Größer, stärker, anders
„Wieder nur ein SUV!“ – Nicht bei diesen großen und außergewöhnlichen Geländegängern.
Von Supersport-Performance bis zu alltagstauglich, aber anders ist alles dabei.
Text: Dominic Schafflinger
Fotos: Jaguar/Range Rover, BMW GmbH/Enes Kucevic, Ford in Europe GmbH/VMLY&R GmbH, Mitsubishi
Gerade im alpinen Winter sind große Geländewagen die erste Wahl, um sicher durch Schnee und Matsch zu kommen, sei es der obligatorische Allradantrieb, eine Untersetzung für besonders unzugängliche Feldwege oder aber massig Power und Platz für den nächsten Skiurlaub. Wir stellen vier denkbar unterschiedliche Modelle vor, die jenseits aller Erwartungen und Konventionen liegen und ganz große Autoträume erfüllen.
Der pure Luxus
Die englische Queen fuhr Range Rover und auch Prinz William wird oft mit dem Geländewagen in Windsor gesehen. Kein Wunder, übt er sich äußerlich in britischem Understatement. Innerlich sowie preislich ist er jedoch das Beste, was man an Serien-Geländewagen nur fahren kann.
Unter der weichen und simplen Linienführung der Motorhaube stecken 615 PS aus einem laufruhigen V8-Biturbo-Motor mit Mild-Hybridunterstützung, der so gut gedämmt ist, dass man glaubt, ein Elektroauto zu fahren. Die Luftfederung hebt und senkt das Auto nach Bedarf. Im Inneren dominiert dickes, handwerklich perfekt eingearbeitetes Echtleder. Wo Leder unangebracht erscheint, findet sich Echtholz, Ganghebel und Regler sind aus Keramik gefertigt. Ein Gefühl wie in einem englischen Clubhaus stellt sich ein, nur die Zigarren fehlen. In der Mittelkonsole versteckt ist der kleine serienmäßige Bordkühlschrank. Will man mehr als nur einen Piccolo, muss es der optionale Fond-Kühlschrank sein. Ausklappbare Clubtische sorgen hinten für genügend Abstellfläche für Büroarbeit oder Businesslunch und im Captains-Chair hinter dem Beifahrersitz liegt man wie in der First Class, natürlich inkl. Massageprogramm. Der Innenraum des SV bietet ein so exklusives Erlebnis, dass die Überlegung, einen Fahrer zu engagieren, durchaus naheliegt.
Entscheidet man sich dennoch, den Range Rover zu fahren, wird man überrascht sein, wie weich und leichtgängig sich dieses große, schwere Auto fährt. Ein Grund dafür ist die Hinterachslenkung, die bis zu 7,3 Grad Lenkeinschlag zum Wendekreis hinzusteuert. Damit kann man den Range-Riesen auf nur 11,54 Metern wenden, das ist fast Kleinwagen-Niveau. Warum man einem solchen Luxusschiff, das nur selten seinen Weg ins Gelände finden wird, dann noch eine Wattiefe von 90 cm beschert, ist einfach erklärt: Weil man es kann!
Range Rover SV P615
Motor | 4,4-Liter Biturbo V8-Zylinder-Benzinmotor mit 615 PS |
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Antrieb | Allrad |
Fahrwerk | Fahrwerk Adaptives 2-Kammern-Luftfahrwerk |
0-100 | 4,6 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 261 km/h |
Preis Range Rover SV P615 Vollausstattung | 402.418 Euro |
Für die Wildnis geboren
Endlich ist der Bronco in Österreich angekommen. Er ist gemacht für das weite offene Land, für Cowboys und Selberschrauber. Ein Blick unter die große Motorhaube des europäischen Badlands Top-Modells offenbart einen wuchtigen V6-Benziner mit 2,7 Litern. Gute alte Ingenieurskunst aus der Zeit der großen Motoren, an denen man noch alles selbst reparieren konnte.
Im Innenraum fühlt man sich wie in einer Werkzeugkiste. Überall schwarz-graues Hartplastik, was aber nicht schlimm ist, denn genau so wollen wir ihn, auf den nötigsten Komfort beschränkt, echt und hartgesotten. Zwar verfügt er über ein großes digitales Display und ist mit allen technischen Raffinessen ausgestattet, aber das ist zweitrangig. Viel schöner ist der Gangwahlhebel mit dem ikonischen Bronco-Logo on Top und der amerikanischen Flagge darunter.
Damit geht es ins Gelände und hier ist dem Bronco kein Terrain zu wild. Mit fast 30 cm Bodenfreiheit kann der Steigungswinkel auch mal 26 Grad betragen und bis zu 85 cm tiefe Gewässer sind kein Problem für dieses Wildpferd. Aber all das verblasst neben dem Erlebnis, das Dach und die Türen abzubauen und nur mit Überrollbügel (der für Notfälle einen Bierflaschenöffner bereithält), durch die Wildnis zu rasen. Wenn dann die Sonne hinter dem Horizont versinkt, möchte man sein Zelt neben dem Bronco aufschlagen und zum Lagerfeuer die Mundharmonika auspacken. Das Wildpferd braucht 14 Liter auf 100 Kilometer und die Versicherung bei 335 reinen Benzin-PS ist horrend, aber es ist egal, denn welcher Cowboy denkt bei so einem Rassepferd wie dem Bronco noch rational.
Ford Bronco Badlands
Motor | 2,7 Liter Ti-VCT EcoBoost-V6-Benziner mit 335 PS |
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Antrieb | 4×4 mit automatischer, bedarfsgerechter Steuerung (G.O.A.T Mode) und 10 Gang Automatik |
Fahrwerk | Hochleistungs-Offroad-Fahrwerk HOSS mit besonders stark belastbaren Stoßdämpfern, unabhängig voneinander arbeitenden Querlenkern und Schraubenfedern mit einem langen Federweg. |
Bodenfreiheit | 211–292 mm |
Wattiefe | 851 mm |
Böschungswinkel vorne/hinten | 35,5–43,2/29,7–37,0 |
Preis | ab 115.000 Euro |
Ausserhalb aller Konventionen
Der BMW XM sprengt alles bis jetzt Dagewesene. Es ist der erste Versuch der M-GmbH, ein SUV (bei BMW Sport Activity Vehicle genannt) komplett rennstreckentauglich zu machen und wer ihn fährt, weiß, das Experiment ist gelungen. Er ist auffällig, trägt dick auf und kennt weder im Design noch in der Leistung Zurückhaltung. Gleich zum Start wurde auch die Label Red Edition vorgestellt, von der es nur 500 Exemplare gibt und die nun die dekadente Königin des BMW-Universums ist.
Angetrieben wird das unglaubliche Auto von einem Plug-In-Hybridmotor, der aus einem V8-Benziner mit 585 PS und einem im Getriebe sitzenden Elektromotor mit 197 PS besteht. Die katapultieren den 2,7 Tonnen Koloss in nur 3,8 Sekunden von 0 auf 100. Damit der kantige XM nicht in der ersten Kurve im Graben landet, wurde das Adaptive M-Fahrwerk perfekt an ihn angepasst. Die Wankstabilisierung arbeitet so verlässlich, dass er wie ein Brett auf der Straße liegt und Rundenzeiten hinlegt, von denen mancher Sportwagen nur träumen kann. Der Sound, der aus den vier stylischen Endtöpfen wummert, erinnert an das Fauchen einer Wildkatze.
Das Einzige, das noch an die Designsprache von BMW erinnert, sind die typischen BMW-Nieren am Kühler, ansonsten ist wenig geblieben, denn alles an diesem Auto ist protzig. Eine monströse Motorhaube und eine langgezogene abfallende Dachlinie lassen die Haube trotz 1,75 Metern Höhe gedrungen wirken und seine zwei Meter Breite machen ihn zu einem wahren Muscle-Car. Der Hingucker im Inneren ist sicherlich der Dachhimmel in Prismen Struktur, der mit 100 LEDs ausgeleuchtet wird. Optisch sind sein Revier der Dubai Strip oder der Hollywood Boulevard. Aber keine Frage, diese SUV-Renn-Superlative wird überall seine Käufer finden, jemand mit Understatement gehört aber sicher nicht dazu.
BMW XM Label Red
Hybridmotor | 4,4-Liter M Twin Power Turbo V8-Zylinder-Benzinmotor (585 PS) & im Getriebe integrierter E-Motor (197 PS) mit 748 PS Systemleistung |
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Antrieb | Allrad |
Fahrwerk | Adaptives M Fahrwerk Professional mit elektronisch geregelten Stoßdämpfern und aktiver Wankstabilisierung |
0-100 | 4,3 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
Reichweite elektrisch | bis zu 83 km |
Batteriekapazität brutto | 29,5 kWh |
Preis BMW XM Label Red Vollausstattung | 212.254 Euro |
Ein ganz spezieller Newcomer
Neben allen vorgestellten Modellen ist der 2024 nach Europa kommende Outlander PHEV fast ein Mauerblümchen. Trotzdem ist das, was Mitsubishi hier auf Basis des Eclipse Antriebsstranges baut, einen näheren Blick wert, vor allem für den Teilzeit-Geländegänger mit normaler Geldbörse. Der Plug-In-Hybrid besteht aus einem Benzinaggregat und wahrscheinlich zwei Elektromotoren, die an Hinter- und Vorderachse verbaut sind. So funktionieren die Allradmodi immer nur mittels Heck-Elektromotor, während der Benziner höchstens die Vorderreifen antreibt.
Der Verbrenner kommt bei einem Volumen von 2,4 Liter auf 121 PS und als erstes stellt man sich die Frage, warum um alles in der Welt der Mitsubishi für die Leistung so viel Hubraum verbaut – schon irgendwie cool, aber er schluckt bei leerem Akku um die 11 bis 12 Liter. In Kombination mit den beiden je 82 PS starken E-Motoren bieten sich dem Fahrer eine Fülle an Möglichkeiten. So wählt man u.a., ob man nur elektrisch fährt, ob und wie weit die Batterie aufgeladen werden soll, während man nur mit dem Verbrenner unterwegs ist und welcher der fünf Fahrmodi der richtige ist. Über Schaltwippen steuert man die Intensität der Rekuperation. Oft schwankt man zwischen Glück über all die Kontrolle bis hin zu der Frage, warum das alles nicht automatisierter ist. Bei all der Motorsteuertechnik ist es verwunderlich, warum im Eclipse bis jetzt nicht einmal ein adaptiver Spurhalteassistent verbaut war. Wer meist nicht mehr als 40 Kilometer pro Tag unterwegs ist, viel Platz braucht und gerne mal auf Feldwegen fährt, für den dürfte der Mitsubishi ein attraktives Auto zu einem fairen Preis sein. Der Antriebsstrang hat in diversen Geländetests gezeigt, dass er ordentlich Offroad kann und das ikonisch-mächtige Mitsubishi Design ist und bleibt ein Hingucker.
Mitsubishi Outlander PHEV 2024*
Hybridmotor | 2,4-Liter DOC 4-Zylinder-Benzinmotor (121 PS) & Front und Heck-E-Motor (je 82 PS) mit 252 PS Systemleistung |
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Antrieb | 4×4, Hinterachse rein elektrisch angetrieben |
Fahrwerk | Vorne MacPherson, hinten Multilink-Achse |
0-100 | 10,5 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 170 km/h |
Reichweite elektrisch | bis zu 87 km |
Batteriekapazität brutto | 20 kWh |
Preis | ca. 40.000 Euro |
* Da die Europa-Konfiguration noch nicht bekannt ist, handelt es sich um Schätzungen.