Die Besucher des „Open House“ konnten Bilder aus dem Nachlass des bekannten Salzburger Künstlers
Prof. Sepp Steiner erwerben, der Verkaufserlös ging zu 100 % an das Kinderschutzzentrum.
35 Jahre Kinderschutzzentrum
Text: Dominic Schafflinger
Fotos: KISZ Salzburg / Peter Trattner
Anlässlich des 35-jährigen Bestehens lud das Kinderschutzzentrum zum „Open House“ in die neuen Räumlichkeiten in Salzburg-Itzling. Über 200 Netzwerkpartner, Spender und politische Vertreter, allen voran Landtagspräsidentin Dr. Brigitta Pallauf und Vize-Bürgermeister Bernhard Auinger, konnten sich vor Ort über die Arbeit mit missbrauchten und misshandelten Kindern informieren.
„Wenn wir nur ein Kind retten, hat alles einen Sinn gehabt.“ Nach diesem Motto hat Diplom-Sozialarbeiter Karl Amerstorfer im Mai 1987 zusammen mit 20 engagierten Salzburger Persönlichkeiten das Kinderschutzzentrum Salzburg gegründet. Seine Vision war, für minderjährige Missbrauchs- und Gewaltopfer sowie Familien in schweren Krisen ein niederschwelliges, anonymes und kostenloses Hilfsangebot zu etablieren.
Das Kindeswohl im Mittelpunkt
Das Kinderschutzzentrum Salzburg ist eine als gemeinnütziger und karitativer Verein geführte private Initiative und Einrichtung der freien Kinder- und Jugendhilfe. Das übergeordnete Ziel des Vereins ist die Sicherung, Erhaltung oder Wiederherstellung des Kindeswohls auf allen Ebenen. Diese Arbeit erfolgt auf Basis der UN-Konvention über die Rechte des Kindes und des Salzburger Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Kernpunkt ist das in der UN-Konvention verankerte Recht des Kindes, von allen Formen der Gewalt geschützt zu werden. In der Präventions- und Betreuungsarbeit gilt es zwischen körperlicher Gewalt, seelischer Gewalt, miterlebter Gewalt, sexualisierter Gewalt und Vernachlässigung zu unterscheiden und die richtigen Maßnahmen zu finden.
Ein Tabuthema?
Vor 35 Jahren war sexueller Missbrauch ein absolutes Tabu-Thema. Dazu die langjährige Vorsitzende Dr. Verena Schrems, die als Gründungsmitglied von Anfang an mit dabei war: „Das Thema Kindesmissbrauch gab es damals nicht, es hatte keinen Platz in unserer Gesellschaft. Missbrauch wurde verdrängt, verleugnet und verschwiegen.“ Auch körperliche Gewalt wurde noch in den späten Achtziger-Jahren von vielen als „normale Erziehungsmaßnahme“ anerkannt. Karl Amerstorfer und sein Team haben mit den Tabus gebrochen und konfrontierten die Öffentlichkeit mit der teils erschütternden Realität. Heute ist das Thema Gewalt gegen Minderjährige zwar im Allgemeinen von der Öffentlichkeit als ein wichtiges anerkannt, allerdings ist die Situation in Österreich immer noch stark verbesserungswürdig. Jedes zehnte Kind wird im Laufe seiner Kindheit Opfer sexualisierter Gewalt, das sind pro Jahr über 10.000 Missbrauchsfälle in Österreich oder 600 bis 700 im Bundesland Salzburg (Quelle: Kinderschutzzentrum „Die Möwe“ Wien/NÖ, Karmasin Motivforschung). Bei schwerer physischer und/oder psychischer Gewalt gegen Kinder gehen seriöse Schätzungen von noch wesentlich höheren Opferzahlen aus.
Es gibt viel zu tun
In der Corona-Zeit haben die Belastungen für Familien im Allgemeinen stark zugenommen. Studien und auch die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass die Zahl an Gewalt betroffener Kinder und Jugendlichen in den letzten Jahren stark gestiegen ist. In diversen Lockdowns war es Kindern und Jugendlichen zum Teil nicht möglich, mit jemandem über ihre Sorgen, Belastungen oder gar Gewalterfahrungen zu sprechen und sich Hilfe zu holen. Corona hat besonders vulnerable Kinder und Jugendliche extrem hart getroffen, sie benötigen jetzt eine noch intensivere und längere Unterstützung auf vielen Ebenen. Aufgrund der durch die Pandemie resultierenden Mehrfachbelastungen ganzer Familiensysteme sind die Fälle nun wesentlich komplexer geworden.
Generation Krise
Aber nicht nur durch die Corona-Pandemie, sondern auch durch andere Krisen, wie dem Krieg in der Ukraine, treten vermehrt Ängste, Depressionen, Essstörungen und suizidale Gedanken auch bei vormals unbelasteten jungen Menschen auf. Viele sprechen deshalb schon von der „Generation Krise“. Das Kindeswohl und die Kinderrechte sind in den letzten Jahren häufig in den Hintergrund gerückt. All das zeigt gerade in Zeiten wie diesen die Wichtigkeit von Einrichtungen wie dem Kinderschutzzentrum auf und das erhöhte Arbeitspensum der Mitarbeiter gibt dem Weg der Einrichtung recht, der Gesellschaft niederschwellige Hilfsangebote zur Verfügung zu stellen.
Schnelle und diskrete Hilfe
Das Kinderschutzzentrum hilft schnell, unbürokratisch und auf Wunsch anonym. Alle MitarbeiterInnen unterliegen einer strengen Verschwiegenheitspflicht, im Rahmen der geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen, über die natürlich vor dem ersten Gespräch intensiv aufgeklärt wird. Die Dienstleistungen sind für die KlientInnen kostenlos, bei präventiven Maßnahmen, Schulungen oder Seminaren sind aber teilweise Kostenbeiträge vorgesehen. Auch wenn viele KlientInnen durch die Kinder- und Jugendhilfe, die Polizei, Schulen, ÄrztInnen oder andere humanitäre oder soziale Einrichtungen vermittelt werden, steht das Kinderschutzzentrum allen Kindern, Jugendlichen, Eltern und Bezugspersonen offen und das Team steht gerne zur Beratung zur Verfügung.