Buchempfehlung zur kalten Jahreszeit

„Lieber Winter“ von Franziska Lipp

Franziska Lipp entführt uns mit ihrem Buch „Lieber Winter“ in die zauberhafte Welt der kalten Jahreszeit. In poetischer Sprache beschreibt sie die Stille, die mit dem Winter Einzug hält, und lädt dazu ein, sich dieser Ruhe bewusst zu öffnen. Der Winter, so erfahren wir, ist mehr als nur Kälte und Dunkelheit – er birgt Geschenke und Qualitäten, die es zu entdecken gilt.

Franziska Lipp

Die Autorin führt uns durch die Monate November bis Februar, in denen der Winter seine ganz eigenen Besonderheiten entfaltet. Von den ersten Schneeflocken über die mystische Atmosphäre des Advents, Weihnachten und Silvester bis hin zur Wintersonnenwende beschreibt sie fesselnd und einfühlsam die Schönheiten dieser Zeit. Dabei teilt sie nicht nur ihre eigenen Erfahrungen, sondern präsentiert auch Bräuche und Traditionen aus ihrer Salzburger Heimat.

Besonders beeindruckend ist die Art und Weise, wie Franziska Lipp den Winter als eine Zeit des inneren Wachstums und der Reifung darstellt. Die Metaphorik der Natur, die sich in der Kälte vorbereitet, um im Frühling wieder aufzublühen, wird geschickt auf das menschliche Leben übertragen. Die frostigen Stunden des Lebens werden als notwendige Prüfungen betrachtet, die uns reifen lassen und letztendlich mit einer süßen Belohnung versehen.

Die Reise durch das Buch ist begleitet von stimmungsvollen Beschreibungen der Natur, von Hagebutten, ersten Schneeglöckchen und den magischen Momenten, die der Winter in den Bergen mit sich bringt. Auch Rilkes Zitat „Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr“ wird geschickt in die Betrachtungen eingewoben und lädt dazu ein, über die eigenen Erfahrungen und die Reifung im Laufe des Lebens nachzudenken.

Die Vielfalt der Themen, von der Wintersonnenwende bis zu den traditionellen Bräuchen, verleiht dem Buch eine facettenreiche Struktur. Franziska Lipp gelingt es, den Leser dazu zu ermutigen, sich auf die Stille des Winters einzulassen, innezuhalten und die besonderen Augenblicke bewusst zu erleben.

Mit „Lieber Winter“ schafft Franziska Lipp eine wunderbare Verbindung zwischen persönlichen Erlebnissen, Naturbetrachtungen und kulturellen Aspekten. Ihr Buch ist eine Einladung, den Winter nicht nur als Jahreszeit, sondern als eine Zeit der Reflexion, des Wachstums und der inneren Ruhe zu verstehen.

Herbsttag

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.

Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,

und auf den Fluren lass die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;

gib ihnen noch zwei südlichere Tage,

dränge sie zur Vollendung hin und jage

die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.

Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,

wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben

und wird in den Alleen hin und her

unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Rainer Maria Rilke (1875–1926)

WINTERSONNENWENDE
Wandel

Schön langsam entfaltet sich die Magie der Weihnacht. Die Wintersonnenwende am 21. Dezember bringt die längste Nacht des Jahres mit sich: Es ist die Thomasnacht, die vielerorts als die erste und sogar als eine der wichtigsten Raunächte betrachtet wird. Sie ist lang und dunkel und ist damit Spielraum und Projektionsfläche für die eigenen Wünsche. Die Thomasnacht öffnet ihr Portal, um in die Tiefen hinabzusteigen, Geheimnisse zu lüften oder sogar einen Blick in die Zukunft zu wagen.
Viele Rituale dieser Nacht drehen sich um zukünftige Partnerschaften, Liebeleien und Hochzeiten: So etwa könnte man es wagen, sich verkehrt herum ins Bett zu legen. Wer weiß, ob einem dann nicht der oder die Zukünftige im Traum erscheint. Einen Versuch wäre es wert.

Auszug aus:

Franziska Lipp
Lieber Winter!
Betrachtungen zur kalten Jahreszeit

200 Seiten, 13,5 x 21 / Hardcover, Lesebändchen, gebunden mit Strukturpapier, Preis: € 25,–, ISBN 978-3-7025-1091-6, www.pustet.at

Text: Dominic Schafflinger

Fotos: Nadine Schmidt, unsplash,

2023-12-05T13:01:43+01:00

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