Almschmankerl: Kulinarische Schätze der Berge
Hoch oben auf der Alm trifft Tradition auf Geschmack, wenn im Salzburger Almsommer die köstlichsten Schmankerln serviert werden. Ob traditionelle Hüttengerichte wie Kasnocken, Bauernkrapfen, Schwammerlgerichte und Kaspressknödel oder die vom Haubenkoch und Gastrosophen Roland Essl interpretierten Kreationen der alpenländischen Küche – der Gaumen wird sich freuen!
Text: Susanne Rosenberger
Fotos: Roland Essl
Der Almsommer ist die Zeit der blühenden Almkräuter, frischen Almprodukte und traditionellen Schmankerln, die direkt vor Ort hergestellt werden und so ein unvergleichliches Geschmackserlebnis bieten. Auf den Almen herrscht eine herzliche Atmosphäre, hier wird oft noch nach alten Traditionen produziert, gekocht und gefeiert. Feste, wie der Almauftrieb und -abtrieb oder der Jakobi-Tag sind gelebte Bräuche, die den Almsommer zu einem kulturellen Erlebnis machen.
Zum Start des Almsommers im SalzburgerLand gibt sich jährlich eine andere Region die Ehre und richtet ein rauschendes Fest aus, bei dem die Besucher traditionellen Handwerkern bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen oder sich beim Almtanz vergnügen können. Heuer wird die Almsommersaison offiziell am 15. Juni auf der Lärchenhütte am Zwölferhorn eingeläutet. Nach der Eröffnung folgen während der Sommermonate in allen Almregionen zahlreiche Veranstaltungen: von stimmungsvollen Wanderungen von Alm zu Alm, kulturellen Lesungen, kreativen Workshops, hin zu feinen musikalischen Klängen und kulinarischen Leckereien. Auch traditionelles Almhandwerk, wie das Stecken eines Pinzgauer Zauns, das Spinnen von feiner Schafwolle oder das Schnitzen von Buttermodeln, wird bei vielen Almsommer-Veranstaltungen demonstriert.
Rund 165 der insgesamt 550 bewirtschafteten Almhütten im SalzburgerLand dürfen stolz das Attribut „Salzburger Almsommerhütte“ tragen – eine Auszeichnung, die den Wanderern authentisches Alm-Erlebnis mit regionalen Produkten und besonderer Ursprünglichkeit garantiert.
Appetitanregende Lektüre
Wer sich die regionalen Almschmankerln auch zuhause zubereiten möchte, dem sei das Kochbuch „Alpenkulinarik“ vom Salzburger Spitzenkoch Roland Essl wärmstens ans Herz gelegt, der sich seit vielen Jahren der Entdeckung alter Rezepte und Erforschung bäuerlicher Speisen im historischen Zusammenhang widmet. Wahrlich kein einfaches Unterfangen, da die Rezepte im bäuerlichen Umfeld meist nur mündlich an die nächste Generation weitergegeben wurden. In seinem 2021 erschienenen und sogleich mit dem Deutschen Kochbuchpreis ausgezeichneten Buch „Alpenkulinarik“ stellt er eine immense Vielfalt an Gerichten vor, deren Namen wie Stinkerknödel, Herrgottsbscheisserl, Saumoasn, Katzengschroa, Sennenhupfer oder Hoamfoarkrapfen nicht nur erheitern, sondern gleichsam bereits Geschichte(n) erzählen – über die damalige Zeit, die zur Verfügung stehenden Lebensmittel und technischen Möglichkeiten.
„Obwohl mit vielen guten Rezepten bestückt, ist „Alpenkulinarik“ kein Kochbuch im üblichen Sinn. Was das Werk besonders lesenswert macht, sind die Geschichten über die Herkunft vieler Gerichte und ihre Ausbreitung im Alpenraum“, hielt auch der unvergessene Sepp Forcher in seinem Vorwort fest, in dem er Essls Kochbuch das Prädikat „in höchstem Maße lehrreich und appetitanregend“ verleiht.
Alpine Küche im Jahreskreis
In der Bauernküche wurden die Speisen früher in verschiedene Kategorien unterteilt: Fastengerichte, alltägliche Mahlzeiten und Festtagsgerichte. Darüber hinaus gab es spezielle Brauchtumsgerichte, die zu besonderen Feiertagen zubereitet wurden, sowie kulinarische Dankesgerichte, die nach der Vollendung harter Arbeiten oder Arbeitszyklen serviert wurden.
Um Pfingsten begann traditionell der Almauftrieb, bei dem junge Mägde und Hirterbuben auf die höhergelegenen Almen zogen, um dort über den Sommer das Vieh zu betreuen und die Milch zu Butterschmalz und Käse zu verarbeiten, während sie gleichzeitig für die Pflege der Alm verantwortlich waren. Mitte Juli, nach der ersten Roggenernte im Tal, wurde der Bauernfeiertag Jakobi (25. Juli) gefeiert – auch bekannt als „Jogass’ntag“ (von Jogl, sprich Jakob). An diesem Tag kamen die Bauernfamilie, Verwandte, Knechte und Mägde als Besucher (Jogass’ngeher genannt) auf die Alm, um sich mit Produkten der Almwirtschaft bewirten zu lassen. Auf den Tisch kamen neben Milch, Butter, Käse auch viele traditionelle Leckereien wie das Lungauer Rahmmuas, gebackene Sennenhupfer oder Almnussen, in Honig eingelegte Moasn, Schottnocken und anderes mehr.
Zudem brachte der Bauer an Jogass’n ein Gespann mit auf die Alm, um die erzeugte Butter und den Käse abzuholen. Da Butter die Haupteinnahmequelle der Milchbauern war und diese zum großen Teil als Zehent an die Landesfürsten abgegeben werden musste, blieb der Bauernfamilie allerdings selbst wenig davon. Schmalzige Kost war für die Knechte, die harte Arbeit verrichteten, sehr wichtig – doch Butter war früher ein Luxusgut, m
eist blieb es den Bauern und Sennern vorbehalten, unmittelbar nach dem Butterstampfen davon zu kosten, bevor die Butter wegen der Haltbarkeit sofort zu Butterschmalz eingekocht wurde.
Butter und Schmalz, Gott erhalt’s!
Erst nach 1800, als die Schweinemast mit Erdäpfeln bei den Höfen möglich wurde, konnte man Gerichte mit Schmalz kochen. In dieser Zeit entstanden viele schmalzgebackene Gerichte, wie die „Lungauer Hasenöhrl“ (Teigflecke aus Roggenmehl und Sauermilch) oder gefüllte „Blattlkrapfen“, die an Festtagen mit verschiedensten Füllungen versehen und im gesamten Alpenraum in diversen Variationen aufgetischt wurden.
Warum die Schmankerln auf der Alm so gut schmecken, erklärt uns Roland Essl mit dem alten Bauernspruch „Ganz oben am Berg ist das Gras so gut, dass der Bauer es selbst genießen würde“. Die Grashalme werden mit zunehmender Höhe zwar kürzer, doch gleichzeitig verbessert sich die Qualität durch die intensivere Sonneneinstrahlung, die in der dünneren Luft stärker wirkt. Und dieser positive Einfluss der Höhenluft wirkt sich direkt auf die Almprodukte aus, die wir in geselliger Runde auf der Alm genießen dürfen. Na dann, ab auf die Alm und Mahlzeit!
Almsommer-Events:
15. Juni 2025: ERÖFFNUNG ALMSOMMER, Lärchenhütte/Zwölferhorn
21. Juni 2025: HENGSTAUFTRIEB IN RAURIS
1. Juli bis 26. August 2025: ALM:KLASSIK IN BAD HOFGASTEIN
11. Juli bis 5. September 2025: ALM:KULTUR IN SAALFELDEN / LEOGANG
23. August 2025: ERÖFFNUNG 30. BAUERNHERBST, Dorfgastein
5. bis 7. September 2025: HEUART IM LAMMERTAL
Rezept: Pinzgauer Topfennudeln (4 Portionen)
Zutaten:
- 250 g Topfen
- 2 Eier
- 4 g Salz
- Schalenabrieb einer 1/2 Zitrone
- 75 g griffiges Mehl
- Butterschmalz
- Preiselbeerkompott
Zubereitung:
Alle Zutaten zu einem Teig verarbeiten. Kleine Laibchen formen und langsam in Butterschmalz goldgelb braten. Mit Preiselbeerkompott servieren.
Rezept: Lungauer Hasenöhrl (4 Portionen)
Zutaten:
- 250 g Roggenmehl
- 125 ml Sauermilch
- 1 EL Sauerrahm
- 1 Eidotter
- 5 g Salz
- Backfett
- Sauerkraut
Zubereitung:
Alle Zutaten zu einem Teig kneten und etwa 30 Minuten rasten lassen. Den Teig 2 mm dick ausrollen und in große Rechtecke schneiden. Die Teigflecke in heißes Backfett einlegen, kurz anbacken und mit einem kleinen Schöpflöffel mit heißem Backfett übergießen, sodass sie Blasen werfen und aufgehen. Dann wenden und fertigbacken. Auf Küchenkrepp abtropfen lassen und mit Sauerkraut servieren.
Literaturtipp:
Alpenkulinarik – Geschichten und Rezepte der alpenländischen Küche
Roland Essl
320 Seiten
ISBN 978-3-7025-1024-4
www.pustet.at