Automobile Welt im Umbruch? Eine neue, schöne Scheinwelt?
Text: René Herndl
Fotos: Hersteller
Die jahrzehntelange Konjunktur in der Automobilindustrie hat ihren Höhepunkt überschritten, wozu die Klima- und die zugrundeliegende Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung beigetragen haben.
Auch die Politik hat massiv dazu beigesteuert. Deshalb steht ein Mobilitätswandel bevor, der, auch von der Politik gefördert und gefordert, massives Umdenken bewirkt. Dass sowohl die Absichten als auch die technische und wirtschaftliche Umsetzung machbar sein werden, ist allerdings nicht sicher.
Mobilität um jeden Preis?
Das Auto ist und bleibt auf absehbare Zeit das dominierende Verkehrsmittel. Daran zu rütteln wird zwar probiert, jedoch ist eine schnelle Änderung kaum zu verwirklichen. Daran ändert auch der propagierte Umstieg auf Elektromobilität nichts, weil die individuelle Mobilität von den Menschen als Inbegriff der persönlichen Freiheit interpretiert wird. Wahrscheinlicher ist eine Veränderung des Konsumverhaltens erst durch wirtschaftlichen oder politischen Zwang, auch wenn manche Mobilitätsvarianten erst in Entwicklung sind und erst neue Antriebsformen die Verkehrsmittelnutzung umkrempeln könnten. Aber das sind keine kurzfristig realistischen, umsetzbaren Maßnahmen.
Politischer und wirtschaftlicher Druck
Ab 2020 sollen in der EU neu zugelassene Pkws im Durchschnitt nicht mehr als 95 Gramm CO2 pro Kilometer emittieren – ansonsten drohen den Autoherstellern Strafzahlungen. Zwar dürfen diese weiterhin Fahrzeuge mit höheren Emissionswerten verkaufen, müssen diese aber durch einen größeren Anteil an E-Fahrzeugen ausgleichen, um den (Flotten-Verbrauchs-) Grenzwert zu erfüllen, so die EU-Vorgabe, wobei es keine weiterführenden gesetzlichen Regelungen bezüglich Kontrolle oder Recycling gibt (bzw. nur eine ziemlich alte Richtlinie). Überdies wird, so etliche Fachleute, auch von den Autoerzeugern eine vollkommen falsche Modellpolitik betrieben. Statt auf kleine, sparsame E-Fahrzeuge für den Nah- und Stadtverkehr, also Kurzstreckenverkehr zu setzen, werden große, schwere und energieintensive SUVs oder Sportwagen gebaut, die kaum ausreichende Reichweiten ausweisen noch die Transportnotwendigkeiten berücksichtigen. Folgerichtig fordern Forscher auch komplett neue Konzepte, die Recycling in großem Maßstab ermöglichen, die die Reduzierung von Transportwegen und ein Umdenken hinsichtlich der Größe der E-Autos einschließen.
Indizien und Trends
Viele Indizien sprechen jedenfalls nicht für rasches oder gar grundlegend neues Mobilitätsverhalten der Konsumenten. Die Verkaufsstatistiken bestätigen zwar einen leichten Rückgang, aber keinen grundlegenden Umschwung. So etwa gerät Daimler mit dem Elektro-SUV EQC ins Hintertreffen, weil die Batterien ausgehen, die politischen Vorgaben aber auch durch das Angebot an Hybriden erfüllt werden, die jedoch kaum praktische Auswirkungen auf den wirklichen Energieverbrauch haben. Die steigenden oder stagnierenden Emissionswerte sind Beweis genug, auch wenn der relative Abgas-Ausstoß geringer wird, weil die Menge der Fahrzeuge nach wie vor steigt und Beschränkungen auch in anderen Bereichen kaum stattfinden. Der LKW-Transit, z.B. durch Österreich im Inntal, hat immer nur zugenommen, und niemand denkt daran, die Transportmethoden oder gar die Sinnhaftigkeit der transportierten Güter und deren Produktion zu hinterfragen.
Die politische Stoßrichtung scheint eher die zu Subventionen zu sein, wobei jedoch, so Auto-Professor Ferdinand Dudenhöffer, davon auszugehen ist, dass durch „…staatliche Subventionen Elektroautos und Plug-in-Hybride möglicherweise preisgünstiger verkauft werden, weil Hersteller dann ab 2022 nicht in Strafzahlungen reinkommen.“ Aber auch der Brennstoffzelle räumt er im Pkw wenig Chancen ein, weil sowohl die Autos als auch eine flächendeckende Tankstelleninfrastruktur einfach zu teuer sind. Ideal wäre sie dagegen für Busse und Lkws, meint er.
Zahlen und Fakten
Die Anzahl neu zugelassener Pkws mit alternativen Antrieben stieg laut Statistik Austria im letzten Jahr deutlich – nämlich um 56,8 Prozent, während die Gesamtzahl der Pkw-Neuzulassungen zum zweiten Mal in Folge zurückging, 2019 um 3,4 Prozent. Bei reinen Elektroautos gab es einen Zuwachs von 36,8 Prozent – wobei gleich-zeitig der Anteil der privat zugelassenen E-Autos von 19,9 auf 19,1 Prozent gesunken ist.
Diese Gesamtzahl der Neuzulassungen von E-Autos machte aber mit 9.242 Stück nur 2,8 Prozent des gesamten Pkw-Markts aus. Spannend ist auch, dass die stärksten Zuwächse in der Statistik bei Diesel-Hybriden verzeichnet wurden – nur sind diese 4.157 Stück im Vergleich zu den Benzin-Hybriden wenig. Diese kommen auf 12.348, legten um 47,8 Prozent zu und machen fast 47 Prozent aller alternativen Antriebe aus.
Probleme und Unsicherheit
Wie umgehen mit der Batterie, wenn es brenzlig wird? Nach einem Unfall gab es wochenlang Schwierigkeiten mit der Entsorgung eines 600 Kilo schweren Tesla-Akkus. Tesla hatte zwar eine Firma genannt, die für die Entsorgung zuständig sei, die hatte jedoch keine Lizenz. Als schließlich Tesla-Techniker aus den Niederlanden anreisten, um die Batterie auszubauen, durften sie nicht Hand an-legen. Roman Sykora, im Bundesfeuerwehrverband für gefährliche Stoffe zuständig, sagt, dass „die Thematik der E-Auto-Wracks nicht gelöst“ sei. Über teure Reparaturen bei Batterien oder Ersatz wird – auch aufgrund der geringen Zahlen – noch nicht einmal gesprochen.
Darüber hinaus fehlt für eine umweltwirksame Verkehrswende aber auf absehbare Zeit noch ein dichtes Netz an Ladestationen. „Zu diesem Schluss kommt ein Bericht von Transport & Environment (T&E), einer Dachorganisation von Verkehrsverbänden, die sich der Nachhaltigkeit verschrieben haben, darunter der Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Momentan gibt es etwa 185.000 Ladestationen für Elektroautos in der EU. Das sei zwar aktuell bei einem Marktanteil von nicht einmal 3 % ausreichend… um die Klimaziele zu erreichen wären bis 2030 aber rund drei Millionen Ladestationen für etwa 33 bis 44 Millionen Elektrofahrzeuge notwendig.“
Fazit: Der Umbruch in der Automobilwelt findet zwar statt, aber sicher nicht so, wie es sich manche Politiker oder Träumer vorstellen. Weder die gigantischen Investitionen in die Infrastruktur, noch die Problematik von Recycling oder Entsorgung sind geklärt und die Brennstoffzelle ist für den Einsatz im Massenmarkt einfach (noch) nicht realistisch. Und die „auf die Bedürfnisse der Wirtschaft zugeschnittenen“ Vorstellungen von Raimund Wagner, dem „Mobilitätsberater“ des Landes Salzburg, sind ebenso wenig realistisch, weil sie einseitig die Faktoren der Bevölkerungsentwicklung, die Raumplanung oder den Ressourcenverbrauch negieren. Mit marktwirtschaftlichen Mechanismen wird die Mobilitätsfrage kaum zu beantworten sein.