„Manche Stars kommen als Adler, nur um dann als Suppenhuhn zu gehen.“
Horst Bork brachte Falco mit ‚Kommissar‘ groß heraus, managte das Ausnahmetalent 12 Jahre lang und begleitete ihn als Freund bis zu seinem tragischen Tod. Danach war er der Mann hinter dem Erfolg der No Angels und Bro‘Sis. Nun ist Horst Bork mit 74 Jahren wieder back in the music, wie er selbst sagt. Das erste Lebenszeichen seines neuen Wiener Newcomers Nikotin ist ein provokantes Video, das voll mit Sex, Drugs und Richard Lugner ist.
Über Falco weiß man fast alles, über seinen Manager findet man aber kaum Informationen, warum ist das so?
Ich habe mich ein Leben lang erfolgreich im Hintergrund gehalten, so kann man besser arbeiten. Ich gab der Presse kaum etwas, das sie verwerten konnte. Die Krone fragte sogar einmal in einem Artikel: „Gibt es diesen Horst Bork eigentlich?“
Man kann aber bei Ihnen von einem Riecher für Erfolg sprechen: Falco, No Angels, Bro‘Sis.
Das kommt wahrscheinlich daher, dass ich bei vielen Bands „lieber nicht“ sagte. Als ich in die Musikbranche gekommen bin, war ich bei der Presseabteilung von Ariola. Der erste Künstler, mit dem ich zu tun hatte, war Elton John, den kannte Ende der 60er noch niemand. Er wurde jeden Abend von der Bühne gepfiffen und saß weinend in der Garderobe. 1972 schreibt er ‚Crocodile Rock‘ und wird über Nacht zum Star. Ich habe da im Vorbeigehen gelernt, wie schnell dieses Geschäft ist. Weniger ist mehr, denn wenn man mit Stars arbeitet, muss man sich auch um sie kümmern und das ist schon mit einem erfolgreichen Künstler oft schwierig.
Nach Ihrem gesundheitsbedingten Rückzug aus dem Musik-Management sind sie nun wieder zurück.
Aus dem Business war ich dank meiner Musikverlage nie weg. Aus dem Management hatte ich mich deshalb zurückgezogen, weil es einfach das Anstrengendste ist.
Wie kamen Sie dann mit Nikotin zusammen?
Günther Unger (Manager von Leon Löwentraut und Ex-Manager von Parov Stelar [Online Links einfügen]) rief mich an und meinte, das müsse ich hören. Sein Song ‚Space Up‘ gefiel mir und je mehr ich gehört habe, desto sicherer war ich, dass der Großes schaffen kann. Danach habe ich mit Nikotin telefoniert und dann haben wir über Monate gesprochen. Ich brauche immer lange, bis ich eine Verbindung habe, aber wir passten so gut zusammen, dass ich nicht widerstehen konnte.
Man braucht also einen speziellen Draht mit dem Artisten?
Ja, schließlich muss man dem Künstler auch offen sagen können, wenn er auf dem Holzweg ist, oder wenn man etwas für gut hält, was der Interpret absolut schlecht findet. ‚Rock Me Amadeus‘ wollte Falco beispielsweise nie singen. „Ich bin doch keine Mozartkugel“, schimpfte er. Er hat die Nummer auch nur einmal unter Protest im Studio gesungen, dann war die Platte im Kasten – und bald darauf weltweit Nummer 1.
Nikotins erstes Video ‚1010‘ wurde am 30.6. released. Die Boulevardpresse titelte: Lugner als Star in Koks-Video. Dann wird bekannt, dass der Artist von Ihnen gemanagt wird. Denkt man da nicht automatisch an Falco und den Schnee, auf dem wir alle talwärts fahren?
Der Ambros hat schon gesungen, beim Schifahren gibts immer einen leiwanden Schnee, ich bin mir nicht sicher, welchen er gemeint hat. (Lacht)
Falcos ganz große Hits Jeanny und Kommissar waren auch Skandalsongs. War das absichtliche Inszenierung?
Die Provokation war nie geplant, sie hat sich immer aus der Situation ergeben. Um 4 Uhr morgens war der Kurier vom Plattenlabel da, um den Text von ‚Jeanny‘ abzuholen und Hans (Falco, mit bürgerlichem Namen Hans Hölzel) war noch nicht fertig, da hat er halt noch schnell was rausgelassen. Das war dann: „Niemand wird dich finden, du bist bei mir!“ Dass es so ein Skandal wird, konnten wir gar nicht wissen. Als es herauskam, wurden dann die Kinder von Dieter Kronzucker, der ZDF heute gemacht hat, entführt und da nahm alles erst Fahrt auf. Bei ‚1010‘, der aktuellen Single von Nikotin, kann man das Drogenthema vielleicht offensichtlicher reininterpretieren. Wenn der Schmäh bei einem Song gut ist, dann passt das schon.
Kann man heute ohne Skandale noch erfolgreich im europäischen/deutschen Musikbusiness sein?
Giovanni Zarrella von Bro‘Sis ist heute mit seiner Show im ZDF ganz ohne Skandale unglaublich erfolgreich. Aber es ist schwierig, denn es gibt eine große Grauzone, gerade wenn man an die Sache mit Rammstein denkt. Egal, ob die Vorwürfe stimmen oder nicht, wenn man prominent ist, gibt es immer auch Menschen, die das ausnutzen wollen. Der einzige Schutz ist, sich sehr genau zu überlegen, mit wem man abseits der Bühne beieinander ist. Nicht alle Popstars haben den Charakter dafür. Hat man vor der Karriere schon ein Faible für One-Night-Stands, wird sich das auch als Star nicht ändern, nur die Auswahl wird größer.
Muss man da als Manager auch dahinter sein?
Du kommst da nicht aus. Du kriegst ja mit, wer morgens bei ihm im Zimmer liegt und was die goldene Uhr gekostet hat. Manchmal möchte man gar nicht so nah dran sein, aber das geht halt nicht. An den Wochenenden zwischen der Produktion von Falco 3 in Holland bin ich immer mit dem Hans ans Meer gefahren. Wir sind stundenlang spazieren gegangen und haben alles rekapituliert und dann hatte er großartige Momente, wo er weniger Rauchen und weniger Trinken wollte. Nach zwei Tagen war zwar alles wie vorher, aber er konnte ein Bewusstsein entwickeln, was gut und was schlecht läuft und das war großartig. Als wir den Großbritannien Vertrag für Falco mit Virgin aushandelten, wollte Richard Branson unbedingt Falco kennenlernen, bevor er unterschreibt. Der hat dann absichtlich zwei Flieger verpasst. Beim dritten Versuch schlief ich in München im Zimmer nebenan, damit das nicht mehr passiert. Als ich ihn am nächsten Tag wecken wollte, lag er völlig stoned und betrunken mit einem Groupie im Bett und war nicht flugtauglich. Branson cancelte den Vertrag und wir verloren Millionen. Es war dem Hans einfach zu viel geworden. Das sind dann die Schattenseiten.
„Ich glaube, dass jeder vernünftige Österreicher besser mit Schmäh ausgestattet ist als ein Germane.“
Zurück zur Musik. Liegen Ihnen österreichische Interpreten?
Ich glaube, dass jeder vernünftige Österreicher besser mit Schmäh ausgestattet ist als ein Germane und Leute mit Schmäh sind mir einfach lieber. Ich finde auch österreichische Texter stärker als deutsche. Ambros, Danzer, Hirsch und so weiter. Songs, die unterhalten sollen, müssen einen guten Schmäh haben. Will ein Artist aber unterschiedliche Bereiche und auch ernste Themen abdecken, dann braucht er auch Charisma. Beides haben Falco und auch Nikotin. Auf der anderen Seite braucht man das nicht unbedingt, um erfolgreich zu sein. Don McLean hatte zum Beispiel ein Charisma wie eine Wanderdüne.
Ist Nikotin Falco auf modern?
Ganz und gar nicht. Sobald in Österreich jemand ohne Lederhose eine Platte macht, kommt der Falco Vergleich. Bei Nikotin sind Hommagen an Falco dabei, so wie Falco gern auf David Bowie angespielt hat, das geschah aus Respekt vor dem Interpreten.
Wann gibts die ersten Konzerte von Nikotin?
Wir fangen mit einer kleinen Clubtour an. Nächsten Sommer wird Nikotin dann im Vorprogramm von großen Festivals auftreten, dann kommt die eigene Tour. Mit entsprechend guten Tonträgerverkäufen, Views und Downloads suchen die Tour-Veranstalter auch bei Vorbands längerfristige Partnerschaften, damit die bleiben, wenn sie mal groß werden. Der ‚Kommissar‘ inklusive der englischen Version ‚After The Fire‘ verkaufte sich 10 Millionen Mal. Heute braucht man im deutschsprachigen Raum 10 Millionen Klicks, Views und Downloads, um es als Künstler geschafft zu haben. Das ist ambitioniert, aber das schafft Nikotin.
„Es gibt kein 100 % Rezept, sonst hätten wir nur Hits.“
Text: Dominic Schafflinger, Fotos: Hubertus von Hohenlohe, Christian Maislinger, Dominic Schafflinger