Optimal versorgt
Mikronährstoffe sind an der Funktion zahlreicher Prozesse im Körper beteiligt und somit wichtig für unsere Gesundheit. Doch durch die Industrialisierung der Landwirtschaft hat die Nährstoffdichte von Obst-, Gemüse- und Getreidesorten stark gelitten. Die Orthomolekulare Medizin, auch Mikronährstoff-Medizin genannt, stellt einen innovativen ernährungsmedizinischen Weg dar, um den Körper optimal zu versorgen und damit Krankheiten vorzubeugen.
Text: Susanne Rosenberger
Fotos: Adobe Stock, Verena Schierl
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„Der Mikronährstoffbedarf ist sehr individuell und sollte stets unter Berücksichtigung des persönlichen Lebensstils und Gesundheitszustands betrachtet werden.“ – Dr. Saidi-Zecha
Als Expertin für Präventivmedizin hat sich die Ärztin Dr. Mahtab Saidi-Zecha ganz der Vitalmedizin verschrieben, die sie als optimale Ergänzung zur klassischen Schulmedizin betrachtet. „Mein besonderer Fokus liegt auf Prävention. Statt allein Symptome zu bekämpfen, geht es darum, dem Körper die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu regulieren“, sagt Dr. Saidi-Zecha. „Indem wir Defizite frühzeitig erkennen und gezielt ausgleichen, können wir langfristig zur Gesundheitsprävention und zur Linderung von Beschwerden beitragen.“ Wann und für wen eine Mikronährstoffanalyse Sinn macht und worauf man bei der Therapie mit Mikronährstoffen achten sollte, erklärt uns Dr. Saidi-Zecha im Interview.
Ist der Bedarf an Mikronährstoffen bei allen Menschen gleich oder ist er vom individuellen Lebensstil abhängig?
Der Bedarf an Mikronährstoffen ist keineswegs bei allen Menschen gleich – er hängt stark vom individuellen Lebensstil und auch von persönlichen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand und genetischer Veranlagung ab. Menschen, die regelmäßig Sport treiben, haben beispielsweise einen höheren Bedarf an bestimmten Mineralstoffen wie Magnesium und Eisen, da diese durch körperliche Aktivität verstärkt verbraucht werden. Auch chronischer Stress erhöht den Bedarf an Vitaminen wie Vitamin C und B, die für den Energiestoffwechsel und die Stressbewältigung wichtig sind. Darüber hinaus können bestimmte Lebensphasen wie Schwangerschaft, Stillzeit oder das fortschreitende Alter, ebenso eine vegane oder vegetarische Ernährung, den Mikronährstoffbedarf verändern.
Bei welchen Patienten bzw. Krankheitsbildern veranlassen Sie eine exakte Bestimmung der Mikronährstoffwerte?
Eine exakte Bestimmung ist besonders bei Patienten wichtig, die an chronischen Erkrankungen oder spezifischen Symptomen leiden, die auf einen Nährstoffmangel hindeuten könnten. Dazu gehören beispielsweise Patienten mit chronischer Müdigkeit, Burnout, Depressionen oder Konzentrationsstörungen. Auch bei Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis oder Rheuma spielen Mikronährstoffe eine große Rolle, da sie das Immunsystem unterstützen und Entzündungsprozesse im Körper beeinflussen können.
Patienten mit Verdauungsstörungen, wie dem Reizdarmsyndrom oder entzündlichen Darmerkrankungen, profitieren ebenfalls von einer Mikronährstoffanalyse, da bei ihnen oft Nährstoffe schlechter aufgenommen werden. Ebenso wichtig ist eine genaue Messung bei Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Osteoporose, da hier spezifische Vitamine und Mineralstoffe (wie bspw. Magnesium, Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren und Coenzym Q10) eine unterstützende Wirkung haben können.
Welche Analysen führen Sie durch, um Defizite festzustellen?
Um Defizite festzustellen, führen wir gezielte Laboranalysen durch. Dazu zählen unter anderem Bluttests, die exakte Werte der verschiedenen Mikronährstoffe liefern. Bei bestimmten Fragestellungen kommen auch Urin- oder Speicheltests zum Einsatz, besonders wenn es um die Messung von Hormonen oder Stoffwechselparametern geht. Solche Analysen sind eine wertvolle Grundlage, um individuelle Therapien zu entwickeln.
Welche Mikronährstoffe werden dabei gemessen?
Besonders wichtig ist eine umfassende Analyse der Mikronährstoffe, die für den Körper essenziell sind, dazu gehören Vitamine wie Vitamin D, B-Vitamine (B6, B12, Folsäure), Vitamin C und E sowie Mineralstoffe wie Magnesium, Zink, Eisen, Selen und Calcium – hierbei wird eine Vollblutmineralanalyse durchgeführt. Auch Spurenelemente spielen eine wichtige Rolle, ebenso wie Fettsäurestatus, Omega-3 und Aminosäuren, die der Körper für eine optimale Funktion benötigt.
Wenn ein Mangel festgestellt wird, wie läuft dann die Therapie ab?
Wenn ein Mikronährstoffmangel festgestellt wird, passen wir die Therapie individuell an die Bedürfnisse des Patienten und die Schwere des Mangels an. Bei leichteren Defiziten wird oft eine orale Supplementierung empfohlen, bei der der Patient die fehlenden Nährstoffe in Form von Tabletten, Kapseln oder Tropfen einnimmt. Diese Methode ist gut für langfristige Ergänzungen geeignet, da sie sich leicht in den Alltag integrieren lässt.
Bei schwereren Mängeln oder wenn die Aufnahme im Darm beeinträchtigt ist, etwa bei bestimmten Darmerkrankungen oder Resorptionsstörungen – setzen wir häufig auf Infusionstherapien. Durch Infusionen gelangen die Nährstoffe direkt in den Blutkreislauf und stehen dem Körper unmittelbar zur Verfügung, was eine schnellere Auffüllung ermöglicht.
Das bedeutet, dass Vitalstoffe durch Infusionen schneller und besser ins Blut gelangen können als durch Präparate?
Ja, Vitalstoffe können durch Infusionen tatsächlich schneller und oft auch effektiver ins Blut gelangen als durch orale Präparate. Bei einer Infusion werden die Nährstoffe direkt in den Blutkreislauf verabreicht, wodurch sie sofort verfügbar sind und den Verdauungstrakt umgehen. Orale Präparate müssen zunächst den Verdauungstrakt passieren, wobei ein Teil der Nährstoffe oft verloren geht, bevor er tatsächlich ins Blut gelangt. Dennoch ist eine Infusionstherapie nicht für jeden nötig oder sinnvoll. Bei leichteren Mängeln und einer gut funktionierenden Verdauung ist die orale Einnahme oft ausreichend und kann langfristig eine gute Versorgung gewährleisten. Die Entscheidung, ob eine Infusion oder orale Gabe sinnvoller ist, hängt daher stets vom individuellen Bedarf und den gesundheitlichen Voraussetzungen des Patienten ab.
Über welchen Zeitraum wird die Therapie angesetzt und wie läuft die Nachkontrolle ab?
Der Zeitraum der Therapie hängt von der Schwere des Mangels und der Reaktion des Körpers ab. In der Regel wird die Therapie für mehrere Wochen bis Monate angesetzt, wobei die Dosierung und der genaue Zeitraum individuell angepasst werden. Die Nachkontrolle erfolgt nach etwa 3-4 Monaten, je nach behandeltem Mikronährstoff und Art der Therapie.
Was gibt es bei Dosierung, Überdosierung und Wechselwirkungen von Vitalstoffen zu beachten?
Grundsätzlich ist es wichtig, eine gezielte, fachlich begleitete Dosierung zu wählen und die Einnahme verschiedener Vitalstoffe aufeinander abzustimmen. Denn die richtige Dosierung von Vitalstoffen ist entscheidend für eine effektive und sichere Therapie. Jeder Mikronährstoff hat eine optimale Dosis, die den Körper unterstützt, ohne Risiken zu bergen. Bei Vitalstoffen wie Vitaminen und Mineralien ist es wichtig, die individuelle Tagesdosis auf den jeweiligen Bedarf und die aktuellen Blutwerte des Patienten abzustimmen. Eine Überdosierung kann bei Mineralstoffen wie Eisen oder Selen problematisch sein und zu Beschwerden führen, die von Übelkeit über Leberschäden bis hin zu Schwermetallvergiftungen reichen können.
Wechselwirkungen sind ebenfalls ein wichtiger Aspekt: Einige Nährstoffe beeinflussen die Aufnahme und Wirksamkeit anderer. Calcium kann z. B. die Aufnahme von Eisen hemmen, weshalb eisenhaltige Präparate nicht zusammen mit calciumreichen Lebensmitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln eingenommen werden sollten. Vitamin D verbessert hingegen die Aufnahme von Calcium, und Vitamin C kann die Eisenaufnahme fördern. Regelmäßige Kontrollen und Anpassungen der Dosierung sind ebenfalls sinnvoll, um eine Überdosierung zu vermeiden und sicherzustellen, dass der Körper alle Nährstoffe optimal verwerten kann.
Übernimmt die Krankenkassa die Leistungen für eine Mikronährstoff-Therapie?
In Österreich werden die Kosten für eine Mikronährstoff-Therapie in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Einige private Zusatzversicherungen übernehmen jedoch die Kosten für Diagnostik, Labor und die Infusionstherapie. Es empfiehlt sich daher, vor Beginn einer solchen Therapie Rücksprache mit der zuständigen Privatversicherung zu halten, um die Möglichkeit einer Kostenübernahme zu klären.
Die Orthomolekulare Medizin ist ein Ansatz, der sich auf die Verwendung von Mikronährstoffen konzentriert, um die Gesundheit zu fördern und Krankheiten zu verhindern oder zu behandeln. Der Begriff wurde in den 1960er Jahren von dem Chemiker und zweifachen Nobelpreisträger Linus Pauling geprägt. Er propagierte die Idee, dass eine optimale Gesundheit durch die richtige Zufuhr von Mikronährstoffen erreicht werden kann.
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