Criticus

Sextortion – Die verführerische Betrugsmasche, die insbesondere auch auf Jugendliche abzielt

Ein Kommentar von Barbara Erblehner-Swann, Juristin und psychosoziale Beraterin der Kinder- und Jugendanwaltschaft Salzburg.
criticus@diesalzburgerin.at

Lydia wird von einem extrem attraktiven jungen Mann auf Instagram angeschrieben. Es entwickelt sich ein intensiver Austausch und er beginnt mit ihr zu flirten, überhäuft sie mit Komplimenten („Love Bombing“) und vermittelt ihr ein Gefühl der Einzigartigkeit. Lydia fühlt sich geschmeichelt und glaubt, ihren „soulmate“ gefunden zu haben. Um die Beziehung zu vertiefen, schlägt er einen Videochat vor. Der Kontakt zeichnet sich durch eine rasante Dynamik aus. Sehr schnell wird Lydia dazu bewegt, Haut, mehr Haut und schließlich auch anderes zu zeigen. Intime Fotos und Videos von geschlechtlichen Handlungen sollen geschickt werden oder werden ohne Wissen Lydias vom anderen aufgezeichnet. Dieses Material dient in der Folge der Erpressung von Lydia. Es wird damit gedroht, die anzüglichen Bilder an Freunde oder Familie weiterzuleiten, wenn Lydia nicht zahlt. Gefordert wird entweder Geld (über Bezahldienste), Wertkarten (z.B. von Amazon, Netflix oder Apple) oder Krypto-Währung.

So oder so ähnlich können Kinder und Jugendliche, Männer und Frauen in eine Falle tappen. Hinter den Profilen stecken oft keineswegs die umwerfend aussehenden Personen im passenden Alter („Catfishing“), sondern internationale und organisierte kriminelle Banden. Mittels geklauter Bilder und Deepfakes wird ein nicht existierendes Gegenüber vorgetäuscht. Also Achtung, wenn etwas „zu gut ist, um wahr zu sein“.

„Sextortion“ (ein Kofferwort aus „Sexting = Verschicken von Nacktaufnahmen“ und „Extortion“ = Erpressung) bedeutet, dass Betroffene mit Bildern oder Videomaterial, welches das Opfer nackt oder bei sexuellen Handlungen zeigt, erpresst werden.

Sextortion breitet sich rasant aus. Waren es laut Statistik des Bundeskriminalamtes 2017 jährlich 503 Fälle, stieg die Zahl der erfassten Sextortion-Delikte 2022 bereits auf 3.424 Fälle.

Die Aufklärungsquote liegt bei unter 5 %. Deshalb ist es umso wichtiger, sich bereits im Vorfeld zu schützen.

Die Masche, mit der Betroffene über eine gewisse Zeit hinweg ausgebeutet werden, kann der Vorgehensweise von „Loverboys“ ähneln. Als Loverboys versteht man Männer, die Mädchen oder junge Frauen durch Manipulation usw. in die Prostitution führen. Es wird eine Art Trauma-Bindung erzeugt. Die Täter wechseln zwischen liebevoll/fürsorglich und aggressiv/gewalttätig. Mit dem Wechsel von positiven emotionalen Reizen und negativen drohenden Szenarien entwickelt sich nicht selten innerhalb kürzester Zeit eine emotionale Abhängigkeit, bei der Betroffene manchmal sogar eine schützende Haltung dem Täter gegenüber einnehmen.

Die Folgen für Betroffene können gravierend sein. Scham und Schuldgefühle können zu Isolation oder Depressionen führen.

Eltern können ihre Kinder unterstützen, indem sie offen über das Thema mit ihren Kindern sprechen und Verständnis für die Situation zeigen. Vergessen Sie nicht: Ihr Kind ist Opfer einer Straftat und sollte dementsprechend beschützt und gestützt werden.

Tipps für eine sichere Zeit in Sozialen Netzwerken:

  • vor allem keine Anfragen von Fremden annehmen
  • Schutz der Privatsphäre in den entsprechenden Sicherheitseinstellungen (Anleitungen gibt’s zum Beispiel auf www.saferinternet.at)
  • bei Verdacht die Fotos des Gegenübers in die Google Bildersuche eingeben
  • bei Verdacht die Person auf ihre Online-Präsenz / Online-Profile überprüfen
  • Kamera abkleben
  • Beweise sichern (durch Screenshots)
  • Kontakt abbrechen
  • und wenn bereits etwas passiert ist, sich an eine Beratungsstelle (z.B. Kinder- und Jugendanwaltschaft) oder www.ombudsstelle.at wenden und eine polizeiliche Anzeige machen.

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