„Brahms ist essenziell für meine Existenz“

Die französische Star-Pianistin Hélène Grimaud ist künstlerische Partnerin der CAMERATA Salzburg.
Nach vielen gemeinsamen Auftritten weltweit startet die heurige, vierwöchige Europa-Tournee mit einem Konzert am 4. Mai im Großen Festspielhaus. Im Interview erläutert sie ihre Beziehung zur Musik, zur CAMERATA und ihren tierischen Seelenverwandten.
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Seit zwei Jahren verbindet Sie eine künstlerische Partnerschaft mit der CAMERATA. Wie fühlt sich für Sie das gemeinsame Musizieren mit diesem Salzburger Ensemble an? Und wie funktioniert die für dieses Orchester spezielle Musizierweise ohne Dirigenten:in, dafür mit der Leitung des Konzertmeisters?

Mit der CAMERATA Salzburg zu musizieren, fühlt sich an wie die ultimative musikalische Freiheit, intensiv und intim zugleich. Die Arbeit mit dem Orchester unter der Leitung von Giovanni Guzzo basiert auf gegenseitigem Respekt, Liebe und der Fähigkeit, ganz und gar im Moment zu agieren.

Nach Mozart und Schumann folgt im Mai eines der größten Klavierkonzerte der Musikgeschichte, das Konzert Nr. 1 von Johannes Brahms. Welche Herausforderung stellt es für Sie dar, dieses gigantische Werk ohne die Koordination eines Dirigenten zu spielen?

Eigentlich sollten alle Konzerte im Geiste der Kammermusik, nur eben in einer größeren Dimension angegangen werden, so dass auch solch ein massives Konzert von der gemeinsamen Freiheit des Ausdrucks und der klaren Struktur leben kann, die man am besten durch aktives Hören erreicht.

In welche Gefühlswelten geraten Sie mit Brahms Musik?

Brahms und insbesondere dieses Konzert sind essenziell und unverzichtbar für meine Existenz. Seine Musik versetzt mich in Welten des Verlusts, der unendlichen Liebe und des Glaubens an die Urkraft der Natur, passend zur malerischen Umgebung Salzburgs.

Klangfarben spielen in der Musik eine entscheidende Rolle. Bei Brahms etwa spricht man oft von dunklen, warmen, pastosen Farben. Sie können durch eine synästhetische Veranlagung Tönen und Tonarten bestimmte Farben zuordnen. Wirkt sich dies auch auf Ihre interpretatorische Gestaltung von einzelnen Werken aus?

Ich assoziiere nur Tonalitäten mit bestimmten Farben, aber das hat keinen Einfluss auf meine interpretatorische Herangehensweise. Ich betrachte die Farben als Nebenprodukt eines veränderten Wahrnehmungssinns.

Welche Farben sehen Sie beim Brahms Klavierkonzert Nr. 1?

Dunkelblau, Gold und Magenta.

Wie ist es, sich als Frau in dem auch noch immer ziemlich männerdominierten klassischen Musikbetrieb durchsetzen zu müssen, in der oft nicht nur an den musikalischen Leistungen und Fähigkeiten gemessen wird?

In einer idealen Welt bräuchte man sich nicht als Frau oder als irgendein anderes Geschlecht zu behaupten, man könnte einfach SEIN. Unsere Welt ist leider unvollkommen, aber sie ist die einzige, die wir haben. Lasst uns weiterkämpfen.

Als Gründerin des Wolf Conservation Centers New York sind Sie an vorderster Front für diese weltweit bedrohte Tierart im Einsatz. Auch in Österreich wird die Diskussion über die hier in bestimmten Landesteilen wiedergekehrten Wölfe sehr kontroversiell geführt. Was halten Sie davon, dass in einigen Bundesländern gesichtete Wölfe zum Abschuss freigegeben werden, da die Nutztiere im bäuerlichen Bereich zu ihrer Nahrungskette zählen?

Kein Wolf sollte geschossen werden, es sei denn, er ist nachweislich ein „Wiederholungstäter“, und nur dann, wenn die örtliche Wolfspopulation eine nachhaltige Anzahl erreicht hat. Diese Entscheidungen sollten immer und ausschließlich auf wissenschaftlicher Grundlage getroffen werden, nicht auf der Grundlage von „Sonderinteressen“ oder Politik.

Könnten Sie eine alternative Vorgangsweise vorschlagen, die beiden Seiten hilft und nicht zur Erlegung von Wölfen führt?

Entschärfung von Konflikten zwischen Wölfen und Nutztieren, Entschädigung, Lage, Größe und Zugänglichkeit von Abkalb- und Ablammgebieten, Beseitigung von Lockstoffen (z. B. Kadaverbeseitigung), Pferche, Zäune, Fliegengitter, Herdenschutzhunde, menschliche Anwesenheit (z. B. beim echten Hüten), Vergrämungsvorrichtungen, usw.

Gibt es im Leben von Wölfen Aspekte, aus denen wir als Menschen lernen könnten?

Ich möchte Sie mit dem bekannten Wolfscredo, den Regeln des
Rudels, vertraut machen:

  • Respektiere die Älteren
  • Unterrichte die Jungen
  • Kooperiere mit dem Rudel
  • Spiele, wenn du kannst
  • Jage, wenn du musst
  • Ruhe dich zwischendurch aus
  • Teile deine Zuneigung
  • Sprich deine Gefühle aus
  • Hinterlasse deine Spuren
  • Sei gesellig
  • Hinterfrage nie deine Existenz
  • Halte deinen Geist wild

SO 4.5.2025 | 17:00 Uhr im Großen Festspielhaus

Hélène Grimaud, Klavier
CAMERATA Salzburg
Giovanni Guzzo, Violine & Musikalische Leitung

Programm:
Johannes Brahms
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 op. 15 d-Moll
Serenade Nr. 1 op. 11 D-Dur

Kartenbestellung und Information:
Kartenbüro der Stiftung Mozarteum
Theatergasse 2 | 5020 Salzburg
T +43 (0) 662 87 31 54
tickets@mozarteum.at | www.camerata.at