Lebensretter

Unfälle und medizinische Notfälle können immer und überall auftreten. In solch kritischen Situationen können die richtigen und raschen Maßnahmen über Leben und Tod entscheiden. Jeder kann Erste Hilfe leisten und damit womöglich zum Lebensretter werden.
Text: Doris Thallinger
Fotos: Rotes Kreuz Salzburg, Österreichisches Rotes Kreuz/Kellner Holly Thomas

Wissen Sie spontan, wie man eine regungslose Person in die stabile Seitenlage bringt? Wie man eine stark blutende Wunde stillt? Welche Erstmaßnahmen bei einem Unfall die richtigen sind? Wie man jemanden wiederbelebt?

Wie bei vielen liegt der letzte Erste-Hilfe-Kurs womöglich schon ein paar Jahre (Jahrzehnte?) zurück – je nachdem, wie lang der verpflichtende Kurs zum Erwerb des Führerscheins schon her ist. Und auch, wenn man es sich nicht wünscht, die Chance, dass das Gegenüber einen Herzinfarkt erleidet, sich ein Unfall in unmittelbarer Nähe ereignet, jemand im Umfeld kollabiert, sich verletzt etc. ist höher als man denkt. Und dabei geht es in sehr vielen Fällen nicht einmal darum, Fremden zu helfen: Die meisten Unfälle und Erkrankungen geschehen im unmittelbaren Umfeld und betreffen Familienangehörige, Freunde, Kollegen… also Menschen, die uns nahestehen. Vielleicht für so manchen ein Grund mehr, im Ernstfall lieber gut vorbereitet zu sein.

Von der Wundversorgung…

Solveig Michler

… bis zur Wiederbelebung. Erste Hilfe umfasst sämtliche Sofortmaßnahmen, die bei einem medizinischen Notfall ergriffen werden, bis professionelle medizinische Hilfe eintrifft, immer mit dem obersten Ziel, den Zustand der betroffenen Person zu stabilisieren, weitere Schäden zu verhindern und – im Falle des Falles – ein Leben zu retten.

Im Grunde genommen ist Erste Hilfe einfach: Man kann dabei nichts falsch machen. „Das Einzige, das ich falsch machen könnte, ist nichts zu tun“, bestätigt Solveig Michler, Teamleiterin des Erste-Hilfe-Kurswesens vom Roten Kreuz Salzburg. „Selbst, wenn ich psychisch oder physisch nicht in der Lage bin, zuzupacken, kann ich immer zumindest den Notruf wählen oder einen Verbandskasten holen. Sobald ich mich bereit erkläre, ETWAS zu tun, zu helfen, kann ich gar nichts mehr falsch machen.“ Dies gelte auch rechtlich: „Der Gesetzgeber schützt den Ersthelfer in jeder Hinsicht sehr gut, sodass dieser keine Konsequenzen zu befürchten hat.“

Ausnahmesituation

„Jeder Ersthelfer muss sich aber im Klaren sein, dass er sich in einer schwierigen, oft entsetzlichen Ausnahmesituation befindet. Umso wichtiger ist es, in dieser Ruhe zu bewahren – auch für die Person, die betroffen ist“, erklärt Solveig Michler die ersten wichtigen Schritte, um die Rettungskette in Gang zu setzen: „Wenn möglich, sollte man rasch andere Menschen dazu holen, die den Notruf absetzen, den Notfallkoffer holen, helfen, während ich mich um die Person kümmere und die Basismaßnahmen durchführe.“

Zu den Basismaßnahmen zählen alle Tätigkeiten, die jeder Ersthelfer ausführen kann, indem er die betroffene Situation sowohl physisch als auch psychisch unterstützt, wie die möglichst angenehme Lagerung und Temperatur, Zufuhr von Fischluft sowie die Betreuung und Zuwendung.

Erste Hilfe rettet Leben

Erste Hilfe zu leisten, ist einfach. Das Rote Kreuz bietet ein vielfältiges Kursangebot, in dem die Teilnehmer erlernen, die lebensrettenden Handgriffe anzuwenden, im Ernstfall optimal zu helfen und alle notwendigen Erste-Hilfe-Maßnahmen zu setzen, bis der Rettungsdienst eintrifft, und, nicht zuletzt, sich beim Umgang mit Verletzten/Erkrankten sicherer zu fühlen.

Der Erste-Hilfe-Grundkurs mit 16 Stunden (ein Teil kann, falls gewollt, auch online absolviert werden) bringt das Basiskönnen und beinhaltet alle relevanten Themen der Ersten Hilfe, wie:

• Gefahren erkennen
• Unfallverhütung
• Ablauf der Notfallsituation
• Notruf
• Reglose Person, die normal atmet
• Atem-Kreislauf-Stillstand (Herzdruckmassage und Beatmung)
• Umgang mit einem Defibrillator
• Maßnahmen bei plötzlichen Erkrankungen, Verletzungen, Vergiftungen

„Den 16-Stunden-Grundkurs sollte jeder einmal absolvieren, denn dieses Wissen ist tatsächlich für jeden sinnvoll. Rund ein Drittel des Kurses besteht aus Theorie, zu zwei Dritteln wird die Anwendung der Maßnahmen praktisch erlernt und trainiert – auf eine lockere, spielerische Art und Weise“, erklärt Solveig Michler.

Aufbauend auf den Grundkurs werden Auffrischungskurse im Ausmaß von 8 bzw. 4 Stunden angeboten, um das Wissen frisch zu halten.

Speziell für Eltern, Großeltern und Menschen, die Kinder betreuen, bietet das Rote Kreuz darüber hinaus den Kinder- und Säuglings-Notfallkurs an, in dem Notfallszenarien trainiert werden, insbesondere aber die Prävention aller Notfälle im Fokus steht.

„Jeder sollte einen Erste-Hilfe-Kurs besuchen“

So die Meinung von Helmut Grabner, der seit dem Grundkurs regelmäßig Auffrischungskurse besucht. „Abgesehen davon, dass ich den Erste-Hilfe-Kurs als Ersthelfer in unserem Familienbetrieb ohnehin machen musste, habe ich das Wissen über lebensrettende Maßnahmen schon im Familienkreis gebraucht und Gott sei Dank erfolgreich anwenden können“, schildert er. „Für mich hat sich bestätigt, dass man Erste-Hilfe-Kenntnisse zu 95 % im Privatbereich benötigt. Ich bin froh, dass ich diese habe und regelmäßig auffrische.“ Um zumindest eine Ahnung davon zu haben, wie ein Erste-Hilfe-Fall ablaufen kann, empfiehlt er einem jeden, einen Erste-Hilfe-Kurs zu absolvieren, insbesondere lautet sein Appell an die jungen Menschen: „Auch wenn die junge Generation die Notwendigkeit – noch – nicht sieht: Besucht einen Erste-Hilfe-Kurs und lernt, wie ihr Leben retten könnt! Die Situation wird kommen, in der ihr das Wissen brauchen werdet!“

Regelmäßig führt das Österreichische Rote Kreuz eine Umfrage durch, um das Stimmungsbild zu erheben: Positiv zeigt sich, dass die Bereitschaft wie auch der Wille zu helfen in den vergangenen beiden Jahren deutlich gestiegen sind. Eine gute Nachricht in Zeiten des Egoismus, findet auch Solveig Michler und berichtet von einer Feldstudie, die am Grazer Hauptbahnhof durchgeführt wurde: „20 Minuten lang sind Passanten über einen – vermeintlich – Bewusstlosen gestiegen, bevor jemand versucht hat zu helfen. Es ist ein erschreckendes Phänomen, dass, je mehr Menschen unterwegs sind, diese umso weniger gewillt sind zu handeln, nach dem Motto: Soll doch jemand anderer helfen.“

Dabei zählt jeder einzelne, der seine Hilfe anbietet – im Rahmen seiner Fähigkeiten. Darum: Schauen Sie hin! Fragen Sie nach! Bieten Sie Ihre Hilfe an! Vor allem: TUN Sie! Im schlimmsten Fall könnte Ihnen jemand sein Leben verdanken!