„Meine Songs sind autobiografisch“

Text: Doris Thallinger
Fotos: www.kaindl-hoenig.com, Florian Klapetz, Tim Cavadini

Mit gerade einmal 20 Jahren macht Miriam Hufnagl alias AVEC 2015 mit ihrer Ballade „Granny“ zum ersten Mal auf sich aufmerksam. Drei Alben, etliche Singles und EPs sowie zahlreiche Auszeichnungen später, zählt die Vöcklabruckerin zum fixen Bestandteil der österreichischen Musikszene. Im Interview spricht sie offen über ihren Weg, ihre Depressionen und darüber, was sie glücklich macht.

Nach der Corona-bedingten Pause bist du gestern endlich wieder auf der Bühne gestanden. Wie hast du dich gefühlt?
Es war unglaublich. Man fühlt sich wieder wie der erste Mensch auf der Bühne, ich hatte echt Angst: Habe ich es verlernt, auf der Bühne zu stehen? Aber es war überwältigend, die Emotionen und die Verbindung zu den Menschen zu spüren. Da weiß man dann wieder: Genau für diese Momente mache ich das alles!

Heute steht Salzburg am Programm – du hast ja hier studiert. Ist das für dich eine Art Heimspiel?
Ich muss ganz ehrlich sagen, die Zeit des Studiums war nicht sonderlich lang, das war mehr eine Zwischenlösung. Eigentlich wollte ich in Innsbruck Medizin studieren, habe aber die Aufnahmeprüfung nicht geschafft. Die andere Option war erst Molekulare Biowissenschaften an der Uni Salzburg, dann hab ich auf Lehramt Englisch und Geschichte gewechselt, jedoch nur für sehr kurze Zeit, weil damals schon die Musik immer wichtiger geworden ist. Für mich war es keine Frage: Wenn ich die Chance bekomme, Musik zu machen, dann riskiere ich es. Studieren kann ich immer noch.

Welchen Bezug hast du heute noch zu Salzburg?
Ich mag Salzburg irrsinnig gerne. Ich finde die Stadt cool, finde die Leute cool, ich hab auch Familie hier, also definitiv einen Bezug zu Salzburg. Auch einige Bands aus Salzburg mag ich irrsinnig gerne!

Insgesamt bist du – obwohl noch so jung – schon seit fast 10 Jahren im Musikbusiness. Wie hat dich diese Zeit geprägt, verändert?
Ich bin in dieses Business gekommen, da war ich noch relativ jung und habe nicht wirklich gewusst, was ich mache, wo die Reise hingehen wird. Das hat sich von Album zu Album, von Tour zu Tour gezeigt. In diesem Prozess bin ich gewachsen und habe immer mehr gemerkt, wo ich mit meiner Musik hinwill und auch ich als Person. Wenn ich zurückschaue auf die erste EP, auf das erste Album, denke ich: Da war ich ja noch ein Baby!

Was empfindest du, wenn du heute deine ersten Songs hörst?
Das ist schwierig für mich, weil ich meine Stimme von früher so gar nicht hören kann. Nach meinem Selbstempfinden klinge ich so unglaublich jung. Ich mag die Songs irre gerne, aber meine Stimme hat sich verändert und auch ich mich. Generell höre ich eigentlich nie meine eigene Musik!

Du thematisierst immer wieder deine Melancholie, deine Depressionen. Was hat dich dazu bewogen, diese Themen so offen nach außen zu tragen?
Mental Health, Depressionen, Angstzustände kannte und kenne ich aus persönlicher Erfahrung. Ich finde es extrem wichtig, offen darüber zu reden. Ich bin der Meinung, dass es eine Krankheit ist wie jede andere. Jeder Mensch, der von Depressionen, Angstzuständen oder Mental-Health-mäßig betroffen ist, sollte die Chance wahrnehmen, mit einer außenstehenden Person zu reden. Ich bin seit ca. 7 Jahren in Gesprächstherapie und würde das bis heute nicht ändern wollen, weil sie mir so geholfen hat. Heute kenne ich Tipps und Tricks, wie man damit umgeht, wenn wieder eine Welle an Depression über einen hereinbricht. Es fühlt sich ein bisschen wie meine Aufgabe an, diese Themen mit meiner Musik anzusprechen und an die Öffentlichkeit zu tragen.

Gibt es einen Unterschied zwischen AVEC und Miriam?
Es gibt keinen wirklichen Unterschied. Natürlich gibt es die Bühnenpersönlichkeit AVEC, aber diese hebt sich nicht wirklich davon ab, wie ich als Miriam bin. Es sind meine Erfahrungen, die ich in den Songs verarbeite, es ist alles autobiografisch. Ich möchte auch nichts erfinden oder etwas Fiktionales schreiben, das war nie der Weg, den ich gehen wollte. Die Musik ist mein Ventil, die Songs sind meine Erfahrungen. Das Schönste ist, wenn andere Leute sich damit identifizieren können, wenn ich vielleicht jemandem mit meiner Musik helfen kann.

Was macht eine Miriam Hufnagl, wenn sie keine Songs schreibt, nicht auf der Bühne steht?
Ich gehe sehr gerne raus in die Natur, das ist die Erdung, die ich brauche. Ich liebe es, in den Wald zu gehen und am besten keine Menschenseele zu treffen. Das tut meiner mentalen Gesundheit einfach gut. Auch Tiere mag ich irrsinnig gerne. Meine Nachbarn haben Schafe – Schafe sind meine Lieblingstiere. Es macht mich einfach unglaublich glücklich, bei den Schafen, bei Tieren generell, zu sein. Und sonst – mache ich einfach sehr viel Musik. Das ist meine Leidenschaft.

Im Herbst ist eine nächste EP geplant. Worauf dürfen die Fans sich freuen?
Die EP heißt ‚I feel alone these days‘ und ist eine Sammlung an Songs, die ich in den letzten zwei Jahren geschrieben habe. Es geht schon in die melancholische Richtung, man spürt, dass sich irre viel getan hat in dieser Zeit. Man hatte viel Zeit für sich selbst, so viel Zeit in seinem eigenen Kopf, was nicht nur gut war. Ich hatte auch Phasen, in denen ich wieder mit Depressionen zu kämpfen hatte. Es war dann irre schwer, weil der Kopf leider Gottes oftmals der größte Feind sein kann. Es geht auch darum, dass ich uns als Menschheit in Frage gestellt habe, ob wir das Miteinander verlernt haben. Wir spielen jetzt schon viele Songs von der EP, die im Herbst rauskommt. Für uns ist es natürlich besonders spannend, neue Songs zu spielen und zu schauen, wie die beim Publikum ankommen.

Big News für AVEC! Der britische Superstar James Blunt hat die österreichische Songwriterin persönlich eingeladen,
ihn auf Tour zu begleiten. Die Vollblutmusikerin wird somit auf seiner The Stars Beneath My Feet Tour als Special Guest dabei sein.

Termine:
23.06. Olpe Sondern / Biggesee Open Air
24.06. Dresden / Junge Garde
15.07. Linz / Klassik am Dom
18.07. Rosenheim / Rosenheim Sommerfestival
19.07. Freiburg / Zelt-Musik-Festival
20.07. Winterbach / Zeltspektakel
05.08. Salem / Schloss Salem Open Airs
27.08. Coburg / HUK-Coburg Open-Air-Sommer

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