Der Mann hinter der Maske

Text: Natalie Zettl

Fotos: www.kaindl-hoenig.com

Alles andere als ein gewöhnlicher Job: Andreas Rettenbacher schnitzt Krampus- und Perchtenmasken. Seine Manufaktur „Rettei Masken“ erfreut sich österreichweiter Beliebtheit.

In Andreas Rettenbachers Werkstatt in Puch bei Hallein geht es wild zu: Circa zwanzig Perchten- und Krampusmasken – im Fachjargon Larven genannt – zieren die Wände, daneben hängen Tierfelle und -hörner. Neben dem gemütlichen Holzofen wird fleißig an weiteren unfertigen Larven gearbeitet. Für den Maskenschnitzer ist jetzt, im November, Hochsaison: Wenn die Passen im Advent zu ihren Läufen ausrücken, muss das Werk der Akteure hinter den Kulissen
bereits vollendet sein.

Handwerk aus Leidenschaft
Eigentlich ist Rettenbacher, genannt „Rettei“, gelernter Industrieschlosser. Allerdings hat der Dreiunddreißigjährige bereits als Kind seine Leidenschaft für die Maskenschnitzerei entdeckt. Seine erste Maske schnitzte Rettenbacher mit 12 Jahren für sich selbst – und sie hatte eine Besonderheit: „Weil ich nicht wusste, womit ich sie polstern sollte, habe ich den Push-up-BH meiner Mutter zweckentfremdet“, gesteht Rettenbacher lachend.
Aus dem Hobby wurde bald ein Beruf, in dem sich der Tennengauer nachhaltig etablierte: Zu seinen Kunden zählen Passen aus ganz Österreich, vereinzelt sogar aus Tschechien und der Slowakei. Der Krampusbrauch sei ein Konzept, das sich ständig weiterentwickle: Gerade die jüngeren Läufer wünschen sich zunehmend Masken, die von Fantasy-Figuren aus aktuellen Filmen und Serien inspiriert sind. „Nachdem ‚Herr der Ringe‘ in die Kinos gekommen ist, haben wir fast acht Jahre lang einen enormen Ansturm auf Masken im Orks-Design erlebt“, schmunzelt Rettenbacher. „Momentan sind Motive, die an ‚Game of Thrones‘ angelehnt sind, sehr beliebt.“

Krampus vs. Percht
Was viele Laien nicht wissen: Es gibt wichtige Unterschiede zwischen den Masken der Krampusse, die rund um den Nikolaustag aktiv sind, und denen der Perchten, die in den Rauhnächten traditionell den Winter austreiben sollen. „Der wichtigste Unterschied für mich ist, dass ein Percht sechs Hörner hat, ein Krampus dagegen nur zwei“, erklärt Rettenbacher. „Zudem ist für die Perchten das aufklappbare Maul typisch, das betätigt wird, indem man den Kopf in den Nacken legt.“ Sechs bis acht Kilo wiegt eine Maske – für ein Gewicht, das man stundenlang auf dem Kopf trägt, eine beeindruckende Zahl. Wie man mit so einer Belastung klar kommt? „Anfangs ist es kein Spaß“, so Rettenbacher. „Ich habe noch nie jemanden getroffen, dem der erste Lauf leichtgefallen wäre. Aber nach zwei oder drei Terminen hat man sich an das Gewicht gewöhnt.“

Vom Stück Holz zur Maske
Jede Maske ist ein Unikat, das in einem aufwändigen Prozess entsteht: Andreas Rettenbacher schneidet vom unteren Ende eines Baumstamms (meist Weymouthskiefer oder Zirbe), eine dicke Scheibe ab und viertelt sie dann in Keile. Danach ist alles Handarbeit: Gesichtszüge und Mimik der Maske werden nach den Wünschen des Kunden gestaltet, auch Fellbehang und Augen kann man sich ganz nach persönlichen Vorlieben aussuchen. Ein sehr spezielles Thema sind die Hörner: Traditionell stammen sie von nicht jagdbaren Tieren und sind zwischen dreißig Zentimeter und knapp einem Meter lang. Gerade, wenn die Larve sonst zu schwer werden würde, besteht allerdings auch die Möglichkeit, aus Kunststoff ein Horn zu gießen.

Krampus mittendrin
Andreas Rettenbacher ist auch selbst bei zwei Passen aktiv: Mit den Niederalmer Krampussen und den Tennengauer Rauhnachtsperchten beschert er den zahlreichen Zuschauern in der Weihnachtszeit angenehme Grusel-Momente. „Meine eigenen Passen sind sehr traditionell“, erklärt Rettenbacher. „Zum Beispiel laufen bei uns keine Frauen mit – einfach, weil das nicht dem Brauch entspricht.“ Auch beim Thema Masken bevorzugt Rettenbacher althergebrachte Designs: „Mir persönlich gefällt das Ursprüngliche am besten, aber das ist nur persönlicher Geschmack. Das Schöne ist ja genau die Vielfalt.“ Das Krampusfieber scheint übrigens erblich zu sein: Auch Rettenbachers fünfjährige Tochter besitzt bereits ihr eigenes Kostüm – natürlich mit einer handgeschnitzten Maske vom Papa.


Handbemalt
Die Bemalung von Andreas Rettenbachers Masken übernimmt seit Jahren Alois Prommegger aus Hüttschlag im Großarltal in seiner Krampusstube.
Im Brotberuf Wirt, widmet er bereits seit 1990 seine Freizeit der Gestaltung von Krampus- und Perchtenlarven.
„Beim Design richte ich mich natürlich nach den Wünschen der Kunden, die die Unikate anfertigen lassen“, erklärt Prommegger. „Aber Insider erkennen ganz klar mein typisches Design.“ Auf diese spezielle Gestaltung schwören zahlreiche Passen aus ganz Österreich: Zwischen 120 und 130 Larven bemalt Lois Prommegger pro Jahr. Pro Maske bedeutet das eine Arbeitszeit von circa fünf bis sechs Stunden. Unter der Maske dagegen ist der gebürtige Pongauer inzwischen nicht mehr regelmäßig anzutreffen. „Nur sporadisch kommt es vor, dass ich bei den Läufen noch selbst mit dabei bin. Ich wirke mehr hinter den Kulissen mit.“