„Ich bin stolz auf die Vielfalt im Tennengau“

Seit 1. Juli 2023 steht die Juristin Monika Vogl als Bezirkshauptfrau an der Spitze des Bezirks Hallein. Im Interview spricht die gebürtige Halleinerin über ihre Liebe zum Tennengau, wirtschaftliche Chancen und Stärken, aber auch Herausforderungen und den Charme, der „das grüne Herz Salzburgs“ ausmacht.
Text: Doris Thallinger
Fotos: Neumayr Fotografie/Christian Leopold, Land Salzburg/Franz Neumayr

Frau Dr. Vogl, seit etwas mehr als einem Jahr sind Sie Bezirkshauptfrau in Hallein. Was können Sie über dieses erste Jahr sagen, können Sie ein erstes Fazit ziehen?

Früher schon habe ich vom Tennengau den Eindruck gehabt, dass er enorm vielfältig ist, dass er so viele Facetten hat und sich nicht vorrangig auf einen Bereich, wie zum Beispiel Industrie oder Wald oder Landwirtschaft beschränken lässt. Dieser Eindruck hat sich bestätigt. Als Bezirkshauptfrau bin ich sehr stolz auf diese Vielfalt im Tennengau. Das zeichnet ihn aus. Allein in der Wirtschaft, vom industriellen Faktor, den wir hier ebenfalls haben, bis hin zur österreichweit höchsten Anzahl an landwirtschaftlichen Biobetrieben, was kaum jemand weiß. Oder auch, dass der Tennengau als das grüne Herz des Landes Salzburg gelten darf, weil wir einen besonders hohen Waldanteil von 51 % haben. Der besteht aus einem sehr guten, gesunden Mischwald, auch das ist etwas, das uns auszeichnet. Bei so vielen Möglichkeiten stecken viele Chancen für den Bezirk drin. Auch, was die Kultur betrifft, wird viel geboten: Von alter Volkskultur bis zu den Salzburger Festspielen.

Was hat Sie eigentlich dazu bewogen, sich um diese Position zu bewerben?

Zweierlei: Zum einen war ich lange als Leiterin der Gruppe Umwelt und Forst sowie als BH-Stellvertreterin in der Bezirkshauptmannschaft Zell am See tätig. Das heißt, ich kannte die Position und die Funktion. Zum Zweiten bin ich gebürtige Halleinerin. Diese Kombination aus einerseits der beruflichen Erfahrung und andererseits der Tatsache, dass ich mich der Region sehr verbunden fühle, hat mich hierhergeführt.

Was sind für Sie die größten Herausforderungen Ihrer aktuellen Position?

Neben Tagesaktuellem haben wir im Moment im Haus eine sehr große Herausforderung, da uns die Demografie ereilt hat, in dem Sinn, dass einige Führungskräfte in den wohlverdienten Ruhestand treten. Da hat es jetzt einige Auswahlverfahren gegeben. Diese Stellen ohne Vakanz wieder gut zu besetzen, war aktuell eine große Aufgabe.

Die Demografie wird, denke ich, im gesamten Bezirk mehr und mehr zum Thema werden: Die Bevölkerung wird älter, sodass sowohl Fachkräftemangel, Mangel in der Pflege etc. schlagend werden. Als Bezirksverwaltungsbehörde versuchen wir natürlich, die Bürgerinnen und Bürger, die Gemeinden sowie die Unternehmen mit unseren Dienstleistungen bestmöglich zu unterstützen.

Die Bevölkerung wird älter, die jungen Menschen wandern ab. Wie will man den Bezirk/den ländlichen Raum attraktiver für junge Menschen und Familien machen?

Konkrete Maßnahmen gibt es auf jeden Fall in Form von Unterstützung für das Zusammenleben. Egal ob Verkehr, Sicherheit,
Katastrophenschutz und alles Weitere, das in unseren Verantwortungsbereich fällt. Wir versuchen, alle Möglichkeiten sehr gut zu bespielen: Überall, wo uns die Rahmenbedingungen für diese Attraktivität betreffen, wo wir beispielhaft als Bau- oder Vereinsbehörde tätig sind, auch wo wir die Gemeinden unterstützen können, tun wir das natürlich. Die Zuständigkeit einer Bezirkshauptmannschaft ist ja auch sehr vielfältig, sozusagen von der Wiege bis zur Bahre.
Wenn man die Anzahl der Ein- und Auspendler betrachtet, sieht man, dass die Zahl der Auspendler größer ist, das heißt im Umkehrschluss, dass Hallein auch ein schöner Wohnbezirk geworden und geblieben ist. Und der Tennengau wird laut Prognose weiterwachsen, nicht nur die Stadt Hallein, auch Gemeinden wie Oberalm oder Kuchl.

Was spricht für den Tennengau als Wohn- und Lebensraum?

Vieles: nicht nur die schöne Region, auch die gute medizinische Versorgung, die Altersversorgung oder die Bildungsmöglichkeiten. Im Tennengau ist für Kinder und Jugendliche sehr viel möglich – von der Lehre in einem Handwerksbetrieb bis zur höheren Schule, es findet sich alles in einem gut erreichbaren Umkreis. Insofern macht der Tennengau auch für Familien einen guten Ort zum Leben aus aus. Bemerkenswert ist aber auch, dass mehr als 33 % der Haushalte Einzelhaushalte sind, der Bezirk bleibt also auch für alleinlebende Menschen interessant. Und natürlich profitieren wir von der Nähe und der guten Anbindung zum Ballungsraum, zur Stadt Salzburg.

Was macht für Sie persönlich den besonderen Charme des Tennengaus aus?

Schon als junger Mensch, damals in den Achtzigern, als ich aufgewachsen bin, habe ich diese Kombination aus Geschichte, der wunderschönen Altstadt und der ebenso wunderschönen Umgebung charmant gefunden. Man lebt das Ländliche und doch auch das Städtische und beides ist gut vereint und das macht uns, glaube ich, aus.

Was ich an Hallein, am Bezirk und an den Menschen hier auch sehr mag, ist diese Unaufgeregtheit. Die Qualität ist hoch, aber man spielt sich nicht so sehr in den Vordergrund. Die Menschen fokussieren sich meiner Meinung nach vor allem auf das Wirken und Tun, weniger auf das Marketing. Unaufgeregt, beständig und freundlich, das finde ich sehr sympathisch.

Die Bezirkshauptstadt Hallein wird aufgrund eines relativ hohen Ausländeranteils, v.a. türkischstämmiger Einwohner, oftmals als weniger attraktiv empfunden. Was passiert hier, um die Integration zu verbessern, um die Stadt für alle wieder beliebter zu machen?

Im Bezirk ist der Anteil der Bevölkerung mit österreichischer Staatsbürgerschaft mit 85 % österreichweit im Mittelmaß. In der Stadt Hallein ist der Anteil nicht österreichischer Staatsbürger ein wenig höher – bei ungefähr 23 %. Ich glaube, was in Hallein mitschwingt, ist historisch bedingt aus der Zeit, als die türkische Community durch Arbeitsplätze in den Industriebetrieben so gewachsen ist. Dieses Image ist geblieben, aber mit Zahlen nicht belegbar.

Heute ist es nicht mehr so sehr eine bestimmte Herkunft, allein in der Stadtgemeinde Hallein finden sich 99 Nationalitäten wieder. Und das Zusammenleben funktioniert. Wir sind genauso multikulturell, wie sich die Gesellschaft heute darstellt. Es ist das Image, das vielleicht immer noch nachklingt, aber bei genauerer Betrachtung und im Vergleich zu anderen Ländern und Städten durchschnittlich ist.

Was sich in Hallein bestens etabliert hat, ist das IKU, das Büro für interkulturelles Zusammenleben; ein Projekt, das sowohl von der Stadt Hallein betrieben als auch vom Land Salzburg gefördert wird und die Integration schon seit dem Jahr 2009 unterstützt. IKU bietet Beratungsleistungen zu vielen Lebenswelten an, etwa Wohnen, Arbeiten oder Gesundheit und setzt Maßnahmen zur Förderung des interkulturellen Zusammenlebens.

Wie sehen Sie die wirtschaftliche Entwicklung in Hallein? Was macht den Tennengau attraktiv als Wirtschaftsstandort?

Wie bereits erwähnt, wird der zukünftige Fachkräftemangel, ebenso wie die allgemeine demografische Entwicklung, auch den Bezirk Hallein treffen. Unser großer Vorteil liegt auch darin, dass wir ein Bildungsbezirk sind, von der Fachhochschule Puch Urstein bis zum Holztechnikum in Kuchl, von der Modeschule in Hallein bis zur HTL. Ich sehe hier großes Potenzial, dass junge Menschen, die durch ihre Ausbildung den Bezirk kennengelernt haben, auch langfristig hierbleiben.

Ein weiterer großer Vorteil besteht durch die sehr gute Verkehrsanbindung: Der Bezirk Hallein hat die direkte Anbindung zur Stadt Salzburg, ist also nicht nur über Autobahn und Schiene gut erreichbar, sondern bietet damit auch die Nähe zum Flughafen. Auch von den vielen Betrieben, die schon lange ansässig sind, wie AustroCel oder Bosch und vielen mehr, profitieren wir, weil sie großes Entwicklungspotenzial für den Standort mit sich bringen. Wir unterstützen die ansässigen Betriebe bestmöglich.

Welche Bedeutung hat aus Ihrer Sicht das Zentrum für Visionen künftig für den Tennengau?

Sicher eine große, denn ich sehe auch den Veranstaltungsbereich im Bezirk sich stark entwickeln. Wir haben vorhin schon die Volkskultur und die Salzburger Festspiele angeschnitten. Aber wir spüren natürlich die Nachfrage nach Veranstaltungen in allen Bereichen, insbesondere auch für die Jugend. Insofern sind die Veranstaltungszentren und ihre Initiativen sehr positiv für den Tennengau.

Was ist Ihre Vision, Ihr Wunsch für den Bezirk Hallein?

Mein Wunsch lautet, dass diese Vielfalt, die auch ich so schätze und die so besonders ist, weiterhin wachsen darf. Dass alle Bereiche sich gut weiterentwickeln, ganz egal, ob es der Wald ist, die Kultur, die Landwirtschaft, die Bildung oder die Wirtschaft, einfach alle Facetten. Sodass wir in zehn oder 20 Jahren immer noch sagen dürfen: Ja, diese Vielfalt macht unseren so lebenswerten Bezirk Hallein aus.