Es geht immer um die Liebe

Text: Doris Thallinger

Fotos: Africa Amini Alama, www.kaindl-hoenig.com

Christine Wallner hat eindeutig schon mehrere Leben hinter sich. Ihr wahres Glück gefunden hat sie schließlich weitab der Heimat in Tansania – zusammen mit ihrer Berufung, Leidenschaft und Liebe.

Nein, ein Leben reicht wahrlich nicht aus für Christine Wallner. Da war das „erste Leben“, das der braven Ehefrau, Mutter und Society Lady an der Seite ihres ersten Mannes, dem 2015 verstorbenen Leo Wallner. Das der Top-Juristin, die ihr Studium mit Auszeichnung abgeschlossen hat – dem Vater zuliebe. Das der spät berufenen Medizin-Studentin und schließlich das der praktizierenden Ärztin. Und schließlich das der weisen, erfahrenen Frau, die mit über 60 Jahren den Aufbruch in ein völlig neues Leben gewagt hat. Die heute in Tansania lebt, am Fuße des Kilimandscharo. Dort hat sie Africa Amini gegründet, aufgebaut und zum Blühen gebracht.
Doch zumindest einmal im Jahr stattet Christine Wallner ihrer österreichischen Heimat einen Besuch ab – um Kontakte zu pflegen, Gelder und Sponsoren zu lukrieren – und auch um der SALZBURGERIN einen Besuch abzustatten. Gut gelaunt, mit einem Strahlen im Gesicht erscheint sie – und auch wer sie ganz genau betrachtet, erkennt nicht die 70 Jahre, die diese Frau bereits auf der Welt ist. Allerhöchstens erkennt man die gut kaschierten, mit Make-up überdeckten Narben; Zeugnisse einer längst vergangenen Krankheit. Eine Krankheit, die jedoch zu Christine Wallners Leben gehört, wie eben auch all ihre anderen Erfahrungen. So zählt sie selbst den „Lupus erythematodes“, diese heimtückische und entstellende Hautkrankheit, die tiefe Krater und Narben im Gesicht und auf der Seele hinterlassen hat, zu den wichtigen Meilensteinen in ihrem Leben.
„Wichtige Stationen, also Meilensteine in meinem Leben, das sind zuallererst meine Kinder; aber wichtig ist auch meine Krankheit, die ich überstanden habe. Die der Grund war, dass ich Medizin studiert habe. Selbstheilung ist eine starke Motivation!“ Schließlich Motivation genug, ihr „behütetes“ Leben aufzugeben. Dieses Leben der Society Lady, das sie in keinster Weise befriedigt. Und das sie schließlich mit dem Mut der Ungewissheit verlässt, hinter sich lässt. Eine Frau, die alles hatte und alles aufgab, um ihr eigenes Leben zu finden.
Mit 38 Jahren wagt sie den Schritt, verlässt ihren Mann (ebenso wie ihren Liebhaber) und beginnt ihr Medizinstudium. Der Grundstein für ein zweites Leben ist gelegt. In diesem zweiten Leben eröffnet sie in Wien ihre eigene Praxis – denn die Menschen haben sie immer schon am meisten interessiert: „Selbst als ich Jus studiert habe, bin ich oft in der Pathologie gesessen. Es hat mich immer nur der Mensch interessiert.“ Der Mensch und die Möglichkeiten, ihm zu helfen. Auf der Suche nach neuen, anderen Heilmethoden bereist Christine Wallner die ganze Welt. Tibet, Indien, zum einen auf der Suche nach dem Glück und dem traditionellen Wissen der Länder, zum anderen aber auch, um zu helfen.
Dass sie schließlich ihr Glück mit über 60 Jahren ausgerechnet in Tansania findet, hatte sie nicht vermutet. Dennoch: Hier ist sie zuhause angekommen, hat ihre Liebe und ihr Leben gefunden. Und ihre Berufung. Mit 65 Jahren gründet Christina Wallner eine Krankenstation in Momella, um die im Umkreis lebenden Maasai und Meru versorgen zu können. Heute behandelt das medizinische Team, im Africa Amini Alama Health Center mehr als 20.000 Menschen jährlich. Viele Patienten kommen von weither, um neben der schulmedizinischen Abklärung und Betreuung vor allem auch jene Behandlungen zu bekommen, die im Naturheilkundlichen Zentrum, das 2014 offiziell registriert wurde, angeboten werden. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Behandlung von akuten und chronischen Wunden im speziell dafür eingerichteten Wundheilungszentrum.
„Ich hatte immer schon den Wunsch, zu helfen und zu heilen. Und genau das möchte ich jetzt auf einer größeren Ebene in Afrika tun. Vor sieben Jahren habe ich angefangen, dieses Projekt aufzubauen. Und nun hoffe ich, dass ich – so wie meine Tochter es jetzt schon tut – wieder vermehrt in die Medizin, in die Naturheilkunde, ins Heilen gehen kann.“

Denn daran, sich zur Ruhe zu setzen, denkt Christina Wallner noch lange nicht. „Wenn man so will, fange ich jetzt mein drittes Leben an. Jetzt bin ich 70, ich würde sagen, legen wir noch einmal 20 gesunde Jahre dazu, in denen ich anderen Menschen helfen kann!“ Helfen will Christine Wallner übrigens nicht nur den Maasai und Meru. Gerade auch uns Menschen der westlichen Welt, die ständig auf der Suche nach Erholung und Entschleunigung sind, will sie Hilfe anbieten.

Heilung und Erholung
Die Heilung und Erholung, die Christine Wallner in Africa Amini bieten will, hat nicht nur mit den Ärzten vor Ort zu tun, es ist das Kraftfeld am Fuße des Kilimandscharo, das so wohltut. Das neue Perspektiven aufzeigt und Körper, Geist und Seele gedeihen lässt. Ein besonderer Ort, an dem man zur Ruhe kommt und sich wieder auf das Wesentliche besinnt. „Wenn Menschen zu uns kommen, die traurig sind, dann passiert es einfach, dass sich ein Bauer zu ihm setzt – und einfach einmal eine halbe Stunde mit ihm traurig ist. Sie glauben gar nicht, wie gut das tun kann“, erklärt Wallner, „einfach einmal einen Nachmittag mit diesen Menschen zu verbringen. Man wird tatsächlich glücklicher!“
Und das bestätigen auch all jene Menschen, die sich bereits auf die Reise nach Tansania gemacht haben, die zu Gast waren in einer der Maasai Lodges, dem Hillside Retreat, einem der Guesthouses oder Hotelinis: „Die Menschen, die hier Urlaub machen, kommen reich beschenkt zurück!“ Und das liegt nicht zuletzt an der Weisheit Christine Wallners, wenn sie bestätigt: „Alles ist möglich, wenn Sie nur auf das Gute schauen. Ich weiß das nur zu gut, denn ich war viele Jahre krank und hatte schlimme Momente. Aber gerade in diesen Momenten habe ich gelernt, von den Dingen zu träumen, die schön sein werden. Und viele davon sind in Erfüllung gegangen, weil ich mich nie habe unterkriegen lassen. Weil ich gesagt habe: Ich werde glücklich!“
Und genau das strahlt Christine Wallner aus – Glück und Weisheit. Materielle Wünsche hat sie keine, zumindest nicht für sich selbst. „Mir geht gar nichts ab. Aber wenn Africa Amini genügend Mittel hat, damit wir all die Talente, die meine Tochter und ich und all die anderen in unserem Team haben, wirklich nutzen können. Mein Wunsch ist, dass Menschen zu uns kommen, die Projekte übernehmen, die sich darauf einlassen, mit Herz mitmachen. Und niemand, der eine Zeitlang mitgearbeitet hat, bleibt unberührt oder unverändert.“

Ein Fest der Liebe
Ihren 70. Geburtstag hat Christine Wallner mit keinem großen Fest gefeiert: „Ich kann jetzt nicht gut Geld für große Feste ausgeben. Da möchte ich lieber wieder Menschen helfen. Allerdings – sollte ich noch einmal heiraten, dann mache ich ein Fest, eine große, afrikanische Hochzeit. Denn ich glaube daran, dass die Liebe siegen wird. Für die Liebe ist es nie zu spät! Denn die Wahrheit ist sehr einfach: Es geht immer um die Liebe.“
www.africaaminialama.com