Tausend und eine Köstlichkeit
Intensive Farben, raffinierte Gewürzmischungen und jede Menge frische Kräuter! Das sind die Zutaten, die das Sommerdiner auf der Terrasse in einen orientalischen Urlaub für alle Sinne verwandeln. Willkommen im Reich der Köstlichkeiten!
Text: Dominic Schafflinger
Fotos: Restaurant Delcook, Elissavet Patrikiou, Dominic Schafflinger, Restaurant Eleven Eleven
Egal, ob sommerlich leichte Mezze, deftige Schmortöpfe oder saftige Grillspieße, kaum eine Vorliebe, die sich nicht mit der Kochkunst des Orients befriedigen lässt. Gerade die Länder der Levante, die zwischen dem östlichen Mittelmeer und Asien eingebettet sind, erfreuen sich in der Top-Gastronomie zunehmender Beliebtheit. Dieser Melting-Pot der Esskultur bezieht seine Zutaten seit jeher über die alte Seidenstraße und das Meer aus allen Teilen der Welt: Safran aus dem Iran, Sternanis aus China und Kardamom aus Sri Lanka. Die Rezepte dieser Regionen entführen geschmacklich in das multikulturelle Haifa, die antiken Gassen Damaskus oder auf die prächtigen Plätze Isfahans. Orientalisches Essen ist aber nicht nur Urlaub für die Sinne, sondern auch immer ein Fest für die ganze Familie.
Orientalische Tischkultur
„Der Gast steht immer im Mittelpunkt. Die besten Stücke sind immer für ihn reserviert, während der Gastgeber sich vornehm zurückhält“, erklärt der iranische Gastronom Hamid Reza Honarmand. Den Gast begrüßt man traditionell mit Kaffee, Tee und Datteln. In Marokko serviert man süßen Grüntee mit Pfefferminze, in der Levante klassischen Schwarztee. Persische Teemischungen werden gerne mit Safran oder Rosen veredelt. Im Oman und den Emiraten trinkt man Qahwa, schwarzen Kardamomkaffee.
Vor dem Essen ist Händewaschen angesagt. Viele Länder des Orients essen mit den Händen, allerdings nur mit der Rechten, da die linke als unrein gilt. So hat man auch immer eine saubere Hand für das Trinkglas und den Vorlegelöffel übrig. Egal, was man serviert – ist am Ende alles aufgegessen, hat man zu wenig gekocht. Trotzdem nimmt man sich nur auf den eigenen Teller, was man auch wirklich essen kann. Es gilt als respektlos, Nahrung zu verschwenden. Am Tisch herrscht farbenfrohe Fülle. Gerichte werden auf großen Platten und Schüsseln gereicht, von denen sich jeder bedient. Reis wird mit Safran, Färberdistel oder Sauerkirschen gefärbt, Salate und Mezze, das levantinische Äquivalent zu spanischen Tapas, mit frischen Kräutern dekoriert. Eine traditionelle Tischfolge besteht aus einer Auswahl unterschiedlicher Mezze, einem oder mehreren Hauptgerichten und einem süßen Dessert wie Baklava oder Halva, die man in guter Qualität in der Balkanbäckerei bekommt.
Mezze – levantinische Tapas
Kleine Snacks vor dem Hauptgang, zum Tee und zu einem guten Gespräch gehören im Orient seit jeher zur Lebenseinstellung der Menschen. Man nimmt sich Zeit für Soziales und Genuss. Die Mezze-Kultur wird in westlichen Trendrestaurants immer mehr übernommen und ist ein weltweiter Trend. Kein Wunder, sind doch die meisten Speisen traditionell vegan, leicht bekömmlich und enthalten viele Proteine und Vitamine. Der Klassiker aller Mezze ist das Hummus.
„Hummus überschreitet alle Grenzen und gehört allen Menschen, wo immer sie leben mögen oder woher sie kommen.“ Für den Israeli Oz Ben David und Jalil Dabit aus Palästina ist Hummus das ultimative Verbindungsstück aller Kulturen des Orients. In Berlin haben die beiden mit ihrem gemeinsamen Restaurant Kanaan ein Symbol der Hoffnung und des Friedens geschaffen und einen Ort des gemeinsamen Genusses. Wer das köstliche Kichererbsenmus erfunden hat, sorgt immer wieder für Diskussionen. Fest steht, dass Hummus die gesamte Levante-Region miteinander verbindet, obwohl jeder es auf seine Art und Weise zubereitet. Die Grundzutaten sind aber immer dieselben: Kichererbsen, Tahini-Sesampaste, Zitronensaft und Olivenöl. Der Rest ist Geschmackssache.
Neben eine Schüssel Hummus gehört immer eine Portion Babaganoush. Das Melanzanimus schmeckt intensiver, ist aber wesentlich leichter und kalorienärmer. Eine wunderbare Variante davon ist der persische Kashk-e-Bademjan, mit dem man auch ausgewiesene Levante-Foodies noch überraschen kann.
Als dritter im Bunde sorgt Taboulé für die Extraportion an Frische und Vitaminen. Für Kanaan-Chefkoch Jalil ist es einer der wichtigsten und symbolträchtigsten Salate in der palästinensischen Kultur. Sein Taboulé-Rezept bereitet er mit heimischen Beeren und Avocado zu. Hier trifft sich Orient und Okzident im Berlinale Taboulé.
Kebab ist kein Drehfleisch
Traditioneller Kebab meint im Nahen Osten immer gegrillte Spieße von faschiertem Rind oder Lamm. „Kebab wird nur mit Salz, Pfeffer, Knoblauch und Petersilie gewürzt und am Grill gebraten. Ein höherer Fettanteil im Fleisch macht es saftiger. Wir geben bei Rinderfaschiertem etwas Lammfett hinzu, so wird der Geschmack authentisch“, verrät Alber Alhadat, der in der Salzburger Kaigasse das syrische Restaurant Eleven Eleven führt. Extra große Stücke Grillfleisch werden Shukaf genannt und alles Gegrillte vom Huhn ist Shish Taouk. Das Hühnerfleisch wird traditionell in Tomatenmark, Joghurt, Öl, Zitronensaft, Knoblauch, Zwiebel, Salz und Pfeffer mariniert. Abgerundet wird ein syrischer Grillteller mit frischer Joghurtsauce mit Minze und einer Prise Salz. Zu Gegrilltem gehört immer frischer Salat. In der Levante werden oft nur Tomaten, Gurken sowie rote Zwiebeln gereicht. Meist ohne Dressing. Wer seine Gäste verblüffen will, bereitet ein raffiniertes Granatapfeldressing á la Restaurant Eleven Eleven zu.
Traditionell für die syrische Küche ist die Gewürzmischung Saba Baharat. Klassische Zutaten sind Koriander, Cumin, Pfeffer, Piment, Nelken, Zimt, Muskat, Kardamom und Ingwer. Am besten kauft man die Mischung fertig im syrischen Supermarkt. Mit ihr lassen sich zahlreiche Speisen mit typisch orientalischem Geschmack versehen, egal ob Fleisch oder Fisch, Couscous oder Dips. Aber am wichtigsten ist sie im traditionellen syrischen Reis Kabsa, der schon ein vollwertiges vegetarisches Essen ist, aber eigentlich zu allem hervorragend schmeckt.
Ohne frisch zubereitetes Brot ist beinahe kein orientalisches Essen komplett. Fladenbrot heißt auf Syrisch Khubz und wird in der Pfanne oder auf dem Grillstein zubereitet. Eine perfekte Kombination für die Kebab-Grill-Party.
Persisches Homefood
Wer im Iran ein Restaurant besucht, wird oft nur Kebabspieße auf der Karte finden, denn die wenigsten Perser grillen zuhause. „Wer bei einer persischen Familie zu Gast ist, der kommt in den Genuss authentischer Schmorgerichte und Eintöpfe“, erzählt Küchenexperte Honarmand: „Es ist die Vielfalt, die die persische Küche prägt. Im heißen Süden dominieren scharfe Speisen. Im Norden, wo das Klima dank des bis zu 5600 Meter hohen Alborz-Gebirges milder ist, lieben die Menschen säuerliche Gerichte. Fleisch ist ein Muss in der persischen Küche und Reis gehört zu jedem Essen.“ Die persische Küche verwendet viele lokale Kräuter wie Bockhornklee oder iranischen Lauch und überall findet man das Königspaar der Gewürze: Safran und Rosenblätter.
Der Klassiker im Iran ist Ghorme Sabzi, ein deftiger Eintopf aus Kalb, Bohnen und vielen Kräutern, der mit Safranreis serviert wird. Dough heißt das persische Ayran und wird im Gegensatz zum türkischen Pendant mit Sodawasser zubereitet und mit allerlei Kräutern gewürzt. Es passt hervorragend zu allen orientalischen Gerichten und ist im Sommer ein wunderbarer Durstlöscher.
Zum Dessert kommt man im Orient dann wieder dorthin zurück, wo alles begann, nämlich zu Tee, Kaffee und kleinen süßen Köstlichkeiten. So scheint sich das Rad der Genüsse unaufhörlich zu drehen, für mindestens 1001 Nacht.
Rezept: Hummus Kanaan
Zutaten für 6 Personen:
- 300 g getrocknete Kichererbsen
- ¼ TL Natron
- 50 ml eiskaltes Wasser
- 1 TL Salz
- 140 g Tahini
- Saft von einer großen Zitrone
- ½ TL Zucker
- Olivenöl zum Garnieren
Zubereitung:
- Die Kichererbsen über Nacht in Wasser einweichen. Am nächsten Tag in ein Sieb abgießen, gut abspülen und mit reichlich kaltem Wasser und Natron in einen großen Topf geben und aufkochen, dann ca. 1,5 Stunden kochen lassen. Sie sollten so weich sein, dass sie sich leicht zwischen den Fingern zerdrücken lassen.
- Den dabei entstandenen Schaum und die sich an der Oberfläche absetzenden Kichererbsen mit einem großen Servierlöffel oder Schaumlöffel abschöpfen.
- In ein Sieb abgießen und das Kochwasser auffangen. Die gekochten Kichererbsen unter fließendem Wasser abspülen, um Natronreste zu entfernen.
- Die Kichererbsen in eine Küchenmaschine geben und das eiskalte Wasser zufügen. So lange pürieren, bis eine glatte, cremige Textur entstanden ist. Bei Bedarf zusätzlich etwas Kochwasser zugeben.
- Die restlichen Zutaten zufügen und weiterpürieren, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist. Weiteres Kochwasser zufügen, falls nötig.
- In eine Servierschale geben und mit etwas Olivenöl beträufeln. Am besten warm oder direkt nach dem Abkühlen genießen.
Mehr Rezepte von Oz und Jalil findet ihr im Kochbuch Kanaan aus dem Südwest Verlag.
Rezept: Berlinale Taboulé
Zutaten für 4 Personen:
- 50 g feiner Bulgur
- 4 EL gehackte glatte Petersilie (oder nach Belieben)
- 2 EL gehackte Minze (oder nach Belieben)
- 100 g gemischte Beeren (z.B. Brombeeren, Erdbeeren, Himbeeren)
- 1 mittelgroße Avocado
- 4 EL Olivenöl plus mehr zum Beträufeln
- 1 gestrichener TL Salz
- Saft von ½ Zitrone
- 2 EL Granatapfelkerne
- 1 EL Granatapfelsirup
Zubereitung:
- Den Bulgur in eine Schüssel geben und nach Packungsangabe mit heißem Wasser übergießen und quellen lassen.
- In der Zwischenzeit die Kräuter waschen, die Blätter abzupfen und abtrocknen, dann möglichst fein Die Beeren verlesen, waschen und trocknen. Die Avocado halbieren, den Kern entfernen und das Avocadofleisch in Würfel schneiden.
- Den gequollenen Bulgur mit Petersilie und Minze vermischen, dann Olivenöl, Salz und Zitronensaft unterrühren. Die Hälfte der gemischten Beeren zugeben und vorsichtig vermengen.
- Zum Servieren die Bulgur-Mischung auf eine Servierplatte geben und mit den restlichen Beeren bestreuen. Die Avocadowürfel darüber Mit Granatapfelkernen bestreuen und mit Olivenöl und Granatapfelsirup beträufeln.
Rezept: Dough – traditionell persisches Joghurtgetränk
Dough ist die persische Variante des türkischen Ayran. 1 Löffel Joghurt mit mindestens 3,5 % Fett, Salz, Minze, getrocknete Rosenblätter und Mineralwasser mischen. Mit getrockneten Rosenblättern, getrockneter und frischer Minze garnieren.
Rezept: Persisches Kashk-e-Bademjan
Zutaten für 6 Personen:
- 3 Auberginen
- 1 Zwiebel
- 3 Knoblauchzehen
- gemahlene Walnüsse
- 1 EL getrocknete Minze
Zubereitung:
- Aubergine in Scheiben schneiden, eine Pfanne mit Pflanzenöl erhitzen und die Auberginenscheiben scharf anbraten.
- In der Zwischenzeit in einer Pfanne gewürfelte Zwiebel, Knoblauchscheiben und gemahlene Walnüsse in wenig Öl anbraten, bis es Farbe annimmt. Am Ende die getrocknete Minze hinzufügen und mit Salz und Pfeffer abschmecken.
- Aubergine mit den restlichen Zutaten vermengen, etwas Öl hinzugeben und mit dem Mixer zu einer cremigen Masse pürieren.
- Auf einen großen Teller geben und mit Kashk (im persischen Laden erhältlich) oder Naturjoghurt servieren und mit Minze und Röstzwiebeln dekorieren.
Rezept: Persisches Ghorme Sabzi
Zutaten für 4 Personen:
- 1 kg persische Kräuter: persischer Lauch, Koriander, Petersilie, Schnittlauch und etwas Spinat, sowie Bockshornklee der 1/3 der Mischung ausmachen sollte. Die gesamte Mischung erhält man auch fertig im Persischen Supermarkt (z.B. Mustafa Market in der St.-Julien-Straße)
- 1 kg Kalbfleisch von der Keule ausgelöst (alternativ vom Lamm)
- 1 große Zwiebel
- 2 Zehen Knoblauch
- 2 getrocknete Limetten (Loomi)
- 150 Gramm getrocknete Kidneybohnen
- 1 Teelöffel Kurkuma
Zubereitung:
- Kidneybohnen am Vorabend in Wasser einlegen.
- Eingeweichte Kidneybohnen abseihen und in Wasser kochen, bis sie durch sind.
- Persische Kräuter hacken, Loomis mit der Gabel einstechen. Alles kurz in Pflanzenöl sautieren und von der Flamme nehmen.
- Zwiebeln in kleine Würfel schneiden und anbraten bis sie leicht gelb sind. Kurkuma und in Scheiben geschnittenen Knoblauch sowie Salz und Pfeffer dazugeben. Fleisch in circa zwei Zentimeter große Würfel schneiden und ebenfalls untermischen.
- Zehn Minuten unter konstantem Rühren Fleisch anbräunen. Danach mit ½ Liter heißem Wasser aufgießen, gebratene Kräuter sowie gekochte Bohnen dazugeben. Mindestens 2 Stunden auf kleiner Flamme köcheln.
- Regelmäßig kontrollieren. Droht das Ghorme Sabzi anzubrennen, wieder vorsichtig etwas Wasser dazugeben, dass die Sauce stets cremig bleibt. Je länger die Kochzeit, desto besser das Ghorme Sabzi.
- Abschmecken und mit gekochtem Safranreis servieren.
Info: Loomis geben nur Geschmack ab, sind aber so bitter, dass man Sie nicht essen kann.
Rezept: Persischer Safranreis
Zutaten:
- Basmati Reis
- Reisessig
- Echte Safranfäden
- Kartoffeln
Basmati Reis waschen, einen Schuss Essig hinzufügen und 3 Stunden in Wasser einweichen.
Leicht salzen und mit reichlich Wasser kochen, bis er bissfest ist. Restliches Wasser durch ein Sieb abseihen und Reis mit kaltem Wasser waschen, bis er ausgekühlt ist. Abtropfen lassen.
Öl in Topf erhitzen und Boden mit Kartoffelscheiben auslegen. Dadurch brennen höchstens die Kartoffeln an, aber nicht der Reis. Reis hinzugeben und bei mittlerer Hitze anbraten. Auf kleine Flamme zurückdrehen, Tuch über Topf geben, Deckel drauf und 20 Minuten bei ganz kleiner Hitze köcheln lassen.
Einen großen Schöpfer Reis auf einen Teller geben und mit dem Griff eines Kochlöffels Löcher in den Reishaufen machen.
Safran klein mörsern und mit 4 cl heißem Wasser aufgießen. Safranwasser über Reis leeren und gut mischen, bis er durchgehend orange it.
Etwas Öl in den Reistopf geben sowie die Hälfte des Safranreis unterrühren. Der Rest dient am Ende als Dekoration. Noch heiß servieren.