Nur nicht kochen!
Text: Doris Thallinger
Fotos: Yaruniv-Studio, cook_inspire, karepa, Jacek Chabraszewski, lblinova, Louis Renaud, zia_shusha - fotolia.com; Gräfe und Unzer/Wolfgang Schardt
Aber unbedingt genießen! Wer bei dem Wörtchen „roh“ an Gemüsesticks und Salate aller Art denkt, dem entgeht der größte Genuss der rohen Küche. Denn diese „Rohkost“ ist viel mehr: vom Süppchen über Fleisch und Fisch bis hin zu Kuchen und Torten bieten so manche Speisen ungekocht erst recht ein Geschmackserlebnis vom Feinsten!
Der Trend fand – wie so vieles – vor einigen Jahren in den USA seinen Ursprung: Die „Raw“-Bewegung erlaubt alles – solange es nicht auf mehr als 40 Grad (manchmal 42 Grad) Celsius erwärmt wurde. Der (ernährungstechnische) Hintergrund: Nach Ansicht der Verfechter werden alle unsere Lebensmittel „totgekocht“, wenn man sie erhitzt. Vitamine und Enzyme werden zerstört, der Wert des Lebensmittels sinkt. So weit so gut. Dass allerdings die Ernährung ausschließlich durch Rohkost zu gefährlichen Mangelerscheinungen und gesundheitlichen Schäden führt, sei hier zur Sicherheit betont!
Wie auch immer, fest steht, dass manche Lebensmittel einfach keine Hitze brauchen, um zur genussreichen Speise zu werden. Und die Palette dieser Lebensmittel geht weit über Gemüse, Obst und Salat hinaus, sie reicht von Fleisch und Fisch, Meeresfrüchten bis hin zu Cookies, Kuchen, Torten und Süßspeisen. Genuss garantiert!
Kernig, knackig, köstlich
Die meisten Gemüsesorten kennen und lieben wir auch im rohen Zustand. Dass Karfiol, Brokkoli, Karotten, Tomaten & Co. roh mindestens so gut schmecken wie gekocht, ist nichts Neues. Aber auch so manche Gemüseart, von der man es nicht erwartet, verspricht ungekocht, in kalten Süppchen, als Gemüse oder Frucht-Carpaccio, in Salaten oder als Snack unerwartet knackfrischen und köstlichen Genuss, wie zum Beispiel Kürbis und Zucchini, Spargel, (Zucht-)Champignons und – ja, tatsächlich – die Süßkartoffel! Die hat nämlich mit ihrer Namensvetterin, der Kartoffel außer ihrem Namen so gar nichts gemeinsam. Das Wurzelgemüse schmeckt roh süß, saftig und dennoch knackig – ein wenig vergleichbar mit Karotten.
Fleischeslust
Frisches, rohes Rindfleisch, lediglich gewürzt mit Meersalz und frischem Pfeffer, garniert mit Petersilie – einem echten Fleischtiger rinnt nun bereits das Wasser im Munde zusammen. So echt und so intensiv ist das Geschmackserlebnis.
Der Klassiker aus rohem Rindfleisch ist unbedingt das Beef Tatar. 1921 tauchte das „Beefsteack à la Tartare“ im Kochbuch „Guide culinaire“ des Meisterkochs Auguste Escoffier auf. Rohes, sehr fein geschnittenes Rindfleisch wurde damals mit frisch gerührter Mayonnaise, Essig, Gurken, Cayenne-Pfeffer, Senf, Schnittlauch und Zitrone, gewürzt mit Meersalz und Pfeffer serviert. Heute ist das Rezept des klassischen Beef Tatars angepasst (siehe Rezept). Beim Schneiden/Faschieren des Fleisches kommt es darauf an, es nicht allzu lange zu bearbeiten oder zu mischen, damit es nicht matschig wird. Je gröber das Fleisch, umso mehr Biss, je feiner umso mehr Schmelz am Gaumen.
Die venezianische Küche der Nachkriegszeit hat uns ein weiteres Lieblingsgericht aus der rohen Rinderlende geschenkt: das Carpaccio – hauchfeine Scheiben besten Filets mit mildem Olivenöl, Zitrone, einer leichten Vinaigrette, bestreut mit Parmesan, manchmal auch mit Trüffeln und Rucola.
Dabei muss es nicht immer Rind sein. Wie auch beim Tatar ist der Begriff Carpaccio heute vielmehr das Synonym für hauchzart geschnittene und marinierte Speisen. Die Zutaten können auch Wild, Fisch, Gemüse, Pilze oder Obst sein. Ein Tipp, um die Zutaten in wirklich dünne Scheiben zu schneiden: vor der Zubereitung für 30 Minuten ins Tiefkühlfach legen!
Frischer Fisch
Sie denken bei rohem Fisch automatisch an Sushi? Wie wär’s dann zur Abwechslung einmal mit Thunfisch-Tatar, Carpaccio vom Lachsfilet oder Ceviche (siehe Rezept) von Barsch, Dorade oder Seezunge? Auch Kabeljau, Schellfisch, Garnelen und Krebse eignen sich für den rohen Genuss.
Genauso wie beim Fleisch sind die Qualität und die Frische des Fisches das Um und Auf. Da sich aber auch in einwandfreiem, frischem Fisch Nematoden befinden können, sollte man den Fisch vor der Zubereitung 24 Stunden lang bei mindestens minus 20 Grad Celsius einfrieren. Bei diesen Temperaturen werden die Nematoden, genauso wie beim Erhitzen, abgetötet und unschädlich gemacht.
„Backen“ ohne Hitze?
Selbst beim Backen ist – mit der richtigen Technik und den geeigneten Zutaten – keine Hitze vonnöten. Kekse, Kuchen, Torten und vieles mehr werden durch Trocknen oder Kühlen finalisiert. Das langsame Trocknen im Backofen (bei max. 50 Grad und leicht geöffneter Backofentür) oder im Dörrgerät bei max. 42 Grad bewirkt, dass Feuchtigkeit aus Kuchen und Keksen entweicht. Das Ergebnis sind „Backwerke“ mit sehr intensivem Aroma. Andererseits erhalten Torten, Kuchen und Cupcakes ihre Konsistenz durch Kühlstellen oder Tiefkühlen.
Ganz einfach zubereitet ist das südamerikanische Traditionsgericht „Ceviche“.
Roher filetierter Fisch wird mit dem Saft von Zitrusfrüchten mariniert und aromatisiert. Die Säure verändert die Struktur des Proteins, sodass der Fisch schließlich fast wie gegart wirkt. Gut gewürzt mit frischen Kräutern und garniert mit verschiedenen Obst- und Gemüsesorten wird Ceviche in den unterschiedlichsten Variationen serviert.
Zutaten für 4 Personen:
400 g filetierter Fisch, 3 Limetten (oder 2 Limetten und 1 Orange), 1 rote Zwiebel, Frischer Koriander (5 Stiele), Kleine Chilischote, Salz und Pfeffer
Zubereitung:
Fischfilet waschen, trocken tupfen und Gräten entfernen, danach in feine Scheiben oder Würfel schneiden und so flach wie möglich in einer flachen Schüssel aufschichten. Den Saft der Zitrusfrüchte darüber gießen und unter den Fisch mischen. Abdecken und ca. 3 Stunden im Kühlschrank ziehen lassen. In der Zwischenzeit die Zwiebel und die Chilischote in feine Ringe schneiden und den Koriander grob zerkleinern. Nach in etwa drei Stunden den Fisch gut durchrühren und mit den restlichen Zutaten vermengen und vorsichtig mit ein wenig Salz (und Pfeffer) würzen. Noch ca. 10 Minuten ziehen lassen, abschmecken und umgehend servieren!
Traditionell werden dazu Süßkartoffel oder Maiskolben gereicht. Ebenfalls sehr gut zum Ceviche passen Tomaten-salsa, Kokosmilch, aber genauso heimische Kräuter wie Bärlauch, Schnittlauch usw.
Beef Tatar
Zutaten für 4 Personen:
600 g Rindsfilet, 4 Eigelb, 5 kleine Essiggurken, 2 Schalotten, 2 Sardellenfilets, 2 TL Kapern, 4 EL Olivenöl extra vergine, 1 EL Dijon-Senf, 1 EL Tomatenketchup, 1 Prise Paprikapulver, 1 Spritzer Worcestersauce, Tabasco, Salz und Pfeffer, Cayennepfeffer
Zubereitung:
Essiggurken, Schalotten, Sardellen und Kapern sehr fein hacken. Das Rinderfilet von Haut und Sehnen befreien und mit einem scharfen Messer sehr fein hacken (alternativ frisch faschieren), alle Zutaten, gemeinsam mit dem Eigelb mit einer Gabel gut durchmengen. Olivenöl zugeben und mit den restlichen Zutaten je nach gewünschter Schärfe und Geschmack abschmecken.
Gazpacho mit Erdbeeren
Zutaten für 4 Personen:
500 g reife Tomaten, 1 Salatgurke, 250 g Erdbeeren, 1 Zwiebel, 2 EL Olivenöl, 1 TL Agavendicksaft, etwas Tomatensaft
Zubereitung:
Tomaten, Gurke und Erdbeeren in Würfel schneiden, gehackte Zwiebel dazugeben und alles mit Olivenöl und Tomatensaft fein pürieren. Mit Agavensirup, Salz, Pfeffer und – nach Geschmack – einem Spritzer Balsamico-Essig oder Tabasco abschmecken und für ca. 2 Stunden kühlstellen. Vor dem Servieren nochmals abschmecken und ev. nachwürzen. Mit etwas Olivenöl beträufeln und mit Erdbeerscheiben und Basilikumblättern garnieren.
Pekan-Bananen-Cupcakes
Zutaten für 12 Stück:
Für die Cupcakes: 250 g Kokosöl, 9 kleine Bananen (ca. 900 g), 125 g Dattelpaste, 1 Msp. Vanillepulver, Salz, 250 g Kokosmehl, 50 g Kakaonibs
Einwegspritzbeutel mit Sterntülle
12 Silikon-Muffinförmchen (6 cm Ø)
12 Papier-Muffinförmchen
Für das Frosting: 250 g Pekannüsse, 50 g Kokosöl, 50 g Kakaobutter, 350 g Dattelpaste, 1 TL Zimtpulver, 1 Msp. Vanillepulver und Salz
Außerdem: Zimtpulver zum Bestreuen, 12 Pekannuss-Hälften
Zubereitung:
Für das Frosting die Pekannüsse in einer Schüssel mit Wasser bedeckt mindestens 4 Std. einweichen. Danach in einem Sieb abspülen und abtropfen lassen. Das Kokosöl und die Kakaobutter in einer Schüssel im warmen Wasserbad schmelzen lassen. Pekannüsse mit der Dattelpaste und 100 ml Wasser im Blender pürieren. Zimt- und Vanillepulver sowie 1 Prise Salz untermixen. Die Kokosöl-Kakaobutter-Mischung unter ständigem Mixen langsam einfließen lassen. Die Schokomasse in einen Einwegspritzbeutel füllen und im Kühlschrank mindestens 10 Std. fest werden lassen. Für die Cupcakes das Kokosöl in einem warmen Wasserbad schmelzen lassen. Bananen schälen und mit Dattelpaste, Vanillepulver und 1 Prise Salz fein mixen. Das Kokosöl unter ständigem Mixen langsam einfließen lassen. Die Masse mit dem Kokosmehl und den Kakaonibs in einer Schüssel verkneten. Dann in die Silikonförmchen drücken und im Tiefkühlgerät mindestens 6 Std. fest werden lassen. Die Cupcakes aus den Silikonförmchen drücken, in die Papierförmchen setzen und etwa 1 Std. auftauen lassen. Das Frosting auf die Cupcakes spritzen. Jeden Cupcake nach Belieben mit etwas Zimtpulver bestreuen und mit einer Pekannuss-Hälfte garnieren. Im Kühlschrank sind die Cupcakes etwa 4 Tage haltbar.
Rezept aus:
„Simply raw backery“ von Gabriele Danek
GU Verlag