Ohne Faszien geht gar nichts
Text: Christine Gnahn
Fotos: adimas, Africa Studio, djile, photocrew, Kurhan - fotolia.com
Sie halten uns zusammen und sorgen für eine gesunde Körperwahrnehmung: die Faszien. Doch wie kann man diese unterstützen? Im Gespräch mit einer Physiotherapeutin.
Ein durchtrainierter Körper mit wohldefinierten Muskeln – davon träumen viele. Bereitwillig verbringt dafür manch einer im Sinne der Stählung des Körpers seine Freizeit in Fitnesscentern, geht laufen und schwimmen. Ein ganz eigener Bereich im Körper, man möchte fast sagen, eine eigene Dimension, wurde dabei jedoch lange übersehen: die Faszien. Aktuelle Erkenntnisse belegen, wie wichtig diese für unseren Körper sind – und zwar keineswegs nur, um gut auszusehen. Doch was genau ist das eigentlich, eine Faszie? Und wo kann man diese finden?
Von Faszien umhüllt
„Faszien sind ein Teil des Bindegewebes. Sie umhüllen den gesamten Körper – und zwar vom Scheitel bis zum Zeh“, erklärt Laura Puggelsheim. Die Physiotherapeutin beim Metagil Physioteam in der Stadt Salzburg betreut jeden Tag Kunden mit unterschiedlichen körperlichen Problemen – das Thema Faszien ist dabei schon lange kein neues für sie. „Faszien legen sich hautartig über den ganzen menschlichen Bewegungsapparat, wodurch Muskeln, Knochen, Nerven, Blutgefäße, Organe und sogar Gehirn und Rückenmark umschlossen werden und somit eine Einheit bilden“, beschreibt Puggelsheim. Wie durch ein Spinnennetz seien die Faszien miteinander verbunden – und dadurch sogar imstande, miteinander zu kommunizieren. Über eine Art Fühler können Faszien die Position und Lage eines Muskels, aber auch Informationen über Druck, Schwingung, Temperatur und andere Impulse der Umwelt aufnehmen. Für diese Funktion halten die Faszien im Körper zusammen und leiten alle Informationen an das zentrale Nervensystem weiter.
„Dabei gilt: Je trainierter eine Faszie ist, desto sensibler reagiert sie und desto genauer kann sie Informationen weiterleiten.“ Die Palette der weiteren Funktionen, die die Faszien für den Körper erfüllen, ist breit: Sie helfen dabei, das Gleichgewicht zu halten, steuern Muskeln an und unterstützen bei nahezu sämtlichen Bewegungen. So sind auch SportlerInnen von der Qualität ihrer Faszien abhängig. „Faszien setzen die Muskelkraft in Bewegung um und können gleichzeitig auch Bewegungsenergie speichern. Diese wird dann mittels des sogenannten‚ Rebound-Effekts‘ katapultartig zurückgegeben, wie bei einer Sprungfeder.“ Das sei ins-besondere beim Laufen und Springen der Fall, da hier die dynamischen und federnden Bewegungen nicht – wie bisher angenommen – vom Muskel, sondern von den Faszien erzeugt würden. Doch egal, ob sportlich aktiv oder nicht, seien gut trainierte Faszien für jeden Menschen wichtig. „Insbesondere dienen Faszien ja auch der Eigenwahrnehmung, also beispielsweise um Fehlstellungen im Körper wahrzunehmen und auszugleichen.“
Training für die Faszien
Mit zahlreichen Berufen, die heutzutage im Sitzen ausgeübt werden und einem generell bequemeren Alltag sind keine leichten Zeiten für die Faszien angebrochen. „Der klassische Bürojob mit einem nach vorne gebeugten, adynamischen Sitzverhalten ist zumeist Gift für unsere Faszien“, erklärt Puggelsheim. Die Folgen: Die Faszien verkleben, verhärten sich und können schlussendlich sogar reißen. Unter anderem spürt man dann, wie sich die Beweglichkeit verschlechtert und immer häufiger körperliche Schmerzen auftreten. Immer wieder aufstehen, Pausen einlegen und dynamische Bewegungen in den (Berufs-)Alltag einfließen lassen: Das seien geeignete Strategien, um die Faszien und damit den Körper in Schwung zu halten. „Man muss leider sagen, dass wir schlichtweg zu viel Zeit im Sitzen verbringen. Beim Frühstück, im Auto, am Schreibtisch, beim Mittag- und Abendessen und auf der Couch. Ehe wir uns versehen, ist der Tag vorbei und der gesamte Bewegungsapparat mit seinen Faszien wurde kaum bewegt.“
Nach und nach führe ein solches Verhalten dazu, dass sich der Körper an dieses Minimalmaß an Bewegung gewöhne – und weiterführende Bewegungen mit Schmerzen und Einschränkungen verbunden würden. Keineswegs aus dem Schneider seien jedoch die Feierabend-JoggerInnen und Fitnessstudio-GängerInnen. „Wer immer wieder dasselbe monotone Bewegungsmuster an den Tag legt, unterstützt seine Faszien auch nur bedingt.“ Viel geeigneter seien Variationen im Training – und das Ausüben unterschiedlicher Sportarten mit möglichst variierenden Bewegungsmustern.
„Besonders Sportarten, die ein gewisses Körpergefühl voraussetzen, sind toll für die Faszien: so beispielsweise Turnen und Pilates.“ Beim Laufen wiederum sei es sinnvoll, „Hopserläufe“ sowie Variationen in der Schrittlänge einzubauen. Sogar eine neue Sportart, die „Faszienfitness“ habe sich mittlerweile etabliert. „Hier muss man allerdings anfänglich einiges an Geduld aufbringen, da sich die Faszien nicht so schnell aufbauen wie die Muskulatur. Dafür bauen sie dann aber auch nicht so schnell ab.“ Auch Trainingsgegenstände wie Faszienrollen oder auch „Black Rolls“, „Twister“ und Bälle sind für die Selbstbehandlung der Faszien geeignet – folgt man den Anleitungen, die zumeist mitgeliefert werden, massiert man das Fasziengewebe und kann es dadurch geschmeidiger halten. „Auch durch Physiotherapie lässt sich das Gesamtsystem der Faszien unterstützen. Uns stehen hier gezielte Strategien zur Faszienmanipulation und unterschiedliche Modelle zur myofaszialen Behandlung zur Verfügung.“ Doch nicht nur das Sitzen und Bewegen wirkt sich auf die Faszien aus – auch der persönliche psychosoziale und seelische Stress und die Ernährung spielen wichtige Faktoren dabei.
Die richtige Ernährung
Um zu vermeiden, dass die Faszien verkleben und letztlich brüchig werden, greift man im Idealfall auch zur richtigen Nahrung. Denn die Faszien benötigen ausreichend Nährstoffe, um ihre Funktion voll und ganz ausüben zu können. „Oberstes Gebot dabei: Viel trinken! Denn Faszien bestehen zu etwa 75 Prozent selbst aus Wasser“, erklärt Puggelsheim. Ebenfalls wichtig seien Proteine – und auch die, von manchen verschrienen, Kohlenhydrate. „Diese Nährstoffe braucht der Körper, um die Grundsubstanz des Bindegewebes zu bilden.“ Zucker hingegen fördert die Bildung vieler kleiner Kristalle in der Basis des Bindgewebes. Das wiederum fördert das Verkleben der Faszien. „Auf Zucker zu verzichten ist jedoch natürlich schwierig in der alltäglichen Umsetzung – denn viele unserer Lebensmittel sind mit Zucker versehen.“ Eine ausgewogene Ernährung stelle die entscheidende Grundlage dar – nicht nur für das Fasziensystem, sondern für den gesamten menschlichen Organismus.