9 Meter breit und fast 1,70 Meter hoch, kann man den Japaner kaum übersehen. Nur der CX-80 ist größer, kommt aber erst im Herbst nach Österreich. Viele Autotester kolportieren, dass der CX-60 Mazdas Ankunft im Premiumsegment, neben BMW, Audi oder Lexus ist und das gilt es nun herauszufinden.

Unser Testwagen: Mazda CX-60 Takumi

Motor: 6-Zylinder-Diesel-Motor 3.3 L E-SKYACTIV (48 V Mildhybrid mit 17 PS)
Leistung: 200 PS/450Nm
Antrieb: 8-Gang-Automatikgetriebe mit Hinterradantrieb
0-100 km/h: 8,4 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 212 km/h
Verbrauch: 5l/100 km
CO2-Emission (kombiniert): 130 g/km

CONVENIENCE & SOUND PACK

Elektrische Heckklappenöffnung, Abgedunkelte Scheiben, Intelligenter 360° Umgebungsmonitor, Erweiterte Innenraumbeleuchtung, Induktive Ladestation, BOSE-Soundsystem

PANORAMIC SUNROOF

DRIVER ASSISTANCE PACK

Adaptive LED-Matrix-Scheinwerferm, Querverkehrwarnung vorne, Ausparkhilfe mit Gefahrenbremsung, Notbremsassistent hinten, Adaptiver Tempomat, Staufolgeassistent mit Lenkunterstützung, Intelligenter Stauassistent, Mazda Intelligent Drive Select, Automatisch Abblendbarer Außen- und Innenspiegel

Liebe auf den ersten Blick

Kurz nach der Übergabe durch Mazda Österreich erfolgt die erste Begutachtung von außen. Natürlich wurde das Testfahrzeug in Mazda-Rot geliefert. Die Farbe, die eigentlich Soul Red Crystal heißt, ist mit der Marke verwoben wie keine andere. Schließt man die Augen und denkt an Mazda, ist da stets ein rotes Auto, seltsamerweise meistens der MX-5. Bullig steht der CX-60 da und er ist schön. Ich mag reduzierte Linien ohne viele Ecken und Kanten. Ein Auto mit simplen Linien ohne viel Schnickschnack ist ein gut designtes Auto, und das hat Mazda am Exterieur des CX-60 perfekt umgesetzt. Vorne ein großer Kühlergrill in optionaler Klavierlackoptik, die verchromte Umrandung fließt in die kleinen Matrix-LED-Scheinwerfer. Die Dachlinie fällt dezent nach hinten ab, gerade so, dass es noch sportlich aussieht, und die Chromleisten um die Seitenfenster strahlen Eleganz aus. Das Heck ist angenehm proportioniert, schräg abfallend und läuft weich nach unten aus. Getragen wird der Mazda von 20 Zoll Alufelgen, die das edle Auftreten noch unterstreichen. Aussehen ist immer Geschmackssache, aber für mich hat Mazda hier einen besseren Job gemacht als Mercedes, BMW oder andere, denn der CX-60 sieht einfach unwiderstehlich aus.

Fazit:

Optisch übernimmt er die Führung, sogar in der Premiumklasse.

Introspektive

Als zweites fällt der Blick auf den Innenraum. Die Verarbeitungsqualität sowie die Spaltmaße waren bei Mazda schon immer gut, aber nun kommen noch hochwertigste Interior-Materialien hinzu. Die Takumi-Version kommt in weißem Leder, mit beheiztem Lenkrad, Sitzheizung (auch hinten) und Sitzklimatisierung. Echtholzapplikationen in Ahorn finden sich in den Türen und der Mittelkonsole, feiner Zwirn spannt sich über das gesamte Armaturenbrett, darunter ein Aluminiumband, das sich dynamisch bis in die Türen zieht. Aber leider macht wahren Luxus nicht das Material aus, sondern was man daraus macht. Allein in der Seitentür befinden sich von oben nach unten: schwarzer Kunststoff, Echtholz, Aluminium, Stoffbezug, Leder und schwarzer Kunststoff. Die Lüftungsauslässe links und rechts haben bronzefarbene Applikationen, die sich sonst nirgends mehr wiederfinden. Raffinierter japanischer Minimalismus geht anders, hier sieht es eher aus, als versuchten die Designer, den Käufer mit hochwertigen Materialien einfach zu erschlagen. Zumindest die Mittelkonsole ist schlicht und gelungen, genauso wie die Sitze. Egal ob hinten oder vorne, mehr Gemütlichkeit geht fast nicht. Bein- und Kopffreiheit sind auch bei sehr großen Passagieren kein Problem, nicht mal hinter dem Fahrer. Das Platzangebot ist hervorragend im Mazda. Vor allem der Kofferraum überzeugt mit seinen 570 respektive 1726 Litern bei umgeklappter Rückbank.

Fazit:

Das Interieur-Material ist absolut Premium. Aber Premiumklasse bedeutet auch Geschick in der Materialanordnung, um ein stilles, edles Wohlgefühl bei den Passagieren zu erzeugen, und da ist der CX-60 noch lange nicht.

Good 2 know

  • Die Heckklappe öffnet und schließt natürlich automatisch, den Armtest besteht sie aber leider nicht. Was bei einem Erwachsenen zu einem unangenehmen Quetschungsgefühl führt, kann bei einem kleinen Kind schon ein gebrochener Arm sein bevor die Heckklappe erkennt, dass sie wieder hochfahren muss.
  • Die seitlichen Lüftungsauslässe im Cockpit springen bei offener Tür zwar stylisch nach vorne, sind aber eine böse Kniefalle. Es passiert uns im Test zwei Mal, dass wir uns schmerzhaft das Knie direkt an der Kante stießen.
  • Das Panoramadach ist zwar richtig groß, allerdings lässt sich nur ca. 30 Prozent davon öffnen, dabei stellt sich kein Gefühl von offener Lebensfreude ein.

Jinba Ittai

Mazda verspricht bei jedem seiner Autos den ‚Jinba Ittai‘-Effekt. Das bedeutet eine perfekte Einheit zwischen Fahrer und Auto. Dieser lässt sich erst bewerten, wenn man anfängt, das Auto zu bewegen. Und jede Bewegung startet mit den richtigen Fahrzeugeinstellungen. Optional ist der CX-60 mit einem Driver-Personalization-System ausgestattet. Das erfasst die perfekte Sitz- und Lenkradposition per Kamera, speichert diese dann für bis zu 6 Personen, die automatisch erkannt werden. Das macht der Mazda nicht schlecht, ich nehme aber trotzdem noch das Feintuning selbst vor. Auch die Kamera erkennt mich nicht immer, vielleicht liegt es daran, dass ich Brillenträger bin. Für alle wichtigen Funktionen gibt es im Mazda noch analoge Knöpfe und in der Mittelkonsole das ‚Commander Control‘, mit dem man ähnlich wie bei BMW das gesamte Infotainment steuern kann. Das funktioniert völlig intuitiv, muss es aber auch, denn…

…das zentrale Display lässt sich nicht per Touchscreen steuern, zumindest nicht, bis man via Bluetooth Apple CarPlay damit verbindet, dann geht’s plötzlich doch. Das ist leider absoluter Schnee von gestern und minimiert die Freude am Fahren massiv. Der zentrale 12,3 Zoll Bildschirm ist mit seiner niedrigen Höhe leider auch nicht besonders komfortabel, schließlich will man die eigene Route möglichst weit nach vorne sehen und nicht den dritten Ort von links. Trotzdem, die Auflösung des TFT-Screens stimmt und die Menüführung ist simpel und eingängig. Schwierig wird es leider beim induktiven Laden, mein iPhone wird oft nicht erkannt, und wenn, dann wird es nur warm, aber kein Prozent mehr Saft landet im Akku. Gut, dass der CX 60 vorne und hinten über jeweils zwei USB-C-Buchsen verfügt. Wichtig ist, dass Mazda das Funktionieren der Ladeschale 6 Jahre lang garantiert, also bei Problemen einfach ab in die Werkstatt. Auch die Anzeigen am Armaturenbrett sind komplett digital geworden, blenden z.B. den Driving Assistant direkt ein und man hat alle wichtigen Informationen an einem Punkt. Das ist gut, mehrere Designs zur Auswahl wären aber besser gewesen. Absolut ausreichend ist das Head-Up-Display, das ab der Homura Line serienmäßig enthalten ist und, das hätte ich nicht erwartet, auch die Route von Apple Karten oder Google Maps einblendet. Jetzt aber Finger auf den Startknopf und los…

Fazit:

Mazda ist mit der Digitalisierung noch nicht in den 20ern angekommen, das merkt man leider bei jeder Fahrt und genau dadurch mag sich ‚Jinba Ittai‘ zumindest bei mir nicht einstellen.

Inline 6 on Tour

Unser Testwagen ist der 3,3 Liter e-Skyactiv. Ein 6 Zylinder-Diesel-Reihenmotor, der beim Anlassen kräftig schnurrt. Das Schöne am 6-Zylinder ist definitiv sein großer Hubraum und seine erhöhte Laufruhe, die vor allem bei höheren Geschwindigkeiten Vibrationen und Motorgeräusche minimiert. Damit man auch mit 3,3 Litern Hubraum noch der aktuellsten CO2-Verordnung nachkommen kann, verbaute Mazda einen Mini-Elektromotor, der beim Anfahren und Beschleunigen hilft. Das macht der CX-60 wirklich gut, er hängt satt am Gas, auch wenn die typische Hybridsekunde beim Beschleunigen immer da ist.  Mit nur 200 PS  hat er genügend Reserven, sogar am Rossfeld hatte ich nie das Gefühl untermotorisiert zu sein. Wer öfters mal einen Hänger zieht, sollte aber auf jeden Fall eine andere Motorisierung wählen. Erhältlich ist der Mazda nur mit stufenlosem 8-Gang-Automatikgetriebe, in unserer Motorisierung treibt das nur die Heckräder an. Alternativ kann man aber mit den Schaltwippen hinter dem Lenkrad übernehmen, macht auch Sinn, wenn man sportlicher unterwegs sein möchte. Den Sport Mode kann man übrigens getrost vergessen, ich habe im Test nie das Gefühl, dass dieser eine andere Fahrdynamik als der Normal Mode bietet. Die Fahrmodi werden erst mit der 254 PS Allradvariante oder dem Plug-In-Hybrid wirklich interessant. Das Fahrwerk ist solide, aber nicht unbedingt sportlich, denn wer im CX-60 unterwegs ist, will entspannt ankommen. Was die Entspannung dämpft, sind die zahlreichen Assistenten, die etwas zu oft Alarmsignale von sich geben, egal ob beim Spurwechsel oder wenn man mal kurz nicht nach vorne schaut. Dafür ist der Adaptive Tempomat absolut angenehm und tut verlässlich seine Arbeit. Vor allem beim Parken macht sich der große Wendekreis von 11,7 Metern bemerkbar, mit den optionalen 360-Grad-Kameras fährt man aber sicher in jede Parklücke. Da die Türen über die Seitenschweller reichen, muss man beim Aussteigen auf den Randstein achten. Der Mazda CX-60 ist ein ideales Auto für Langstrecken, der seine über zwei Tonnen mit nur 6,3 Litern (unser Testwert) über Stadt und Land bewegt. Wer sparsam fährt, kommt anscheinend auf unter sechs Liter, aber das ist nur Hörensagen. Egal wo die Reise hingeht, mit dem Mazda SUV kommt man überall relaxed an.

Fazit:

Der Reihensechszylinder ist ein wunderbar angenehmes Aggregat, zusammen mit den zahlreichen Assistenzsystemen ist es ein Genuss, mit dem CX-60 über die Straßen zu gleiten. Da ist er im Premiumsegment angekommen.

Alternativ gibt’s den CX-60 auch mit 254 PS und als 4-Zylinder-Benziner-Plug-In-Variante mit 327 kombinierten PS. Beide dann mit Allradantrieb.

Der Mazda CX-60 ist noch nicht ganz auf einem Level mit Mercedes oder Lexus, aber auf dem besten Weg dahin. Wenn die Mazda-Ingenieure das Betriebssystem weiter verbessern, wird er zur echten Alternative zum Premiumsegment – und das zu einem sehr vernünftigen Einstiegspreis von Euro 52 750.

Text: Dominic Schafflinger

Fotos: Mazda Austria, Dominic Schafflinger

2024-05-24T12:15:26+02:00

Teile diesen Beitrag

Nach oben