Mit Bertl Göttl unterwegs

Text: Bernhard Strobl

Fotos: Privat

Eigentlich wäre jetzt die Zeit zum Zurücklehnen und Ausruhen, aber Bertl Göttl ist erfüllt vom Auftrag, Volkskultur auf ServusTV zu vermitteln.

Nein, unerfüllte Wünsche in seinem Wirkungsbereich der gehobenen Volkskultur habe er keine, sagt Bertl Göttl. Er könnte sich zurücklehnen und die Szenerie beobachten. Tut er aber nicht. Mit seinen 72 Jahren sieht der ehemalige Lehrer an der Landwirtschaftsschule Kleßheim, Salzburger Landesrat, Amateur-Schauspieler und TV-Moderator keinen Grund zum Abschiednehmen. „Jahr für Jahr gebe ich gerne meine Zusage, weiterhin die Volkskultur bei ServusTV zu behandeln. Wie lange noch, wird man sehen.“
„Es war mir eine große Ehre“, so Göttl, „als mich Ditrich Mateschitz 2009 eingeladen hat, diesen Bereich bei ServusTV weiter zu betreuen“. Eigentlich sollte mit Ende des privaten Fernsehsenders Salzburg TV auch Göttls „Hoagascht“ beendet sein. Doch Mateschitz bestand auf die Fortsetzung in seinem Nachfolge-Fernsehen.

Zurück zu den Anfängen
Sein neuester Film „Mit Bertl Göttl unterwegs“ führte den Brauchtums-Experten zurück zu den Anfängen. Als Bub kam er mit seinen Eltern nach Öblarn, absolvierte dort die Volksschule,  später dann die Höhere Bundeslehranstalt für alpenländische Landwirtschaft in Raumberg-Trautenfels. Schloss Gstatt, Paula Grogger, der Grimming, die Sölktäler – alles war ihm vertraut. Und alles waren Drehorte für Beitrag „Rund um den Grimming“, der am Dienstag, dem 24. Februar, um 20.15 Uhr auf ServusTV übertragen wird. „Es war spannend und schön“, schwärmt Göttl und erzählt von seinem Flug mit dem Motorsegler über den Grimming, von Goaßlfahrten im Naturpark Schwarzensee, von Begegnungen mit seiner alten Schule Raumberg, mit Hubert und Klaus Neuper und mit den „Hollaschnapszutzlern“. 500 „Hoagascht“-Sendungen gestaltete Göttl bei Salzburg TV, 180 sind es bis dato bei ServusTV. Und die Sendereihe „Unterwegs mit Bertl Gött“ im Hauptabendprogramm des Privatsenders ist vielversprechend. Zuschauerzahlen bezeugen: Gut gebrachte Volkskultur hat sein Publikum. Was alle bei ServusTV freut: „Das Interesse geht weit über die eigentliche Zielgruppe hinaus.“ Das hat natürlich viel mit Qualität zu tun. Schöne Landschaften, interessante Menschen, gute Musik – ein solcher Mix stand einst für eine Pilotsendung im ORF, die Bertl Göttl moderieren sollte: „Klingendes Österreich“.

Es war mir eine große Ehre, als mich Dieter Mateschitz 2009 eingeladen hat, diesen Bereich bei ServusTV weiter zu betreuen.

Quereinsteiger in die Landespolitik
Göttl ging jedoch in die Landespolitik, sein „Klingendes Österreich“ übernahm Sepp Forcher. Auch in der Salzburger Landespolitik, der Göttl von 1986 bis 1991 als Landesrat für Landwirtschaft, Heimat und Brauchtum, Jagd und Fischerei diente, war ihm Qualität ein hoher Stellenwert.  Der Auftakt für den Quereinsteiger war dramatisch: Tschernobyl. Da war die Politik im Lande gefragt. Vor allem auch am Sektor Landwirtschaft. Göttl förderte die Direktvermarktung der Produkte am bäuerlichen Hof. Der Biomarkt in Kleßheim  war der Erste weitum. Die Eigenvermarktung der Produkte aus der Landwirtschaftsschule Winklhof folgte. Beides fand unzählige Nachahmer. „Das ging alles nicht ohne Konflikte“, erinnert sich der Ex-Politiker, „vor allem aus den eigenen politischen Reihen kamen die ärgsten Bedenken.“ Dass heute Salzburg als Herzeigeland für ökologische Landwirtschaft gilt, führt Göttl auch auf diese Maßnahmen und deren Folgen zurück. Und wie heute, ging es auch damals um den Umweltschutz: Göttl wollte auf Teilen der Salzburger Straßen und Autobahnen eine Temporeduktion 80/100 einführen, scheiterte jedoch. Nur Tempo 100 auf dem Teilstück Zederhaus geht auf seine Initiative zurück. Weil die Kontroverse seine Sache nicht war und ist, verließ Bertl Göttl 1991 die Salzburger Landesregierung, wurde Mitarbeiter für das Thema Brauch bei den Salzburger Nachrichten und Kolumnist, der er bis heute ist. Sein Weggang aus der Landesregierung eröffnete ihm das Engagement bei den Privatsendern Salzburg TV und später ServusTV – und eine Fülle von Aktivitäten: Mitgestalter des Tobi Reiser Adventsingens, Moderator des „Bischofshofener Amselsingens“, Initiator der „Kleßheimer Singstund“, die in 28 Jahren zum Vorbild für offenes Volksliedersingen im ganzen Land gilt, und anderes mehr.

Heute steht die Volkskultur als eine Säule dieses Privatsenders da.

Persönliche Einblicke
Der am 1. Oktober 1942 im Sternzeichen Waage Geborene sieht in seinem heutigen Wirkungsbereich bei ServusTV die Chance, Personen abseits der üblichen Events zu beleuchten. Göttl wörtlich: „Darüber hinaus schaffen meine ,Unterwegs – Erlebnisse’ besondere Einblicke und neue Sichtweisen in landschaftlich reizvolle Regionen und Begegnungen mit den unterschiedlichsten Persönlichkeiten, Bräuchen und Lebensgewohnheiten. Vom Goaßlfahren der ,Rosserer’ rund um den Grimming, von Erzmusikanten und Sängerinnen, vom Triestiner Bürgermeister Illy zu den boarischen ,Huaber Buam’, vom Muschelfischer in Duino zum Flug mit Hannes Arch über den steierischen Erzberg.“ Hinsetzen und beobachten, was aus allem geworden ist. Das wäre wohl verdiente Sache für Bertl Göttl. Der Umtriebige sieht die Dinge anders und erfreut sich und sein Publikum weiterhin mit schönen Dingen.