Lebensraum
Text: Doris Thallinger
Fotos: vitadesign, Sendlhofer
Nie zuvor war das Zuhause wichtiger als heute. Nicht mehr ist es „nur“ Rückzugsort zum Entspannen, sondern übernimmt zusehends mehr Funktionen – als Arbeitsplatz, Wellness Oase, Ort für gesellige Stunden u.v.m. Ein trautes Heim zu schaffen, das all diesen Anforderungen entspricht und darüber hinaus noch alle Ansprüche an Design und Behaglichkeit erfüllt, ist die Kunst des Innenraumausstattens.
Essen, schlafen, relaxen, faulenzen, Freunde empfangen, dem Hobby nachgehen, sporteln, ja sogar arbeiten – unser Zuhause wird mehr und mehr zum Schauplatz des täglichen Geschehens. Damit steigt die Wichtigkeit, sich dort wohlzufühlen, eine sowohl harmonische als auch energievolle Umgebung zu schaffen, für jedes einzelne Familienmitglied.
Wohnraum als Zentrum des Lebens Ton in Ton harmonieren Möbelstücke mit Deko-Elementen, dazwischen lenkt das eine oder andere knallig-bunte Detail die Aufmerksamkeit charmant auf sich und setzt Akzente. Die Materialien, natürlich und echt, finden sich in jedem Raum auf die eine oder andere Weise wieder. Wie ein roter Faden zieht sich das Design durch die gesamte Wohnung bzw. Haus. Perfekt abgestimmt dazu Farben der Wände, die ausgesuchten Böden, die Beschaffenheit der Raumdecke. Ein ausgeklügeltes Lichtkonzept sorgt für die optimale Beleuchtung: akzentuiert und an Gegebenheiten sowie auch an Anforderungen des jeweiligen Raumes angepasst.
So oder ähnlich lässt sich das Ergebnis gut geplanter Innenarchitektur und Innenausstattung beschreiben. Großzügig und dabei behaglich soll ein Raum wirken, Genuss fürs Auge bieten und dabei dem täglichen Anspruch gerecht werden, edel und dabei funktional muss er sein. Kein einfaches Unterfangen, das genau geplant sein will, wie Innenarchitekt Michael Sendlhofer bestätigt: „Wesentlich ist, mit der Planung der Innenausstattung so bald wie möglich zu beginnen. Idealerweise startet der Innenarchitekt, sobald – bei einem Neubau – der Einreichplan fertig ist. Zu diesem Zeitpunkt kann man, in enger Abstimmung mit dem Architekten, eventuell noch die eine oder andere Innenwand oder ein Fenster verschieben, die idealen Plätze für Steckdosen und Lichtauslässe planen. Idealerweise ist die Innenraumplanung vollendet, bevor der Bagger seine Arbeit auf der Baustelle aufnimmt.“ Mit der zeitgerechten Planung vermeidet man, in späterer Folge Kompromisse eingehen zu müssen, und kann Zeit, Geld und Nerven sparen. „Je früher und besser man sich im Vorfeld überlegt, welche Anforderungen man hat, welche Stilrichtung gefällt, desto positiver wirkt sich das im Endeffekt auf das Gesamtkonzept aus“, so
Michael Sendlhofer.
Generell gehe der Trend mehr und mehr zu Komplettkonzepten, bei denen die Planung des gesamten Wohnraums mitberücksichtigt wird, von der Garderobe über den Wohn- und Schlafbereich bis hin zur Badezimmer-Wellness-Oase.
Langfristige Trends
Trends in der Innenraumausstattung sind immer langfristig zu sehen – und sie kommen immer wieder. So tendiert man derzeit zu dunkleren Farben in der Einrichtung, nachdem viele Jahre eher auf Weiß gesetzt wurde. Bei den verwendeten Materialien geht der Trend eindeutig in Richtung Natürlichkeit. Ebenfalls schon lange geht der Trend zum offenen, großzügigen Wohnraum. Um diesen dennoch behaglich zu gestalten, empfiehlt es sich, optische Bereiche abzugrenzen: mit offenen Regalen als Raumtrenner, großen Teppichen für den gemütlichen Wohnzimmer-Bereich oder auch, indem man einen Teil der Decke abhängt, lässt sich eine eigenständige Zone schaffen, ebenso wie durch unterschiedliche Wand- oder gar Deckenfarben und gezielten Einsatz unterschiedlicher Lampen.
Der Schlüssel zum harmonischen Wohnraum
Grundsätzlich sind der Kreativität und dem individuellen Geschmack keine Grenzen gesetzt. Was sehr wohl Grenzen setzt, ist meist das erforderliche Budget. „Der Rahmen in der Innenraumgestaltung ist heute meist durch das Budget und die Verfügbarkeit passender Objekte gegeben“, so Innenarchitekt und Wohnpsychologe Norbert Schafflinger. Denn nach Möglichkeit ist aus Sicht der Wohnpsychologie bereits die Lage des trauten Heims nicht unwesentlich. Allerdings: „Wohnpsychologie an sich ist ein moderner Begriff für ein Wissen und Erfahrungen, die schon seit Hunderten von Jahren bekannt sind, schon die Kelten und Römer haben sich an günstigen Orten niedergelassen“, erklärt Norbert Schafflinger.
In unserer Zeit ist es die Herausforderung, das Beste aus dem Verfügbaren zu machen. Wie sich der Wohnraum gestaltet, ist grundsätzlich ein sehr individuelles, persönliches Thema. Einige allgemeingültige Grundsätze sind es jedoch wert, beachtet zu werden:
„Der Vorraum sollte hell, freundlich und offen gestaltet sein, hier soll jeder gut ankommen und sich willkommen fühlen, in einem Zuhause, das jeden gut aufnimmt. Idealerweise hat jedes Familienmitglied einen eigenen Haken für Jacke und Mantel, sodass für jeden Raum vorhanden ist“, empfiehlt Norbert Schafflinger. Wichtig sei auch, dass der Vorraum aufgeräumt und clean erscheine, betont Michael Sendlhofer: „Jeder Vorraum profitiert von einem nicht einsehbaren Bereich, an dem rasch Mäntel, Schuhe, etc. von der offensichtlichen Bildfläche verschwinden.“
Das Zentrum des Lebens spielt sich schließlich rund um den Koch- und Essbereich als soziales Herzstück ab. „Kochen war seit ewigen Zeiten der essenzielle Mittelpunkt des Zusammenlebens und damit die Küche ein zentraler Ort, der nicht vom Rest des Wohnbereichs abgetrennt sein sollte“, so Schafflinger.
Umso wichtiger ist es, die Küche oder den Küchenblock ansprechend zu gestalten: „Die Küche ist zwar nach wie vor Arbeitsplatz, aber wird mehr und mehr zum Wohlfühl-Mobiliar. Darum ist es uns wichtig, die Flächen möglichst frei zu halten, beispielsweise Möglichkeiten zu planen, um Geräte wie den Thermomix und Arbeitsflächen hinter Schiebetüren zu verstecken“, betont Michael Sendlhofer.
Zentraler Punkt, an dem die Familienmitglieder zusammenkommen, ist der Esstisch – hier spielt sich das gemeinsame Leben ab, hier verbinden sich die Menschen,“ weiß Schafflinger. „Darum sollte der Essbereich idealerweise in einer gemütlichen Ecke Platz finden oder an einer Wand, die Ruhe ausstrahlt, auf keinen Fall in einem Durchgangsbereich.“ Vom Essbereich geht es sanft über zum Rückzugsgebiet im Wohnzimmer, wo Behaglichkeit eine große Rolle spielt – nicht jedoch der Fernseher: „Dieser sollte nach Möglichkeit keine zentrale Position einnehmen, sondern sich idealerweise sogar hinter Schranktüren verstecken“, empfiehlt Schafflinger.
Als absolute Rückzugsbereiche gelten Schlafzimmer wie auch Kinderzimmer. Das Schlafzimmer der Eltern sollte demnach auch diesen vorbehalten sein. Kinderspielzeug, Familienfotos usw. haben hier nichts verloren. „Wir Menschen finden Aufgrund unserer Biologie in „höhlenartigen“ Schlafräumen am leichtesten Ruhe, Erholung und Geborgenheit“, so Schafflinger. Insbesondere für Kinderzimmer empfiehlt er, ein ruhiges Eck für das Bett zu finden oder alternativ, auf ein Hochbett zu setzen, sodass der Schlafbereich eine eigene Ebene erhält und sich damit von den Aufregungen des Tages deutlich abhebt.
Für jeden Raum gleichermaßen gilt: Nur nicht überfüllen! „Die Ordnung im Außen bringt auch Klarheit im Kopf“, wie Norbert Schafflinger erläutert. Seine Einladung, auch für das bereits bestehende Zuhause: „Schließen Sie Ihre Augen und stellen Sie sich Ihren Wohnraum mit allen Details vor. Wie wirkt das auf Sie? Was fühlen Sie? Und was ist in Ihrer Vorstellung anders als in der Wirklichkeit? Diese Übung ist eine große Hilfe, um mehr Bewusstsein für das eigene Zuhause zu schaffen. Damit ist schon ein erster Schritt getan, wie man seinen Wohnraum mit wohnpsychologischer Unterstützung vielleicht ein Stück aufwerten und die Wohnung noch lebenswerter gestalten kann.“