Eine Weinpionierin und vier Freunde
Text: Bernhard Robotka
Fotos: Marianne Witzko/Bernhard Robotka
Der Flachgau ist charakterisiert durch fruchtbare Böden und sanfte Hügel, ist beliebt als Wander- und Radregion und die Seen haben zu jeder Jahreszeit ihren Reiz. Ebenso ist die historisch bäuerliche Landschaft ein attraktiver Wirtschaftsstandort. Was man im Flachgau aber überhaupt nicht erwartet, ist der Weinanbau
Obwohl der Wein in Salzburg eine sehr frühe Geschichte hat. Bereits im Jahr 1459 wurde am Lielon, dem Aussichtsberg in Michaelbeuern, von den Benediktinern des Stiftes Wein angebaut. Das Klima im Flachgau war aber nicht weintauglich und die Kultur ging verloren. Das Kloster hat daraufhin 30 Hektar in der Wachau bewirtschaftet. Aber auch das ist Geschichte und die Mönche haben sich auf das Bierbrauen verlegt. Seit 1835 gehört das Augustiner-Eremitenkloster Mülln in Salzburg mit seiner Brauerei zum Stift Michaelbeuern.
Weinanbau statt Viehwirtschaft
Erst Ende der 1990er Jahre ist die Idee für den Weinanbau im Flachgau wieder konkret geworden. 2001 hat Marianne Witzko, die durchaus als Weinpionierin bezeichnet werden kann, mit dem Weinanbau in Großgmain begonnen. Die gelernte Textilingenieurin hat die Anregung von ihrem Mann, der aus einer Weinregion in Franken stammt, übernommen.
Es hat anfänglich einige Versuchsjahre bei gutem und warmem Wetter gegeben und der „Original Salzburger Wein“ nahm seinen Anfang. Die angehende Winzerin absolvierte die Weinakademie in Rust, besuchte zahlreiche Kurse an den Weinbauschulen in Krems und Klosterneuburg und bildet sich auch stetig weiter. „Es war sicherlich ein mutiger Schritt. Meine Schwiegereltern haben mich gewarnt. Viehwirtschaft und Gemüseanbau war lange Zeit unsere wirtschaftliche Grundlage auf dem Erbhof seit 1684. Und der Weinbau braucht sehr viel Zeit und Geduld. Von zehn Weinjahren müssen acht wirtschaftlich gut sein, zwei magere Jahre sind verkraftbar – mehr nicht.“ Angebaut werden in Großgmain nur mittelreife Rebsorten, um sie nicht der Gefahr von Frostschäden auszusetzen. Im Weinberg beim Reiterhaindlhof wachsen Chardonnay, Sauvignon Blanc, die Hybridsorten Solaris und Seyve Villard, Zweigelt, Sankt Laurent, Rösler und Cabernet Sauvignon. Es werden nur Trauben aus dem eigenen Weingarten verwendet. Und der Wein wird direkt am Hof gekeltert. „Für den großen Handel haben wir viel zu wenige Flaschen. Wir könnten bis zu 3.000 Flaschen produzieren, aber es sind tatsächlich nur 1.000 Flaschen im Jahr. Es soll für uns Hobby und überschaubar bleiben. Gekauft werden kann der Wein aus Großgmain ab Hof oder über die Homepage: www.salzburgwein.at.
Erster Qualitätswein aus Salzburg
Der Wein ist für Marianne Witzko mittlerweile lebens-begleitend und hat einen zweiten Berufsweg eingeleitet. Seit 2005 unterrichtet sie an der Tourismusschule Kleßheim die angehenden Weinkenner, Jungsommeliers und diplomierten Käsekenner. „Ich wollte nie Lehrerin werden und bin jetzt aber sehr glücklich mit dieser Wahl, dass ich die Schülerinnen und Schüler für das Kulturgut Wein begeistern kann.“ Auch mit ihrem eigenen Weingeschmack hält sie es mit den jungen Leuten. Leicht, frisch und aromatisch muss er sein. Und am liebsten trinkt die Winzerin einen Sauvignon Blanc oder Muskateller.
„Verkosten tue ich aber alles, schon alleine wegen der Ausbildung.“ Mit ihren eigenen Weinen hat sie nicht den Vorsatz, sich mit Österreichs Top-Winzern zu messen. „Das ist nicht unser Anspruch. Die Erwartungshaltung war, in Salzburg den ersten Qualitätswein zu produzieren, und das ist uns gelungen. Bei kleinen Mengen kann man froh sein, wenn der Wein gut wird. Nur bei größeren Anbaumengen hat man die Chance zu experimentieren, auch etwas zu verwerfen. Diese Möglichkeit haben wir nicht, wir sind aber mit dem Ergebnis sehr zufrieden.“
Falstaff hat die Weine vom Reiterhaindlhof vor knapp einem Jahr mit 89 bis 90 Punkten bewertet. Ein gutes Weinjahr lässt sich nicht exakt vorhersagen. „Natürlich muss das Wetter passen. Aber erst wenn die Flaschen im Keller sind, dann zeigt sich die Qualität des Weines. Was sich jetzt aber schon sagen lässt, dass wir heuer ein frühes Weinjahr bekommen. Durch die vielen Sonnentage sind wir 14 Tage früher dran.“
Salzburgs größter Weinbaubetrieb ist in Michaelbeuern
Marianne Witzko ist nicht nur Winzerin und Weinakademikerin, sondern indirekt auch Weinpatin, denn sie hat die Weinfreunde aus Michaelbeuern zum Weinanbau animiert. Martin Haberl, Alois Jud, Wolfgang Kaiser und Gunter Teufelberger haben gemeinsam immer wieder Weinreisen unternommen und bei einem dieser Ausflüge wurde dann die Idee geboren, selbst Wein anzubauen. Die Klosterchronik von Stift Michaelbeuern verwies auf die Weinvergangenheit und war ein zusätzlicher Ansporn. Im Frühjahr 2008 gab es dann die Zusage, dass der Stiftsgrund gepachtet werden kann – genau jener Hang, wo schon vor über 500 Jahren in Michaelbeuern Wein angebaut wurde. „Wir haben Schulungen und Seminare bei Marianne Witzko gemacht und ohne ihre Unterstützung hätten wir diesen Schritt nicht gewagt.“
Im ersten Jahr wurden tausend Reben gesetzt. Im zweiten Jahr dann noch einmal weitere tausend. Nach drei Jahren hat es dann den ersten Ertrag gegeben. „Das war eine Apothekermenge von gerade einmal 50 Flaschen. Und der erste Wein war sauer. In den ersten sieben Jahren haben wir die Unterstützung von einem Winzer aus der Wachau gehabt. Wir haben unsere Trauben dorthin gebracht und dort wurde auch die Kellertechnik gemacht.“ Die Weinfreunde mussten in der Anfangsphase viel Lehrgeld zahlen, die Trauben wurden fast vollständig von den Vögeln gefressen und auch die Kosten waren hoch. „Es ist ein teures Hobby, aber mittlerweile trägt unser Wein auch unsere Handschrift. Wir machen jetzt alles selber, bekommen aber zusätzlich noch wertvolle Tipps von einem Winzer aus dem Traisental. Und es macht uns stolz, wenn wir im Freundeskreis oder in der Firma unseren eigenen Wein präsentieren können.“
Herrenweg, Weinleiten, Kellerholz und Klosterweg heißen die Weine. Und die Namen gehen alle zurück auf die Geschichte des Stifts. Angebaut werden von den Weinfreunden Grüner Veltliner, Gelber Muskateller, Zweigelt und Merlot.
Klimawandel könnte Flachgau zum Weinland machen
„Wir setzen auf typisch österreichische Weine und sind selbst große Veltliner-Freunde, das ist auch unsere Hauptsorte.“ Im letzten Jahr konnten 1.960 Flaschen abgefüllt werden. Vor zwei Jahren waren es wetterbedingt nur 600 Flaschen. Für heuer erwarten die vier Hobbywinzer aus Michaelbeuern und Bürmoos einen guten Ertrag. Von Mai bis Oktober werden die Weinfreunde wieder weit mehr als 100 Stunden in ihrem Weinberg stehen, um einen guten Tropfen zu bekommen. Der Klimawandel könnte den Flachgau tatsächlich zu einem Weinland machen. Klimaforscher sagen mehr italienisches Wetter in Salzburg voraus und bereits um 2040 soll bei fortschreitendem Klimawandel der Weinanbau im Flachgau kein Problem mehr sein. „In Niederösterreich werden die Süßweine kommen, und Oberösterreich und Salzburg wird das Veltliner-Land werden. Und vielleicht wird dann der Messwein für das Stift auch direkt in Michaelbeuern angebaut“, blicken die Weinfreunde bereits in die Zukunft.
Schüler der Tourismusschule Kleßheim auf dem Weinberg von Marianne Witzko. Wolfgang Kaiser, Martin Haberl, Alois Jud und Gunter Teufelberger