Wir lassen uns nicht an die Leine nehmen!
Text: Dr. Peter W. Egger, LL.M., Vorsitzender der Gewerkschaft Richter und Staatsanwälte Salzburg
Fotos: Peter W. Egger
Der französische Staatstheoretiker Montesquieu (1689–1755) stellte den Grundsatz auf, dass es Freiheit und Frieden nur geben kann, wenn die Justiz völlig unabhängig von den beiden politischen Gewalten, also Parlament und Regierung, agieren kann. Vereinfacht gesagt: Die Justiz darf sich nicht an die Leine der Politik nehmen lassen.
Man braucht kein Philosoph zu sein, um festzustellen, dass eine unabhängige Justiz nur dann funktionieren kann, wenn Gerichte und Staatsanwaltschaften mit ausreichend personellen und finanziellen Mitteln ausgestattet sind. Gerade bei Großverfahren, wie dem Buwog-Verfahren um Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser – es müssen endlose Datenmengen gesichtet werden – wird klar, dass Justizbehörden ihre umfangreichen Aufgaben nur unter Einsatz ausreichender Ressourcen und nicht unter dem Druck strenger Sparvorgaben bewerkstelligen können.
Als Angehöriger der dritten Staatsgewalt bin ich stolz darauf, dass die Salzburger Justiz einerseits rasch und qualitativ hochwertig arbeitet, andererseits die Gerichte mit ihren Einnahmen (aus Gebühren und Geldstrafen) ihre Kosten nicht nur selbst finanzieren, sondern sogar zu 111 Prozent (!) abdecken. Die Justiz belastet damit den Steuerzahler in keiner Weise, sondern bringt dem Staat vielmehr Gewinne ein.
Umso weniger ist es einzusehen, wenn die Bundesregierung gravierende Einsparungen gerade beim Kanzleipersonal vornimmt. Am Landesgericht Salzburg dürfen aufgrund der Sparziele der Regierung jährlich fünf bis sieben Stellen bei Kanzleimitarbeitern nicht nachbesetzt werden. Das sind bei aktuell 56 Vollzeitkräften zehn Prozent im Jahr! Für ein privates Unternehmen würde so ein massiver Stellenabbau eine Bankrotterklärung bedeuten. Neben weniger Service für die Bevölkerung wird der Personalabbau auch zur Folge haben, dass Richter und Staatsanwälte (deren Stellen ebenso von Einsparungen bedroht sind) immer mehr mit Verwaltungs- und Nebentätigkeiten belastet werden.
Ein Fokussieren der Rechtsprechungsorgane auf ihre ureigentliche Aufgabe, das Ermitteln der Wahrheit und das Finden einer gerechten Entscheidung, wird dadurch zusehends vereitelt. Ob komplexe Prozesse, wie zuletzt das hochbrisante Verfahren rund um die „Swap-Affäre“, in Zukunft weiterhin effizient und rasch abgewickelt werden können, ist aufgrund der Einsparungen höchst ungewiss. Anders ausgedrückt: Das Funktionieren des Rechtsstaats ist – auch in Salzburg – einer ernstzunehmenden Gefahr ausgesetzt.
Der Präsident des Oberlandesgerichtes Innsbruck, Dr. Klaus Schröder, brachte unlängst bei einer Pressekonferenz die aktuellen Befürchtungen auf den Punkt: Aufgrund der geplanten Einsparungen könnte man auf die Idee kommen, dass die Politik die Justiz an die Leine nehmen will, weil sie sich nicht parteipolitisch kontrollieren lässt.
Hoffen wir, dass sich die Politiker – im Sinne Montesquieus – doch noch eines Besseren besinnen mögen.