„Splitter Faser Krass“

Ist Fremdgehen ein No-Go, oder gibt es Möglichkeiten, trotz mehrerer Partner vertrauensvolle Beziehungen zu leben?

Sarah und Nick ist passiert, was jeder zweiten Partnerschaft passiert: ein Betrug. „Hey Sarah! Freu mich auf unseren ersten Dreier heute Abend! Meine Freundin ist schon ganz aufgeregt. Und ja, sie weiß über deine Situation Bescheid! Auch, dass Nick ahnungslos ist und dass du öfter fremdgehst. Kein Thema für sie. Freu mich auf nachher! Kuss Peter.“ Nick fällt aus allen Wolken, als die Nachricht zufällig direkt vor ihm auf Sarahs Handy aufpoppt. Der Vertrauensbruch wirkt wie ein Erdbeben. Nick nimmt alle gemeinsamen Fotos von den Wänden, weil er Sarahs Gesicht nicht mehr sehen kann.

Als Sarah wieder in die gemeinsame Wohnung nach Hause kommt, fordert Nick: „Ich will Antworten. Ich will alles wissen.“ Zu oft ist er in seinem Leben schon von seinen Partnerinnen betrogen worden. Zu oft haben sich diese mit einem einfachen „Ich liebe dich nicht mehr“ aus der Beziehung zurückgezogen. Nun will er es wissen: Warum? Was hat er nur falsch gemacht?

Das Autorenpaar Sarah und Nick.

„Splitter Faser Krass“, Goldegg Verlag. 2022. ISBN: 978-3-99060-303-1

Bevor Sarah sich nach Hause und zu Nick traut, weint sie sich bei ihrer Freundin Anna aus. „Die Beziehung ist hin, dabei hatten wir gemeinsame Pläne, ein gemeinsames Leben und Träume.“ Seit drei Jahren ging sie Nick fremd. Peter hatte sie vor zwei Jahren kennengelernt und war immer mal wieder mit ihm im Bett gelandet. Er war aber nicht der Einzige gewesen. Sarah wollte Nick immer davon erzählen, hatte aber Angst, ihn zu verlieren. Er ist ihr noch immer wichtig, mindestens genauso wie der Drang nach sexueller Freiheit.

Nach langen Gesprächen beschließen sie trotzdem, zusammenzubleiben. Aber sie wollen nicht einfach alles wieder so machen wie vorher. Sarah und Nick öffnen sich zuerst einander und dann ihre Beziehung für andere und scheinen recht glücklich damit zu sein.

Die Story des Buches ist somit schnell erzählt. Während man auf den ersten Seiten noch glaubt, es handle sich um eine spannende und erotische Erzählung eines Pärchens, das sich in unterschiedlichsten sexuellen Kombinationen ausprobiert, wird man von „Splitter Faser Krass“ schnell enttäuscht. Denn was dieses Buch nicht ist, ist ein Roman. Vielmehr ist es eine umfangreiche Anleitung dafür, seine Beziehung zu öffnen und in die Welt der alternativen Beziehungsformen einzusteigen.

Step by Step erfährt man, wie man als Paar den Schritt in eine offene Beziehung gehen kann. Grundlegend ist eine offene Beziehung eher nichts für Paare, bei denen es kriselt. Denn Vertrauen ist das A und O, um sich für mehrere Liebespartner zu öffnen. Auch für Sarah und Nick ist klar, dass der andere eigentlich der Lieblingsmensch ist und auch bleiben soll. Doch Stolz kann schnell verletzt werden, weshalb die beiden immer wieder völlig offen und ehrlich miteinander sprechen, auch darüber, wenn sie in jemand anderen verliebt sind oder gestern Abend einfach nur „geilen Sex“ hatten. Klingt schwierig? Ist es sicher auch. Klingt etwas abstoßend? Dann ist dieses Buch sicher nichts für dich.

Monogamie ist auch für Sarah und Nick voll okay, allerdings kein Weg, den die beiden beschreiten wollen. Wer sich in ihre Lebensgeschichte vertieft, lernt keine Superhelden oder Weirdos kennen, sondern die ganz normalen Großstädter von nebenan. Jeder findet im Leben der beiden etwas, das er mit ihnen gemeinsam hat. Damit wollen die beiden wohl zeigen: „Hey, wir sind wie ihr. Es braucht kein außergewöhnliches Leben oder seltsame Menschen, um polyamor zu sein.“ Ob ihr Lebenslauf Marketinggag oder wirklich wahr ist, obliegt der Entscheidung des Lesers.

Grundsätzlich ist „Splitter Faser Krass“ ein Buch, das dafür plädiert, offene Beziehungsmodelle als etwas Normales darzustellen. Man hat als Leser das Gefühl, in einer Zeit zu leben, in der das heterosexuell-monogame Beziehungsmodell nur noch eines von vielen ist und eben auch als nur eine Möglichkeit wahrgenommen werden sollte. Dabei nutzen die Autoren ihr Thema auch gleich dazu, um in einem Kapitel näher auf die LGBTQ*-Community. Damit bekommt man einen schönen Überblick über die gesamte Bandbreite des heutzutage sexuell Möglichen, denn auch die beiden sind nicht rein hetero – wäre ja auch zu langweilig für ein Buch mit diesem Titel.

Sarah möchte unbedingt einmal mit Frauen schlafen. Sexuelle Anziehung hat bei ihr nichts damit zu tun, ob jemand, wie sie selbst sagt, „einen Schwanz zwischen den Beinen hat“, vielmehr turnen sie Witz, Charme und Intelligenz an. Auch Nick ist dem eigenen Geschlecht nicht ganz abgeneigt und knutscht gern mal mit Männern: „Viele Männer können einfach besser küssen als Frauen“, ist er sich sicher. Aber ins Bett springt er nur mit dem weiblichen Geschlecht. Mal sehen, ob sich das bis zum zweiten Teil noch ändert!

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Teilnahmeschluss: 25.09.2024

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Fairerweise geben Sarah und Nick auch noch einen Einblick in das Management alternativer Beziehungen. Was bei den beiden ganz einfach klingt, dürfte schon einiges an Freizeit benötigen, um mehr als zwei Beziehungen parallel zu managen. Wer darüber hinausgeht, der endet schnell bei einem Leben, das aus Arbeit und Sex- bzw. Beziehungsleben besteht. ‚Normale‘ Freunde passen dann wohl kaum mehr in die Woche.

Wer sich eine offene Beziehung vorstellen kann, der kann sich hier wunderbar in die wichtigsten Grundprinzipien einlesen und erhält wertvolle Tipps für sich selbst und seinen Partner. Wer allerdings nur etwas mehr über die Möglichkeiten alternativer Beziehungen erfahren möchte und dabei vielleicht noch auf flüssigen Lesespaß mit einer Portion Erotik hofft, der wird bitter enttäuscht werden, denn dazu ist das Buch mehr Anleitung und Ratgeber.

Rezension: Dominic Schafflinger

Fotos: Goldegg Verlag, IsyStudio

2024-08-29T11:32:37+02:00

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