Die Musik war immer
allgegenwärtig
Die Grundmauern ihrer Karriere legte die gebürtige Niederösterreicherin als Straßenmusikerin in Wien. Heute bespielt die Indie-Pop Singer/Songwriterin OSKA Bühnen weit über die Grenzen Österreichs hinaus und ist mit Künstlern wie Milow, Stu Larsen oder Tom Odell auf Tour. Im Interview mit der SALZBURGERIN spricht sie über ihr Leben als Künstlerin, Auszeichnungen, Ziele und Träume.
Kürzlich hast du den Music Moves Europe Award gewonnen. Was bedeutet diese Auszeichnung für dich?
Prinzipiell waren mir solche Auszeichnungen vor ein paar Jahren noch viel wichtiger, bevor ich zum Beispiel für den Amadeus Music Award nominiert war. Natürlich ist das cool und spannend. Irgendwann lernt man, dass Awards und Auszeichnungen nicht das Wichtigste sind. Aber nominiert zu werden für einen Award, der nicht nur Österreicher, sondern Künstler und Künstlerinnen in ganz Europa betrifft – auf diesem europäischen Level gesehen zu werden, war schon etwas Besonderes für uns. Ich habe nicht so ganz daran geglaubt, dass ich gewinnen kann.
Bei dir beginnt jedes Jahr mit einem Highlight: Vor einem Jahr ist dein Debüt Album „My world, my love, Paris“ erschienen. Wie war die Resonanz?
Sehr schön! Die Zeit danach war verrückt. Das Album ist am 25. Februar rausgekommen, als gerade der Krieg in der Ukraine begonnen hat. Da war nun das Album, auf das ich so lange hingearbeitet habe, und dann ist dieser Release natürlich auch für mich selbst in den Hintergrund gerückt. Der Kriegsbeginn hat alles relativiert.
Die Zeit danach war jedoch sehr schön. Ich habe viele Freunde und Freundinnen, die in den vergangenen Jahren, zu Corona-Zeiten, Alben releast haben und nicht touren konnten. Ich dagegen habe das Gefühl gehabt, dieses Album so richtig leben zu können: Ich habe im vergangenen Jahr rund 100 Konzerte gespielt und das habe ich nicht als selbstverständlich empfunden! Diese Zeit, das ganze Album war für mich eine sehr schöne, positive Erfahrung.
Du hast auch dieses Jahr viele Konzerte geplant. Woran arbeitest du außerdem gerade? Ist ein weiteres Album im Entstehen?
Ja, das ist das Ziel für dieses Jahr, ein neues Album aufzunehmen, zu schauen, wo es mich hinzieht, vor allem auch, wie ich es machen möchte, wie es klingen soll. Die Lieder beschäftigen mich gerade am meisten. Es konfrontiert einen mit sich selbst, Lieder zu schreiben. Das ist teilweise schwierig, aber dann wieder so schön, wenn man eine Idee hat, der man nachgehen kann. Viel live spielen und ein Album machen – das sind meine Ziele für dieses Jahr.
Wie sehr spiegeln deine Lieder dich, deine Persönlichkeit, dein Leben wider? Wie viel Maria steckt in deinen Songs?
Wenn ich über die Songs nachdenke: Ich glaube, sie sind absolut untrennbar von meiner Person, weil das ganze ja in meinem Kopf entsteht, unabhängig davon, ob das Lied von etwas handelt, das gerade in meinem Leben stattfindet oder ob es eine Geschichte ist, die ich erfinde, die für mich Sinn macht. Also ja, es ist schon sehr viel von mir drinnen, von meinen Gedanken, meinen Gefühlen.
Du hast schon sehr früh gewusst, was du wolltest: Sängerin werden. Wie ist es dazu gekommen, dass du dich komplett der Musik verschrieben hast?
Die Musik war immer schon da, so wurde ich sozialisiert: Musik war immer allgegenwärtig. Den Wunsch zu singen hatte ich schon als Kind. Als nächster Schritt kam das Songwriting, als ich 12 oder 13 Jahre alt war und ich meine Gefühle durch meine Songs verarbeitet habe. Mit 16/17 Jahren habe ich öfter mit meiner Mama darüber gesprochen, was ich einmal machen möchte. Aber egal, was ich gesagt habe, dass ich vielleicht studieren würde – sobald ich es ausgesprochen hatte, habe ich gewusst, nein, eigentlich will ich Musik machen! Das war irgendwann so groß, dass es keinen anderen Weg mehr gegeben hätte. Es hätte nichts anderes gegeben, bei dem ich mich so zuhause gefühlt hätte wie in der Musik.
Du hast damals schon viel Mut bewiesen als Straßenmusikerin…
Auch darüber habe ich damals mit meiner Mutter gesprochen: dass ich gerne in eine Stadt gehen würde, wie Wien. Eine Zeit lang habe ich auch überlegt, nach London oder Dublin zu gehen, in eine englischsprachige Stadt, weil ich ohnehin schon viel auf Englisch gesungen habe und dort Straßenmusik machen wollte. Die Mama hat gemeint, wenn dann wäre es cool, wenn ich auch etwas studieren würde. So ist es zum Musikstudium gekommen. Die Straßenmusik hat mich ein paar Jahre gut begleitet.
Ab welchem Zeitpunkt konntest du tatsächlich von deiner Musik leben? Welche Kompromisse bist du dafür eingegangen?
Das ist eine gute Frage. Ich glaube, dass ich durch die Straßenmusik sehr frei war. Ich brauchte als Studentin und brauche auch heute nicht viel zum Leben. Ich bin ein genügsamer Mensch. Neben dem Studium war es ein super Taschengeld, das hat für mich mehr Freiheit als Kompromiss bedeutet. Das schwierigste Jahr war 2020, als das Live Spielen weggefallen ist und auch Straßenmusik zu machen sehr schwer war. Das war das schwierigste Jahr, psychisch und finanziell. Seitdem ist es stetig bergauf gegangen.
Also heute kann man sagen, die Musik ist Berufung, Brot- und Vollzeit-Job?
Ich hab erst vor ein paar Tagen viel darüber nachgedacht: In den ersten Interviews, die ich gegeben hab, war immer die Headline: „Es gibt keinen Plan B“. Irgendwie hängt Musikerin zu sein immer damit zusammen, ob man auch davon leben kann. Das finde ich interessant, denn so viele Künstlerinnen und Künstler hatten zu Lebzeiten noch gar keinen Erfolg und oft andere Jobs, um überhaupt Kunst machen zu können. Davon leben zu können und Musikerin/Künstlerin zu sein, das sind für mich zwei Paar Schuhe. Natürlich finde ich es unglaublich cool, dass es bei mir gerade der Fall ist, dass ich davon leben kann, aber es würde mich nicht weniger zur Musikerin machen, wenn es nicht so wäre.
Wie beurteilst oder empfindest du die Szene in Österreich für eine junge Musikerin?
Ich sehe schon seit Jahren, dass in Österreich sehr viel passiert. In der Musik wird es immer unwichtiger, woher man kommt. Wir sind durch das Internet und die verschiedenen Plattformen heute so verbunden, dass es egal ist, in welchem Land man lebt – man kann mit den unterschiedlichsten Musikrichtungen aufwachsen.
Auch in Österreich machen sehr viele englischsprachige Musik und lassen sich von Musik aus anderen Ländern inspirieren. Ich finde es schön, dass dies so grenzenlos ist! Aber ja, die Herausforderung ist der Stempel „Österreich“: Es fehlt der Glaube, dass Musik, die in Österreich entsteht, auch international funktionieren kann, lustigerweise jedoch vor allem in Österreich selbst! Die Außenperspektive ist eine ganz andere!
Was machst du, wenn du keine Songs schreibst, nicht auf der Bühne oder im Studio stehst?
Ich lese sehr viel und bin sehr, sehr gerne im Waldviertel zuhause bei meiner Mama, wenn ich ein paar Tage Zeit habe. In letzter Zeit hab ich ein neues Hobby: auf Landkarten schauen. Am Abend sitze ich im Bett und schau am iPad die Welt an, versuche, alle Hauptstädte zu lernen, wo was ist, wo welche Gebirge sind… das bringt mich total runter.
Wahrscheinlich schaust du, an welchen Orten du spielen willst?
Stimmt, es hat für mich auch einiges verändert, unterwegs zu sein. Man ist immer nur kurz an einem Ort und ich würde gerne noch mehr über diese Orte und die Umgebung erfahren.
Auf welcher Bühne dieser Welt möchtest du unbedingt einmal stehen?
Ende 2021 hab ich am Reeperbahn Festival gespielt, das war eine sehr emotionale Zeit für mich, in der sich viel in meinem Leben verändert hat. Gefühlt habe ich dort einen Knackpunkt erlebt. Zum einen hat mich dort Tom Odell auf der Bühne gesehen und daraufhin auf seine Europa-Tour mitgenommen. Zum anderen habe ich damals in der Elbphilharmonie Hamburg den australischen Musiker Ry X gesehen. Diese Stunde war für mich eine Vertiefung zu dem Versprechen, das ich mir selbst gegeben hatte: Dass ich weiter Musik machen will und alles geben möchte, um diesen Weg zu gehen. Das war ein so klarer Moment für mich und da hab ich mir gedacht: Auf dieser Bühne möchte ich einmal spielen, in der ausverkauften Elbphilharmonie in Hamburg.
Zur Person:
1996 geboren im Waldviertel als jüngstes von fünf Geschwistern, weiß Maria aka OSKA schon früh, was sie will: Musik machen. Nach der Matura studiert sie Pop- und Jazzgesang in Wien und verdient sich ihre ersten Brötchen als Straßenmusikerin. Ausgerechnet im Pandemie-Jahr 2020 unterschreibt die damals 23-Jährige ihren ersten Plattenvertrag beim kanadischen Label Nettwerk und gewinnt außerdem den XA Music Export Award beim Waves Vienna Festival. Im Jänner 2021 erscheint ihre Debüt-EP Honeymoon Phase, ebenfalls 2021 ist OSKA zweifach für den Amadeus Austrian Music Award nominiert. Am 25. Februar 2022 erscheint schließlich ihr Debüt-Album „My world, my love, Paris“.
Text: Doris Thallinger Fotos: Hanna Fasching, Manuel Hauer