30 Jahre und kein bisschen leise
Eine Institution der Musikszene – weit über die Grenzen Salzburgs und auch Österreichs
hinaus, feierte im Oktober seinen 30. Geburtstag: das Rockhouse.
Texte: Doris Thallinger
Fotos: Rockhouse, Arne Müseler, Herman Seidl / Tirez Images, Images of Pain and Pleasure, Matthias Heschl
Es ist ein ganz eigenes Flair, das Ambiente erinnert an alte Zeiten, lässt Nostalgie aufkommen. Das Rockhouse besticht einfach mit einer Patina, die dazugehört wie die Musik. Dunkel gehalten, geht es rein in den Stein, in den Rock, dem das Rockhouse seinen Namen verdankt. Denn nicht die Musikrichtung ist namensgebend. Viel mehr als nur ein Genre finden hier ihre musikalische Heimat, im Gegenteil: kaum ein Genre, das das Rockhouse noch nicht gestreift hätte. Mehr als 10.000 Bands, Künstlerinnen und Künstler haben die Bühnen des Rockhouse in den vergangenen 30 Jahren bespielt, rund 9.000 Veranstaltungen sind hier vonstattengegangen und haben das Rockhouse Salzburg zu einem Fixstern am Musikhimmel – nicht nur in Österreich – gemacht.
Es sind große Namen der Musikszene, die das Rockhouse beehrt haben: Alte Legenden wie Thin Lizzy, Marianne Faithfull, Eric Burdon & The Animals, Simple Minds und Crowded House. Indie und Alternative Kult von Tocotronic, HIM und Queens of the Stone Age bis Portugal The Man, Bush und The National. HipHop Allstars à la Deichkind, Fettes Brot, De La Soul und Seeed. Punk Rock Urgesteine wie New Model Army, Dee Dee Ramone und Henry Rollins. Die Metal Crème de la Crème mit Sepultura, Sabaton, Anthrax, Machine Head und vieles vieles mehr. Alle Highlights aus 30 Jahren anzuführen, ist schwierig und würde hier alle Grenzen sprengen.
Karriereschmiede
Andererseits sind es aber genauso die ganz jungen Künstler, die neu gegründeten Bands, die innovativen Musikmacher, die im Rockhouse ihre ersten Bühnenerfahrung machen durften, die das Rockhouse zu dem machen, was es ist. Nicht wenige, heute berühmte Bands haben ihre Karriere mehr oder weniger im Rockhouse gestartet oder haben hier schon die Bühne gerockt, als der Rest der Welt noch nichts von ihnen wusste. Bestes Beispiel dafür sind vielleicht die Sportfreunde Stiller, die ihr erstes Konzert im Rockhouse noch als Vorband zu „Heinz aus Wien“ gespielt haben. „Es war ein eher schlecht verkauftes Konzert, noch dazu in der Bar, also auf unserer kleinen Bühne“, erinnert sich Susanna Kuschnig, „dieses Jahr gastieren sie am 19. Dezember bei uns und ihr Konzert war sofort ausverkauft.“ Dass die Sportfreunde Stiller ein Konzert in dieser Größenordnung spielen, hat Seltenheitswert. „Uns verbindet halt schon eine etwas längere Bekanntschaft“, schmunzelt Susanna Kuschnig.
Insbesondere die Veranstaltungsreihe Eleven Empire zeigt immer wieder junge, noch unbekannte Bands. Seit 2013 programmiert Sebastian König diese Reihe: „Neben der Erweiterung von Bandbreite und Vielfalt, sind Bands hier häufig vor dem Durchbruch in eine größere Öffentlichkeit live zu sehen. So z.B. die US-amerikanische Indie-Pop Band TV Girl, die 2017 bei einer kleinen Bar Show von ca. 30 Menschen bejubelt wurde und heute, nach Spotify Zahlen, die erfolgreichste Band ist, die jemals im Rockhouse aufgetreten ist (knapp 16 Millionen monatliche Hörer). Oder Wanda, die ich für einen Obolus für eine Show begeistern konnte, und die im Laufe der Bewerbung 2015 ihren endgültigen Durchbruch erlebten. Mit stets einem Auge auf der heimischen Szene, wurden neben Wanda viele weitere österreichische Bands erstmals in diesem Rahmen im Rockhouse präsentiert: Voodoo Jürgens, Flut, Schmack, Vague, Bad Weed, Salamirecorder & The Hifi Phonos und viele mehr.“
Und die Künstler kommen immer wieder mit Freude ins Rockhouse. Nicht selten findet man auf den Tourplänen das Rockhouse Salzburg als einzigen Österreich-Termin.
Local Heroes
Hauptsächlich kennt man das Rockhouse als Konzertveranstalter, aber: „Wir sind auch ein Musikhaus für die lokale Musikszene“, so Susanna Kuschnig, „ein Musikhaus VON und FÜR lokale Musiker und besonders stolz auf unsere lokalen Bands.“ Für diese bietet das Rockhouse – neben der Möglichkeit aufzutreten – Proberäume, aber ebenso ein breit gefächertes Workshopangebot im Rahmen der Rockhouse Academy. Die fachlich hochqualitativen Workshops reichen von Singtechniken und Songwriting über Instrumental- und DJing-Workshops bis in die Randbereiche des Musik-Business, wie Tontechnik, Selbstvermarktung oder Konzertfotografie sowie spannende Künstler-Talks.
Aber auch musikinteressierte Laien kommen in der Rockhouse Academy auf ihre Kosten: von Hip-Hop Dancing über Notenlesen für Anfänger, den Ukulele Workshops bis hin zu Rock & Pop Schnupperworkshops für 6- bis 10-Jährigen sowie Rock the Family, die Schnupperworkshops für die ganze Familie während der Ferien. Sämtliche Workshops werden kostenlos angeboten – lediglich die Anmeldung ist notwendig.
Wie alles begann
Der Weg zum Rockhouse reicht eigentlich schon über 40 Jahre zurück. Anfang der 80er Jahre wurden bereits Veranstaltungen auf die Beine gestellt, um auf den Unmut bezüglich fehlender Infrastruktur für die freie und alternative Szene aufmerksam zu machen. Kurz darauf wurde der Verein Pro-Ton gegründet, dem es 1985 gelang, eine einstimmige Wohlmeinung des Kulturausschusses bezüglich des Projekts Rockhouse zu bekommen. Viele Diskussionen und zwei Rockhouse Band Aid Veranstaltungen später, wurde 1990 schlussendlich der Umbau des Gebäudes in der Schallmooser Hauptstraße 46 beschlossen. Bis zur Eröffnung im Oktober 1993 arbeitete das Team aus dem Baustellen Büro und veranstaltete zwischenzeitlich Konzerte im Stadtkino (heute Szene) und der ARGE Nonntal.
Generationswechsel
Mit der Nachfolge von Programm- und Veranstaltungsleiter Wolf Arrer, der 26 Jahre lang das Programm verantwortet hat, beginnt der Generationenwechsel im Rockhouse Salzburg. Die sehr umfangreiche Aufgabe des Veranstaltungsleiters (Programm- und Veranstaltungsverantwortung) wird ab 2024 Joni Zott übernehmen.
Rockhouse-„Urgesteine“: Wolfgang Descho, …
… Susanna Kuschnig, …
… und Wolf Arrer, der sich nach 26 Jahren als Programm- und Veranstaltungsleiter zurückzieht.
Arrers Nachfolger: Joni Zott
Joni Zott im Interview
Als Programm- und Veranstaltungsleiter trittst du ab 2024 in große Fußstapfen. Wo soll die Reise aus deiner Sicht hingehen? Was möchtest du verändern/anders machen, welche Schwerpunkte setzen?
Ich will mir erstmal einen Überblick verschaffen und eine runde Übergabe bis Jahresende sicherstellen. Wolf Arrer hat ja auch schon ins Jahr 2024 vorgearbeitet und der Vorlauf bei Konzerten ist meist ein halbes Jahr.
Konzepte liegen aber genug in meiner Lade und werde ich zum richtigen Zeitpunkt im Team besprechen und weiterverfolgen. Durch die so starkgewordene österreichische Musikszene kann man hier durchaus schöne Reihen konzipieren. Menschen sollen heimische Bands durch einen Konzertbesuch entdecken, das hat die letzten Jahre etwas abgenommen. Zuviel will ich aber noch nicht verraten.
In deinen Worten: Was ist das Besondere am Rockhouse, wie ist dein Bezug?
Ich habe die überwiegende Zeit meiner Jugend im Rockhouse verbracht. Ob als Gast bei Konzerten und Konzertreihen, im Gastgarten oder mit meiner damaligen Band „Zufallstreffer“ im Proberaum 5 und unseren ersten Konzerten bei Local Heroes, den ersten eigens veranstalteten Konzerten sowohl in der Bar als auch im Saal, als Gast bei der Xtra Ordinary Präsentation und Heimo Erbse Preis oder beim Stuck! Festival im Artist Care.
Auch nach meiner Jugend habe ich nie den engen Kontakt zum Rockhouse verloren. Beispielsweise habe ich als Projektleiter in Zusammenarbeit mit dem Rockhouse die Circus Concerts und Hip Hop Circus auf die Beine gestellt sowie den Acoustic Summer initiiert und aufgebaut. Die letzten 12 Jahre habe ich von Wien aus Tourneen organisiert und auch da war ich im regelmäßigen Austausch mit Wolf und Susanna.
Wolfgang Descho hatte für uns als junge Band immer ein offenes Ohr und hat uns durchwegs unterstützt. Für mich waren diese Erfahrungen auch der Türöffner für meinen weiteren Berufsweg. Ich wusste nach den ersten Konzerten im Rockhouse: Ich will etwas in diese Richtung arbeiten, aber nicht genau was. Eine Ausbildung zum Booker/Veranstaltungskaufmann gab es damals nicht und ohne jegliche Anlaufstelle ist es dann schwer, sich als junger Mensch etwas aufzubauen.
Diese Möglichkeit macht für mich das Rockhouse so wertvoll. Ich will junge Menschen vor (BesucherInnen), auf (KünstlerInnen) und hinter (MitarbeiterInnen und ProjektleiterInnen) der Bühne fördern und ihnen ebenfalls diese Möglichkeit bieten.
Wo siehst du das Rockhouse in 30 Jahren?
(lacht) Kurz vor meiner Pension also? Das Rockhouse ist in der österreichischen Landschaft einer der wichtigsten Clubs und Veranstaltungsorte. Die verlässliche Professionalität wird von BookerInnen und TourmanagerInnen sowohl im Inland als auch im Ausland sehr geschätzt. Bands sind immer wieder gerne im Haus und spielen zum Teil noch immer großartige Underplay-Shows. (Siehe z.B. Sportfreunde Stiller am 19.12.23). Auch für die regionale Szene ist das Rockhouse eine der wichtigsten Anlaufstellen und das soll die kommenden Jahrzehnte auch so bleiben.
Wolfgang Descho im Interview
Du hast vor 30 Jahren maßgeblich zur Gründung des Rockhouse beigetragen und leitest es bis heute: Was waren für dich persönlich die Highlights der vergangenen 30 Jahre?
Das erste Highlight war die Eröffnung 1993, weil nach 13 Jahren Mühen es endlich so weit war und es tolle Konzerte von heimischen und internationalen Bands gab. Darüber hinaus: Eine Unmenge an Local Heroes, da hier oft viele unheimlich kreative Rohdiamanten zu hören sind, ebenso wie auf den Xtra Ordinary Samplers, die jährlich präsentiert werden.
Und viele der Nischenkonzerte, wie ich sie nenne, die jetzt in Eleven Empire oder bei Dawn Festival und früher beim Yeah!Club zu sehen und hören sind, da hier noch unverbrauchte, oft gerade noch nicht entdeckte Bands Wahnsinnskonzerte spielen. Nur so als Beispiel, Kraftklub spielte in der Rockhouse Bar kurz vor ihrem Durchbruch vor 60 Leuten ein begeisterndes Konzert und auch die Sportfreunde Stiller fingen einst auf der kleinen Bühne an.
Aber auch die Gespräche „danach“ bei einem Bier an der Rockhouse Bar, wie z.B. mit den Simple Minds oder Wolfgang Niedecken, Sven Regener oder den Beatsteaks, um nur einige zu nennen, sind schon etwas Besonderes.
Was war von Anfang an deine Vision bei der Gründung des Rockhouse?
Die Vision war, endlich ein Haus für die heimische Musikszene zu haben, und zwar: das Rockhouse als kreatives Arbeitshaus (Probe- und Workshopräume), als Auftritts- und Präsentationsmöglichkeit für die heimische und internationale Musikszene, als (Fort-)Bildungseinrichtung, als kommunikativen Treffpunkt an der Bar sowie als Servicestelle.
Was wünscht du dir heute – für die kommenden 30 Jahre?
Die Fortführung und Weiterentwicklung dieser Visionen. Dazu gehört natürlich die notwendige Akzeptanz und Finanzierung der Kulturstätte Rockhouse Salzburg. Ansonsten müssen wir das Rad ja nicht neu erfinden. Denn Musik, vor allem Livemusik, ist ein intensives Erlebnis, das keine Technik der Welt wegbeamen kann.
Unsere Ziele sind weiterhin, dass das Rockhouse ein Haus der Musik und der Musikerinnen und Musiker ohne stilistische Grenzen bleibt, das Angebot eines ganzjährigen Konzertbetriebes, der die internationale und auch nationale Musikszene „am Puls der Zeit“ präsentiert, die Abbildung neuer Entwicklungen und Trends der globalen Popkultur, das Aufspüren des noch Unerhörten, des ungewohnten Neuen als Quelle künstlerischer Innovation, die Präsentation von Protagonisten der Popgeschichte als Zeitzeugen und: ein musikalischer Nahversorger im Großraum Salzburg zu sein.
Das Rockhouse wird weiterhin einerseits die Wichtigkeit der heimischen Szene präsentieren als auch die internationale Szene live zeigen. Gute Atmosphäre und echte Live-Stimmung kann man nicht downloaden!