Mut zur Vielseitigkeit
Neue Kombis werden auf den heimischen Straßen immer seltener, dabei sind sie noch immer das Nonplusultra in Sachen Praktikabilität und Alltagstauglichkeit. Egal ob als Familienfahrzeug oder als Firmenwagen, inzwischen ist der Kombi ein Auto für Gegen-den-Strom-Schwimmer und es gibt ihn in allen Motorisierungen.
Seien wir uns doch ehrlich, wer ärgert sich nicht über die gestiegenen Autopreise. Vor allem seitdem die großen Autobauer ihre Elektroflotten ausrollen und auf Hybridtechnologie umsteigen, schmerzt der Blick auf die Preisschilder oft schon in der Kompaktklasse. Doch wir sind nicht ganz unschuldig an dem Dilemma, unser Hang zum Sports Utility Vehicle, kurz SUV, trägt einiges zu den Modellentscheidungen der Autobauer bei. Oft wird dabei der gute alte Kombi übersehen, einst Verkaufsschlager in Österreich, fristet er inzwischen ein Nischendasein. Dabei ist er, wie der Name schon sagt, die ideale Kombination aus Raumangebot und Alltagstauglichkeit. Er macht sich noch immer mehr als gut für Familie und Geschäftsreisen, wir müssen nur von unserem hohen (SUV-Sitz) Ross heruntersteigen, um exzellente Preis-Leistungs-Angebote in jeder Klasse zu finden.
Testfahrzeuge wurden zur Verfügung gestellt von: Auto Swoboda Alpenstraße, Porsche Inter Auto, Mazda Kriechbaum und Denzel Salzburg.
Der Sparsame
Der Suzuki Swace ist ein unglaublich gelungenes Gesamtkonzept. Optisch muss man ihn mögen, denn die Frontpartie mit dem großen Kühlergrill und den schmalen hakenähnlichen Frontscheinwerfern ist nicht jedermanns Sache. Das restliche Außendesign gibt sich unaufgeregt, fast schon ein bisschen prüde. Dafür überzeugt er innen mit sehr guter Verarbeitung. Auf der Rückbank fühlen sich Fahrgäste bis zu einer Größe von 1,80 m wohl und in den breiten Kofferraum, der bis zu 596 Liter schluckt, passt ein ganzer Zwillingskinderwagen und weitere Überlebensutensilien für die junge Familie. Damit das Geld in Windeln angelegt werden kann, ist der hybrid betriebene Swace ein unglaublicher Sparmeister, günstig in der Anschaffung und bei einem Verbrauch von 4,5 Litern auch im Unterhalt. Preis-Leistung ist hier definitiv top, sportliches Fahrverhalten sieht anders aus, aber der Antrieb ist suzukitypisch verlässlich und wartungsarm. Bei der Software muss man ein paar Abstriche machen, denn der Swace bietet nur das Nötigste, den Großteil der Digitalisierung inklusive Routenplaner übernimmt Android Auto oder Apple CarPlay. Trotzdem kann der Swace eines unglaublich gut und das ist Preis/Leistung bei einer riesigen Reichweite von ca. 1000 Kilometern.
Suzuki Swace
Außenmaße (L/B/H): 4655/1790/1460 mm
Leergewicht:1400 kg
Kofferraumvolumen: 596–1606 l
Motor: 1,8-Liter-Vierzylinder-Hybridmotor
Getriebe/Antrieb: E-CVT-Automatik; Frontantrieb
Leistung: 140 PS Systemleistung (98 PS Benzin + 67 PS Elektro)
Preis: Ab € 31.990
Der Zeitlose
Steigt man das erste Mal in den Mazda 6 ein, fühlt man sich in der Zeit deplatziert. Da sind die vielen analogen Knöpfe, wie bei der 2-Zonen Klimaautomatik und das fließend zeitlos-elegante Design, das die Antithese zu modernen Versuchen darstellt, die vollständige Digitalisierung auf die Formelsprache der Fahrgastzelle zu übertragen. Stattdessen tritt die Software hier in den Hintergrund und überlässt die Bühne dem Interieur. Obwohl Mazda jede Menge an modernen Assistenten, wie ein serienmäßiges Head-up-Display, verbaut hat, fährt sich der Mazda 6 wie ein Premiumauto vor der Tesla-Revolution. So verblüfft es auch nicht, dass er beinahe alles kann, außer teilautonomes Fahren. Egal, es würde ihm nicht stehen, denn sein direktes Ansprechverhalten und der Kontakt, den man als Fahrer über das Gaspedal zum 2-Liter-Vierzylinder aufbaut, erinnern an jene Hochzeiten des Verbrenners, in denen Elektroautos nur als concept cars auf der IAA gezeigt wurden. Der große Kofferraum mit 522 Liter Volumen und ohne Ladekantenschwelle tritt bei allem anderen schon fast in den Hintergrund, denn der entscheidende Punkt ist: Den Mazda 6 Sport Combi gibt es seit 20 Jahren und er ist ein verlässlicher Begleiter für die nächsten 20 Jahre. Ein zeitloses Auto für alle die wissen, dass innovative Benzinmotoren noch lange nicht ihr Ende erreicht haben.
Mazda 6
Außenmaße (L/B/H): 4805/1840/1475 mm
Leergewicht: 1475 kg
Kofferraumvolumen: 522–1648 l
Motor: 2,0 oder 2,5-Liter-4-Zylinder
Getriebe/Antrieb: 6-Gang-Schaltgetriebe oder 6-Gang-Automatik
Leistung: 145–194 PS, 213–158 Nm
Preis: Ab € 38.690
Der High Performer
Wem das Wort Kombi normalerweise nicht mehr als ein gelangweiltes Gähnen entlockt und eigentlich nur unter Druck des Ehepartners ins klobige Familienauto einsteigt, der sollte zur Leidensminimierung einen Blick auf den Audi RS4 werfen. Die muskulöse Optik macht sofort klar, hier kommt etwas Kräftiges auf einen zu. Neu sind die verbreiterten Radkästen, am Heck sorgt ein stylischer Diffusor für aerodynamische Effizienz. Im Innenraum verbindet der RS sportliche Designelemente, wie die Ledersitze in roter Wabensteppung und das Rauleder-Sportlenkrad mit jeder Menge Platz. Der Kofferraum lässt sich optional per Gestensteuerung öffnen und fasst 495 Liter, bzw. 1495 mit umgeklappten Rückbänken. Genial, dass Audi diese dreigeteilt hat. So kann man mittig bis zu vier Paar Ski durchladen und trotzdem zwei Fahrgäste auf den Rücksitzen kutschieren. Apropos Schneesport, den RS gibt es standardmäßig mit Quattro-Antrieb, der die Kraft des 450 PS starken 2,9 Liter-V6-Motors im Verhältnis 40-60 auf Vorder- und Hinterachse verteilt – und das bedeutet Sicherheit im Winter. Wer die 600 Newtonmeter Drehmoment in voller Action erleben möchte, der sollte auf die Rennstrecke. Mit 8-Gang Tiptronic Getriebe und optionalen Keramikbremsen sowie Sportdifferenzial geht dort die Post ab – nur um dann mit dem gleichen Auto am nächsten Tag mit der ganzen Familie wandern zu fahren.
Audi RS4
Außenmaße (L/B/H): 4782/1866/1438 mm
Leergewicht: 1820 kg
Kofferraumvolumen: 495–1495 l
Motor: 2,9-Liter-V6-Biturbo
Getriebe/Antrieb: Achtstufen-Tiptronic; Allradantrieb
Leistung: 450 PS, 600 Nm
Preis: Ab € 108.359
Der Vollelektrische
MG hat Pionierarbeit geleistet und sich getraut, den ersten vollelektrischen Kombi auf den europäischen Markt zu werfen. Der MG5 bietet einiges zu vergleichbar günstigem Preis. Trotzdem merkt man die chinesische Herkunft an Verarbeitung und Materialqualität im Innenraum. Die breite Mittelkonsole ist dafür gelungener als bei so manch europäischem Premiummodell. Obwohl das Armaturenbrett digital ist, sind die Funktionen am Touchscreen nicht zu umfangreich, was ein Vorteil für die Fahrsicherheit ist. Zusätzlich verfügt er noch über echte Tasten, das gefällt. Der Kofferraum ist mit 479 Litern (1367 l mit umgelegten Sitzen) das Kleinste im Test, aber die Beinfreiheit auf den hinteren Plätzen ist wunderbar und mit seinen 1562 Kilogramm ist er ein absolutes Leichtgewicht. Fahrwerk und 156 bzw. 177 PS Frontmotor sind eher auf der gemütlichen Seite und die Traktionskontrolle in den Kurven könnte deutlich besser arbeiten. Mit Long Range Akku kommt der MG5 bis zu 400 Kilometer weit, das reicht für die meisten Strecken. Dass die Basisversion über keinen Regensensor verfügt, ist ein wenig von gestern, dafür gibt’s aber eine wirklich gute Adaptive Tempo- und Abstandsregelung serienmäßig, das ist ein Deal. Ein cooles Feature ist das Vehicle-to-Load System, damit kann man den Autoakku zum Laden von Elektrofahrrädern oder dem Betrieb einer Kaffeemaschine nutzen. Richtig attraktiv ist der MG5 als Firmenwagen, denn er ist so günstig, dass er voll vorsteuerabzugsfähig ist, es wird kein Sachbezug für Mitarbeiter fällig und Fahrtenbuch ist auch keines mehr nötig. Perfekt ist der MG5 nicht, aber eine unglaublich günstige Gelegenheit, Platzbedarf mit E-Mobilität zu verbinden.
MG5
Außenmaße (L/B/H): 4600/1818/1521 mm
Leergewicht: 1562 kg
Kofferraumvolumen: 479–1367 l
Motor: Front-Elektromotor
Leistung: 156–177 PS, 280 Nm (je nach Modellvariante)
Batterie: 50,3–61,1 kWh (je nach Modellvariante)
Reichweite: 310–400 km (je nach Modellvariante)
Preis: Ab € 36.390
Text: Dominic Schafflinger
Fotos: Suzuki Deutschland GmbH, Audi AG, Mazda Motors (Deutschland) GmbH, MG5