Nichts für schwache Nerven

Text: Doris Thallinger

Fotos: Franky Zorn

Eisige Temperaturen und gefrorene Pisten – nicht nur das Umfeld ist extrem, wenn es um Icespeedway geht.

Die Luft scheint zu vibrieren – vor Spannung und erst recht, sobald die Motoren aufheulen. Im Pulk starten die Motorräder und legen eine immense Beschleunigung an den Tag. Schon „fliegen“ sie fast waagrecht um die erste Kurve – und das alles auf blankem Eis! Ein einziges Wort beschreibt diesen Sport: extrem.
Tatsächlich, Icespeedway ist nichts für schwache Nerven. Es ist ein Spektakel, für die Fahrer, ein Balanceakt zwischen Herz und Hirn und zählt zu Recht zu den auf-regendsten Live-Sportarten der Welt.
In den 1920ern hat sich Icespeedway als eigene Sportart in Russland entwickelt, wo Eis und Kälte auf der Tagesordnung stehen. Mit speziellen Icespeedway-Maschinen – meist Eigenkonstruktionen mit bis zu 28 Millimeter langen Spikes an den Reifen – messen sich die Rider Runde für Runde auf Kunst- oder Natureisbahnen. Icespeedway ist wohl der Sport mit den höchsten Beschleunigungswerten und den extremsten Schräglagen.
In Russland fast ein Massensport, ist in unseren Breitengraden nur echten Adrenalinjunkys und wagemutigen Profis vorbehalten. Einer davon, die unbestrittene österreichische Ikone des Icespeedway – ist Franky Zorn. Der 47-jährige Saalfeldner geht für seine Leidenschaft an die Grenzen der Physik und auch an jene des gesunden Menschenverstands: „Beim Icespeedway geht es um gutes Reaktionsvermögen, den Mut zum Risiko, Körpergefühl und, ganz besonders, um Vertrauen. Vertrauen in dich selbst und in deine Maschine. Sonst bleibst auf der Strecke.“
Seit 25 Jahren ist der Europameister, Vizeweltmeister und 7-fache Team-Vizeweltmeister nun schon auf dem Eis unterwegs. Was macht für ihn den Reiz aus, dass er damit solche Belastungen und Risiken in Kauf nimmt? „Icespeesway ist einfach ein Sport, den nicht jeder machen kann. Die rasante Beschleu-nigung, der direkte Gripp am Eis, die extremen Schräglagen – das alles fordert schon sehr, macht aber auch den besonderen Reiz, den Kick, aus.“ Ja, Franky Zorn ist eindeutig ein Adrenalinjunky und ein „wilder Hund“ auf dem Eis. Im Privaten sei er dafür aber „recht handzahm“, beschreibt er sich selbst mit einem Schmunzeln. Dennoch: „Dieser Sport bringt mit sich, dass du einfach härter wirst.“

Härte bewies Zorn vor allem nach seinem schweren Sturz 2014 in Moskau, bei dem er sich einen Sitzbeinbruch zuzog. Selbst diese schwere Verletzung tat seiner Motivation keinen Abbruch: „Nach der Operation, ich habe gerade angefangen, wieder gehen zu lernen, war meine wichtigste Frage: ‚Kann ich jemals wieder aufs Motorrad?‘“
Er konnte. Und mit harter Arbeit, Training und vor allem ganz viel Ehrgeiz schaffte er es, an seine Erfolge anzuknüpfen. „Es ist alles Kopfsache! Mein größter Antrieb ist mein Ehrgeiz – typisch für mein Sternzeichen Jungfrau.“ Genauso essentiell: Icespeedway ist ein Hochrisiko-Sport, für den man vor allem Technik braucht, auf die man sich verlassen kann!“
Für die laufende Saison hat Zorn deswegen den ganzen Sommer über an seinem neuen Motorrad getüftelt – gemeinsam mit seinem langjährigen Partner, dem Walser Unternehmen G.O. Nilsson, der ihn seit mittlerweile 14 Jahren mit Lagern beliefert. „Unsere Zusammenarbeit dreht sich ständig um die Frage ‚Wie können meine Anforderungen an das Material erfüllt werden?“ Das Optimieren seines Bikes gibt er keinesfalls aus der Hand. Persönlich schraubt, schweißt und versiegelt er Franky Zorn sein Bike, denn nur so kennt er jedes Detail der Maschine – was ein entscheidender Vorteil beim Rennen sein kann. Und auch ist, wie sich diese Saison bereits bewiesen hat.
Damit rückt Franky Zorn seinem Traum ein Stück näher: einem Po-diumsplatz bei der Gesamt-WM. „Es spricht nichts dagegen, dass es diese Saison klappen kann: Ich bin gut drauf, das Material ist gut. Nun kommt es nur noch auf die jeweilige Situation an.“