Wals und die starken Männer

Text: Bernhard Robotka

Fotos: AC Wals

Das größte Dorf Österreichs, die Gemeinde Wals-Siezenheim, mit über 13.000 Einwohnern, sorgt auch mit dem AC Wals für einen besonderen Rekord. Der Ringerverein ist mit 52 Mannschaftsmeistertiteln der erfolgreichste Sportverein Österreichs. Selbst Fußball-Rekordmeister Rapid Wien kann mit 32 Meistertiteln den Walsern nicht das Wasser reichen.

Der Beginn des AC Wals geht zurück auf das Jahr 1952, wo Rupertigau-Wirt Matthias Berger den Verein Wals gegründet hat. Erster Sponsor war Paul Santner, der die Ringer im Festsaal von seinem Gasthaus kostenlos trainieren ließ. Heute absolut undenkbar, aber damals war ein rauchendes Ringerpublikum während den Meisterschaftskämpfen ein gewohntes Bild. Und gleich im ersten Vereinsjahr begann der AC Wals mit dem Sammeln von Meistertiteln.
Gleich neun Titel folgten in Serie und Wals galt schnell als Ringerhochburg. Schon damals wurde sehr viel Augenmerk auf die Nachwuchsarbeit gelegt. Und bis heute ist das Interesse an der Sportart ungebrochen. „Wir versuchen auch eine enge Zusammenarbeit mit den ortsansässigen Kindergärten, Schulen und der Nachmittagsbetreuung, um noch ge-zielter für das Ringen zu werben“, informiert Obmann Toni Marchl. Besonders in den Nachwuchsklassen kann der AC Wals international auf erfolgreiche Wettkampfteilnahmen verweisen. So konnte Georg Marchl 1982 in Colorado Springs den Weltmeisterschaftstitel in der Jugendklasse gewinnen. Herausragend sind auch die Leistungen von Markus Ragginger. „Er hat in den letzten Jahren sieben Medaillen, darunter den Vize-Weltmeistertitel bei den Kadetten, in den unterschiedlichen Nachwuchsbewerben gewonnen. Das ist einmalig in Westeuropa. Es ist aber nicht nur Markus Ragginger, der international Top-Leistungen bringt, sondern unter anderem auch Christoph Burger, Simon Marchl, Benedikt Huber, Matthias Hauthaler oder Sabrina Seidl, die mit guten Ergebnissen ihr großes Talent unter Beweis stellen“, ist Toni Marchl stolz auf die Leistungen seiner Nachwuchsringer.

Medaillenhoffnungen bei der Europameisterschaft in Wals
Großer Wunsch der Vereinsführung wäre eine Medaille nächstes Jahr bei den U-23 Europameisterschaften. „Erstmals wird diese in Österreich ausgetragen und dann gleich in Wals-Siezenheim. Ich freue mich sehr über den Zuschlag und wir wollen eine ganz besondere Veranstaltung mit Nachhaltigkeit daraus machen. Und natürlich machen wir uns auch Medaillenhoffnungen, weil eine Heim-EM eine zusätzliche Motivation ist, vor eigenem Publikum zu kämpfen“, so Toni Marchl. Die U-23 Europameisterschaften finden vom 13. bis zum 19. Juli 2020 in der Gemeinde Wals-Siezenheim statt.
Einen Schreckmoment gab es 2013, als Ringen aus den Olympischen Bewerben gestrichen werden sollte. Obwohl der Ringsport eine der ältesten Sportarten der Welt ist. Bereits in der Antike gehörte das Ringen unter dem Namen „Pale“ zu den Disziplinen des Fünfkampfs. In der Neuzeit ist Ringen seit 1896 fixer Bestandteil des olympischen Programms. „Karl Reyer und Franz Beckenbauer haben hier geholfen, dass Ringen weiterhin olympisch bleiben konnte. Ringen ist mittlerweile als Disziplin abgesichert und wir können beruhigt in die Zukunft blicken.“
Der AC Wals war mit seinen Ringern bei 14 Olympiaden vertreten. Bestes Ergebnis mit Platz vier erzielte Bartl Brötzner 1956 in Australien. „Eine Medaille wurde ihm leider durch Kampfrichterentscheid versagt.“ Stolz kann der Obmann des AC Wals aber auch auf sich selber sein. 1992 wurde Toni Marchl Sechster in Barcelona.

Randsportart Ringen
Für Paris 2024 hofft der AC Wals auf eine Olympiateilnahme von Markus Ragginger, Simon Marchl oder Christoph Burger. „Sie zeigen im Nachwuchsbereich Top-Leistungen und so darf auf die Olympiade natürlich spekuliert werden. Und für so ein kleines Ringerland wie Österreich, wäre das ein Meilenstein.“ Ringen ist in Österreich eine Randsportart. Lediglich 300 Ringerinnen und Ringer sind gemeldet.
In Deutschland sind es an die 40.000, im Iran gar 6 Millionen und weltweit 25 Millionen, die sich dem Ringsport verschrieben haben. „Und wenn man dann die Leistungen vergleicht, sind wir im internationalen Vergleich immer wieder für Achtungserfolge gut.“ Der Ringsport ist aber nicht nur männlich, sondern auf der Matte in Wals stehen auch hoch-motivierte Mädchen und junge Damen. Nina Strasser hat es 1997 zu EM-Bronze geschafft und aktuell sind Carina Außerleitner und Sabrina Seidl die Aushängeschilder und die Hoffnungsträgerinnen für den Flachgauer Verein.

Volles Haus bei den Meisterkämpfen
Zum Ringen gehen ist in der Gemeinde Wals-Siezenheim fast eine Selbstverständlichkeit. An den Ringer-Wochenenden ist die Walserfeldhalle bis auf den letzten Platz gefüllt. Der AC Wals macht die Heimkämpfe zu einem Event. „Egal ob das jetzt der VIP-Club ist, der Einmarsch der Athleten, die Beleuchtung, die Moderation oder das Rahmenprogramm, wir lassen nichts unversucht, um den Ringsport möglichst attraktiv zu präsentieren. Und Ringen ist eine spektakuläre Sportart. Mit viel Athletik, Kraft, Technik und Körperbeherrschung. Und das Publikum weiß das zu schätzen.“
In der Halbzeitpause und nach den Kämpfen sind die Ringermatten voll von Kindern, die ihren Vorbildern nacheifern wollen. Seit 1952 war der AC Wals sechzehn Mal nicht Mannschaftsmeister. Und ganz besonders hitzig sind die Duelle mit den Vorarlberger Vereinen. „Wir haben in der Gemeinde viel Zuspruch und viel Verständnis für unseren Sport. Der Verein steht auf vielen Beinen. Angefangen von Alt-Bürgermeister Ludwig Bieringer, der seit 37 Jahren Präsident ist, über Bürgermeister Joachim Maislinger und mehr als 120 Mitglieder in der Vereinsorganisation. „Das ist eine gelebte Vereinsstruktur und ein Miteinander quer durch die Gemeinde.
Im Mittelpunkt steht bei uns die Jugendarbeit, weil das unsere Zukunft ist. Die Reize für die Jugendlichen in unserer heutigen Gesellschaft sind so vielfältig, dass wir uns ganz besonders anstrengen müssen. Der Trainingsaufwand ist mit 2-mal täglich für unsere Kaderringer sehr groß. Und reich wird man mit dem Ringsport auch nicht. Da sind andere Sportarten sicherlich attraktiver. Aber in Wals-Siezenheim ist Ringen auch so etwas wie Familientradition und diese Gene werden weitergegeben.“