30 Jahre Literaturhaus Salzburg
Text: Astrid Schraffl
Fotos: Literaturhaus Salzburg
Seit Herbst 1991 hat die Literatur in der Strubergasse am Rande der Salzburger Altstadt ihr Zuhause. Anfangs noch ein Geheimtipp, hat sich das Literaturhaus Salzburg in den letzten drei Jahrzehnten zu einer Institution entwickelt, die aus dem kulturellen Leben Salzburgs nicht mehr wegzudenken ist. Diesen Oktober feierte sie ihr dreißigjähriges Bestehen.
Das Literaturhaus Salzburg wurde als fünftes Literaturhaus im deutschen Sprachraum (nach Berlin, Hamburg, Frankfurt und Wien) eröffnet. Leiter war zu der Zeit Musiker und Filmemacher Harald Friedl, der sein Amt aber bereits 1993 an Tomas Friedmann weitergab, der es seitdem mit viel Leidenschaft innehat. Im „literaturhaus.net“ sind aktuell 15 große Literaturhäuser in Deutschland, Österreich und der Schweiz bestens miteinander vernetzt. Es finden übergreifende Projekte statt und seit 2002 wird jährlich gemeinsam der Preis der Literaturhäuser vergeben. Salzburgs Literaturhaus-Leiter ist stellvertretender Vorstandsvorsitzender und war Mitte der 1990er Jahre Gründungsmitglied.
Aufwändige Struktur
Das Literaturhaus Salzburg gehört mit jährlich rund 300 Veranstaltungen zu den aktivsten Häusern im deutschen Sprachraum – mit einer besonderen Struktur. Denn neben dem Trägerverein (mit dem Jungen Literaturhaus) sind noch fünf autonome Literatureinrichtungen fixer Bestandteil: das Literaturforum Leselampe, die Salzburger AutorInnen Gruppe, die GAV-Salzburg, erostepost und prolit. Alle Literaturvereine bespielen das Haus und organisieren Aktivitäten in Stadt und Land Salzburg.
Mit Leiter und Geschäftsführer Tomas Friedmann arbeiten etwa 20 Leute regelmäßig im oder für das Literaturhaus. Dabei gibt es fünf Mitarbeiter, die seit der Eröffnung des Hauses 1991 mit dabei sind: Brigitte Bromberger, die überwiegend für Organisation und Veranstaltungen zuständig ist, Peter Baier-Kreiner und Alexander Ringerthaler (damals prolit), Christian Hollaus (damals SAG) und Kurt Wölflingseder vom Literaturverein erostepost.
Wichtiger Bestandteil
Als Erfolg sieht Tomas Friedmann, dass das Literaturhaus inzwischen gleichwertig neben anderen Kulturinstitutionen Salzburgs (wie Rockhouse, Das Kino, ARGE Kultur, Jazzit etc.) steht. Das ist nicht selbstverständlich, denn Literatur gilt nach wie vor als etwas „sperrig“ in der Vermittlung. Zu oft ist mit dem Wort noch Ehrfurcht behaftet und die Befürchtung, es könnte anstrengend werden. Hier hat das Literaturhaus-Team langfristig ganze Arbeit geleistet, um Schranken abzubauen und das Literaturhaus als gefragten Begegnungsort zu etablieren. Schön findet es Friedmann außerdem, wenn inzwischen erfolgreiche Autoren rückblickend erzählen, sie hätten ihre ersten Literaturerfahrungen damals als Schüler im Literaturhaus gemacht, im Zuge von Lesungen, Workshops und ähnlichem.
Kreativ-literarische Ideen
Genauso empfindet der Literaturhausleiter als tolle Errungenschaft für Salzburg die Errichtung der Büchertankstellen in alten Telefonzellen, wo täglich zahlreiche Bücher kostenlos die Hand wechseln. Vor allem, dass diese originelle Idee vielfach von anderen Gemeinden und Bundesländern aufgegriffen wurde, bereitet zusätzlich Freude. Das gleiche gilt für die LiteRADtouren, bei denen seit über 25 Jahren jedes Jahr Neugierige auf den Spuren von Georg Trakl, Thomas Bernhard, Stefan Zweig, H.C. Artmann & Co. radeln und spazieren – geführt von erfahrenen ExpertInnen.
Internationale Bedeutung für das Literaturhaus und dessen weitere Entwicklung hatte 1995 die Gründung des Festivals „Europa der Muttersprachen“, wo es jedes Jahr seitdem einen Fokus auf einen bestimmten europäischen Sprachraum gab, was nicht immer ident mit Landesgrenzen war. Hier wurde literarisch und mit Ausstellungen hineingezoomt in das Besondere und man kam dann natürlich schnell auch zur jeweiligen Geschichte, Politik und zu kulturellen Eigenheiten. Vor einigen Jahren wurde das Konzept in Richtung transnationale Literatur sowie themenbezogen verändert, da es heutzutage durchaus ein gängiges Phänomen darstellt, dass KünstlerInnen wie z. B. Ann Cotten in Amerika geboren, in Österreich aufgewachsen und nun in Berlin heimisch sind. Sprich, man kann sie nicht mehr dezidiert national zuordnen. Im Zuge dieses Festivals entstehen die interessantesten Begegnungen mit „fremden“ AutorInnen, die literarisch und kulturell sehr bereichernd für Salzburg sind.
Corona-Krise
Auch wenn sich die durch Corona schwer gebeutelte Kulturbranche langsam wieder zu erholen scheint, erzählt Tomas Friedmann im Gespräch von den nach wie vor andauernden und deutlich spürbaren Auswirkungen auf die Veranstaltungsbesuche. Das Minus liegt bei einem durchschnittlichen Besucherrückgang von gut 30 % – ausgenommen waren Freiluftveranstaltungen, Auftritte von Prominenten und das Krimifest. Beim täglichen Veranstaltungsprogramm in der Jubiläumswoche im Oktober wurde die Besucherfrequenz von Tag zu Tag zufriedenstellender, wobei Donnerstag, Freitag und Samstag am attraktivsten waren. Dennoch ist man nach wie vor am Kämpfen, um die Leute wieder zurück an den Ort des literarischen Geschehens zu bringen. Bis Weihnachten finden im Literaturhaus täglich Abendveranstaltungen statt – sowie Vormittagsprogramm für Schüler und Schülerinnen. Hier ist das Interesse ungebrochen groß, allerdings mit der ständigen Unsicherheit möglicher Corona-Beschränkungen.
Sachbücher-Trend
Für die nähere Zukunft ist geplant, stärker als bisher in den Sachbuchbereich zu gehen, wobei bei Veranstaltungen der
Dialog im Vordergrund stehen soll. Der Plan ist, Wissenschaftler und Schriftsteller miteinander ins Gespräch zu bringen, wobei 2022 die gerade sehr aktuellen Themen Klimawandel, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit im Fokus liegen werden. Auf die Frage, warum er der Meinung ist, dass das Literaturhaus für die Salzburger Bevölkerung eine wichtige Bereicherung ist, sagt Tomas Friedmann abschließend: „Weil ich der Meinung bin, dass Literatur einen ganz wesentlichen Beitrag für das Leben leistet. Das Leben wird dadurch interessanter und spannender. Man kann sich über Bücher selbst entdecken und sich gleichzeitig mit der Welt auseinandersetzen. Das ist unser Angebot, das wir den Menschen in Salzburg inzwischen seit 30 Jahren offerieren und wir freuen uns immer wieder über Gespräche mit Menschen, die uns rückmelden, dass wenn es uns nicht gäbe, sie nicht so gerne in Salzburg leben würden, wie sie es tun.“