Spaziergang zu Salzburgs geheimen Plätzen
Festung, Zwergerlgarten und Mozarts Geburtshaus: Salzburgs Altstadt ist so klein, dass es nichts Neues mehr zu entdecken gibt? Weit gefehlt, denn es gibt sie noch: Kleine, aber feine Orte, die auch viele eingefleischte Salzburger noch nie gesehen haben. Also auf zum etwas anderen Sightseeing-Wochenende.
Text: Dominic Schafflinger
Fotos: Tourismus Salzburg GmbH, Dominic Schafflinger, Salzburg Global Seminar, Salzburg Museum/
H. Rohrer, Kai Müller, Initiative SUPER, Romina Roman, Dumitru Viezuianu, kaindl-hoenig.com
Wer kennt das nicht: Wieder einmal bekommt man Besuch und eigentlich hat man gar keine Lust mehr, schon wieder die ausgetretenen Touristenpfade der Altstadt abzuklappern. Viel mehr Spaß für alle Beteiligten bieten ohnehin jene Plätze, die nicht so einfach zugänglich, oder einfach gut versteckt sind. Von römischen Ausgrabungen bis zu Salzburgs Alternativ-Szene gibt es einiges zu entdecken.
Die Stadttour beginnt im Schloss Leopoldskron, das eigentlich nur für Hotelgäste zugänglich ist. Was viele nicht wissen: In den geschichtsträchtigen Hallen Max Reinhardts kann man fürstlich unter kunstvollen Stuckdecken oder auf den sonnigen Balkonen des Hauses frühstücken. Direkt danach bietet sich eine Schloss-Führung an. Durch die prunkvolle Bibliothek weht der Geist Max Reinhardts und der Grüne Salon im französischen Chinoiserie-Stil ist nicht minder beeindruckend. Damals wie heute dienten die Räume als Treffpunkt für bedeutende Persönlichkeiten aus Kunst, Literatur und Politik. Welch wundervoller Ort, um einen Spaziergang durch Salzburg zu starten.
Mit vollem Magen geht es zum Krauthügel. Dort belehrt man sich selbst und seine Gäste darüber, dass hier nicht das Henkerhäuschen, sondern das Krautwächterhäuschen steht. Als auf dem Acker, der damals noch dem Stift St. Peter gehörte, noch Gemüse angebaut wurde, gab der Krautwächter darauf acht, dass nichts gestohlen wurde.
Schloss Leopoldskron
Frühstücks-Reservierungen sowie Schlossführungen können online gebucht werden: www.schloss-leopoldskron.com/fruehstueck
Von hier geht es durch das Bürgermeisterloch auf die andere Seite der Stadt, und direkt zu den Dombögen zwischen Residenz- und Domplatz. Während die anderen Touristen brav vor Dom und Residenz Schlange stehen, hat der geschickte Teilzeit-Tourguide eine private Führung im Domgrabungsmuseum vereinbart. Schön ist es, in die verwirrten Gesichter der umstehenden Menschen zu blicken, wenn der Guide des Salzburg Museums die Falltür vor dem Geschenkartikelstand öffnet und man in eine andere Welt hinabsteigt. Hier bestaunt man in kleiner Gruppe oder ganz für sich die Überreste einer römischen Stadtvilla, samt beeindruckender Bodenmosaike und alte mittelalterliche Domstrukturen, samt imposanten Westtürmen und Grabschächten. Aufgrund des ungewöhnlichen Zugangs ist das Museum unter dem Dom nur geführten Gruppen zugänglich und ‚noch‘ ein Geheimtipp. Mit dem neuen Besucherzentrum vom DomQuartier wird in den nächsten Jahren auch das Domgrabungsmuseum für alle erschlossen werden. So lange gilt es die Exklusivität zu genießen.
Salzburger Domgrabungsmuseum
Kostenlose Freitagsführungen im Sommer 2024: 2.8., 9.8. & 30.8.2024, jeweils 15 Uhr
Privatführung auf Anfrage: +43 662 620808-723 oder
kunstvermittlung@salzburgmuseum.at
Nach einer kurzen Stärkung geht es weiter. Von der Sigmund-Haffner-Gasse gelangt man auf den Innenhof der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, leicht zu erkennen an dem modernen Skulpturenkopf von Jaume Plensa. Der von Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau 1605 erbaute Toskanatrakt ist ein Juwel der Renaissance. Bekannt ist die Stuckdecke der Sala Terrena, die zu Dietrichs Zeiten ein offener Arkadengang war, sowie die Landkartengalerie aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im ersten Stock der Bibliothek. Alles schon beeindruckend genug, aber den richtigen Geheimtipp hat Fremdenführerin Hildegard Strohmeyer: „An der Südseite des Hauptplatzes führt ein unscheinbares offenes Stiegenhaus nach oben. Über den Marmorstufen wölbt sich eine prächtige, frisch renovierte Renaissance-Stuckdecke, im ersten Stock findet man eine Inschrift samt Wappen Wolf Dietrichs und einen alten klassizistischen Kachelofen.“ Ihr Lieblingsort befindet sich allerdings ganz oben im 3. Stockwert: „Hier befindet man sich direkt unter den legendären Salzburger Grabendächern und kann die 400 Jahre alten Holzkonstruktionen bewundern, die direkt in die sichtbare Außenmauer der Franziskanerkirche übergehen. Folgt man dem anschließenden Gang und spaziert durch die letzte Tür auf der linken Seite, bekommt man einen besonderen Schatz zu sehen: Ein originales Löschbecken aus der Renaissance. Diese waren damals auf jedem Dach vorgeschrieben, um im Brandfall schnell löschen zu können.“ Nicht verpassen sollte man den Blick aus den kleinen Dachfenstern, Universitäts- und Franziskanerkirche sowie die Festung zeigen sich in völlig neuer Perspektive.
Bis auf die Landkartengalerie sind alle Sehenswürdigkeiten frei zugänglich. Für die Landkartengalerie benötigt man einen Bibliotheksausweis, oder man fragt bei Leiterin Renate Schönmayr um eine Führung an:
+43 (0)662 8044 3043 oder renate.schoenmayr@plus.ac.at
Wenn nun allen endgültig der Kopf vor lauter historischer Glanzlichter schwirrt, wird es Zeit in die Salzburger Alternativkultur einzutauchen. Es ist nur ein kurzer Marsch bis zur Sterneckstraße 22. 1915 kaufte die Familie Nagy das Grundstück. Bis 2021 wurden hier Kerzen produziert und Lebkuchen gebacken. In dem leerstehenden Fabriksgelände erschuf dann 2022 die SUPER Initiative einen künstlerischen Freiraum für kreative Köpfe. In unregelmäßigen Abständen werden hier Events und Workshops abgehalten, die Atmosphäre ist locker und alternativ. „Am besten besucht man eine unserer Ausstellungen im Geschäftslokal oder man kommt einfach auf ein Plauscherl vorbei, meistens ist jemand da“, lädt Stefan Heizinger von SUPER ein. Es ist der Reiz des Informellen und Improvisierten, der die Kerzenfabrik ausmacht und eine ganz andere Seite von Salzburg zeigt. Die SUPER Initiative bespielt Leerstände als kulturelle Handlungsräume, weshalb keiner weiß, wie lange der Ort noch in dieser Form existiert, der Reiz des Vergänglichen ist hier ständig präsent.
Kerzenmacherei
Events entstehen oft kurzfristig, weshalb die Kommunikation über Instagram erfolgt:
kerzenfabrik_22
In der Kerzenfabrik passiert es leicht, dass man die Zeit völlig übersieht. Aber nicht nur deshalb sollte man den Abschluss der Sightseeing-Tour auf Sonntagmorgen verlegen. Im Stadtteil Sam wartet dann das größte Holzgebäude Salzburgs darauf, entdeckt zu werden. 2007 errichtete die Rumänisch-Orthodoxe Gemeinde hier ihr eigenes Gotteshaus. Die einzigartige Holzkirche kombiniert die alte Volkskunst von Siebenbürgen, Bukowina und der Kleinen Walachei und ist wochentags für alle geöffnet. Im Innenraum begeistern die handgemalten Ikonen und die aus Eichenholz geschnitzte Ikonostase. „Wir feiern jeden Feiertag und Sonntag heilige Messe. Die Begegnung danach nennen wir ‚Liturgie nach der Liturgie‘. Danach versammelt sich die Pfarrgemeinde zum Mittagessen, wobei der gemeinsame Austausch eine wichtige Rolle spielt“, erklärt Priester Dumitru Viezuianu und ergänzt: „Jeder, der Interesse daran hat, unsere Kultur und Spiritualität kennen zu lernen, ist herzlich eingeladen, egal welchem Glauben er angehört.“ Am Ende des gemeinsamen Mahls bleibt nur mehr, den restlichen Sonntag zu entspannen. Mit dem Wissen, dass es in Salzburg immer wieder Orte gibt, die es zu entdecken lohnt.
Rumänisch-Orthodoxe Kirche
Preot Dr. Dumitru Viezuianu
Robinigstraße Nr. 48, 5020 Salzburg
Tel./Fax: 0043 662/45 44 30
Kontakt: +43 664 76 92 833 parohia_salzburg@yahoo.de
www.parohia-salzburg.ro
Hl. Liturgie an allen Sonn- und Feiertagen um 10:00 Uhr. Es werden auch zahlreiche Kinderfeste veranstaltet.