„Ich würd gern dableiben“
Text: Doris Thallinger
Fotos: www.kaindl-hoenig.com, Carina Antl, Yamaha
Corona-bedingt immer wieder verschoben, hat Josh. es nun endlich wieder nach Salzburg geschafft. Vor seinem restlos ausverkauften Konzert im Rockhouse haben wir den sympathischen Sänger und Songschreiber getroffen und ausführlich mit ihm geplaudert.
Eigentlich hätten wir uns vor anderthalb Jahren zu diesem Interview treffen sollen, vor Corona. Du scheinst die Zeit der Lockdowns gut genutzt zu haben. Abgesehen von deinem neuen Album, wie hat diese Zeit dich geprägt?
Am Anfang war es ziemlich schwierig, weil ich auf Tour fahren wollte – der Lockdown ist einen Tag vor Tourstart
gekommen. Es wäre mit einem ausverkauften Konzert in Wien losgegangen, da hatte ich mich total drauf gefreut. Es war ein ziemlicher Dämpfer. Ich hab dann angefangen, ganz andere Dinge zu machen. Ich war wie ein kleines Kind: ‚Nein, ich mag jetzt nicht Songs schreiben! Ich will auf Tour fahren!‘. Liebe Freunde haben mir – ganz, ganz lieb gemeint – ein bisschen Druck gemacht, indem sie gesagt haben: ,Ja schau, sieh es positiv, jetzt hast du Zeit, tolle Songs zu schreiben!‘ Ja eh, aber mir fällt nichts ein. Dann hab ich angefangen zu wandern, bin mit dem Mountain Bike gefahren, hab irrsinnig viel gekocht. Am Anfang hab ich gleich mal voll zugenommen, dann hab ich durch den Sport wieder voll abgenommen. Und irgendwann hab ich dann das Gefühl gehabt: Ich will wieder Musik machen, ich hab einfach wieder Lust!
Es hat ja wunderbar geklappt – aber, wie schwer war es wirklich, an den Erfolg von „Cordula Grün“ anzuknüpfen? War die Angst da, als One-Hit-Wonder in die Musikgeschichte einzugehen?
Man gibt es nicht zu, aber natürlich gibt es diese Gedanken. Ich hab versucht, diese in positive Gedanken umzumünzen. Ein Produzent hat zu mir gesagt: ‚In Wahrheit kannst du einfach weitermachen. Dass du gute Songs schreiben kannst, hast du bewiesen.‘ Aber es war schon gut Druck am Kessel, wenn ich ehrlich bin. Das Schöne war, dass „Vielleicht“ recht gut im Radio gelaufen ist, auch wenn es kein so großer Hit war wie „Cordula Grün“. Aber „Cordula“ hat halt nicht einfach nur ein bisschen funktioniert, sondern riesig! Dem Management, der Plattenfirma und auch mir selbst war klar: Nicht jede Single, die man rausbringt, macht Gold in Deutschland und in Österreich Doppel-Platin! Ich hab mir damals gedacht, wenn ich einmal eine goldene Schallplatte mache, dann bin ich zufrieden – jetzt sind es irgendwie doch schon mehrere. Und, dass dann drei Jahre später noch einmal ein Song von mir zum Sommerhit wird – das ist wie Weihnachten und Geburtstag auf einmal.
Wie hast du dich seit „Cordula Grün“ verändert? Wie hat sich dein Leben verändert?
Vor allem durch die Öffentlichkeitsarbeit: Interviews geben, Fernsehen machen, es ist einfach viel mehr Trubel. Dann hab ich plötzlich Geld verdient – ich hatte früher nie Geld! Mein kompletter Terminkalender hat plötzlich anders ausgeschaut als jemals zuvor. Das ändert natürlich vieles in deinem Leben – und auch einen selbst. Ich habe einmal mit einer erfolgreichen Künstlerin darüber gesprochen und die hat mir gesagt: ‚Hey, wenn einen so was nicht berührt, wenn sich das ganze Leben rund um dich verändert und alles anders wird, was denn sonst?‘ Man kann sich ja auch verändern in seinem Leben, ohne ein Arschloch zu werden.
Immer noch singst du von Frauen und Liebe und Romantik – und bist ja mittlerweile verheiratet…
Noch nicht lange, erst seit September!
Was hat die eine Frau, dass sie dein Herz erobern konnte?
Ich glaube, es geht darum, dass man sich so gut versteht, dass es neben der ganz großen Romantik – und die brauch ich immer – ein weiteres Gefühl von Freundschaft gibt. Wenn wir zusammen sind, können wir alles packen. Eine Partnerschaft, die gleichzeitig eine große Liebe ist. Mit Romantik meine ich aber nicht, Rosen aufs Bett streuen, sondern das Lebensgefühl Romantik.
Romantik als Lebensgefühl: Ist das dein Weg, um die Welt ein Stück besser zu machen?
Ja, für mich ist es die Möglichkeit, nicht alles zu negativ zu sehen, nicht alles zu sehr zu kontrollieren. Ich hab das Gefühl, dass wir alle Emotionen zulassen müssen. Her damit, nicht weg! Und deswegen: Nach einem Lockdown, wenn alle geimpft sind, dann schmusen wir erst recht noch alle viel mehr und umarmen uns! Die Abstandskultur tut keinem Herzen gut. Ich glaube, dass ich Emotionen so ausleben kann, weil doch auch diese unfassbare Melancholie aus dem nebligen Wien in einem November ganz, ganz tief in mir drinnen ist. Deswegen will ich diese Emotionen auch zulassen, egal, ob sie traurige sind oder glückliche.
In einem Interview hast du gesagt, wenn du 2025 immer noch auf Tour bist, hast du alles erreicht. Was ist danach?
Dann fahr ich noch mal 5 Jahre auf Tour. Aber das ist eine gute Frage, denn das hab ich genau zu der Zeit nach „Cordula Grün“ gesagt, als mich alle gefragt haben, was eigentlich mein Ziel ist mit dem, was ich mache. Und eigentlich war’s für mich immer nur: Ich würd gern dableiben! Das hab ich jetzt irgendwie geschafft und hab aber trotzdem noch manchmal die Ängste, dass ich wieder gehen muss. Auch, wenn es jetzt tatsächlich gar nicht danach aussieht. Ich bin aus der Pandemie irgendwie mit einem blauen Auge davongekommen. Es ist ein wahnsinniges Glücksgefühl, dass ich jetzt mehr Tickets verkaufe als jemals zuvor.
Was antwortest du heute auf die Frage nach deinen Zielen?
Ich möchte gerne musikalisch noch einiges ausprobieren. Ich möchte gerne meine Musik, so wie ich jetzt Popmusik produziere, in ein anderes Gewand bringen. Es ist noch nicht ganz klar, wann wir das machen, aber ich würde gern mit einem mittelgroßen Orchester auf Tour gehen. Ich hab jetzt drei, vier Jahre Pop- und Rockmusik auf Bühnen gemacht – da möchte ich noch einmal so etwas ganz anderes mitnehmen und meine Songs, wie gesagt, in ein anderes Gewand bringen. Das ist es, was mich als Produzent und Musiker total reizt.