Zu erschöpft zum Putzen?

Geputzt wird in keinem Land gerne, da ist Österreich keine Ausnahme. Die mit Abstand häufigste Ausrede hierzulande ist: zu erschöpft zum Putzen. Aber ist es wirklich nur eine Ausrede oder bitterer Ernst? Welche Nation putzt am häufigsten ihre Toiletten und warum reinigen die Briten ihre Teppiche so gründlich?
Text: Dominic Schafflinger
Fotos: Adobe Stock, Kärcher

Wer putzt schon gerne?

Diese Frage richtet sich nicht nach dem geliebten Auto, das jeden Sonntag runderneuert wird und bei vielen schon fast ein männliches Ritual ist. Nein, bis auf ein paar ganz spezielle Menschen der Putzliebhaber-Randgruppe freut sich eigentlich niemand wirklich auf die Reinigung der eigenen vier Wände. Trotzdem, manches macht man einfach noch weniger gern als anderes – und ganz besonders spannend: manches putzt man gerne, weil einem sonst schon ein bisserl graust – zum Beispiel die Toilette, die bei vielen einfach fleckenfrei sauber sein sollte, bevor sie ihr nacktes Hinterteil daran kuscheln. Aber auch hier geht es um die Pflicht vor dem eigenen Ekel und weniger um die Leidenschaft an der Tätigkeit selbst. Ein bisschen Monk-mäßig sind vielleicht auch jene Leute, die einfach nicht in einen Spiegel schauen können, der befleckt ist. Ich habe mir sagen lassen, in Bädern ist das öfter der Fall und führt in manchen Haushalten von allmorgendlichen Putzeskapaden zu dem Streit darüber, wer nun den Mund halten soll – der oder die Putzende jetzt gerade oder der oder die Verdreckende, um den Zahnpastaauswurf zu vermeiden. Da geht es ja auch um Wahrnehmungswelten, denn was wir als sauber betrachten, ist für viele Kinder nur Projektionsfläche für Kreativität und Welterkundung. Ein klassisches Beispiel hier ist die frisch streifenfrei geputzte Fensterscheibe, die im einstelligen Alter förmlich danach schreit, mit dem eigenen Handabdruck dekoriert zu werden. Diese unterschiedliche Wahrnehmung setzt sich dann bei den Erwachsenen fort. Während der Mann das Ganze des Öfteren nicht wahrnimmt oder dies gegenüber der eigenen Herzensdame behauptet – wohl, um dann doch nicht das Fenster selbst putzen zu müssen –, scheinen Frauen und Mütter hier wesentlich aufmerksamer zu sein.

„Vergiss den Putzeimer, schnapp dir lieber einen Kaffeebecher.“

Aber ganze Männer machen halbe-halbe, und so übernehmen wir dann auch gerne die heldenhaften Taten des Reinigungskrieges, klettern auf Leitern, um die Gardinen wieder einmal zur Reinigung abzuhängen. Manche sind heldenhafter und klettern auf kreativ erdachte Eigenkonstruktionen. Da werden dann schon mal Hocker und Loungesessel aufeinandergestapelt. Schon Billy Joel wusste: „Only the good die young“, und so landen in Österreich jährlich 6.500 der besten Bastler dann auch gleich im Unfallkrankenhaus. Für Frauen ist Putzen nicht minder gefährlich – um die 18.000 landen jährlich im Krankenhaus. Bei diesen Zahlen kann man nur empfehlen: „Vergiss den Putzeimer, schnapp dir lieber einen Kaffeebecher.“ Viele berücksichtigen diesen Rat aber aus einem ganz anderen Grund, und der heißt Putzmüdigkeit. 80 % der Österreicher fühlen sich zu erschöpft, um den Mopp auch nur anzusehen – fast so viele wie in Japan (83 %), wo man womöglich schon beim Anblick eines Mikrofasertuchs in Ohnmacht fällt.

Der Teufel steckt im Detail

Trotz auffälliger Putzmüdigkeit raffen wir uns immer wieder auf, um den Wollmäusen am Boden oder den Spinnweben im Eck den Garaus zu machen. Jedoch hat hier jede Nationalität ihre Prioritäten, so scheint es. Während 17 % der Belgier ihren Teppich beim Putzen links liegen lassen, fegen die Briten wie Gentleman-Detektive durch ihre Wohnzimmer: „Keine Spur darf bleiben!“ Und die Deutschen? 90 % putzen Duschen und WCs so hingebungsvoll, als stünden sie kurz vor einem Wellness-Ritual – Ordnung muss sein! Fenster scheint übrigens niemand gerne streifenfrei zu wischen – nur 26 % der Österreicher reinigen diese häufig. Da die Belgier aber durch den Verzicht auf die Teppichreinigung viel Zeit haben, putzen 34 % ihre Fenster regelmäßig – immerhin. Aber mal ehrlich, solange man durchsehen kann, sind Fenster ja auch noch fast sauber. Besonders spannend ist, dass wir als Bergnation uns in den eigenen vier Wänden vor großen Höhen zu grausen scheinen. Denn 77 % der Österreicher sehen die größte Herausforderung des Putzalltags darin, auf Leitern zu steigen und weit, weit oben dem Staub den Kampf anzusagen.

Generationsübergreifende Reinigungsrituale

Es gibt Dinge, die ändern sich nicht – und so ist es auch bei den Putzgewohnheiten. Wir putzen, wie wir es von Mutti gelernt haben, denn Mama verfügt über uneingeschränkte Putzweisheit und natürlich über jahrelange Erfahrung. 84 % der Österreicher beziehen ihre Putzkompetenz von Mutti – allerdings nimmt der Trend ab. Schon klar: Wer zu Hause mehr Zeit vor dem Handy als mit Kommunikation verbringt, der wird von der analogen Verwandtschaft nicht mehr viel erfahren. Und so greift diese Altersklasse auch beim Putzen immer mehr aufs Internet zurück. Lieber Elon, beeile dich bitte mit dem humanoiden Roboter – der muss startklar sein, wenn das ganze alte Putz-Wissen unserer letzten Generation verloren gegangen ist und wir mit Cola abzuwaschen beginnen, weil der liebe Insta-Influencer es empfohlen hat. Ob die digitale Clean-ducation gutgeht, lässt sich ganz einfach überprüfen – nämlich mit einem Flug nach Japan, denn dort beziehen zwei Drittel ihre Putztipps aus dem Fernsehen.

Warum und weshalb die ganze Müh?

Warum nicht gleich gar nicht mehr putzen, wenn es doch mühsam und gefährlich gleichermaßen ist, die Wohnung auf Vordermann zu bringen? Die einfachste Lösung wäre ein verfliester Raum, Plastikmöbel und ein Kärcher. Hier beißt sich nun der Fuchs in den Schwanz, denn in so einem Domizil würde man sich einfach unwohler fühlen – auch wenn es blitzt und blinkt. Lieber ist uns ein muffiges, staubiges Nest, das weich und behaglich ist. Wobei: muffig und staubig muss ja nicht sein, denn wer einen triftigen Grund zum Putzen hat, der macht das auch – egal, ob erschöpft oder nicht. Der wichtigste Grund in Österreich ist definitiv der Besuch – für den 67 Prozent regelmäßig sauber machen. Hier zeigt sich, dass soziale Menschen einfach reinlicher wohnen – nicht, weil diese Eigenschaften korrelieren, sondern weil sie einfach müssen.

„Wer eine saubere Wohnung möchte, der lade sich regelmäßig Gäste ein!“

Wer nun einen introvertierten Partner sein Eigen nennt, der sollte ihn immer mal wieder in eine teilverdreckte Wohnung einladen, mal das Klo nicht putzen, mal einen Stapel Geschirr in der Abwaschbecken lassen und mal die getragene Wäsche auf der Couch stapeln. 55 Prozent der Menschen, die keine Freunde haben, putzen aus eigenem Hygienebedürfnis. Wenn also der Partner damit beginnt, mit dem Haufen getragener Wäsche zu kuscheln oder sich einfach einen gebrauchten Teller aus dem Abwasch schnappt, weil kein sauberer mehr da ist, dann ist Vorsicht geboten. Die beste Nachricht ist allerdings, dass 56 Prozent der Österreicher putzen, um einen ruhigen Geist und Zufriedenheit zu erlangen. Überlegt man sich, dass 80 Prozent der Österreicher an Putzmüdigkeit leiden, stellt man sich schon die Frage, warum jeder Vierte das Putzen als ruhig und meditativ einstuft – obwohl er vorher angegeben hat, dass er beim Putzen fast im Burnout landet.

Daten: Kärcher Putzstudie 2025