Brot-Zeit
Wenn die Autorinnen Ilse Fischer und Alexandra Picker in Slow Food Partnerschaft mit der Salzburger Brauerei Stiegl renommierten Spitzenköchen und -bäckern aus Österreich und Bayern ins Brotkörbchen schauen, entsteht ein Rezeptbuch mit vielen Anregungen für ganz unterschiedliche Brotrezepte – von Tauernroggenbrot über Pfannenbrot bis hin zu Focaccia, Grissini, Brezeln und Kräcker. Dazu noch ein hausgemachter Aufstrich wie Steinkleetopfen oder Erdäpfelkas und fertig ist die köstliche Jause.
Text: Susanne Rosenberger
Fotos: Joerg Lehmann, Marco Riebler, Adobe Stock
Die Autorinnen:
Ilse Fischer (links) ist Falstaff-Redakteurin, Kultur-Netzwerkerin, Herausgeberin und Präsidentin des Slow Food Conviviums Salzburg. Die leidenschaftliche Gastgeberin und kultur-kulinarisch Reisende lebt und arbeitet in Salzburg.
Alexandra Picker (rechts) ist Präsidentin des Slow Food Conviviums Salzburg und hat sich mit ihrer Kommunikationsagentur Picker PR auf Food & Beverage spezialisiert. Sie lebt ihre Leidenschaft für alle „Mittel zum Leben“ privat und beruflich.
Brot ist kein modischer Trend, Brot ist Heimat und Tradition. In unseren Breiten ist Brot sogar das vielseitigste und wichtigste Grundnahrungsmittel und begeistert in all seinen Facetten unsere Gaumen: ob hell oder dunkel, würzig oder fein, mit Weizen oder Roggen, mit alten Sorten oder traditionellen Mehlen, mit Hefe oder Sauerteig. Im Buch „Brot-Zeit“ wird Brot mit dem Faktor Zeit verbunden, denn weder Sauerteig noch Hefe lassen sich zur Eile antreiben. Somit kann Brot als wahrer Slow Food-Klassiker angesehen werden. „Ein Buch zu machen, in dem wir Brot und Köstliches auf dem Brot mit dem Faktor Zeit verbinden, war uns ein besonderes Anliegen“, so die Autorinnen Ilse Fischer und Alexandra Picker. „Wir sind beide Präsidentinnen des Slow Food Conviviums Salzburg, daher sind die Langsamkeit, die wir dem Genuss geben, die Achtsamkeit für die besten ‚Mittel zum Leben‘ und unsere Leidenschaft für das Essen und Trinken zusammen mit der Slow Food Philosophie fest in unserer DNA verankert.“
Mit Ruhe und Achtsamkeit
Zeit und die Rückbesinnung auf das, was das Leben ein wenig lebenswerter macht, spielen eine wichtige Rolle in der Slow Food-Bewegung. Bewusst einen Gang runterschalten und auf allerhöchste Qualität setzen – der Luxus des Einfachen besticht immer, vorausgesetzt die Qualität der Zutaten stimmt. Im Buch erzählen namhafte Bäcker und Köche über ihre Zugänge zum Brotbacken. Man erfährt Wissenswertes über Sauerteig und Autolyseteig und spürt bei allen Rezepten die Liebe zu gutem Brot.
Puristisch und authentisch
In den alten Gemäuern der Stiftsbäckerei St. Peter wird seit 700 Jahren ein kulinarisches Wahrzeichen von Salzburg produziert: das St. Peter Brot, ein Schwarzbrot mit Natursauerteig, das aus Mehl, Wasser und Salz besteht. In der Backstube, die zugleich Verkaufslokal ist, kann authentisches Bäckerhandwerk beobachtet werden. Im Jahr 2020 wurde zwar das Kernstück, der direkt befeuerte Holzofen, ausgetauscht, der nach fast 100 Jahren ausgebrannt war, die alte Front und der traditionelle Produktionsprozess blieben jedoch erhalten. „Wir verkaufen nur das original St. Peter Brot und ein wenig Kleingebäck, zum Beispiel unser himmlisches Milchbrot. Alles andere brauchen wir nicht“, sagt Bäckermeister Franz Grabmer, der auf ein kleines Sortiment, aber höchste Qualität setzt. Die puristischen Zutaten stammen allesamt direkt vom Stift: Roggenmehl aus der hauseigenen Steinmühle, Weizenmehl aus der Stifts- und Salzachmühle, Holz aus den Wäldern des Stifts St. Peter, Energie aus dem Almkanal. Wer den Klassiker St. Peter Brot schon einmal probiert hat und das Sauerteigbrot auch zuhause nachbacken möchte, wird sich über das Rezept und das im Buch versprochene Geschenk von Franz Grabmer freuen.
Brot – ein Slow Food-Klassiker
Auch das Stiegl-Gut Wildshut in St. Pantaleon nahe Salzburg, das 1. Biergut Österreichs, steht für Nachhaltigkeit, Achtsamkeit sowie für regionale, saisonale Produkte und Lebensweisen. Hier herrscht ein besonders gutes Klima zum Bierbrauen und Brotbacken. Auf den gutseigenen Feldern gedeihen seltene Urgetreidesorten für die charakterstarken Biere, dazu wird selbst gebackenes Brot serviert, ebenfalls aus vor Ort angebautem Bio-Urgetreide. Streng genommen reicht die gemeinsame Vergangenheit von Brot und Bier ins Jahr 4000 vor Christus zurück – und da Brot und Bier einfach gut zusammenpassen, kommen sie im Stiegl-Gut in Wildshut vor jeder Mahlzeit auf den Tisch. Der Wildshuter Küchenchef Stefan Sigl verrät uns im Buch die Rezepte für das Bio-Speck-Walnussbrot und seine Khorasan-Erdäpfel-Stangerl, zu denen er Lardo, Innviertler Surspeck und Grammelschmalz empfiehlt.
Philosophie der Langsamkeit
Hinter der Marke „Joseph Brot“ steht die Philosophie der Reduktion auf das Wesentliche: gute Bio-Zutaten aus Österreich, traditionelle Rezepte, hundertprozentige Handarbeit und eine lange Teigruhe, denn die Zeit ist eine ganz wesentliche Zutat beim Brotbacken. „Bei uns wird der Teig noch von Hand in Form gebracht, bevor er im Dampfofen verschwindet und doppelt gebacken wird. Das klingt vielleicht stressig. Aber keine Sorge: Der Teig hatte vor seinem ‚Urlaub‘ im Backofen bis zu 48 Stunden Zeit, um zu rasten und sich zu entspannen. Den Stress haben nur die Bäckerinnen und Bäcker“, erzählt Josef Weghaupt. Rund 6 Tage dauert es von der ersten Vermengung der Zutaten bis zum fertigen „Joseph Brot“ – eine besonders knackige Kruste und ein unvergleichlich saftiger Brotkern sind die Vorteile dieser traditionellen Backmethode.
Demut lernt man beim Brotbacken
Zu den »Joseph Broten« passen hervorragend die exquisiten Aufstriche, die Meisterkoch Rudi Obauer nicht nur seinen Gästen im Restaurant serviert, sondern die auch im Obauer-Onlineshop bestellt werden können. Im Buch verraten die kreativen Küchenmeister Rudi und Karl Obauer aus Werfen ihr Rezept für die Brotstangerl „Mikado“, die sie mit cremigem Steinkleetopfen servieren – Achtung Suchtgefahr! „Demut lernt man beim Brotbacken“, sagt der Werfener Ausnahmekoch Rudi Obauer. Und dass es wichtig sei, es oft zu machen. „Aber Brot wird“, sagt er, „auch wenn man es schon ein Leben lang macht, nicht jeden Tag gleich.“
Heimat und „Cuisine Alpine“
Auch Andreas Döllerer lebt seine Leidenschaft für den guten Geschmack, für die alpinen Wurzeln und den Respekt vor dem Ursprünglichen in seiner Küche des Gourmetrestaurants und des Wirtshauses in Golling. Dabei liegt sein Fokus ganz klar auf der kreativen „Cuisine Alpine“, indem neue Aromen ebenso in seine Gerichte einfließen wie kulinarische Inspirationen seiner Reisen. Zum Tauernroggenbrot empfiehlt der Gollinger Haubenkoch die „Döllerer Hauswurst“, nach einem Familienrezept aus Schweinefleisch, magerem Rindfleisch und kernigem Rückenspeck, darunter feine Almbutter.
Wie bei vielen Brotrezepten im Buch „Brot-Zeit“, benötigt man auch für das Tauernroggenbrot von Andreas Döllerer einen Sauerteigansatz. Dabei ist die Tradition des Sauerteigs wohl älter als 10.000 Jahre – woher sie kommt, weiß aber niemand genau. Jedenfalls wurde bereits im alten Ägypten Sauerteigbrot gebacken und mit Hieroglyphen aufgeschrieben, dass dabei Bier und Brot fermentiert wird. Häufig wird der Sauerteig in Rezepten auch „Anstellgut“ oder „Grundsauer“ genannt. Da Roggenmehl mehr Flüssigkeit aufnimmt und sich dadurch ein besser durchfeuchteter Teig ergibt, schneller fermentiert als zum Beispiel Weizensauerteig, darüber hinaus weniger Gluten und mehr Enzyme aufweist als Weizenmehl, ist Sauerteig mit Roggen besonders im nordeuropäischen Raum beliebt. Backprofis empfehlen gerne die Herstellung von Sauerteig im Vorfeld, da dadurch bereits eine Menge Arbeit rund ums Brotbacken erledigt ist. Andrea Unterguggenberger aus dem Kärntner Lesachtal verrät uns im Buch „Brot-Zeit“ Schritt für Schritt, wie man seinen ganz persönlichen Sauerteig selbst ansetzen kann und damit in ein erfolgreiches Bäckerleben startet.
Urlaubsfeeling
Neben all den traditionellen Rezepten im Buch darf es zwischendrin auch mal mediterran werden. Wie im „ANIMO by Aigner“, das Lizzy und Jakob Aigner im Nonntal betreiben. Hier gibt es die Focaccia mit bestem Olivenöl und großen grünen Oliven zum Auftakt, gefolgt von Gerichten, die nach Süden und Sommer schmecken – noch kulinarischer können die Gäste nicht in die Aromenwelt des Südens eintauchen.