Praktiker – eine kleine Mischung
Text: René Herndl
Fotos: Hersteller
Es gibt Autos, die wie Nutzfahrzeuge aussehen, aber auch praktische Familienfahrzeuge sind, die mit wenigen Griffen umgewandelt werden können und so allen Anforderungen entsprechen.
Wenn man an Familien- und Nutzfahrzeuge denkt, dann also an mehrsitzige Autos, die auch genügend Platz für Gepäck, Freizeitutensilien und sogar Kinderwagen haben sollen. Und wer das jetzt mit SUVs verbindet, der liegt falsch, denn diese sind meist nicht einmal so familienfreundlich wie etwa manche Kombis, die deutlich mehr Stauraum ausweisen. Seit vielen Jahren haben sich letztere aber eher zu Edeltransportern entwickelt, in denen zwar Kinder und zeitgeistige Sportgeräte mitgenommen werden können, denen jedoch das praktische Moment fehlt. Sitze können umgelegt werden, aber die Aus-
stattung gleicht eher der einer Limousine als der eines Nutzfahrzeugs. Die zweite Kategorie der nützlichen Großraumfahrzeuge sind die Kleinbusse, die sowohl als Lastesel wie auch als Vielsitzer angeboten werden, meist aber in ihrer Variabilität begrenzt sind. Die beiden klassischen Beispiele sind der „Bulli“ von VW oder die V-Klasse von Mercedes, sowohl als Lieferwagen als auch als Kleinbus erhältlich, aber nicht als beides. Und auch die oft gepriesenen „Familienautos“ wie die B-Klasse, der BMW Tourer, der Seat Alhambra oder vergleichbare Erzeugnisse anderer Hersteller lassen die praktische Verwendbarkeit fast komplett missen.
Allzweck-Kriterien
Also bleibt die Frage zu beantworten, welche Kriterien ein Automobil erfüllen muss, um als Allzweckauto bezeichnet werden zu können. Wie schon erwähnt, zu allererst viel Platz, der jedoch schnell veränderbar, also variabel sein muss. Die Sitze sollen leicht zu entfernen sein, damit auch eine zusätzliche große Ladefläche entsteht, die Höhe des Laderaums sollte so groß sein, dass auch sperrige Gegenstände problemlos untergebracht werden können, die Ausstattung darf durchaus vollständig und großzügig sein, sie muss aber auch so unempfindlich sein, dass weder der Fahrradtransport noch eine eingeladene Waschmaschine oder der Werkzeugkasten störende Spuren hinterlassen. Diese Art der Fahrzeuge sollte also an Wochenenden und in der Freizeit für Familien ebenso praktisch verwendbar sein, wie für den Gewerbebetrieb oder den Handwerker während der Woche.
Versteckte Tugenden
Ein Vertreter dieser Gattung kommt aus Frankreich und wurde gerade neu aufgelegt – der neue Citroën Berlingo. Der Kastenwagen wird in zwei verschiedenen Längen − M und XL − und in zwei Ausstattungsversionen angeboten und basiert auf einer neuen Plattform, die nicht nur einen großen Laderaum in Turnhallengröße, der bis zu zwei Europaletten fasst, einen leichten Zugang sowie einen vielseitigen Innenraum bietet, sondern auch noch mehr Wendigkeit, Komfort und Sicherheit. Dadurch ist er für alle erdenklichen Bedürfnisse geeignet, vom Lieferwagen bis zum gemütlichen Familienreiseauto. Samt vielen Fahrerassistenzsystemen, mit diversen Konnektivitäts-Technologien, leistungsstarken, effizienten Benzin- und Dieselmotoren, die bereits jetzt die neue WLTP-Abgasnorm Euro 6d-TEMP erfüllen, sowie der Grip Control Traktionskontrolle, ist der neue Citroën Berlingo der ideale Begleiter für alle Gewerbetreibenden und Groß-familien, besonders in der langen Ausführung. Alles zusammen ergibt das eine Summe von Tugenden, die man in vielen PKWs und SUVs suchen muss. Nur einen Nachteil hat er: Eine auffällige Schönheit ist er nicht. Dennoch ist der Fahrkomfort bestechend gediegen und geschmeidig. Fast Limousinen-Qualität.
Ähnliche Vorzüge in etwas kleinerem Format bietet der Opel Combo oder in größerem Format der Opel Zafira. Auch hier überwiegt der praktische Nutzen, der verbunden mit der Variabilität den Sinn der Mobilität auf mehrere Arten definiert, Komfort und gute, solide Technik mit allen zeitgeistigen Features verbindet, die man auch bei teureren und feinen Kombis findet. Parallelen sind auch bei Ford zu haben, nämlich mit den beiden Tourneo-Modellen Custom und Courier.
Nur ein kleines Angebot
Der Klassiker von VW ist – nein, nicht der Multivan – der Caddy. Diesen gibt es nicht nur in einer kürzeren und einer längeren Ausführung und sowohl als Kasten als auch als praktischen PKW, es gibt ihn auch mit kosten- und verbrauchsgünstigem CNG, sprich Gasantrieb und sogar mit Vierradantrieb. Allerdings kann der VW seine Nutzfahrzeug-Herkunft nicht verleugnen, überwiegt doch trotz vieler digitaler Spielereien und neuer Zusatzmöglichkeiten das Hartplastik und damit sein robuster Charakter. Seinen Konzern-Verwandten, den eigenwillig gestylten Skoda Roomster gibt´s ja leider nicht mehr, weshalb zu hoffen ist, dass die Tschechen auch bald wieder eine ähnliche Variante anbieten, wobei zu beobachten ist, dass derart praktische – und oft auch preisgünstige – Fahrzeuge oft aus den Modell-Programmen der Hersteller gestrichen werden, wie etwa auch bei Toyota.
Da bleibt dann als Alternative nur mehr der Griff zu den größeren und wesentlich teureren Angeboten, wie die schon erwähnte V-Klasse von Mercedes, in der dann auch eine sechsköpfige Familie ausreichend Platz hat. Das kürzlich vorgestellte Concept EQV, also mit Elektroantrieb, gehört schon wieder zu den repräsentativen Familientransportern, nicht aber zu den Allzweck-Praktikern.
Selbstverständlich gibt´s auch Kombis in Minimalausstattung, die dann auch als Lastesel und Nutztiere Verwendung finden und die auch ausreichend Platz für die eventuell zu transportierende Familie haben, in der Praxis jedoch sind dann eher die kleinen Kombis jene, die ausschließlich als Nutzfahrzeuge dienen, in denen aber kaum die Familie mitfährt. Fazit: Vielseitige Autos der hier definierten Art sind eine eher rare Spezies, aber gerade für sparsame Praktiker eine preiswerte und bequeme Alternative zu Großraumlimousinen oder edlen Kombis.