Der Kampf um Mitarbeiter

Text: Doris Thallinger

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Gäste sind dieser Tage für den heimischen Tourismus leichter zu finden als Mitarbeiter, scheint es. Herrscht tatsächlich ein so dramatischer Fachkräftemangel? Wie ist es um das Image der Gastronomie und Hotellerie tatsächlich bestellt? Und worin sehen Experten mögliche Lösungsansätze?

Fakt ist, es werden weitaus mehr Mitarbeiter in Gastronomie und Hotellerie gebraucht, als zur Verfügung stehen. Wirte berichten von monatelanger Suche, ohne dass auch nur eine einzige Bewerbung einlangt, Lehrlingsplätze können nicht vergeben werden, vakante Stellen nicht nachbesetzt. „Es gleicht mittlerweile einer kleinen Katastrophe, wenn man sich von einem Mitarbeiter trennt oder trennen muss, weil man nicht weiß, ob man einen neuen bekommt“, schildert Ernst Pühringer, langjähriger Salzburger Gastronom (Hotel und Gasthof Hölle). Als Obmann der Fachgruppe Gastronomie der Wirtschaftskammer Salzburg kennt er die Sorgen der Branche bestens. „Gerade im Sommer ist die Stadt völlig ausgedünnt. Neue Mitarbeiter zu rekrutieren ist fast unmöglich!“
Am heimischen Arbeitsmarkt fehlen schlichtweg die Ressourcen. „Das beginnt bereits bei der Jugend, sprich den Lehrstellensuchenden“, bestätigt Jacqueline Beyer, Geschäftsführerin des AMS Salzburg. „Die Zahlen von Jänner bis Juni zeigen, dass uns in Beherbergung und Gastronomie 484 Jugendliche fehlen.“ Insgesamt sind es über 1.700 offene Stellen, die besetzt werden wollen. Von einem Fachkräftemangel im klassischen Sinne möchte Beyer nicht sprechen: „Die Fachkräfte gibt es ja grundsätzlich – sie sind nur der Branche verloren gegangen!“ Und sie gehen der Branche schon in sehr jungen Jahren verloren: „Weniger als 10 % der Absolventen von Tourismusschulen streben nach ihrer Ausbildung auch tatsächlich eine Karriere im Tourismus an.“
Auch Thomas Berger, Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft vida, sieht die Problematik darin, dass viele Fachkräfte aus der Branche abwandern: „Wir haben Köche in Hülle und Fülle, aber diese stehen der Branche nicht mehr zur Ver-fügung.“ Es sei die Arbeitsrealität, die viele dazu bewege, einen anderen Weg einzuschlagen: „In etwa 75 Prozent der Kochlehrlinge geben zu Beginn ihrer Ausbildung an, dass Koch in hohem Maße ihr Wunschberuf sei. Drei Jahre später, nach ihrer Ausbildung, hat sich dieses Bild komplett gedreht: Rund zwei Drittel möchten die Branche wieder verlassen!“
Sehr wohl einen Fachkräftemangel sieht Georg Imlauer, Hotelier und Obmann der Fachgruppe Hotellerie: „Natürlich sprechen wir von einem Fachkräftemangel: Die Mitarbeiter sind in der benötigten Menge in Österreich nicht verfügbar! Viele junge Menschen, die wir ausbilden, gehen ins Ausland – und damit nicht der Branche verloren, sehr wohl aber dem österreichischen Arbeitsmarkt!“ Auch die Quote der Tourismusschul-Absolventen sieht er differenziert: „Die Absolventen sind sehr wohl im Tourismus tätig, allerdings nicht als Köche und Kellner, wie wir sie benötigen würden oder stehen – als Kinder von Gastronomen und Hoteliers, die einmal die Familien-betriebe übernehmen, ebenfalls dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Viele entscheiden sich auch für eine Tourismusschule, da dort der Umgang mit Menschen und Sprachen im Fokus stehen und damit auch eine perfekte Grundausbildung für z.B. die Banken- und Versicherungsbranche bieten.“ Und andere Branchen nehmen Mitarbeiter aus Tourismusberufen mit Freuden auf, die sich durch Belastbarkeit, Flexibilität und ausgeprägten Dienstleistungsgedanken auszeichnen.

Auf Expansionskurs
Die verfügbaren Arbeitskräfte werden also weniger – die Branche befindet sich parallel dazu auf Expansionskurs. Saison für Saison schlägt ein Nächtigungsrekord den anderen, der Tourismus im Salzburger Land boomt. Und damit der Bedarf an zusätzlichen (!) Fachkräften. „Die Branche ist extrem gewachsen und weiter im Steigen begriffen“, bestätigt Jacqueline Beyer. „Es ist ja auch eine tolle Branche. Aber wie in allen Tourismuslastigen Bundesländern können wir den Bedarf nicht mehr aus der Region decken. Im Sinne der überregionalen Ver-mittlung sind wir in ganz Österreich vernetzt. Letztes Jahr wurde ein Pilotprojekt im Pongau gestartet, bei dem 3.089 Menschen aus anderen Bundesländern eingeladen wurden, mit 2.200 konnten Gespräche geführt werden – und rund 180 Personen haben tatsächlich im Pongau zu arbeiten begonnen.“
Das AMS Salzburg initiiert gemeinsam mit Betrieben aus dem Bundesland österreichweite Jobbörsen und ist darüber hinaus über das Netzwerk EURES in ganz Europa hochaktiv. „Allerdings wird es auch im europäischen Ausland schon immer schwieriger, da viele Länder im selben Teich fischen und um Mitarbeiter konkurrieren.“
Dass der Arbeitsmarkt in Österreich ausgedünnt ist, bekräftigt auch Ernst Pühringer: „Im Grunde haben wir bereits Anfang der 2000er gesehen, dass uns die einheimischen Fachkräfte ausgehen werden. Damals wurde das Problem mit Mitarbeitern aus der ehemaligen DDR abgefedert, später mit Ungarn. Nun stehen wir wiederum vor dem Dilemma, diese Mitarbeiter sind wieder am Rückzug.“

Generation „Vollbeschäftigung“
Damit einhergehend hat sich auch die Einstellung zu Arbeit und Leben grundlegend geändert. Nicht mehr das „Arbeiten rund um die Uhr“ und mit allen Mitteln etwas schaffen zu müssen, steht im Fokus, sondern das Leben, die Sinnsuche, die Work-Life-Balance. Insbesondere der Nachwuchs, die „Generation Y“ oder „Millennials“, zeigen eine gänzlich neue Sichtweise. Weit weg von „Leben, um zu arbeiten“ aber auch „Arbeiten, um zu leben“ muss die berufliche Entwicklung mehr denn je zur Selbstverwirklichung dienen, mit der persönlichen Weiterentwicklung einhergehen. „Die Generation, die jetzt kommt, stellt ganz neue Fragen – und auch wenn sie als anspruchsvoll gelten: Es sind die Einzigen, die wir haben“, erörtert Nina Beyrl, die – selbst viele Jahre im Tourismus tätig – heute Hotel- und Gastronomie-Betriebe in Personalfragen berät und fit für die Ansprüche der neuen Generationen macht. Für Betriebe wiederum eine Chance, sich als moderne Arbeitgeber zu positionieren.

Nicht mehr sexy?
„Die Branche an sich ist unsexy geworden, gerade, weil man es so lange verschlafen hat, auf die Mitarbeiter zu schauen. In der Außenwirkung ist es heute in jeder Agentur cooler zu arbeiten, obwohl die Wochenstundenanzahl vermutlich ähnlich ist“, so Nina Beyrl von der Unternehmensberatung Conos. „Die Situation im Tourismus ist nach wie vor geprägt von erschwerten Arbeitsbedingungen. Arbeitszeiten und Dienstpläne werden oftmals kurzfristig festgelegt, wodurch es fast unmöglich wird, seine Freizeit zu planen“, spricht Thomas Berger (vida) aus vielen ihm bekannten Fällen. „Unregelmäßige Arbeitszeiten, inkludierte Sonntags- und Nachtarbeit ohne Zuschläge wie in anderen Branchen, geteilte Dienste … all das wirkt sich auf das Privatleben aus und macht eine gesunde Work-Life-Balance schwierig.“
Ein deutliches Signal wünschen sich die Arbeitnehmer laut Florian Preisig, Arbeitsmarktexperte der Arbeiterkammer Salzburg, auch im Hinblick auf die Entlohnung: „Auch wenn der kollektivvertragliche Mindestlohn nun zumindest auf 1.540 Euro angehoben wurde, ist vor allem der Verdienst-Unterschied zwischen gelernten und ungelernten Kräften sehr gering. Nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage wäre es vielleicht jetzt an der Zeit, das Niveau anzuheben, um Anreize zu schaffen.“

Image als Arbeitgeber
„Die ersten beiden Jahre als Hoteldirektor des Gut Edermann war es ein Riesen-Kampf, Mitarbeiter zu finden“, gibt Michael Stöberl unumwunden zu. Dass sich das Bild gedreht hat, rechnet er dem Umstand an, dass das Hotel Edermann im bayerischen Teisendorf heute einen hervor-ragenden Namen hat – nicht nur als Hotel, das mittlerweile weithin bekannt ist, sondern auch als fairer Arbeitgeber: „Ausschlaggebend ist, dass wir eine 5-Tage-Woche haben und zudem ohne Teildienste auskommen. Die Mitarbeiter brauchen Energie und die Zeit, um diese zu tanken. Und dass schon die erste Überstunde zählt, ist ohnehin selbstverständlich. Es geht darum, dass man ehrlich mit seinen Mitarbeitern umgeht. Die Arbeit muss ordentlich bezahlt werden und die Wertschätzung muss vorhanden sein. Dazu gehört auch das familiäre Verhältnis, das bei uns im Team herrscht. Wir pflegen ein Gesprächsklima, in dem jeder offen und ehrlich reden kann und auch immer mit Sorgen oder Problemen zu mir kommen kann“, erklärt Michael Stöberl, warum es im Gut Edermann nicht mehr an Fachkräften mangelt.
„Niemand will für einen 0815-Betrieb oder 0815-Chef arbeiten. Wir alle sind ja etwas Besonderes und je cooler der Arbeitgeber, desto cooler bin auch ich. Ein Grund für Gastronomen, auch in ihr Produkt zu investieren, es so attraktiv zu machen, dass sich die Mitarbeiter gerne damit identifizieren“, rät Nina Beyrl. Was, unter anderem, auch für die Salzburger Soulkitchen-Gruppe (Raschhofer, Indigo, Glorious Bastards) bestens funktioniert: „Neue Mitarbeiter rekrutieren wir hauptsächlich über unsere Online-Plattform. Durch unsere Konzepte und die Preise, die wir dafür gewonnen haben, werden Kandidaten auf uns aufmerksam und kommen explizit auf unsere Website. Wir bekommen in etwa 5 bis 10 Initiativbewerbungen pro Woche“, schildert Geschäftsführer Ewald Schwaiger. „Natürlich suchen auch wir immer wieder Mitarbeiter, da wir im Expansionsmodus sind und natürlich eine gewisse Fluktuation haben. Besonders schwierig ist es, ausgebildete Fachkräfte für die Küche zu finden.“

Der Nachwuchs bleibt aus
Was die gesamte Wirtschaft im Moment (und in Zukunft) zu spüren bekommt, sind die geburtenschwachen Jahrgänge. „Nicht nur im Tourismus, in allen Branchen und auch der öffentlichen Hand, ist nun der Zeitpunkt, dass die geburtenstarken Jahrgänge in Pension gehen. Diese Positionen sollen jetzt mit den geburtenschwachen Jahrgängen nachbesetzt werden, was sich rein rechnerisch nicht ausgehen kann“, so Wolfgang Immerschitt, Geschäftsführer der Kommunikationsagentur Plenos. „Und die Kurve verjüngt sich weiter. Der Fachkräftemangel durch die Branchen hindurch wird sich als länger währendes Phänomen herausstellen.“ Der Kommunikationsexperte und Autor mehrerer Bücher zum Thema Arbeitgebermarke beschäftigt sich seit Jahren mit dem Paradigmenwechsel in der Arbeitswelt: Die Kandidaten suchen sich ihren Arbeitgeber aus. Nicht mehr die Kandidaten müssen überzeugen, sondern die Unternehmen, wie er in seinem Buch „Employer Branding für KMU“ eingangs darstellt.

Hire for Attitude, train for Skills!
Um dem Fachkräftemangel vorzubeugen, hat man in der Soulkitchen 2013 eine eigene Akademie gegründet, in der alle Mitarbeiter interne Schulungen durchlaufen, von Persönlichkeitstrainings bis hin zur fachlichen Aus- und Weiterbildung. „Wir entscheiden uns auch oft für Mit-arbeiter, die nicht ursprünglich aus der Gastronomie kommen. Für uns ist wichtig, dass sie menschlich zu uns und ins Team passen, das Herz am rechten Fleck haben und sich mit ihrem ganzen Tun und Wirken einbringen. Alles andere bringen wir ihnen bei“, so Schwaiger. Innerhalb der Unternehmensgruppe wird die persönliche Weiterentwicklung entsprechend gefördert – im Idealfall vom Quereinsteiger bis zum Betriebsleiter.
Jungen Erwachsenen mit einer angepassten Lehre die Chance auf eine Ausbildung zu geben und damit zeitgleich eine Initiative gegen den Fachkräftemangel zu setzen, ist auch der Grundgedanke der Diplomakademie Tourismus, ins Leben gerufen durch Georg Imlauer in seiner Funktion als Obmann der Fachgruppe Hotellerie der Wirtschaftskammer Salzburg (siehe Info-Box).
Die Lehrlingsausbildung liegt Georg Imlauer generell sehr am Herzen, ob im klassischen Sinne oder als Erwachsenenlehre. In seinen Betrieben (Imlauer Hotels & Restaurants) hat er ein Lehrlingsprogramm eingeführt, im Rahmen dessen die Lehrlinge – gemessen an ihrem schulischen Erfolg, Fleiß, Teilnahme an Weiterbildungskursen der Lehrlingsakademie… – eine bis zu 15 % höhere Lehr-lingsentschädigung erhalten. 10 bis 15 Lehrlinge nimmt er jährlich auf, viele davon verfolgen ihre Karriere danach weiter in einem der Imlauer-Betriebe. Denn nicht nur Lehrlinge, auch die mittlerweile 300 Mitarbeiter genießen eine Reihe von Benefits.

Lehre für Erwachsene
Als Obmann der Fachgruppe Hotellerie startete Georg Imlauer vergangenes Jahr die Initiative zur Diplomakademie Tourismus. In nur zwei Jahren haben interessierte Erwachsene und Quereinsteiger nach der Matura die Möglichkeit, einen Lehrabschluss in den Berufen Koch, Restaurantfachmann/frau oder Hotelkaufmann/frau zu erreichen. „Wir hatten bereits Erwachsenenlehrlinge, aber zumeist ist es an drei Dingen gescheitert: Ein Erwachsener kann es sich nicht leisten, von der Lehrlingsentschädigung auf eigenen Füßen zu stehen und die Dauer der Ausbildungszeit von drei Jahren, insbesondere die Dauer der Berufsschulzeit ist zu lange. Gefragt war zudem immer ein eigener Lehrgang für Erwachsene.“
Das Modell der Erwachsenenlehre sieht nun vor, die Auszubildenden nach Kollektivvertrag zu entlohnen (mind. 1.540 Euro brutto). Die Dauer der Ausbildung wurde auf zwei Jahre verkürzt, wobei die Kürzungen hauptsächlich den theoretischen Unterricht betreffen. „Wir haben alles aus dem Lehrplan gestrichen, das für Erwachsene nicht mehr notwendig ist. Damit konnten wir die Schulzeit auf 1 Monat im Jahr verkürzen, mit 22 Monaten ist die Praxiszeit im Vergleich zur klassischen Lehre nur zwei Monate kürzer. Wir wollen Leute, die in der Praxis fit sind!“
Eine der Säulen der Tourismusakademie ist die Europaakademie: „Wir wollen dieses System der Ausbildung nach außen transportieren und Interessierte aus anderen Ländern bei uns ausbilden, ihnen unsere Philosophie der Gastfreundschaft mitgeben. Das wäre das Ziel auf lange Sicht, denn wir werden den Bedarf in Österreich nicht decken können.“

Anreize, die motivieren
„Betriebe, die sich ehrlich um ihre Mitarbeiter bemühen, haben weniger Probleme, welche zu finden“, ist Imlauer überzeugt. „In erster Linie geht es um Wertschätzung, um ein ehrliches Miteinander. Dazu gehört faire Bezahlung, ein Dienstplan-Programm, das 2 bis 3 Wochen im Vorhinein erstellt wird, damit auch die Freizeit geplant werden kann. Wichtig ist auch, dass man als Arbeitgeber soziale Kompetenz zeigt – ich war ja selbst lange genug Mitarbeiter und habe vieles am eigenen Leib gespürt. Und daran erinnere ich mich immer wieder.“ Große soziale Kompetenz beweist er z.B. mit einer Sozialstiftung für seine Mitarbeiter: „Wenn Mitarbeiter in Not geraten, oft unverschuldet, durch Krankheiten, Altlasten u.v.m., stehen wir zu ihnen und versuchen, sie aus dieser Stiftung finanziell zu unterstützen, damit sie über den Berg kommen.“ Sein neuestes Projekt für Mitarbeiter: ein Mitarbeiter-Haus, fußläufig zum Hotel, in dem (neue) Mitarbeiter zu vergünstigten Mieten ein Zuhause finden.
Auch Innergebirg gibt es Vorzeigebetriebe, die die Zeichen der Zeit erkannt haben, und das Wohl ihrer Mitarbeiter klar in den Fokus stellen. Einer davon ist das Hotel Saalbacher Hof, in dem seit 2011 beständig daran gearbeitet wird, eine Vision zu erreichen: „Wir wollen der beste Arbeitgeber sein!“, sagt Isabella Dschulnigg-Geissler, „2011 haben wir die ersten Workshops zum persönlichen Glück durchgeführt. Bei unseren K&K Events, die zu Beginn moderiert stattgefunden haben, können unsere Mitarbeiter, alles los werden: was ihnen gefällt, was sie stört, vor allem an der Art unserer Führung oder was sie sich wünschen.“ Diese Workshops werden bis heute vier Mal jährlich durchgeführt, zusätzlich zu den 14-tägigen „Make us better Workshops“ in den einzelnen Abteilungen. „Vieles, was die Mitarbeiter beschäftigt, kommt hier gleich zur Sprache und nicht erst am Ende der Saison“, berichtet Carina Lechner, Direktorin und Corporate Happiness-Beauftragte im Saalbacher Hof. Aus diesen Workshops haben sich etliche Maßnahmen abgeleitet, die Isabella Dschulnigg-Geissler und ihr Team ausprobiert, evaluiert und realisiert haben, wie beispielsweise die „Lässig-Karten“, mit denen sich Mitarbeiter untereinander bedanken und ihre Wertschätzung zeigen können. Diese Karten sind am Ende auch was wert, nämlich ein finan-zieller Beitrag zur gemeinsamen zwei Mal jährlichen Dreamwork on the Road-Reise. „40 % der Reisekosten übernehmen wir von vornherein, das kann sich – je nach Betriebsergebnis – auf bis zu 70 % erhöhen. So hat jeder Mitarbeiter etwas vom wirtschaftlichen Erfolg. Und 30 % der Reisekosten werden außerdem von uns übernommen, wenn jemand entsprechend viele Lässig-Karten vorzuweisen hat.“
„Durch all diese Maßnahmen geht es unseren Mitarbeitern besser und damit geht es auch unseren Gästen besser. Wir benötigen kein allzu großes Werbebudget, um Gäste anzuziehen, wir leben stark von den Bewertungen begeisterter Gäste“, erklärt Carina Lechner, warum sich Maßnahmen für Mitarbeiter auch betriebswirtschaftlich rechnen. „Die Kosten für Employer Branding sind ein zentraler Punkt, ich muss hier zwei Dinge gegenüberstellen: Was kostet es, wenn ich einen Mitarbeiter verliere und was kostet gezieltes Employer Branding?“, ist auch für Wolfgang Immerschitt eine wichtige Botschaft. „Kaum jemand errechnet sich die Kosten, die entstehen, um einen neuen Mitarbeiter zu rekrutieren und einzuschulen.“ Darüber hinaus gebe es eine Vielzahl an Maßnahmen, die nichts oder wenig kosten. „Sich eine eigene Herangehensweise zu überlegen, sich Gedanken zu machen, kostet nichts. Aber in der Erwartung, sich manche Maßnahmen nicht leisten zu können, sind viele zu blockiert, um über Maßnahmen nachzudenken, die nichts oder wenig kosten und vielleicht viel bringen.“ Ideen dafür hat Immerschitt genügend: „Man denke nur an ehemalige Kolleginnen, die nun Kinder haben, aber vielleicht gerade am Wochenende, wenn die Kinderbetreuung gewährleistet ist, gerne einen Tag arbeiten würden. So könnte man den einen oder anderen Sonntag für einen Mitarbeiter frei schaufeln und jedem ist geholfen. So kann ich auch im Tourismus auf die Bedürfnisse meiner Mitarbeiter individuell eingehen – einer meiner wichtigsten Sätze ist: ‚Ich muss die Bedürfnisse meiner Mitarbeiter WAHR nehmen und ERNST nehmen.‘“

Eine Region auf Mitarbeiter-Suche
Auf die alarmierenden Zahlen, die seit Jahren belegen, dass zunehmend Stellen nicht mehr besetzt werden können, hat der Tourismusverband Zell am See – Kaprun als einer der ersten reagiert und im vergangenen Jahr das Projekt Team4U gestartet, mit dem Ziel, Mitarbeiter zu gewinnen und an die Region zu binden sowie die Attraktivität der Region als Lebensraum zu präsentieren. „Mit Team4U wollen wir attraktive Rahmenbedingungen und die entsprechenden regionalen Voraussetzungen für Mitarbeiter aus ganz Österreich schaffen und ihnen beruflich wie auch soziale Möglichkeiten bieten“, erläutert Tourismusdirektorin Renate Ecker. Das Programm fußt auf 4 Säulen: Job4U, wo alle freien Stellen der Region aufgelistet sind, auch aus Tourismus-fremden Branchen. Community4U bringt die Menschen in ihrer Freizeit zusammen, um ihnen auch das soziale Umfeld zu bieten, das Zell am See – Kaprun zu ihrer neuen Heimat machen soll. Benefits4U sichert den Mitarbeitern, in Form der Bonuskarte, verschiedenste Vergünstigungen in Alltag und Freizeit. Die 4. Säule, Academy4U bietet den Mitarbeitern der Region Ausbildungen aus verschiedensten Bereichen, Kurse, Seminare, Workshops und ein Wissensportal samt dazugehöriger App zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung.
„Es tut sich bereits viel auf unserem Webportal. Bislang konnten über Job4U 220 Kandidaten an freie Stellen weitergeleitet werden, in der Community ist viel los und auch die Benefits, die unsere rund 100 Partner aus der Region bieten, sind sehr beliebt – nach der Jobbörse der meistgeclickte Bereich auf unserer Website“, freut sich Renate Ecker über die ersten Erfolge, die Region Zell am See – Kaprun für potenzielle neue Mitarbeiter zu präsentieren.

Geht’s den Mitarbeitern gut, geht’s den Gästen gut – und damit dem Unternehmen.

Die Lösung liegt vor der geschlossenen Türe

Wir erleben die Renaissance der 60er Jahre, als die Wirtschaft boomte und wir im Ausland händeringend um Facharbeiter buhlten. Damals wurden die Gastarbeiter größtenteils mit offenen Armen aufgenommen und schnell verstummten die Vorurteile jener, die heute wieder ganz laut sind.
Letztlich wurden die Arbeitsmigranten zu richtigen Einwanderern und niemand hat es bereut. Sie waren für uns unverzichtbar. Sie haben unsere Kultur akzeptiert und konnten auch parallel ihre Wurzeln leben. Ein Bilderbuchbeispiel, wie sich das gute alte und multikulturelle Österreich wieder bewiesen hatte, denn man überlege nur einmal, was uns auch geschichtlich bereits an Einwanderungsströmen getroffen hat. Es hat uns gut getan, hat die eigene Identität geschärft, aber auch den nötigen Weitblick ermöglicht. Kaum jemand wird in seiner Ahnenreihe weit kommen, ohne dies akzeptieren zu „müssen“.

Jetzt, Jahrzehnte später, trauert man neben den Gastarbeitern aus den 60ern auch den Mitarbeitern aus der DDR nach der Wende nach. Auch hat man heute natürlich schon erkannt, dass die steigende Wirtschaft und das Rittern anderer Nachbarstaaten im EU-Ausland es zunehmend schwierig machen, dort Arbeitskräfte für uns zu mobilisieren. Leider wird einheitlich ausgeblendet, dass wir bereits eine Vielzahl an Gastarbeitern, und auch an Fach-kräften im Land haben: die Flüchtlinge. Ist das Tabuthema Flüchtlinge mittlerweile wirklich so salonfähig und instrumentalisiert geworden, dass man es gar nicht mehr ansprechen darf?
Die Absurdität, dass diese Menschen nicht mehr arbeiten dürfen, obwohl sie dann dem Staat automatisch nichts mehr kosten würden und mit ihrer Gegenhilfe sogar unseren Notstand lindern können, macht einen fassungslos. Wir könnten augenblicklich aus dem Vollen schöpfen!
Ja, es ist absolut richtig, dass branchenintern Dinge verschlafen wurden und man die Arbeitszeitenmodelle attraktiver machen muss. Warum aber nicht auf Flüchtlinge zurückgreifen, die gut integriert sind, die bereits die Sprache gelernt haben und hungrig auf Beschäftigung sind?
Nur sehr eingeschränkt Auffassungsfähige können der Meinung sein, dass diese Menschen irgendjemandem etwas wegnehmen. Hilfe und Gegenhilfe, Liebe und Gegenliebe, …
… wie einfach könnte es sein!

Ein Kommentar von SALZBURGERIN-Herausgeber Stephan Kaindl-Hönig