Fit in jedem Alter
Text: Natalie Zettl
Fotos: Halfpoint - stock.adobe.com; Hannelore Kirchner
Rund zwei Milliarden Menschen weltweit bewegen sich Schätzungen zufolge zu wenig. Dabei ist Sport eine der wichtigsten Präventionsmaßnahmen für zahlreiche Krankheiten – und diese Prävention beginnt schon sehr früh im Kindesalter.
Die vielen Annehmlichkeiten unserer modernen Welt – Lieferdienste, Fahrstühle, Autos – bringen es mit sich, dass wir uns weniger bewegen als noch vor 100 Jahren. Doch der Mensch ist genetisch auf Bewegung programmiert: Mehrere Studien belegen, dass mehr als acht Stunden tägliches Sitzen (zum Beispiel am Arbeitsplatz) das Risiko für Herzkreislauferkrankungen um bis zu 80 Prozent erhöht* – dieser Effekt kann nur durch Sport ausgeglichen werden. Pro Woche sind circa fünf Stunden Bewegung nötig; sie ist essentiell für langanhaltende Gesundheit – ganz gleich, in welchem Alter.
Sportlicher Nachwuchs
Um die Basis für ein gesundes Leben zu bilden, sollten Kinder sanft an den Sport herangeführt werden. Gestartet wird mit Bewegung, die Spaß macht – ohne sich gleich auf eine bestimmte Sportart festzulegen. Sport wird meist nicht irgendwann in der Lebensmitte begonnen – der Grundstein dafür, die Lust an der Bewegung, wird oft bereits im frühen Kindesalter gelegt. Gerade in dieser Phase ist es daher wichtig, Kinder sanft an den Sport heranzuführen und die Lust an der Bewegung zu fördern.
Bewegung macht Freude
Mariella Bodingbauer leitet das von den Dachverbänden ASKÖ, ASVÖ und SPORTUNION umgesetzte Projekt „Kinder gesund bewegen 2.0“ für die SPORTUNION in Salzburg und hat eine klare Meinung zu frühkindlichem Sport: „Im Fokus steht gerade bei kleinen Kindern erst einmal die reine Bewegung – hier geht es noch nicht um Fachsport und schon gar nicht um Leistung. Man muss die Lust am Sich-Bewegen wecken. Denn Kinder können sich nicht, wie Erwachsene, zu etwas zwingen, nur weil es gut für sie wäre.“ Wichtig ist daher, im Kindergartenalter mit einem polysportiven, also mehrere Sportarten beinhaltenden, Ansatz zu beginnen: Die Kinder sollen möglichst viele Bewegungsarten ausprobieren und dabei auch den eigenen Körper besser einschätzen lernen. So entsteht eine Art „Landkarte“ des eigenen Körpers mit gewissen Grundfähigkeiten.
Sport ohne Leistungsdruck
Der Leistungsgedanke kommt, wenn überhaupt, erst später dazu, so Mariella Bodingbauer – und genauso sollte man auch noch etwas warten, bevor man das Kind dazu anregt, sich für die eine oder andere Sportart zu entscheiden. Polysportive Ansätze sind idealerweise trotzdem stets dabei – auch nach der Spezialisierung. Wann ist nun ein Kind im richtigen Alter, um von genereller Bewegung auf tatsächlichen (Fach-)Sport umzusteigen und den Faktor Leistung miteinzubeziehen? „Das kann man nicht pauschal sagen“, so Mariella Bodingbauer. „Es kommt sehr auf die individuelle Persönlichkeit des Kindes an – aber natürlich auch auf die Sportart, die es sich aussucht. Meist kann man im Volksschulalter allmählich an eine Spezialisierung denken.“
Die Rolle der Eltern
In der heutigen Zeit werden Kinder immer bewegungsärmer – gerade in den Städten, die nicht die Möglichkeit zum „Rausgehen nebenbei“ bieten. Was kann man als Elternteil tun, um dem eigenen Kind Lust an Bewegung zu vermitteln? „Meine persönliche Erfahrung ist, dass Vorleben immer besser ist als Vorsagen“, erklärt Mariella Bodingbauer. „Sobald ich selbst Freude daran habe, mit meinem Kind rauszugehen, Ball zu spielen, auch einmal ausgelassen herumzutollen – eben einfach die Bewegung in den Alltag zu integrieren – wird mein Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Lust an Bewegung erlernen.“ Eltern, die am Sport wenig Freude haben, sind in Sportvereinen gut aufgehoben – doch hier findet Mariella Bodingbauer es wichtig, es mit der Förderung des Sprösslings nicht zu übertreiben: „Einige Kinder haben in ihrer Freizeit einen strafferen Stundenplan als so mancher Erwachsene – dabei benötigen sie für eine gesunde Entwicklung bis zu 6 Stunden um sich auszuprobieren, zu spielen und dabei den sogenannten ,Spielflow‘ zu erleben.“
Die goldene Mitte
Erwachsene tollen nicht mehr herum wie Kinder – fit halten sollten sie sich trotzdem. Gesunder Sport kann, besonders während der Phase der Berufstätigkeit, seine ganz eigenen (auch organisatorischen) Herausforderungen bergen. Die Couch ist so gemütlich, der Tag war eh schon lang, ich habe keine Lust mehr, mich zu konzentrieren und – ach ja, habe ich es schon erwähnt? – die Couch ist sooo gemütlich: Gründe, um nach Feierabend keinen Finger (geschweige denn, den ganzen Körper) zu rühren, gibt es viele. Glücklicherweise stehen mindestens ebenso viele dagegen – und mit ein paar Tipps lässt sich auch das Bellen und Grunzen des inneren Schweinehundes in den Hintergrund drängen.
Tipps zur Motivation
„Gegen die Gemütlichkeit der Couch hilft es, sich gar nicht erst daraufzusetzen“, empfiehlt Fitnesstrainer Lukas Blümel aus dem Salzburger Studio Maikai. „Erwiesenermaßen ist es viel leichter, direkt von der Arbeit zum Sport zu gehen als von zu Hause aus.“ Zudem spielt auch das richtige Mindset eine Rolle: Gerade in den ersten Monaten des Sportelns sieht man womöglich im Spiegel noch nicht viele Ergebnisse – man muss sich aber ins Gedächtnis rufen, dass im Körper in dieser Phase bereits sehr viel passiert: Muskeln bauen sich auf, Fett reduziert sich, die Kondition steigt. Auch die Waage zeigt nicht unbedingt den Gewichtsverlust proportional zum Trainingsfortschritt an, da Muskeln mehr wiegen als Fett.
Gesunder Sport
Forever young – wer träumt nicht davon? Die gute Nachricht: Mit regelmäßiger Bewegung lässt sich die Jugendlichkeit der körperlichen Fitness relativ unkompliziert lange erhalten: Bereits 15 Minuten Bewegung am Tag senken einer neuen WHO-Studie nach das Mortalitätsrisiko um 14 Prozent – jede Viertelstunde mehr bringt weitere vier Prozent. Dabei muss es nicht immer das Laufband oder die Hantel sein – auch schnelle Spaziergänge können unter Umständen den gewünschten Effekt bringen. Die WHO empfiehlt grundsätzlich Einheiten mit 50-70 Prozent der maximalen Herzfrequenz – also so, dass man sich noch unterhalten kann.
Büro versus gesunder Körper
Dass sitzende Tätigkeiten alles andere als gesund für unseren Körper sind, dürfte jedem klar sein. Die Muskeln leiden vor allem an Verkürzungen – gerade Nacken, Brustmuskulatur und Hüftbeuger sind häufig betroffen. Dieses Wissen führt jedoch nicht notwendigerweise zu einer Verbesserung der Situation – Arbeiten ist schließlich eine Notwendigkeit und für viele von uns bedeutet das zwangsläufig stundenlanges Sitzen am Schreibtisch. Es gibt jedoch einige einfache Übungen, die nicht viel Zeit kosten und ideal in den Arbeitsalltag integrierbar sind! Zusätzlich lohnt es sich, zumindest zweimal pro Woche eine Sporteinheit von 45 Minuten einzuplanen – das sollte trotz langer Arbeitstage möglich sein. Lukas Blümel empfiehlt für diese Trainings eine Mischung aus Kraft- und Ausdauersport.
Senioren – fit wie eh und je
Nach aktuellen Studien beginnt der körperliche (Muskel-)Abbau bereits mit 30 Jahren. Dieser schleichende Prozess kann jedoch durch ausreichend Bewegung verlangsamt werden – ein schlagendes Argument für Sport auch im hohen Alter. Gerade in unserer zunehmend älter werdenden Gesellschaft kommt dem Sport auch bei Senioren ein hoher Stellenwert zu. Größter Anbieter in Salzburg für die Altersgruppe 60+ ist das Senior Vital Institut, das in den Räumen des 50Plus-Centers Bewegungskurse aller Art abhält. Aber auch private Anbieter sind auf Senioren spezialisiert.
Trendsportarten und Dauerbrenner
Im Senior Vital Institut können die durchschnittlich 35 Kurse pro Semester einzeln gebucht werden, Vergünstigungen gibt es für Mitglieder des Seniorenbundes und des Pensionistenverbandes. „Wir legen großen Wert auf Leistbarkeit“, so Bildungsreferentin Rosemarie Demelmair. „Der Zugang zum Sport sollte auch für Senioren kein Luxus sein!“ Momentan sind die Kurse aufgrund der Covid-Maßnahmen abgesagt – je nach Situation wird aber im Frühjahr wieder gestartet. Präferenzen, was die ausgeübten Sportarten betrifft, sieht Rosemarie Demelmair nicht: „Wer was gerne macht, ist ganz individuell – wir haben sowohl Trendsportarten als auch Kurse, die richtiggehend zeitlos sind.“
Yoga als Freiheit von Hindernissen
Zu den „zeitlosen“ Bewegungsformen gehört auch Yoga, das Marika Branner seit mittlerweile 42 Jahren unterrichtet – selbstständig in ihren Räumlichkeiten in Salzburg-Aigen. Bei der Form des Hatha-Yogas, die sie präferiert, geht es nicht darum, die Muskeln zu kräftigen, sondern vielmehr, sie elastisch zu halten und dadurch den Stoffwechsel anzuregen. „Das Ziel im Yoga ist die Freiheit von Hindernissen“, fasst Marika Branner zusammen. Und diese Hindernis-Freiheit kommt gerade Senioren auch im Alltag zugute: Hat man beispielsweise einen festen Stand – auch auf einem Bein – so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, sturzfrei durch den Winter zu kommen. Im Gegensatz zu Sport und Bewegung mit jüngeren Menschen geht es nicht um Leistung. Im Vordergrund steht oft der Wunsch, sich besser, gesünder, fitter zu fühlen – nicht das Auspowern, vielmehr das „Empowern“ soll gefördert werden.
Beweglichkeit für Körper und Geist
In der Altersgruppe der Silver- und Golden-Ager kommt dem Sport zusätzlich zur körperlichen Fitness auch noch eine andere Bedeutung zu: Die wöchentliche Sportstunde schafft Struktur im Alltag, fördert das soziale Miteinander und gibt Kraft. Oft werden hier Freundschaften geformt und soziale Gruppen gebildet – gerade für alleinlebende ältere Menschen essentiell. Dass Sport für die Psyche genauso wichtig ist wie für den Körper, bestätigt auch Rosemarie Demelmair: „Wir merken gerade jetzt, in der Zwangspause, wie wichtig der Sport unseren Mitgliedern ist. Leider mussten wir aktuell die Kurse für das restliche Semester streichen – und wir spüren jetzt schon, wie sich unsere Teilnehmer danach sehnen, dass es endlich wieder losgeht.“
Sport für jedes Level
Prinzipiell können sich Sportler ab 50 Jahren für die Kurse des Senior Vital Instituts anmelden – die meisten sind jedoch älter als 65. Marika Branner dagegen unterrichtet alle Altersstufen – auch junge Menschen. „Meine aktuell älteste Dame ist allerdings bereits 89 Jahre alt“, lächelt Marika Branner. „Sie geht jeden Tag auf den Mönchsberg – und durch Yoga ist ihre Atmung tief genug, dass sie zwischendurch nicht stehenbleiben muss.“ Prinzipiell gibt es kein Höchstalter und auch kein bestimmtes Fitnesslevel, auf dem man sich befinden muss, um als Senior Bewegung in der Gruppe zu betreiben – jeder kann mithalten und individuell nach seinem Empfinden trainieren; übrigens auch dann, wenn man in jungen Jahren eher bewegungsscheu war. Eine gewisse Skepsis gegenüber diesem späten Einstieg kennt auch Rosemarie Demelmair gut: „Tatsächlich hören wir sehr oft die Frage: Lohnt es sich noch, anzufangen, wenn ich in meinem bisherigen Leben nicht viel Sport getrieben habe?“, erzählt Rosemarie Demelmair. „Unsere Antwort ist dann ein ganz klares Ja! Es ist nie zu spät – Sport tut immer gut.“ Auch Marika Branner stimmt zu: „Man kann auf jedem Level beginnen, auch mit gewissen Bewegungseinschränkungen oder Schwachstellen! Es tut immer gut, auch mir selbst. Yoga ist mein Anker fürs Leben!“