Wahre Gesundheit kommt von innen
Text: Natalie Zettl
Fotos: Samantha Kirk, Privat, Андрей К - stock.adobe.com, FotoHelin, Nishihama, samael334, reshidea
Klar: Gesundheit hat auch mit der Aufnahme von Nährstoffen zu tun – nicht umsonst raten Ärzte zu einer ausgewogenen Ernährung.
Aber wo reicht eine gesunde Lebensweise aus und wo muss man möglicherweise in Form von Nahrungsergänzungsmitteln nachhelfen?
Spurenelemente
Zink
Ohne Erkältung und grippalen Infekt durchs Jahr – wäre das nicht was? Und vielleicht verhindert eine gezielte Prophylaxe ja auch eine Infektion mit den gefürchteten Corona-Viren? Möglich wäre es, wissenschaftlich bewiesen ist es indes (noch) nicht. Dass Zink eine große Rolle für das menschliche Immunsystem spielt, ist allerdings unumstritten. Zink findet sich in zahlreichen Nahrungsmitteln wie beispielsweise Fleisch, Fisch, Käse und Eiern. Deshalb ist es nur in Ausnahmefällen nötig, Zink dauerhaft zusätzlich einzunehmen – beispielsweise, wenn Sie von den oben genannten Nahrungsmitteln nur wenige essen oder sich vegan ernähren. Sinnvoll kann die Supplementierung dagegen tatsächlich zur Allergiezeit sein – oder wenn sich ein Infekt anbahnt. Empfehlenswert sind im Akutfall laut Bernhard Telsnig, Inhaber der Nautilus-Apotheke in Elsbethen, 15 mg Zink und Vitamin C in einer Retard-Kapsel einmal pro Tag – und bei Allergien zusätzlich Calcium und Vitamin D. Ärztin Fiona Kirk geht in ihrer Empfehlung etwas weiter: 30 Milligramm Zink und rund ein Gramm Vitamin C dürfen es bei ihr im Fall eines Infekts sein – wobei man auf Anzeichen von Überdosierung von Vitamin C, beispielsweise Durchfall, achten sollte. Und: „Zink wirkt direkt an der Nasenschleimhaut“, so Fiona Kirk. „Es wird in Form einer Lutschtablette am besten aufgenommen.“
Eisen
Eisen bildet einen Bestandteil der roten Blutkörperchen und unterstützt das Immunsystem. Zudem ist es wichtig für die Thermoregulation und die körperliche Leistungsfähigkeit. Hauptsächlich in Fleisch- und Wurstwaren kommt Eisen vor, daher haben Vegetarier oftmals einen Mangel. Aber nicht nur sie: Bis zu 60 Prozent der Frauen haben aufgrund der Menstruation mit Eisenmangel zu kämpfen. „Das zeigt sich durch eine starke Blutung, nach der man müde und energielos ist“, so Fiona Kirk. „Wenn diese Symptome bestehen, kann gerade in der Woche der Regelblutung eine zusätzliche Gabe des Mineralstoffs sinnvoll sein.“ Was man außerdem beachten sollte: „In Sachen Eisen sollte man unbedingt zu einem pflanzlichen Präparat greifen, da andere Eisenpräparate oftmals harten, dunklen Stuhl verursachen können.“ Zudem sollte man Eisen mit Vitamin C kombinieren – und es auf keinen Fall direkt zum Essen einnehmen.
Mineralstoffe
Calcium
Allgemein bekannt ist, dass Calcium wichtig für Knochen und Zähne ist – aber auch für die Funktion von Muskeln und Nerven sowie zur Blutgerinnung wird der Mineralstoff benötigt. Die gute Nachricht: Auch Calcium steckt in vielen Lebensmitteln, insbesondere in Milchprodukten, aber auch in Brokkoli und Nüssen. Übrigens: Damit sich Calcium in den Zellen einlagern kann, benötigt der Körper ausreichend Vitamin D3!
Magnesium
Magnesium gehört zu den meistgekauften Nahrungsergänzungsmitteln in Österreich. Der Mineralstoff ist maßgeblich beteiligt am Energiestoffwechsel sowie an der Muskel- und Nervenfunktion. Gerade Sportler greifen daher gern zu Supplementen, um Muskelkrämpfen und Ermüdungserscheinungen vorzubeugen. Auch bei Allergien kann ein adäquater Magnesium-Spiegel zur Linderung der Beschwerden führen. Typische Symptome eines Magnesium-Mangels sind Krämpfe. Aber Vorsicht: „Auch Calcium-Mangel führt oft zu Krämpfen; dann nehmen viele Leute reflexartig Magnesium ein“, so Fiona Kirk. „Das kann natürlich im Falle eines Calcium-Mangels nicht zu einer erwarteten Besserung führen.“ Übrigens wird Magnesium laut Fiona Kirk am besten über die Haut aufgenommen – man kann also statt Tabletten zu Cremes oder Bädern greifen.
Essentielle Fettsäuren
Der menschliche Körper sollte einen ausgeglichenen Haushalt an essentiellen Fettsäuren (Omega 3, 6 und 9) haben. Omega-9-Fettsäuren werden vom Körper selbst hergestellt, Omega-6-Fettsäuren häufig mit der Nahrung aufgenommen – beispielsweise über Sonnenblumenöl oder minderwertiges Fleisch. Omega-3-Fettsäuren fehlen jedoch häufig, was fatal ist: Befinden sich die „Gegenspieler“ nicht im Gleichgewicht, entstehen Probleme wie beispielsweise ein hoher Blutdruck, Gefäßerkrankungen und Entzündungen.
Omega-3-Fettsäuren
Kein Zweifel: Omega-3-Fettsäuren sind im menschlichen Organismus oft zu wenig enthalten. Dass Omega-3-Fettsäuren den Blutdruck regulieren und zu einer normalen Gehirnfunktion, Sehkraft und Herzfunktion beitragen, ist wissenschaftlich belegt. Bestimmte enthaltene Säuren wie Alpha-Linolsäure (ALA) und Docosahexaensäure (DHA) sind außerdem für eine gesunde Entwicklung von Kindern und Säuglingen wichtig. Übrigens: Kaltgepresstes Leinöl hat einen hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren.
Vitalpilze
Vor allem in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) werden Heilpilze bereits seit tausenden von Jahren eingesetzt. In Europa finden sie erst seit dem 20. Jahrhundert Anwendung – so wurde beispielsweise im Jahr 1928 das von Alexander Flemming entdeckte Penicillin aus dem Schimmelpilz „Penicillium notatum“ isoliert. Neben bioaktiven Vitalstoffen enthalten Heilpilze vor allem Vitamine, Mineralstoffe und Aminosäuren. „In unserer westlichen Welt wird an der Wirkung von Vitalpilzen aktuell intensiv geforscht“, erklärt Markus Halbartschlager, Inhaber der Firma HASANA Naturprodukte. „Sicher wird das jahrtausendealte Wissen aus Asien in den nächsten Jahren erweitert und auf die westliche Medizin umgelegt werden.“ Die meisten Vitalpilze, die heutzutage angewendet werden, sind übrigens Baumpilze. Sie werden jedoch inzwischen nicht mehr in der Natur gesammelt, sondern kommerziell angebaut – was den Vorteil hat, dass der Wirkstoffgehalt genauer kontrolliert werden kann. Auch Espara-Expertin Heidi Eder ist sich sicher: „Vitalpilze sind hervorragend geeignet, um den Körper, den Stoffwechsel und das Immunsystem zu kräftigen und zu stärken.“ Vitalpilze kann man als Pulver, in Extrakt- oder Kapselform kaufen. In jedem Fall sollten Sie auf hohe Qualität Wert legen, um Verunreinigungen auszuschließen.
„Wenn draußen ein Sturm tobt, tut es gut, sein inneres Haus zu stärken.“
Markus Halbartschlager
Das Sonnen-Vitamin
Vitamin D3 fehlt Mittel- und Nordeuropäern sehr häufig und kann praktisch nicht über die Nahrung aufgenommen werden. Eine zusätzliche Gabe des sogenannten Sonnen-Vitamins ist daher sinnvoll.
Vitamin D3 wird in erster Linie durch Sonneneinstrahlung in der Haut gebildet und sorgt für gesunde Knochen, viel Energie und ein gesundes Immunsystem. Ein Vitamin-D-Mangel lässt sich schwer an konkreten Symptomen festmachen, am ehesten zeigt er sich durch Energielosigkeit. Bernhard Telsnig, Inhaber der Nautilus-Apotheke in Elsbethen, schwört auf das „Sonnen-Vitamin“: „Für mich ist ein hoher Vitamin-D-Spiegel der Schlüssel zur Prophylaxe von fast allen Zivilisationskrankheiten.“ Gerade bei psychischem Stress, wie er bei vielen Menschen beispielsweise aufgrund des Lock-Downs und seiner Folgen entstand, verbraucht der Körper vermehrt Vitamin D, die Energie sinkt – Allergien, ein
geschwächtes Immunsystem, aber auch psychische Probleme wie beispielsweise Depressionen können die Folgen sein.
Die Aufnahme von Vitamin D
Bewohner der Nordhalbkugel haben meist zu wenig Vitamin D3. Das hat mehrere Gründe: „Natürlich ist die Sonneneinstrahlung in Europa generell geringer als beispielsweise in Afrika. Hinzu kommt, dass der Durchschnittseuropäer den ganzen Tag über in geschlossenen Räumen arbeitet – und am Feierabend ist die Sonne dann auch im Sommer nicht mehr stark genug, um den Vitamin-D-Spiegel zu heben.“ Ab UV-Index 3 bildet der menschliche Körper Vitamin D3 – in Österreich herrscht im Sommer zu Mittag UV-Index 4-8, im Winter aber nur UV-Index 2. Das bedeutet: „Während der Sommermonate sollte man Vitamin D durch Sonne tanken, wann immer es möglich ist, beispielsweise durch einen Spaziergang in der Mittagspause. Im Winter hingegen muss man Vitamin D als Nahrungsergänzung einnehmen.“ Bernhard Telsnig empfiehlt ein Präparat, das sich aus
Vitamin D3 und Vitamin K2 zusammensetzt. Letzteres sorgt dafür, dass das freie Calcium besser in den Knochen aufgenommen wird und vor Osteoporose und Gefäßerkrankungen schützt. Und die Dosis? „Die darf ruhig hoch sein“, so Bernhard Telsnig. „Ich empfehle eine Dosis von mindestens 20.000 internationalen Einheiten pro Woche – eine Überdosierung ist in unseren Breitengraden nicht möglich.“ Auch Ärztin Fiona Kirk empfiehlt Vitamin D3 und K2 – gerne auch in Kombination mit Calcium.
Vorgesorgt statt akut behandelt
Im Sommer sollte man, anstatt Vitamin D oral einzunehmen, allerdings lieber die Sonne genießen. Dabei haben es helle Typen leichter als dunkle, denn sie bilden schneller Vitamin D. Laut Telsnig ist das übermäßige Benutzen von Sonnencreme in dieser Hinsicht nicht förderlich: „Lieber nur kurz, dafür aber ohne UV-Schutz, in die Sonne.“ Besteht bei Ärzten, Krankenkassen und Patienten ein Problembewusstsein bezüglich des häufigen Mangels an Vitamin D mit all seinen Folgen? „Kaum“, so Bernhard Telsnig und weist auf die Philosophie unseres Gesundheitssystems hin: „Bei uns wird der Patient in der Regel nur behandelt, wenn er bereits erkrankt ist. Sinnvoller wäre eine umfassende Vorsorge. In dieser Hinsicht wird der Patient jedoch häufig sich selbst überlassen.“ Der unterste Wert für Vitamin D beträgt 30 ng/ml (Nanogramm pro Milliliter) Blut. Ärzte, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen, schätzen, dass der Richtwert bei rund 60 Prozent der österreichischen Bevölkerung unterschritten wird. Um festzustellen, ob bei Ihnen ein Mangel vorliegt, sollten Sie beim Hausarzt ein Blutbild machen lassen (und unbedingt darauf hinweisen, dass der Vitamin-D-Spiegel bestimmt werden soll!) oder in der Apotheke einen Schnelltest in Anspruch nehmen – das geht ganz einfach mit einem kleinen Pieks in den Finger.
„Während der Sommermonate sollte man Vitamin D durch Sonne tanken, wann immer es möglich ist, beispielsweise durch einen Spaziergang in der Mittagspause. Im Winter hingegen muss man Vitamin D als Nahrungsergänzung einnehmen.“
Bernhard Telsnig
Interview mit Fiona Kirk
Natürlich zu mehr Gesundheit
Ärztin Fiona Kirk wendet natürliche Methoden in ihrem Praxis-Alltag regelmäßig an. Besonders dem Thema Nahrungsergänzungsmittel weist sie einen hohen Stellenwert in Sachen Gesundheit zu.
Welche Rolle spielen Mangelerscheinungen, beispielsweise an Vitaminen oder Mineralstoffen bei der Gesundheit Ihrer Patienten?
Charakteristisch ist, dass Mangelerscheinungen unheimlich vielfältig sein können. Oft gibt man gegen das ein oder andere Symptom Medikamente, dabei könnte man mit Nahrungsergänzungsmitteln leicht das Gewünschte erreichen. Dafür müsste man den Mangel aber auch als solchen erkennen. Häufig sind sogar Medikamente schuld an dem Mangel: Wir wissen beispielsweise, dass Cortisonpräparate den Auf- und Abbau von Knochensubstanz beeinflussen und eine verminderte Calciumaufnahme bewirken. In der Folge können somit die Knochen Schaden nehmen und Osteoporose entstehen. Auch der sehr häufige D3-Mangel kann Osteoporose verursachen, wenn er über viele Jahre hinweg besteht. Blutdruckmedikamente beeinflussen unsere Elektrolyte und Statine, das sind Cholesterin-Medikamente, hemmen die Bildung von Coenzym Q 10. Die Antibabypille entzieht dem Körper Vitamin B6 sowie Zink und Eisen – letzteres ein Stoff, an dem Frauen häufig einen Mangel haben.
Welche Stoffe fehlen uns am häufigsten?
In Österreich auf jeden Fall Vitamin D3, da wir nur wenige Sonnenmonate im Jahr haben. Das sollte in Form von Nahrungsergänzung gemeinsam mit Vitamin K2 und Calcium eingenommen werden, um die Aufnahme zu optimieren. Früher war auch Jodmangel häufig, der wird durch den Zusatz an Jod im Speisesalz aber inzwischen meist verhindert. Selen ist ein Spurenelement, von dem wir oftmals zu wenig haben – die heimischen Böden sind sehr selenarm, sodass wir es auch durch Getreide nicht in ausreichender Menge zu uns nehmen können.
Stichwort Vitamine: Welche Präparate sollten für eine optimale Wirkung mit einem bestimmten Stoff kombiniert werden?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zunächst einmal zwischen fettlöslichen und wasserlöslichen Vitaminen unterscheiden. Die Vitamine A, D, E und K sind fettlöslich, alle anderen wasserlöslich. Das bedeutet, wenn ich A, D, E oder K einnehme, sollte ich gleichzeitig etwas Fettes essen. Wobei ich davor warnen möchte, Vitamin A in der Reinform einzunehmen – ich empfehle die Einnahme von Betacarotin, aus dem der Körper nur so viel Vitamin A bildet, wie er braucht, denn Vitamin A kann unter Umständen – beispielsweise in der Schwangerschaft – bei Überdosierung zu Missbildungen führen.
Was passiert, wenn man den einen oder anderen Mangel vermutet – wie wird dieser diagnostiziert?
Für eine detaillierte Diagnose reicht eine herkömmliche Blutuntersuchung oft nicht aus. Man sollte daher auf eine Vollblutanalyse setzen – dabei wird der Gehalt an Mineralstoffen in den Blutzellen untersucht.
Die Glaubensfrage: Macht ausgewogene Ernährung Nahrungsergänzungsmittel überflüssig?
Nein, das nicht. Eine in dieser Art ausgewogene Ernährung kann im Sommer klappen, wenn man aus dem Garten frische Kräuter, Obst und Gemüse essen kann – und wenn man genügend an der frischen Luft und in der Sonne ist. Selbst dann sollte man aber wissen, dass unsere Böden sehr selenarm sind, sodass man diesen Stoff nur schwer in ausreichendem Maß aufnehmen kann. Im Winter halte ich eine derart ausgewogene Ernährung für nahezu unmöglich.