„Mund- und Allgemeingesundheit gehören zusammen!“
Viele nutzen den Frühling, um den eigenen Organismus zu reinigen und den Körper auf Vordermann zu bringen. „Es macht Sinn dabei auch an die Zähne und das Zahnfleisch zu denken“, meint Zahnärztin Alexandra Kalmar. Zahngesundheit sei, so unsere Expertin Dr. Kalmar, ein weiterer Grundpfeiler für unser Wohlbefinden und einen gesunden Körper. Denn was zwischenzeitlich kein Geheimnis mehr ist: Zähne können Krankheiten auslösen, die wir auf den ersten Blick nicht mit ihnen in Verbindung bringen
Frau Dr. Kalmar, aus dem Spitzensport/Skisport kennt man das Phänomen, dass Zahn- oder Zahnfleischprobleme die Leistungsfähigkeit negativ beeinflussen. Wie ist das bei uns „Normalbürgern“?
Dr. Alexandra Kalmar: Das betrifft tatsächlich jeden. Wir Zahnärzte sind uns darüber bewusst, dass wir nicht nur einen Zahn behandeln, sondern immer einen Menschen. Allgemeinerkrankungen haben einen Einfluss auf die Mundgesundheit – und natürlich auch andersherum.
Deshalb erfragen gute Zahnärzte beim Patienten auch immer die Grunderkrankungen oder auch Medikamenteneinnahmen, denn Medikamente können auch Nebenwirkungen haben, die sich im Mundraum abspielen.
Welche Erkrankungen können einen Einfluss auf die Zähne oder das Zahnfleisch haben?
Dr. Alexandra Kalmar: Diabetes ist sicherlich solch ein Fall. Diabetiker entwickeln häufiger und schneller eine Parodontitis. Die hohen Blutzuckerwerte sind der Grund dafür, dass sich das Zahnfleisch eines Diabetikers entzündet und die Zähne oder Implantate mit der Zeit an Halt verlieren, weil der Knochen abgebaut wird. Gleichzeitig hat entzündetes Zahnfleisch – also eine Parodontitis – auch Konsequenzen für den Zuckerkranken, weil sich dessen Blutzuckerwerte schwerer richtig einstellen lassen. Und das kann wiederum das Risiko der typischen Diabetesfolgen wie Nieren- und Augenschädigungen erhöhen.
Bevor wir gleich zur Behandlung der Parodontitis und der Vermeidung kommen, noch eine andere Frage zu Zahnimplantaten. Sie versorgen Ihre Patienten mit solchen Implantaten. Worauf ist in der Vorbereitung einer Implantation zu achten?
Dr. Alexandra Kalmar: Zahnimplantate bieten die Möglichkeit verlorengegangene Zähne zu ersetzen. Dann übernehmen die Implantate die Funktion einer Zahnwurzel, auf die ein neuer Zahn sicher befestigt wird. Man kann diese Implantate aber auch einsetzen, damit Zahnersatz besser gehalten wird.
Bei beiden Versorgungen ist es natürlich wichtig, dass das Zahnfleisch gesund ist. Wenn Entzündungen vorhanden sind, sorgen meine Mitarbeiterinnen und ich dafür, diese vor der Implantation zu behandeln um die Implantate in ein gesundes Gewebe setzen zu können. Andernfalls könnten Bakterien die Einheilung erschweren. Außerdem wollen wir verhindern, dass viele Bakterien in die Blutbahn gelangen und dann beispielsweise Herzklappen befallen.
Über unsere Expertin:
Dr. med. dent. Alexandra Kalmar MA
Praxisübernahme der Wohlfühlpraxis in der Aignerstraße 21, 5026 Salzburg mit April 2024
Frau Dr. Kalmar, auf welche Bereiche unseres Lebens haben Entzündungen in unserer Mundhöhle noch Einfluss?
Dr. Alexandra Kalmar: Die Wissenschaft diskutiert den Einfluss von parodontalen Erkrankungen wie Parodontitis in vielen Bereichen, und wir wissen heute, wie weitreichend die Konsequenzen von unbehandelten Mundraumentzündungen sind. Das reicht von koronaren Herzerkrankungen, über Frühgeburten bis hin zum Themenfeld der männlichen Potenz. Ein weiteres Beispiel betrifft die Atemwege. Bakterielle Infektionen im Mund können Atemwegserkrankungen wie Lungenentzündungen verschlimmern.
Welche Maßnahmen können Menschen ergreifen, um ihre Mundgesundheit zu verbessern und damit auch ihre allgemeine Gesundheit zu fördern?
Dr. Alexandra Kalmar: Eine gute Zahn- und Mundhygiene ist der Schlüssel. Dazu gehören – und das wird niemanden überraschen – regelmäßiges Zähneputzen mindestens zweimal täglich, sowie Verwendung von Zahnseide oder Interdentalbürsten um Plaque zwischen den Zähnen zu entfernen. Und da das Thema immer wieder aufkommt: Bitte unbedingt eine Zahnpasta mit Fluorid verwenden. Es stimmt zwar, dass Fluoride schädlich sein können, allerdings erst ab einer Menge von 350mg, was einer Menge von drei 75ml Zahnpastatuben entspricht. In handelsüblicher Menge ist das Fluorid in der Zahnpasta jener Bestandteil, der die Zähne neben der mechanischen Reinigung effektiv vor Karies schützt.
Jedoch ersetzen auch die beste Zahnpasta und Zahnbürste nicht regelmäßige Besuche beim Zahnarzt. Dort werden aber nicht nur Zähne und das Zahnfleisch untersucht – und ggf. behandelt. Der entscheidende Punkt ist die professionellen Reinigung und regelmäßige Überprüfung durch gut ausgebildete Fachkräfte in der Praxis. Die professionelle Zahnreinigung ist sehr effektiv. Danach sind wir auf die Mitarbeit unserer Patienten angewiesen, die mit häuslicher Zahn- und Mundpflege das Ergebnis so lange wie möglich versuchen zu erhalten – bis zur nächsten professionellen Zahnreinigung.
Wie oft empfehlen Sie die professionelle Reinigung beim Zahnarzt?
Dr. Alexandra Kalmar: Das ist individuell unterschiedlich. Bei Menschen mit einem gesunden Zahnhalteapparat und adäquater häuslicher Zahnpflege können ein bis zwei professionelle Reinigungen im Jahr ausreichen, während bei Patienten mit etablierten Zahnfleischerkrankungen engmaschigere Sitzungen notwendig sind. Ich vergleiche die professionelle Zahnreinigung gerne mit dem Frühjahrsputz auf einer Terrasse mit einem Hochdruckreiniger. Sie reinigt Stellen, die im Alltag schwer erreichbar sind, gründlicher und schafft ideale Bedingungen für langfristig gesunde Zähne und umliegende Gewebe.
Es gibt noch andere gute Gründe, Zähne und Zahnfleisch regelmäßig kontrollieren zu lassen: Stabile Zustände der Mundgesundheit können durch Veränderungen im Leben kippen. Der Verlust eines engen Verwandten, Trennung vom Partner, oder auch die Wechseljahre können auch Einfluss auf die Mundgesundheit haben. Auch eine geplante Schwangerschaft ist ein guter Grund, denn während der Schwangerschaft wollen wir vermeiden, dass Medikamente oder Schmerzmittel das heranwachsende Leben beeinträchtigt.
Haben Sie noch weitere Alltagstipps für eine gute Mundgesundheit?
Dr. Alexandra Kalmar: Ja, sicher. Ich rate meinen Patienten, eine ausgewogene Ernährung zu sich zu nehmen und den Konsum von zuckerhaltigen Getränken und Snacks zu reduzieren. Zucker ist ein Hauptnährstoff für schädliche Bakterien im Mund. Eine Ernährung, die diese Bakterien fördert, kann zu Karies und entzündlichen Prozessen führen. Und das gilt auch für den Konsum von Tabak- und E-Zigaretten. Natürlich kann man Zucker nicht zur Gänze vermeiden – auch ich als Zahnärztin genieße hin und wieder ein Stück Kuchen. Wenn man nach dem Verzehr von Zucker den Mund mit Wasser ausspült, hilft dies schon dabei den ursprünglichen pH-Wert im Mund herzustellen. Zucker und säurehaltige Lebensmittel senken nämlich über einen gewissen Zeitraum den pH-Wert in der Mundhöhle. In dieser Zeit sind die Zähne besonders angreifbar. Deswegen sind auch Energydrinks und Limonaden so gefährlich – diese enthalten sowohl Zucker als auch Säure. Da würde ich als geringeres Übel dann eher zur zuckerfreien Variante greifen. Dieses Thema spannt auch wieder den Bogen zur allgemeinen Gesundheit. Zu viel raffinierter Zucker schadet nicht nur unseren Zähnen, sondern jedem Organ und jeder Zelle unseres Körpers.
Text: Dominic Schafflinger & Alexandra Kalmar
Fotos: Paul Marschner, Adobe Stock