In Kontakt mit der Straße

Nur vier Mal die Größe einer Postkarte – mehr ist es nicht, was ein Auto mit der Straße verbindet. Neben optimalen Brems- und Beschleunigungseigenschaften sollte die Kombination aus Reifen und Felgen aber vor allem auch eines sein – schön!
Text: Dominic Schafflinger
Fotos: Mercedes-Benz AG, Porsche Holding, BMW Group, Mazda Motors Europe, Brock Alloy Wheels Deutschland GmbH, Reifen Lindner GmbH, Wildbild

Wenn der Neuwagen mit Stahlfelgen daherkommt oder die Winterbereifung nicht im Angebot enthalten war, werden neue Räder ebenso schnell zum Thema, wie wenn der Randstein den bestehenden Alus böse zugesetzt hat.

Eine perfekte Kombination

„Die meisten Elektroautos sind ab Werk mit ganz normalen Alufelgen ausgestattet, Premium Aftermarket-Hersteller haben hier gewichtsoptimierte Felgen z. B. für Tesla im Angebot, die die Reichweite erhöhen.“
Christian Lindner, Geschäftsführer Reifen Lindner

Reifen und Felgen werden beim Kauf immer zusammen betrachtet, denn für das eigene Auto ist immer nur eine bestimmte Rädergröße zugelassen. Wird die Felge größer und damit sportlicher, muss der Gummi drumherum entsprechend kleiner werden. Somit ist für jeden, der sich Niederquerschnittsreifen wünscht, auch eine entsprechend größere Felge Pflicht. Alles, was man hierzu wissen muss, findet sich im Typenschein. Gerade bei Autos mit moderner Elektronik ist eine Abweichung von der vorgeschriebenen Radgröße nicht nur mit umfangreichen Genehmigungen verbunden, sondern oft gar nicht mehr möglich.

„Bei modernen Fahrzeugen können Änderungen zum Ausfall der Bordelektronik bis hin zum Getriebeschaden führen. Allerdings ist bei neuen Modellen auch so gut wie nie Tuning gewünscht – das ist ein Spielplatz für ältere Modelle“, so Andreas Winkler, Zubehörspezialist bei AutoFrey. „Grundsätzlich ist das Tuning im Bereich von Spurverbreiterung und maximal breiten Patscherln stark zurückgegangen. Heute wollen die Kunden eine funktionelle Bereifung oder einfach Stahlfelgen ersetzen“, erklärt Reifen Lindner Chef Christian: „Beim Reifen geht es um Sicherheit, bei der Felge um Schönheit.“

Die schönste Felge der Welt

„Die gibt es schlicht und ergreifend nicht“, lacht Andreas Winkler. Der BMW-Zubehörexperte weiß, dass Geschmäcker unterschiedlich sind: „Die schönste Felge ist eine ganz individuelle Sache, darum bieten Hersteller eine riesige Auswahl an unterschiedlichen Felgentypen.“ Diese reichen von klassischen 5-Speichen- über sportliche Mehrspeichen- und Y-Designs bis hin zu eleganten Kreuzspeichen (Mesh), Doppelspeichen und Tiefbettfelgen.

Bei der Felge geht es hauptsächlich um die Form, weniger um die Funktion. „Egal ob OEM (Original Equipment Manufacturer) oder Aftermarket-Felgenhersteller wie OZ, Dezent oder Brock – wer im normalen Straßenverkehr unterwegs ist, wird beim Felgentausch kaum Unterschiede bemerken“, ist sich Reifenexperte Christian Lindner sicher: „Die Verarbeitungsqualität variiert allerdings zwischen preiswerten und Premium-Produkten.“

Ausschlaggebend sind unter anderem die Dicke der Lackierung oder Pulverbeschichtung. Bei Premium-Straßenfelgen sind auch glanzgedrehte Oberflächen versiegelt, damit sie durch Salz und andere Chemikalien nicht ausblühen. Aftermarket-Hersteller erneuern ihre Felgenkollektionen alle paar Jahre, während man eine BMW-Originalfelge auch noch nach über zehn Jahren bekommt. „Das wird dann zum Thema, wenn man sich eine Felge am Randstein kaputtfährt und nicht alle vier erneuern möchte. Unsere Premiumfelgen lassen sich teilweise sogar reparieren“, so Zubehör-Experte Andreas Winkler.

Kleines Felgen 1×1

Lochkreis und Einpresstiefe (ET):
• Der Lochkreis zeigt, wie viele Bolzenlöcher vorhanden sind und in welchem Abstand diese angeordnet sind.
• Die Einpresstiefe beschreibt, wie weit die Montagefläche von der Felgenmitte entfernt liegt – ein entscheidender Faktor für die Passgenauigkeit am Fahrzeug.

Mittenbohrung:
• Sie muss zum Nabenmaß des Fahrzeugs passen, man kann aber auch auf Ausgleichsringe zurückgreifen.

Achtung: Nicht alle Alufelgen sind winterfest.

Weil Alu nicht gleich Alu ist

Neben Carbon- und Magnesiumfelgen, die in der Regel weit über 20.000 Euro pro Satz kosten und hauptsächlich am Ring eingesetzt werden, gibt es auch bei gegossenen Alufelgen Unterschiede – vor allem beim Gewicht. Während normale 19-Zöller rund 15 Kilogramm pro Felge auf die Waage bringen, sind gewalzte Flowforming-Felgen bereits 10 bis 20 % leichter.

„Premiumhersteller wie BMW lassen ihre Reifen von den Produzenten perfekt auf ihre Fahrzeuge abstimmen, die haben optisch
das gleiche Profil, können aber andere Fahreigenschaften aufweisen.“
Andreas Winkler, Zubehör- und Reifenspezialist bei AutoFrey

Die Top-Kategorie sind geschmiedete Alufelgen. Sie unterbieten Flowforming-Felgen nochmals, da sie nach dem Gießen unter großem Druck gepresst werden. Damit kommt man im Optimalfall auf nur neun Kilogramm ungefederte Masse, was das Handling leicht verbessert und den Verbrauch senkt. „Das kommt allerdings nur bei Elektroautos zum Tragen, denn beim Verbrenner ist der entscheidende Faktor immer der Fahrer“, weiß BMW-Experte Winkler. „Kombiniert man Schmiedetechnologie mit modernen Scheiben- oder Aerofelgen, die den Luftwiderstand des Reifens optimieren, holt man bis zu 20 Kilometer mehr Reichweite aus einem E-Auto heraus“, gibt Christian Lindner zu bedenken.

Hufbeschläge für die Arbeitstiere

Wer für härteste Arbeitseinsätze viel über Stock und Stein unterwegs ist, sollte überlegen, ob nicht die klassische Stahlfelge die beste Wahl ist. Sie ist günstig zu ersetzen und mittlerweile in ansehnlichen Ausführungen erhältlich. Wer nicht auf Alu verzichten will, greift zu Heavy-Duty-Wheels mit erhöhter Traglast, wie dem B45 von Brock, die selbst die hohe Traglast von Stahlfelgen noch überbieten.

Kleine Reifenphysik

Der Reifen ist der einzige Berührungspunkt des Autos mit der Straße. Dessen Qualität entscheidet über Bremsweg, Kurvenstabilität und Beschleunigung. Grundsätzlich haftet ein Reifen durch seine Adhäsion und die Verzahnung mit dem Untergrund. Adhäsion bezeichnet die molekulare Anziehung zwischen zwei Flächen – je weicher der Gummi, desto besser ist dieser Klebeeffekt zwischen Straße und Reifen.

Rillen und Lamellen des Reifens verzahnen sich mit dem Untergrund und haken sich in Unebenheiten des Straßenbelags ein. Während die Adhäsion bei Regen spürbar nachlässt, sorgt die Verzahnung für Grip. Hat der Reifen dann noch 5 bis 15 % Schlupf, also dreht leicht durch, klebt er noch besser an der Straße. Breitere Reifen verfügen im Allgemeinen über bessere Haftungseigenschaften, verdrängen jedoch schlechter Wasser, was die Aquaplaning-Gefahr erhöht.

Gib Gummi – aber richtig

Hier beginnt die Herausforderung: Klebekräfte und Verzahnung hängen nicht nur vom Reifen ab, sondern auch massiv vom Auto, das an ihnen dranhängt. „Qualitätsreifen müssen nicht immer viel kosten, doch ich empfehle immer namhafte, etablierte Hersteller“, sagt Christian Lindner.

Das EU-Reifenlabel kann man beim Reifenkauf getrost ignorieren, denn es enthält zu wenig Informationen. Wer den perfekten Reifen sucht, kommt um die zahlreichen Reifentests von ADAC, ÖAMTC und Co. nicht herum. „Wichtig ist darauf zu achten, mit welchem Auto der Reifen getestet wurde. Ein auf einem leichten Polo getesteter Reifen verhält sich bei einem schweren SUV mit Allradantrieb völlig anders“, erklärt Andreas Winkler.

Auch der stationäre Reifenhandel ist ein guter Anlaufpunkt. „Dieser geht von Erfahrungswerten aus und erfragt den Bedarf des Kunden. Während Vielfahrer wegen der ausgezeichneten Laufleistung oft zu Michelin greifen, eignet sich beispielsweise ein Hankook gut für Kleinwagen auf Kurzstrecken“, so Christian Lindner.

Wer sich größere Felgen gönnt, benötigt automatisch einen Reifen mit niedrigerem Querschnitt. Je näher die Felge am Boden ist, desto anfälliger ist sie für Randsteine. „Achten Sie auf Reifen mit Flankenschutz – der Gummi steht dabei über die Felge hinaus und schützt das teure Alu besser“, rät Andreas Winkler.

Wichtig für Gelegenheitsfahrer: Ein Reifen sollte spätestens nach zehn Jahren ausgetauscht werden, da der Gummi steifer wird und an Grip verliert. Das Fertigungsdatum findet sich in der DOT-Nummer. Auch die Profiltiefe sollte regelmäßig überprüft werden.

Wenn’s typisiert werden muss…

Achtung: Im Typenschein sind alle zulässigen Radmaße hinterlegt. Passende Felgen mit E-Nummer sind ohne Eintragung zulässig. Zubehörfelgen mit KBA-Nummer müssen in Österreich immer eingetragen werden. Hier hilft ein Vorabgespräch mit der Zulassungsstelle des Landes Salzburg.

Reifenwissen Kompakt

• DOT-Nummer: Zeigt das Herstellungsdatum. Beispiel: 2520 = 25. Woche 2020.
• Mindestprofiltiefe: 1,6 mm (Sommer), 4,0 mm (Winter). Messstellen im Profil zeigen, wenn das Limit erreicht ist.
• Runflat-Reifen: Mit einem Platten kann man bis zu 80 km weiterfahren, ohne den Reifen sofort wechseln zu müssen.

Reifenkennzeichnung (z. B. 205/55 R16 91V):

• 205: Reifenbreite in Millimetern
• 55: Seitenwandhöhe in Prozent der Breite
• R16: Felgendurchmesser in Zoll
• 91: Tragfähigkeitsindex (91 = 615 kg je Reifen; Tabelle online. Die kombinierte Tragfähigkeit aller Reifen muss mindestens so hoch sein wie das maximal zulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs laut Typenschein.)
• V: Geschwindigkeitsindex (V = 240 km/h; die maximal zulässige Geschwindigkeit muss mindestens der im Zulassungsschein eingetragenen Höchstgeschwindigkeit entsprechen.)
• Achtung: In Österreich herrscht Winterreifenpflicht bei winterlichen Bedingungen. Im Sommer bieten Winterreifen aber weniger Grip und verbrauchen mehr Kraftstoff.