Sicher auf Skitour

Text: Astrid Schraffl

Fotos: peak-experience.at, Rother Verlag, Verlag Anton Pustet

Skitourengehen liegt absolut im Trend. Sich ohne geeignete Vorbereitung ins Vergnügen zu stürzen, kann allerdings böse enden. Wir sagen euch, was ihr an lebensrettendem Basiswissen braucht, damit die Tour zu einem wunderbaren Erlebnis wird.

Heinrich Lechner, seit über 35 Jahren Berg- und Skiführer, Geschäftsführer von peak experience und seit anderthalb Jahren Alpinreferent des Salzburger Alpenvereins, rät jedem, der Interesse am Skitourengehen hat, vor der ersten Tour einen entsprechenden Kurs zu machen. Das macht in jedem Fall Sinn, selbst wenn man nur vorhat, entlang der Skipiste zu gehen. Schon in einem Halbtages- oder Tageskurs kann man sich zumindest essenzielle Tipps zur richtigen Technik aneignen, die das Skitourengehen enorm erleichtern.

Die richtige Technik
Wer vorhat, im Gelände Skitouren zu unternehmen, dem empfiehlt Heinrich Lechner vorab mindestens einen Wochenendkurs, da ein Tageskurs sicherlich nicht ausreicht zur Vermittlung des notwendigen Basis-Wissens. Neben dem Aufstieg gibt es schließlich auch die Abfahrt. Man braucht zwar kein Skiprofi zu sein, aber zumindest eine Grundtechnik – konkret ein Stemmschwung – zum Abfahren im Gelände ist Mindestvoraussetzung. Wenn man diese beherrscht, wedelt man zwar vielleicht nicht elegant den Berg hinunter, kommt aber trotzdem heil am Fuß des Hangs an. Für alle, die häufiger auf Skitouren gehen, ist es dennoch empfehlenswert, sich einen Skitag auf der Piste (ev. mit Skilehrer) zu gönnen und die richtige Technik fürs Abfahren im Gelände zu üben. Damit hat man anschließend viel mehr Freude bei der Tour, von der doch etwa ein Drittel die Abfahrt ist. Ist man technisch so weit fortgeschritten, dass man alleine eine Skitour plant, muss man sich zunächst mit den alpinen Gefahren auseinandersetzen. Heinrich Lechner dazu: „Das Thema Tourenplanung ist ganz essenziell. Rechtzeitig vorher sollte man sich überlegen, was für eine Tour man gehen möchte. Dabei sollte man zunächst die Wetterlage beachten. Hierfür gibt es neben zahlreichen guten Online-Quellen auch die Alpine Auskunft (www.alpine-auskunft.at), wo man persönliche Beratung in Anspruch nehmen kann.

Planung ist alles
„Hat man das Wetter abgeklärt, ist das Nächste und Wichtigste, die Lawinenlage zu checken. In jedem Bundesland gibt es einen standardisierten Lawinenlagebericht, wo mit täglichen Messungen die Lawinenlage eingeschätzt wird. Es gibt fünf Warnstufen, in denen regional die Lawinengefahr eingeschätzt wird. Zusätzlich gibt es einen Bericht, in dem die wichtigsten Gefahrenquellen angegeben werden. Damit man das Gelesene auch tatsächlich verstehen kann, ist es wichtig, dass man vorher einen Kurs gemacht hat. Erst dann begreift man, wie die Schneedecke aufgebaut ist, wie sich der Schnee laufend verändert, wie Lawinen entstehen, in welchen Hängen und bei welchen Voraussetzungen Lawinen gebildet werden.“ Wer auf der sicheren Seite sein möchte, hält sich an das Leitmotto: ‚Je höher die Warnstufe, umso flacher muss ich meine Tour wählen!‘ In guten Tourenführern steht bei jeder Tour dabei, wie steil die steilste Passage ist (z. B. 25°). Das gleicht man mit der Warnstufe ab und achtet darauf, dass man klar unter dem dort angegebenen Limit bleibt. Heinrich Lechner führt aus: „Bei der Planung ist außerdem auf die Absturzgefahr auf der Strecke zu achten und mit wem man unterwegs ist. Kondition, Abfahrtsvermögen und generell die Einstellung der anderen Tourenmitglieder sind wichtige Faktoren. Letztendlich sind es nicht die böse Lawine, der böse Hang, der böse Schnee, die Schuld an Unfällen haben, sondern es sind die menschlichen Faktoren.“

Heinrich Lechner

Der Lawinennotfall
„Wenn das letzte Restrisiko doch zuschlägt und man in eine ungute Situation gerät, ist es wichtig, die richtige Notfallausrüstung mitzuführen. Diese gehört zur Standardausrüstung eines jeden Tourengehers! Dazu zählen ein Lawinenverschütteten-Suchgerät (LVS-Gerät), Sonde und Schaufel. Essenziell ist es, sich nach dem Kauf mit der Ausrüstung gut vertraut zu machen und den regelmäßigen Umgang zu üben. Im Fall einer Verschüttung sind die ersten 15 Minuten entscheidend. In diesen sind die Überlebenschancen noch relativ hoch. Deswegen muss alles ruckzuck gehen und jeder Gruppenteilnehmer muss wissen, was zu tun ist. Zusätzlich ist auch immer eine Erste-Hilfe-Ausrüstung mitzuführen und heutzutage ein Handy für etwaige Notrufe, damit der Verschüttete nach der Bergung so rasch wie möglich versorgt werden kann. Die Verwendung eines Lawinen-Airbag-Rucksackes senkt statistisch betrachtet in Einzelfällen zusätzlich das Risiko, ganz oder zu tief verschüttet zu werden. Man sollte sich aber keinesfalls darauf verlassen oder gar leichtsinniger in seinen Entscheidungen werden!“

Wie verhalte ich mich nun konkret im Lawinennotfall? Heinrich Lechner dazu: „Wenn man merkt, dass man von einer Lawine erfasst wird und es bewegt sich plötzlich alles um einen, verliert man hoffentlich gleich als erstes die Ski und macht dann instinktiv eine Art Schwimmbewegung, um möglichst oben zu bleiben. Wenn nichts mehr hilft, versucht man eine Kauerstellung einzunehmen und die Hände vor das Gesicht zu bringen, um eine Atemhöhle zu schaffen. Die Kauerstellung ist in zweierlei Hinsicht von Vorteil. Einerseits ist die Embryostellung psychologisch gesehen besser, andererseits kann man besser Kraft entfalten und EINEN Befreiungsversuch unternehmen. Wenn das nicht gelingt: so gut wie möglich Ruhe bewahren und auf Rettung vertrauen! Bloß nicht schreien oder krampfhaft zahlreiche Versuche zur Selbstrettung unternehmen, das kostet nur Sauerstoff.“

Skitourenkurse gibt es bei zahlreichen Anbietern wie Alpenverein, Bergschulen oder sonstigen alpinen Vereinen. Dabei unterscheidet man bei den Basiskursen zwischen kombinierten Tiefschnee-Touren-Kursen, wo neben Touren-Basiskenntnissen auch etwas Skitechnik vermittelt wird, und andererseits reinen Grundkursen, wo dezente Skikenntnisse bereits Voraussetzung sind und nur das Skitourengehen behandelt wird. Daneben gibt es spezielle Lawinenkurse und Kameradenrettungskurse und für Fortgeschrittene Aufbaukurse und Skihochtourenkurse. Kleiner Tourentipp für Anfänger und Fortgeschrittene: in Dienten am Hochkönig gibt es einen ausgeschilderten Tourenskilehrpfad zum Grünköpfl mit atemberaubendem Panoramablick auf das Hochkönigsmassiv. Der Lehrpfad verbindet Theorie und Praxis und der Wintersportler kann ganz „nebenbei“ auf Tour noch etwas dazulernen.

 

Buchtipps

„Skitouren. Ausrüstung – Technik – Sicherheit“
von Markus Stadler, aktualisierte Auflage 2021, erschienen im Rother Verlag

 

„Skitouren Light – 100 Touren für Einsteiger und Genießer“
von Thomas Neuhold, aktualisierte Auflage 2021, erschienen im Verlag Anton Pustet