Die Zukunft des Fahrens

Text: René Herndl

Fotos: BMW, Volvo, Mercedes, Toyota, Ford

Die Diskussionen um den Verkehr als Umweltbeeinflussenden Faktor werden sehr emotional geführt. Ohne Berücksichtigung der Verkehrspolitik und des öffentlichen Verkehrs oder infrastruktureller Maßnahmen soll hier vor allem die Zukunft der individuellen Mobilität etwas beleuchtet werden. Also: Wie wird sich die private Mobilität, das praktische, motorisierte Fahren entwickeln?

Fest steht jedenfalls, dass die Entwicklungen der Vergangenheit, egal ob es sich um den Flächenverbrauch oder die Umweltbelastung auch durch den individuellen Verkehr handelt, sowohl größere Mobilität gebracht, als auch etliche Probleme verursacht haben. Und wenn man diese Entwicklung bremsen oder sogar umkehren möchte, ist neben einem allgemeinen Umdenken insbesondere die Technik gefordert.

Die Rezepte sind, sachlich betrachtet, so vielfältig wie die Angebote an alternativen Antriebsarten: reine E-Autos, 48-Volt-Technik, Hybride, Plug-in-Hybride, Brennstoffzellen-Fahrzeuge oder synthetische Kraftstoffe. Neue Technologien werfen für Autofahrer neue Fragen auf: Wann lohnen sich Elektroautos? Wie entwickeln sich die Reichweiten? Was ist mit Wasserstoff? Brennstoffzellen? Wie umweltfreundlich sind alternative Antriebe wirklich? Und auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur ist ein ebenso wichtiges Thema wie die Stromversorgung. Wie wird sich das Zukunftsthema des autonomen Fahrens entwickeln?

Hydrogen-Antriebssystem von BMW: ein Beispiel für Wasserstoff-Brennstoffzellen-Technologie

 

Mannigfaltige, zusammenhängende Probleme
Grundsätzlich darf gesagt werden, dass es eine kausal zusammenhängende Kette von Ursachen und Wirkungen gibt, denen begegnet werden muss, dass also nicht nur für den Individualverkehr eine Neuorientierung notwendig wäre. Auf der Seite der Industrie, die unsere Mobilität fabriziert, wird man sich wohl überlegen müssen, wie wir den Trend zu „größer, schneller und stärker“ sinnvoll in „sicher, vernünftig und sozialer“ umwandeln können. Was auch bedeutet, dass es quasi einen neuen Verteilungskampf geben muss, etwa wenn Verkehrsflächen neu gewidmet werden, wie z. B. in Amsterdam, wo Autospuren zu Radwegen werden oder, wie in New York angekündigt, wenn Straßen zu offenen Zonen werden, wo der Individualverkehr weitgehend ausgeschlossen werden soll. Dass besonders im urbanen Bereich Fortbewegungsmittel kleiner, handlicher und umweltfreundlicher werden müssen, was auch Elektroautos und Lieferketten einschließt. Die Lebensqualität für Bewohner steigt mit der Reduktion des Autoverkehrs, was keine Einschränkung der Mobilität bedeutet, sondern eine Änderung des Verhaltens und eine neue Gewichtung der Infrastruktur. Das gilt sowohl für die Verbraucher wie auch die Hersteller von Fahrzeugen.

Utopie Elektrifizierung
Die politisch geförderte und gewünschte Utopie der totalen Elektrifizierung des Verkehrs wird ebenso wenig realisierbar sein wie die Technik Batteriebetriebener Fahrzeuge der Weisheit letzter Schluss ist, sogar, wenn man die fatalen Folgen für die Umwelt bei der für die Akkus notwendigen Rohstoffgewinnung beiseite lässt. Und dass Verbrenner bis 2030 oder 2050 nicht mehr produziert werden sollen, ist so unrealistisch wie die Umstellung der Industrie auf Handarbeit. Eine echte Alternative bietet dagegen die kaum diskutierte Umstellung der Verbrenner-Technik von fossilen Brennstoffen auf Wasserstoff, wie sie schon in Erprobung ist. Dies wiederum erfordert aber auch eine neue Struktur der Wasserstoffproduktion, wie sie etwa Alternativ-Nobelpreisträger Ernst Ulrich von Weizsäcker für etliche Staaten angesprochen hat. Daher wird wohl eine Mischung aus mehreren Techniken die Zukunft bestimmen.

Strom als Antriebsform für individuelle Mobilität – Fragezeichen sind Umweltverträglichkeit der Batterieproduktion, Lade-Infrastruktur und Reichweiten

Auch das so oft beschworene autonome Fahren scheint, so namhafte Wissenschaftler nahezu aller Richtungen, von der Wirtschaft bis zur Philosophie, als Norm des Fahrens illusorisch, setzt sie doch den Einsatz künstlicher Intelligenz voraus, die wiederum stabile, also gleichbleibende Umgebungsbedingungen benötigt. Würden diese aber nur durch eine einzige individuelle Emotion gebrochen, bricht auch das autonome System zusammen. Dementsprechend wird autonomes Fahren wohl nur dort realisierbar sein, wo auch stabile Bedingungen garantiert werden können, etwa auf streng regulierten (Teil-)Strecken, die jedoch ebenfalls kontrolliert und überwacht werden müssen. Dies widerspräche jedem Individualismus, der Wesen unserer Gesellschaften ist, wie auch der Philosoph Richard David Precht meint.

Ob das Ökosystem durch die Umstellung auf neue und alternative Antriebsarten gerettet werden kann? Der Individualverkehr ist nur ein Teil des Problems.

 

Fazit für die künftige Entwicklung
Zwar boomt die elektrifizierte Biker-Szene und das Carsharing wird für manche geografisch eingrenzbaren Gebiete absolut sinnvoll und gebräuchlich werden, der Individualismus der motorisierten Fortbewegung kann jedoch in absehbarer Zeit kaum gebremst werden, es sei denn über den Kostenfaktor – auch hinsichtlich der Umweltbelastungen. Bei den Autos müssen sich im urbanen Bereich aus Vernunftgründen kleine, elektrisch betriebene Fahrzeuge schon aus Platzgründen durchsetzen. Die generelle Tendenz wird wohl eine gewisse Begrenzung sein, die zwangsläufig umweltverträglicher werden muss, jedoch die individuelle Bewegungsmöglichkeit nur durch deren Kosten bremsen wird. Zeithorizont? Bis 2050, kaum früher, wenn man Fachleuten glaubt.

 

Egal welche Form – sie werden alle elektrisch angetrieben. Wegbereiter für die mobile Zukunft?