„Was ich gerade mache, macht mich glücklich“
Am 31. Oktober stand Josh. auf der Bühne des restlos ausverkauften Zentrums für Visionen. Davor hat er sich die Zeit genommen, im Interview mit der SALZBURGERIN über Krisen und Glück, über alte Gewohnheiten und neue Songs zu sprechen.
Text: Doris Thallinger
Fotos: kaindl-hoenig.com
Deine Lieder waren immer schon persönlich gefärbt, am aktuellen Album „Reparatur“ geht es halt um nicht ganz so unbeschwerte Themen. Von Teilzeitromantik bis zu Reparatur. Das Wichtigste vorab: Fühlst du dich repariert?
Ja, an den meisten Tagen passt es gut. Mir geht’s gut, wir sind jetzt schon einige Tage unterwegs und haben sehr viele Konzerte gespielt. Diese waren wirklich sehr erfreulich, die Tour läuft sehr gut, ich fühl mich wirklich wohl. Nächste Woche werde ich 14 Stunden durchschlafen, aber ansonsten passt alles.
Und bist du immer noch Romantiker?
Immer! Das wird sich nie ändern, das muss so bleiben.
Über deine Erschöpfungsdepression hast du im vergangenen Jahr bereits oft und viel in Interviews gesprochen – wie hat dein Umfeld darauf reagiert?
Alle sehr, sehr gut, das einmal vorweg. Ich glaube, es ist auch für das Umfeld nicht immer einfach, weil viele nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen, was sie tun können. Aber die Menschen um mich haben das sehr, sehr gut gemacht und mich total unterstützt. Man konnte halt nicht viel machen. Ich bin aber sehr froh, dass ich mich damals extrem auf die Menschen rund um mich verlassen konnte, dass sie Aufgaben, die sonst ich gemacht hätte, übernommen haben, was die Firma betrifft. Privat war es genauso. Meine Eltern haben es gut aufgenommen. Ich glaube, am Anfang ist es ein bisschen schwierig – wie geht man mit jemandem um, der so eine Krankheit hat?
Auch wenn du bereits oft davon erzählt hast, lass uns kurz auf das Thema eingehen, um es ganz außen vor zu lassen, ist es zu wichtig: Was waren die ersten Symptome, woran hast du als Erstes erkannt, dass etwas ganz und gar nicht stimmt?
Ich hab mich das selbst oft gefragt und ich weiß es nicht. Ich kann mich erinnern, Ende 2018, nach den ersten Monaten Cordula Grün-Hype hatte ich bereits eine Zeit lang enorm mit Schlafproblemen zu kämpfen. Dass das Schlafen nicht so funktioniert, ist bei depressiven Menschen oft ein Problem.
Es ist ein schleichender Prozess. Mir ist tatsächlich erst wirklich bewusst geworden, als ich gemerkt hab, ich kann nicht mehr, dass es eigentlich schon viel früher losgegangen ist. Wann genau, weiß ich nicht mehr, es spielt am Ende auch keine Rolle. Ich glaube, mit der Erkrankung Depressionen habe ich schon seit meiner Jugend zu kämpfen. Aber es ist etwas, das man in den Griff bekommen kann.
Was hat dir geholfen, aus dem Tief wieder aufzutauchen, gesund zu werden?
Ganz sicher professionelle Hilfe und mal ein bisschen rauszugehen aus allem. Es musste auch einiges verarbeitet werden. Ich glaube zwar nicht, dass eine Karriere, wie ich sie seit Jahren habe, schuld daran ist, aber ich glaube, dass sie eine Art Brandbeschleuniger sein kann für Dinge, die schon immer da waren. Irgendwann wird alles zu viel, aber gerade dann hat man meist keine Zeit, genauer hinzuschauen.
Ich habe nun eine Therapeutin, war damals auch in medizinischer Betreuung bei einem Psychiater. Mit den Ärzten und Ärztinnen, die helfen können, hab ich viel geredet. Das ist natürlich im ersten Moment eine Überwindung. Aber auf einmal ist eine Therapiestunde das Normalste auf der Welt. Es ist nicht jedes Mal so schwierig wie am Anfang. Ich mache damit weiter, weil mir wichtig ist, dass ich nicht in eine gewisse Richtung abdrifte.
Mittlerweile ist es eine Art Coaching, wir reden: über die Tour, was ich machen könnte, um alles gut auszuhalten, über die Single, die gerade herausgekommen ist. Man redet miteinander, nur dass der eine Part professionell ausgebildet ist, gewisse Dinge aufzunehmen. Man wird ja nicht therapiert, man tut das selbst.
Wie hat dieser Burn-out dich als Mensch verändert? Was hast du dazugelernt, nicht zuletzt über dich selbst?
Ich hab immer gedacht, dass ich in allem extrem einfach bin. Aber es gibt anscheinend doch Dinge, die wichtig für mich sind, die ich brauche und das musste ich mir selbst eingestehen. Wenn andere Künstler sechs Konzerte in Folge spielen, dann spiel ich vier und mache einen Tag Pause. Aber daran arbeite ich noch. Arbeiten tu ich immer noch zu viel.
Apropos Arbeiten, die neue Single hast du vorhin schon erwähnt. Diese ist am 18. Oktober herausgekommen: Tickets für Oasis. Auch wenn es im Song nicht um Oasis geht, bist du ein Fan?
Schon! Das war die Jugend. Ich bin gelernter Gitarrist und war damals derjenige, der auf jeder Party Wonderwall auf der Gitarre gespielt hat. Das war damals eine Hymne und jeder Gitarrist hat diesen Song spielen können.
Was hat dich zu diesem Song inspiriert?
Es gibt so viele Songs, in denen es um Trennungen geht, die in der Zeit direkt danach spielen, in der alles vollkommen schwierig ist und man sozusagen von Minute zu Minute kämpft. Oder man ist froh, dass es endlich vorbei ist. Ich wollte eine Geschichte über den „Normalzustand“ schreiben, der ja irgendwann wieder kommt. Irgendwann einmal tut nicht mehr jede Minute weh, weil man irgendwie weiterlebt.
Über diesen Zustand wollte ich schreiben: den Zeitpunkt, zu dem es normal wird, aber wenn große Dinge passieren – Geburtstag, Weihnachten oder eben, wenn man tatsächlich Tickets für Oasis bekommt. Das war an einem dieser Tage, an dem alle vor dem Internet gesessen sind und kein Mensch hat diese Tickets bekommen. Inklusive mir, ich hab auch keine. In so einer Situation denkst du dir vielleicht doch wieder, das ist jetzt blöd, dass man allein ist. Das war der Gedanke dahinter.
Du arbeitest gerade an einem neuen Album, an neuen Songs. Wie wird das neue Album werden? Kannst du schon was darüber verraten?
Ich würde vielleicht was verraten, aber ich weiß es noch nicht. Ja, ich schreibe schon an neuen Songs. Es wird jetzt nicht in eine ganz andere Richtung gehen. Es wird handgemachte Gitarrenmusik sein. Ich glaube „Tickets für Oasis“ ist schon ein Vorbote, wo es soundmäßig hingehen kann. Mir haben viele gesagt, es klingt eine kleine Spur anders von der Instrumentierung, aber es ist total Josh.! Das ist genau das, wo ich hinwollte. Im letzten Album hab ich sehr viel Synthesizer verwendet, das war ganz viel 80ies, viel Vintage. Jetzt wird es ein bisschen mehr Holzgitarre.
Bei unserem letzten Interview hast du erzählt, dass du gerne einmal mit einem kleinen Orchester auf Tour gehen möchtest. Geht es schon in diese Richtung? Heute sind ja zumindest schon Streicherinnen mit dabei…
Ja, das ist heute ja das zweite Mal, dass Streicher mit auf der Bühne sind. Ich habe ein wenig kombiniert, sodass man an einem Konzertabend etwas aus beiden Welten bekommt, die ich liebe. Es wird richtig laut, richtig rockig, richtig poppig. Und dann wird es kurz auch mal leise und akustisch.
Kurze, aber wichtige Frage zum Abschluss: Was bedeutet Glück für dich? Und wo findest du es?
Die letzten drei Tage habe ich mir echt gedacht, dass das, was ich gerade machen darf, mich wirklich glücklich macht. Also, wo finde ich mein Glück? An vielen, vielen Tagen in einer winzig kleinen Koje in einem Nightliner-Bus mit 15 anderen verrückten Menschen, die auch genau das am liebsten machen.